Reggae
Reggae /jamaikanische Musikform.
/ ist eineGeschichte
Reggae entstand Ende der 1960er Jahre unter dem Einfluss US-amerikanischer Musikrichtungen wie Soul, R&B, Country und Jazz, die in Jamaica über das Radio empfangen wurden, aus seinen unmittelbaren Vorläufern Mento, Ska und Rocksteady. Er entwickelte sich seitdem zu einer der bedeutendsten Richtungen populärer Musik. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Reggae" ist unklar - sie könnte einerseits aus der Bezeichnung "ragged man" (einfacher, oder auch zerlumpter Mann), oder auch direkt vom Songtitel "Do the Reggay" (1968) von Toots and the Maytals stammen. Der typische Grundrhytmus des Reggae entstand, als bei ersten Eigenproduktionen des Ska US-amerikanische R&B-Stücke gecovert und mit einer starken Betonung des zweiten und vierten Taktteils unterlegt wurden. Im Übergang von Ska zu Rocksteady und dann zu Reggae wurde dieser minimalistische Grundrhytmus jeweils verlangsamt. Reggae und seine Vorläufer entstanden vornehmlich als Tanzmusik, deren Verbreitung hauptsächlich durch sogenannte "Sound-Systems", mobile Diskotheken, vorangetrieben wurden. Betreiber dieser Soundsystems wie beispielsweise Clement "Sir Coxsone" Dodd, Arthur "Duke" Reid oder Cecil "Prince Buster" Campbell gehörten zu den ersten Produzenten eigenständiger jamaikanischer Tanzmusik. Als erster internationaler Erfolg gilt das 1968 von Desmond Dekker eingespielte "The Israelites", mit Nr.1-Platzierungen u.a. in Deutschland und England der erste Welthit des Reggae.
Durch den hohen Anteil jamaikanischer Immigranten in England und befördert von Weltstars wie den Rolling Stones oder Eric Clapton wurde die neue Musik ab dem Anfang der 70er Jahre schnell populär und erschloss sich den internationalen Markt.

Angeregt durch den bedeutendsten Reggaemusiker und jamaikanischen Nationalhelden Bob Marley verknüpften zahlreiche Musiker die Musik mit der zu dieser Zeit zwar bereits existierenden, wenngleich noch nicht überaus weit verbreiteten Religion der Rastafari. Der klassische Reggae der 1970er Jahre wird heutzutage oft als "Roots-Reggae" bezeichnet. Er ist aus dem "Early Reggae" entstanden (auch "Skinhead-Reggae" genannt), einer schnelleren Musikform, in der die Philosophie der Rastas noch keine solch tragende Rolle innehatte. Parallel dazu entwickelte sich in Großbritannien eine eigene Form des Form des Reggae, die Einflüsse aus anderen Musikformen wie Punk, New Wave oder Pop integrierte und säkulärer war als der jamaikanische Stil. Die neben dem Roots-Reggae bedeutendste Form ist jedoch der Dub-Reggae, eine minimalistische Variante, die sich durch starken Gebrauch von Studioeffekten und fast völligem Verzicht auf Gesang auszeichnet. Stattdessen wird dort ein Sprechgesang, das sogenannte Toasting, gepflegt, das als ein Vorläufer des Rap gilt. Der Dub hat sich heute zum Ragga bzw. Dancehall weiterentwickelt, einer sehr harten und schnellen Variante, die musikalisch dem Hip Hop näher steht als dem Roots-Reggae.
Texte
Auch textlich unterscheiden sich Roots-Reggae und Dancehall sowie Ragga stark voneinander. Bei Roots sind die Texte meistens geprägt von Religiösität (Jah), Liebe, der sozialen Situation und Herkunft der jamaikanischen Bevölkerung, sowie dem in der Rastafarigesellschaft ritualisierten Konsum von Cannabis. Viele Roots-Reggaetexte sind gesellschaftskritisch.
Bei Ragga (oder Raggamuffin) geht es eher um den jamaikanischen Alltag, Gewaltkriminalität, Party und Sex. Die starke Homophobie der jamaikanischen Gesellschaft spiegelt sich in vielen Dancehall-Texten wider, z.B. bei den Songs "Boom Bye Bye" von Buju Banton (der damit 1992 vehemente Proteste von Schwulenorganisationen auslöste) oder "Log On" von Elephant Man. Schwule werden dort als Chi Chi Men oder Batty Boys diffamiert, und nicht selten ist auch ein Mordaufruf enthalten ("Full dem up with copper shot", "Burn chi chi man", "Batty boy get up and run").
Gesungen wird im jamaikanischen Reggae meist im so genannten Patois (eigentlich: Jamaika-Kreolisch), einer auf dem Englischen basierenden Kreolsprache mit zahlreichen Wortneuschöpfungen. So entsteht auch eine sehr flexible Art zu reimen: Falls sich dem Text entsprechend gerade kein passender Reim findet, so wird oft ein neues Wort erfunden.
Musik
Charakteristisch für den Reggae ist die Offbeat-Phrasierung, bei der entweder die Gitarre oder das Keyboard, hin und wieder auch die Bläser, auf der in den meisten anderen Musikrichtungen unbetonten zweiten und vierten Taktzeit spielen. Im Gegensatz zum Ska, wo statt der 2/4-Betonung eher Offbeats eingesetzt werden, die die "und"-Zählzeiten betonen, ist der Reggae in der Regel langsamer und weniger durch Bläser dominiert. Besonders wichtig im Klangbild eines Reggaesongs ist stets der Basslauf, der das Gegengewicht zu den Offbeats bildet und oft das eigentliche Thema des Stückes beschreibt. Das Schlagzeug betont fast immer die dritte Taktzeit mit Snare und Bassdrum gleichzeitig und wird oft von einem Perkussionisten unterstützt. Die Instrumentierung der meisten (klassischen) Reggaebands besteht aus Drumset, E-Bass, E-Gitarre, Keyboard und Gesang. Oft kommen Blechbläser und Perkussion hinzu. Bei den neueren Stilrichtungen des Reggae (Dancehall, Ragga) kommt häufiger die Elektronik in Form von Computern und Samplern zum Einsatz. Dabei ist das Schlagzeug meist stark betont, synthetisch erzeugt und mehr am Rock- und Diskosound orientiert.
Reggae in Deutschland
Seit einiger Zeit gibt es eine immer größer werdende Gemeinde deutscher Reggae-Künstler, die teilweise auch auf Deutsch texten. Die derzeit erfolgreichsten deutschen Künstler sind Seeed (Dancehall/Hip-Hop) und Gentleman (Roots), wobei letzterer seine Texte durchgängig auf jamaikanisch englisch (Patois) gestaltet.
Bedeutende Künstler
Dave Barker - Derrick Morgan - The Upsetters - Justin Hinds - Jimmy Cliff - Desmond Dekker - Dennis Brown - Dandy Livingstone - Johnny Nash - Lloyd Charmers - Toots & The Maytals - Peter Tosh - Max Romeo - Prince Buster - The Pyramids - The Ethiopians - The Heptones - The Melodians - The Viceroys - Ernest Ranglin - The Pioneers - Laurel Aitken
Abyssinians - Alpha Blondy - Burning Spear - Black Uhuru - Jimmy Cliff - Israel Vibration - Bob Marley - Johnny Nash - Third World - Toots & The Maytals - Peter Tosh - Bunny Wailer - Ziggy Marley - Black Uhuru - Bushman - Chuck Fender - Don Carlos - Garnett Silk - Junior Kelly - Luciano - Michael Prophet - Morgan Heritage - Mykal Rose - Richie Spice - Tony Rebel - Warrior King - Wayne Jarrett
Britischer Reggae
Aswad - Linton Kwesi Johnson - UB40 - Steel Pulse - Capital Letters - Macka B
Dub
siehe unter Dub (Musik)
Dub Poetry
Linton Kwesi Johnson - Mutabaruka
Anthony B. - Barrington Levy - Beenie Man - Bounty Killer - Buju Banton - Burro Banton - Capleton - Ce´cile - Chaka Demus - Cobra - Cutty Ranks - Elephant Man - Kiprich - Lady G - Lady Saw - Mr. Vegas - Ms. Thing - Nicodemus - Ninja Man - Pliers - Red Rat - Sean Paul - Shabba Ranks - Shaggy - Sizzla - Sly Dunbar- Super Cat - Tanto Metro & Devonte - Tanya Stephens - Tenor Saw - T.O.K. - Turbulence - Vybz Kartel - Ward 21 - Wayne Marshall - Wayne Wonder
Afrikanische Künstler
Alpha Blondy (Elfenbeinküste) - Free At Last (Südafrikanische Gruppe) - Lucky Dube (Rep. Südafrika) - Sonny Okusun (Nigeria) - Richard Siluma (Rep. Südafrika) - Tiken Jah Fakoly (Elfenbeinküste)
Französische Künstler
Tonton David - Yaniss Odua - Azrock - Tryo
Deutsche Künstler
Jan Delay - Ganjaman - Gentleman - P.R. Kantate - Nattyflo - Nosliw - Patrice - Seeed - Benjie - Silly Walks Movement - Sam Ragga Band - Nikitaman - Mellow Mark - Jahcoustix - Martin Jondo - Dr Ring Ding - Mamadee - Pow Pow Movement
Bekannte Reggae-Festivals
International
Sting (Jamaika) - Rototom (Italien) - Uppsala Reggae Festival (Schweden) - Reggae Sundance (Eindhoven) (Holland)
Im deutschsprachigen Raum
Chiemsee Reggae Summer - Summerjam - Africa Festival - Reggae Jam - Reeds (Schweiz)
Literatur
- Steve Barrow: The Rough Guide to Reggae. 2. Auflage, Rough Guides Limited 2001, ISBN 1-85828-558-5
- René Wynands: Do The Reggae. Reggae von Pocomania bis Ragga und der Mythos Bob Marley. Pieper Verlag und Schott, 1995 ISBN 3-492-18409-X (Pieper), ISBN 3-7957-8409-3 (Schott).
PDF-Version frei herunterladbar unter www.oktober.de/reggae - Rainer Bratfisch: Das große Reggae-Lexikon; Rastas, Riddims, Roots und Reggae: Vom Ska bis zum Dancehall - Die Musik, die aus Jamaika kam. Verlag Schwarzkopf + Schwarzkopf, Berlin 2003 ISBN 3-89602-516-3
- Lloyd Bradley: Bass Culture - Der Siegeszug des Reggae. Verlagsgruppe Koch/Hannibal, Höfen 2000, ISBN 3-85445-209-8
- Colin Larkin (Hrsg.): The Guinness Who´s Who Of Reggae. Guinness Publishing, Enfield, Middx 1994, ISBN 0-85112-734-7
- Wolfgang Kunz: Reggae - Kult, Kritik und Kommerz. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1986, ISBN 3-7651-0218-0
Weblinks
- reggaenode.de - großes deutsches Reggaeportal
- riddim.de - größte deutsche Zeitschrift zum Thema; mit Forum
- dancehallmusic.de - sehr aktive deutsche Site mit großer Online-Community
- niceup.com - ältestes Reggaeportal, englisch
- raggakings.net - großes europäisches Reggae-Radio
- dancehallreggae.com/ - Reggae/Dancehall-Forum - USA
- reggae.ch - swissreggaeunity