Zum Inhalt springen

Silane

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. November 2005 um 19:43 Uhr durch Cornholio (Diskussion | Beiträge) (Weblinks: Link raus). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Bezeichnung Silane steht nach den IUPAC-Regeln für eine Stoffgruppe chemischer Verbindungen, die aus einem Silizium-Grundgerüst und Wasserstoff bestehen. Silane können einen verzweigten (iso- und neo-Silane) oder unverzweigten (n-Silane) Aufbau haben. Die allgemeine Summenformel dieser unter dem Oberbegriff Catenasilane zusammengefassten Verbindungen lautet SinH2n+2. Ringförmige Siliziumwasserstoff-Verbindungen nennt man Cyclosilane (allgemeine Summenformel: SinH2n).

Silan Summenformel
Monosilan SiH4
Disilan Si2H6
Trisilan Si3H8
Tetrasilan Si4H10
Pentasilan Si5H12
Hexasilan Si6H14
Heptasilan Si7H16
Oktasilan Si8H18
Nonasilan Si9H20
Dekasilan Si10H22
Undekasilan Si11H24
Dodekasilan Si12H26
Tridekasilan Si13H28
Tetradekasilan Si14H30
Pentadekasilan Si15H32

Ersetzt man den Wasserstoff in den Silanen durch organische Reste, so erhält man Silizium-organische-Verbindungen, die nach IUPAC als Derivate des Siliziums aufgefasst werden.

Silane sind die Silizium-Homologen der auf einem Kohlenstoff-Gerüst beruhenden Alkane. Es sind jedoch wesentlich weniger Silane herstellbar als es Kohlenwasserstoffe gibt.

Die einfachste Verbindung ist das so genannte Monosilan (SiH4), ein sich an Luft selbst entzündendes Gas. Wichtige weitere Verbindungen sind das chemisch weitgehend inerte Tetramethylsilan, sowie die ganze Reihe der Chlormethylsilane, insbesondere das Dichlordimethylsilan, welche als Ausgangsprodukte für die Silikon-Herstellung dienen.

Geschichte

Friedrich Wöhler hatte 1857 durch das Zersetzen von Silizium-haltigem Aluminium in Salzsäure erstmalig ein Silan hergestellt. Er hatte beobachtet, dass das bei dieser Reaktion frei werdende Wasserstoffgas mit einem anderen Stoff verunreinigt war. Zu dieser Schlussfolgerung kam er, da das entstandene Gas heftig mit dem Luftsauerstoff reagierte bzw. explodierte. Reiner Wasserstoff selbst explodiert nur, wenn man ihn entzündet (siehe dazu Knallgasprobe).

1902 wurde der Gedanke der Siliziumwasserstoffe wieder aufgegriffen. Henri Moissan gelang der Nachweis von Monosilan nach der Protolyse von Lithiumsilizid. Ab 1916 befasste sich Alfred Stock, Professor für anorganische Chemie in Karlsruhe, intensiv mit der Silanwasserstoffchemie. Er erhoffte sich, durch ähnliche Zersetzungen auch längerkettige, flüssige „Siliziumbenzine“ zu gewinnen. Mit Hilfe von Magnesiumsilizid (Mg2Si) und Säure war Stock zunächst bei der Darstellung der niederen gasförmigen Silane Monosilan, Disilan, Trisilan und Tetrasilan erfolgreich. Seither werden diese Silane als „Stock’sche“-Silane bezeichnet. Stock gab der gesamten Stoffgruppe zudem den allgemeinen Namen Silane.

Alfred Stock entwarf zur Darstellung der Silane eine Glasapparatur, die das Arbeiten unter völligem Luftabschluss zuließ. Er benutzte einen Glaskolben, der halb mit wässriger Schwefelsäure gefüllt war, rührte diese Säure und schüttete das gemahlene, graue Magnesiumsilizid portionsweise dazu. Dabei zersetzte sich das Silizid unter Hitzeentwicklung und Bildung von gasförmigem Wasserstoff. Das frei gewordene Silizium reagierte mit einem Teil des Wasserstoffs unter Bildung von Siliziumwasserstoffgasen. Die Gase leitete Stock nun in eine Glasapperatur, die er von außen kühlte. Die Kühlung war so eingestellt, dass der Wasserstoff und das Monosilan nicht kondensieren konnten. Er erhoffte sich durch die Kühlung, dass eventuell entstandene, längerkettige Silane aufgrund ihrer niedrigeren Siedepunkte kondensieren. Tatsächlich gelang es ihm, eine wasserklare Flüssigkeit zu gewinnen, die sich aus drei kettenförmigen Silanen zusammensetzte. Die weitere Derivatisierung dieser Verbindungen hatte jedoch keinen Erfolg.

Die längerkettigen, so genannten „höheren Silane“ wurden seither als nicht darstellbar bezeichnet, weil die Handhabung bei Raumtemperatur nicht gelang. Im Juni 1968 flog bei Experimenten mit Silanen ein Labor der Universität Köln in die Luft. Aus den Trümmern krochen zwei verletzte Chemiker hervor, deren Glück es war, dass sie schusssichere Kleidung trugen. Seit 1970 ist die Synthese der „höheren Silane“ möglich. Der Fokus der Forschung liegt unter anderem auf der Nutzung dieser Verbindungen als Treibstoff.

Nomenklatur

Die Namensgebung erfolgt analog zu den Alkanen. Jeder Namen endet mit dem Suffix -an. Ansonsten geht die Zahl der Siliziumatome als griechisches Zahlwort in die Benennung mit ein: Monosilan (ein Siliziumatom), Disilan (zwei Siliziumatome), Trisilan usw. Zur weiteren Differenzierung stellt man je nach Aufbau des Moleküls das Präfix n-, iso-, neo- oder cyclo- dem Verbindungsnamen voran.

Struktur

Konstitutionsisomerie

Enthält ein Silan vier oder mehr Siliziumatome, so sind unterschiedliche Anordnungen, genauer Konstitutionen, denkbar. Man spricht von Konstitutionsisomerie. Die Isomere unterscheiden sich durch verschiedene physikalische Kenndaten wie Schmelz- und Siedepunkte.

Eigenschaften

Datei:Schmelz u Siedepunkte n-Silane.png
Schmelz- und Siedepunkte der n-Silane

Die niedrigsten Silane - Monosilan und Disilan (Si2H6)- sind gasförmig. Ab Trisilan (Si3H8) nehmen die Silane einen flüssigen Aggregatzustand ein. Dekasilan (Si10H22) ist ein Feststoff.

Chemische Reaktionen

Silane sind im Gegensatz zu den homologen Alkanen sehr instabil. Sie sind nur unter Luftabschluss synthetisierbar. Die niedrigen Silane, das heißt die Silane mit ein bis vier Siliziumatomen, sind sehr unbeständig und können sich an der Luft selbst entzünden, explodieren und spontan zu Siliziumdioxid und Wasser verbrennen.

Monosilan reagiert mit Sauerstoff zu Siliziumdioxid un Wasser.

Die Reaktivität nimmt mit zunehmender Kettenlänge ab. Schon Pentasilan reagiert nicht mehr selbstständig mit dem Sauerstoffanteil der Luft. Ab Heptasilan sind Silane nicht mehr spontan selbstentzündlich.

Bei 300 °C findet bei den höheren Silanen ein Thermolyse statt. Sie zerfallen in Monosilan, Polysilane und andere Polymerprodukte ((SiH<2)x). Höhere Temperaturen führen zum Zerfall in die Elemente.

Eine ungewöhnliche Eigenschaft der Silane ist, dass sie bei hohen Temperaturen von etwa 1900 °C auch mit dem Stickstoff in der Luft zu Siliziumnitrid und Wasser reagieren, wobei sehr viel Energie frei wird. Beispielhaft sei hier die stöchiometrische Verbrennungsgleichung von Heptasilan (Si7H16) mit Luft, die aus 20% Sauerstoff und 80% Stickstoff besteht, genannt:

Im folgenden errechneten Beispiel wird (iso- oder n)-Heptasilan verbrannt (Das Wasser der Silizium-Dispersion geht hier keine chemische Bindung ein):

Ausgangsstoffe g/mol Verbrennungsprodukte g/mol
1 Si7H16 212,72554 8 Si3N4 1.122,2664
4 O2 127,9952 8 H2O 144,12224
zzgl. Wasser aus der Dispersion
16 N2 448,2144
17 Si
Dispersion in Wasser
477,4535
(Si) + Wasser aus der Dispersion
Gesamt 1.266,38864 Gesamt 1.266,38864

Wenn man also (Iso-/n-)Heptasilan als Kraftstoff einsetzen würde, entstehen pro 100 kg Silan (+ 224,45 kg dispergiertem Silizium) 527,57 kg Siliziumnitrid und 67,75 kg Wasser (zzgl. dem Wasser aus der Dispersion).

In Wasser bei einem pH-Wert oberhalb von 7 zersetzen sich Silane zu Kieselsäure und Wasserstoff:

Monosilan und Wasser bilden Kieselsäure und Wasserstoff.

Gewinnung und Darstellung

Darstellbar sind die Silane in Form des so genannten Rohsilan-Gemisches mittels Zersetzung von Magnesiumsilizid (Mg2Si) unter sauren Bedingungen und Luftausschluss.

Die gezielte Synthese von Monosilan ist nach der Methode von Sundermeyer in einer Salzschmelze als Reaktionsmedium möglich. Die Ausgangssubstanzen sind Tetrachlorsilan und als Wasserstoffdonator Lithiumhydrid:

Tetrachlorsilan und Lithiumhydrid reagieren in einer Schmelze aus Lithiumchlorid und Kaliumchlorid am Eutektischen Punkt zu Monosilan und Lithiumchlorid.

Trisilan und höhere Silane sind in guter Ausbeute aus Monosilan mit Hilfe einer elektrischen Entladung zugänglich.

Je nach Synthesebedingungen entstehen unter anderem Polysilen (SiH2), das Silizium-Homologe zu den Alkenen, bzw. Polysilin (SiH) (vergleiche dazu Alkine). Auch Verbindungen mit dazwischen liegender Stöchiometrie ((SiHn), 1 ≤ n ≤ 2) und ringförmige Oligo- sowie Polysilane sind möglich.

Synthetisierung nach Müller-Rochow

Die modifizierte Müller-Rochow-Synthese besteht aus 4 Schritten.

Schritt 1:

Hierbei wird angeätztes Silicium mit Silylchlorid (Monochlorsilan (chem. Symb.: SiH3Cl)) zur Reaktion gebracht. Der dazu benötigte Katalysator ist Kupferoxid. Bei Ausreichend Druck entsteht Disilyldichlorsilan (2,2-Dichlortrisilan (chem. Symb.: (SiH3)2SiCl2 ))

             2 Silylchlorid + Silicium -> Disilyldichlorsilan   
                
              2  SiH3Cl + Si -> (SiH3)2SiCl2   


Schritt 2:

Schritt 2 ist eine Teilhydrierung, bei der ein Chloratom durch ein Wasserstoffatom eingetauscht wird. Disilyldichlorsilan wird zu Disilylmonochlorsilan (2-Monochlortrisilan) umgewandelt.

     Disilyldichlorsilan + Wasserstoff -> Disilylmonochlorsilan  +  Salzsäure                            
         (SiH3)2SiCl2 + H2 -> (SiH3)2SiHCl + HCl


Schritt 3: Hierbei wird das entstandene Disilylmonochlorsilan mit angeätztem Silicium zur Reaktion gebracht. Es entsteht ein Silan mit 7 Siliciumatomen, das iso- Heptasilandichlorid iso- Dichlorheptasilan. Das iso-Dichlorheptasilan stellt ein sternförmiges Silan dar.

     2 Dilsilylmonochlorsilan + Silicium -> iso-Heptasilandichlorid 
        2  (SiH3)2SiHCl + Si -> (SiH3)2SiH-SiCl2-SiH(SiH3)2    


Schritt 4a: Hierbei wird das iso-Heptasilandichlorid wieder hydriert. Die Chloratome werden durch Wasserstoffatome ersetzt. Dadurch entsteht aus einem Halogensilan ein reine iso-Heptasilan.


     Iso-Heptasilandichlorid + Wasserstoff -> iso-Heptasilan + Chlor
     
(SiH3)2SiH-SiCl2-SiH(SiH3)2 + H2 -> (SiH3)2SiH-SiH2-SiH(SiH3)2  + Cl2

Chemietechnisch wird dieses iso-Heptasilan zu einem reinen Heptasilan (Si7H16) umgewandelt.


Schritt 4b:

Schritt 4b stellt wieder eine Teilhydrierung dar. Es wird hierbei nur ein Chloratom abgespaltet und durch Wasserstoff ersetzt. Man erhält iso-Heptasilanmonochlorid (iso-Monochlorheptasilan). Nun kann das iso- Heptasilanmonochlorid durch Silicium wieder mit einem anderen iso-Heptasilanmonochloridmolekül verbunden werden. Dies kann man solange fortsetzen, bis man auf die gewünschte Anzahl der Siliciumatome kommt.

Derivate der Silane

Derivate (Abkömmlinge) der Silane entstehen formal durch Austausch (Substitution) der Wasserstoffatome durch Halogene, Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff bzw. diese Elemente enthaltene Gruppen.

Zu nennen sind hier die Chlorsilane Monochlorsilan (SiH3Cl), Dichlorsilan (SiH2Cl2), Trichlorsilan (SiHCl3) und Tetrachlorsilan (SiCl4).

Im Vergleich zu den entsprechenden Kohlenstoff-Verbindungen sind nur noch die Silanole und Siloxane nennenswert stabile Silizium-Verbindungen.



Verwendung

Trichlorsilan ist ein Zwischenprodukt zur Herstellung von hochreinem Silizium für Mikrochips.

Aus Chlorsilanen und Chloralkylsilanen lassen sich durch Umsetzung in einer Knallgasflamme so genannte pyrogene Kieselsäuren erzeugen, ein wichtiger Füllstoff für Kunststoffe.

Spezielle als funktionelle Organosilane bezeichnete Silane finden als Haftvermittler zwischen anorganischen/mineralischen Oberflächen und Kunststoffen Verwendung.