Nell Gwyn
Nell Gwyn, geborene Eleanour Gwyn (oder Gwynn oder Gwynne), (* 2. Februar 1650; †14. November 1687), war eine Schauspielerin und die im englischen Volk beliebteste, der vielen Mätressen des englischen Königs Karl II.. Sie wurde wegen ihres Witzes und ihrer spitzen Zunge auch Witty Nell gerufen.
Leben
Kindheit und Jugend
Nell war die zweite und jüngste Tochter von Thomas Gywn und seiner Frau Rose. Ihre ältere Schwester wurde 1648 geboren und trug den Namen der Mutter, Rose. Nach dem Tode oder Verschwinden des Vaters, wuchsen die Kinder in sehr ärmlichen Verhältnissen im Gebiet des heutigen London, in der Drury Lane auf. Um 1655 lag die Drury Lane noch in Middlesex und war umgeben von Ackerland und Brachland.
Einige Biografien von Nell Gwyn berichten das der Vater ein Hauptmann in der englischen Armee war, im Kampf verwundet wurde und starb. Andere behaupten er wäre als Royalist nach einem Kampf verhaftet und zu einer Gefängnissstrafe verurteilt worden. Genaues lässt sich heute nicht mehr herausfinden.
Sogar die Vaterschaft und Existenz von Thomas Gwyn wird, vor allem von zeitgenössichen Autoren, angezweifelt. Der englische Dramatiker Sir George Etherege, schrieb über die Mutter von Nell folgenden Zweilzeiler:
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In der Drury Lane, wie auch in der Coal Yard Alley oder Long Acre, standen zu dieser Zeit fast ausschließlich Bordelle und Pub's. Zur damaligen Zeit auch bawdy-house (obszönes Haus) genannt, so das zeitgenössischen Quellen diese Gegend als "Zentrum der Prostitution" bezeichneten. Aus dieser Straße stammte Rose Gwyn und dort lebte sie mit ihren beiden kleinen Töchtern. Man kann annehmen das Rose, neben ihrer Arbeit als Schankfrau in der Rose Tavern in der Russell Street, auch als Prostituierte arbeitete. Ihr Biograf Derek Parker schreibt über Nell, das es zu vermuten ist dass sie selbst auch als Kinder-Prostituierte arbeitete. Folgende Aussage über ein bawdy-house, soll von Nell selbst stammen:
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Ihr Biograf Derek Parker hält es für warscheinlich das sie durch den Neubau des King's Theatre wusste, das die Edelleute des Hofes die Schauspielerinnen nicht nur aus Interesse an ihrem Talent besuchten. Sie soll Schauspielerin geworden sein um ihr Einkommen aufzubessern und in der Hoffnung bald einen vermögenden Gönner zu finden. Ihre ersten Eindrücke vom Schauspiel erhielt sie aber als "Orange Girl". Sie verkaufte während der Vorstellungen Früchte und Süßigkeiten. Dazu übermittelte sie auch Nachrichten zwischen den Zuschauern und den Schauspielerinnen und soll sich später auch als Vermittlerin bzw. Zuhälterin, Geld verdient haben.
Schauspielerin
Ob Nell jemals richtigen Schauspielunterricht erhielt ist zweifelhaft, zumal sie weder schreiben noch lesen konnte und ihre Texte durch Vorsprecher lernen musste. Sie wird anhand des Lebens ihrer Schwester geahnt haben, die inzwischen eine bekannte Prostituierte war, einen Wegelagerer heiratete und wegen Hehlerei in Haft saß, das sie sich am Besten und eindrücklichsten den reicheren Herren in den Logen präsentieren konnte, wenn sie auf der Bühne stand. Ihre ersten "Protektoren" waren die Schauspieler John Lacy und Charles Hart. John Lacy startete seine Bühnenkarriere als Tänzer und Komödiant. Er war so erfolgreich dass Karl II. sich drei Portraits von ihm anfertigen ließ. Ein anonymer Biograf von Nell Gwyn (das Buch erschien 1752) berichtete das John Lacy in der gleichen Truppe wie Nell's Vater diente (John Lacy diente wirklich als Soldat), und er sich deshalb der Tochter seines Freundes annahm und sie förderte.
John Lacy unterrichtete Nell in Tanz und brachte ihr die Grundzüge der Schauspielerei bei. Sie wurde die Geliebte beider Männer, John Lacy und Charles Hart. Zusammen mit Charles Hart spielte Nell als erstes "gay couple", eine Art komödiantisches Paar, am Restauration Theatre. Nell debütierte in dem Stück "The Indian Emperor", mit nur fünfzehn Jahren. 1664 spielte sie die Hauptrolle in John Dryden's Stück "Indian Queen". Nell hatte schnell Erfolg und John Dryden widmete ihr vier weitere Stücke, in denen sie die Hauptrollen spielte: "The Wild Gallant" (1663), "The Rival Ladies" (1664), "The Indian Emperor" (1665) und "Tyrannic Love" (1669). Hart und Gwyn waren als Paar auf der Bühne vom ersten Tag an eine Sensation und sehr erfolgreich. In dem Stück "All Mistaken" von James Howard, spielte er die Rolle des Philidor, Nell war Mirida. Kurz darauf waren beide in "The Gay Mounsieur" und "The Chances" zu sehen. Am bekanntesten wurden beide in dem Stück "Secret Love", dessen Handlung stark an William Shakespeare's "Much Ado Nothing" angelehnt war.
John Dryden soll Nell's Schlagfertigkeit und ihr Talent für leichte, lustige Rollen schnell erkannt haben. Er schrieb ihr in seinen Stücken die Rollen förmlich "auf den Leib". Durch ihren Erfolg mit dem Stück "Secret Love", wurden auch andere Autoren auf Nell aufmerksam um Stücke oder Rollen für sie zu schreiben. Obwohl die Komödie ihr Hauptfach war, spielte sie 1664/5 in Killigrew's Tragödie "The Siege of Urbino". Nell kam mit ihren Schauspielkoleginnen, sogar mit den Ehefrauen ihrer Bewunderer sehr gut aus und wurde für ihre Schönheit und ihr Talent auch von Samuel Pepys gerühmt.
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Mätresse des Königs
Der König und Nell trafen sich warscheinlich nicht vor 1668, dem Jahr in dem der Einfluß seiner Haupt-Mätresse Barbara Villiers langsam schwand. Schon früher hatte Karl II. sie in einigen ihrer Rollen im Theater gesehen, aber keinen näheren Kontakt mit ihr aufgenommen. Als sein Jugendfreund George Buckingham (zweiter Herzog von Buckingham) begann ihm neue Damen zuzuführen, um seine Cousine und Langzeit-Mätresse Barbara Villiers zu entmachten, waren neben Nell auch ihre Schauspielkollegin Mall Davis und Jane Roberts Kandidatinnen, mit denen sich der König gerne verabredete. Wann sich beide kennenlernten ist nicht bekannt. Bereits im Frühling 1668 scheinen sich beide so gut zu kennen, dass sie miteinander ausgingen.
Zwischen September 1668 und dem Frühling 1669 verbrachten Karl und Nell sehr viel Zeit miteinander. Als 1670 Henrietta Anne Stuart, die Schwester des englischen Königs und Herzogin von Orléans, zu einem Besuch nach London kam, lernte sie Nell sogar persönlich kennen und Nell erhielt Geschenke von Minette, wie Henrietta Anne von ihrem Bruder genannt wurde. Obwohl kurz danach die junge Hofdame im Gefolge von Henrietta Anne Stuart, Louise de Kérouaille ebenfalls eine Mätresse von Karl II. wurde, produzierte Nell keine Szenen oder zeigte Eifersucht. Im Gegensatz zu Barbara Villiers bestand Nell auch nicht auf einer Wohnung in Whitehall.
Am 8. Mai 1670 brachte Nell ihren ersten Sohn mit Karl II. zur Welt, der nach dem Vater Charles benannt wurde. In der Zwischenzeit hatte sie ein großes und komfortables Haus in dem damals sehr beliebten Vorort Lincoln's Inn Fields in London bezogen. 1671, kurz bevor sie den zweiten Sohn von Karl zur Welt brachte, bezog sie ein Haus mit repräsentativerer Adresse: 79 Pall Mall.

Karl war vorsichtig Nell nach Whitehall einzuladen und Nell forderte solche Einladungen auch nie ein. Ihr Biograf Derek Parker beschreibt das Nell keine Lust hatte sich wie eine Lady zu benehmen, die sie nicht war und sich lieber in ihrem eigenen Haus mit dem König, in weit ungezwungener Atmosphäre traf. Louise de Kérouaille im Gegensatz zu ihr von adeliger Abstammung und am Hof erzogen, bezog 1671 ihre Apartements in Whitehall. Beide Frauen trafen sich, selten in Whitehall, aber des öfteren bei Familienzusammenführungen, denn Karl liebte es im Kreise seiner Kinder und Mätressen Ausflüge und Picknicks zu veranstalten. Bei einer Gelegenheit soll Louise Nell zu ihrem gesellschaftlichen Aufstieg gratuliert haben mit den Worten, sie sei so reich wie eine Königin. In Anspielung auf die Verleihung des Titels Herzogin von Portsmouth an Luoise, durch die Geburt ihres ersten und einzigen Sohnes mit Karl, soll Nell geantwortet haben: "You are right, madam. And I am whore enough to be a duchess." (Das stimmt, Madam. Und ich bin Hure genug um auch Herzogin zu sein.) Louise war bekannt für ihre vielen angeblichen Krankheiten oder Selbstmordrohungen, immer wenn sie das Gefühl hatte das Interesse des Königs zu verlieren. Wegen dieser emotionalen Szenen wurde sie von Nell auch "Squintabella" genannt.
Als 1675 der Sohn von Louise, Charles Lennox, zum Herzog von Richmond ernannt wurde, regte sich doch etwas in Nell. Ihre beiden Söhne waren bisher nicht mit Titeln und Länderein versorgt, wie alle anderen illegitimen Kinder des Königs. So soll sie, als Karl sie in ihrem Haus besuchte, ihren Sohn mit folgenden Worten gerufen haben: "Come here, you little bastard, and say hello to your father!" (Komm her du kleiner Bastard und begrüsse deinen Vater) 1676 wurde ihrem Erstgeborenen die Titel Baron Headington, Graf von Burford und Herzog von St. Albans verliehen. Da Karl II. alle seine Kinder mit Titeln und Ländereien versorgte, reimte der Dichter Andrew Marvell folgendes Gedicht:
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Bis 1677 hielt die sehr enge Beziehung zwischen dem König und Nell an. Man kann annehmen das sich die sexeullen Treffen langsam einstellten und einer tiefen Freundschaft und Sympathie Platz machten. Der König schien das Zusammensein mit Nell sehr zu genießen und amüsierte sich gerne über ihre witzigen Einfälle für Spaziergänge, Treffen, Dinners, Parties und Picknicks. So soll sie bei einem Angelausflug mit dem König heimlich gekauften, fertig gebratenen Fisch gekauft und an ihre Angel gesteckt haben, damit der Ausflug nicht so langweilig wäre, und damit man auch wirklich etwas zu essen hätte, im Falle das Angelglück nicht groß wäre.
Nell Gwyn war im englischen Volk weiterhin sehr beliebt und wurde bei einem Angriff gegen sie in einem Theater vom Publikum offen verteidigt. Thomas Herbert, der später der achte Graf von Pembroke wurde, soll sein Schwert gezogen haben um den Angreifer zu töten. Als sie 1681 in ihrer Kutsche durch Oxford fuhr, ereiferte sich das Volk gegen sie, die sie für eine andere Geliebte des Königs, Louise de Kérouaille, hielten. Nell steckte den Kopf durch das Fenster und meinte: "Sie verwechseln mich, ich bin die protestantische Hure!" Ein anderes Mal wollte sich ihr Kutscher mit einem Mann schlagen, der sie Hure genannt hatte. Sie meinte: "Ich bin eine Hure, sucht euch einen anderen Grund zu kämpfen." Diese typische Ausdrucksweise machte sie ausgesprochen populär im englischen Volk und bis heute unvergessen.
Lebensende
Nell Gwyn wurde für ihre "Dienste für den König" nie geadelt oder mit Vermögen und Schmuck überhäft, wie Barbara Villiers oder Louise. Sie erhielt mehrer Häuser vom Känig geschenkt, der ihr eine Jahresrente von 2.000 englischen Pfund aussetzte. Da sie viele Adelige persönlich kannte und ein unternehmenslustiger Mensch war, gab sie in ihren Häusern viele Dinnerparties und Feste, oder ging aus. Nell wagte es nie sich in die persönlichen oder politischen Dinge ihre Liebhabers zu mischen, wie das Louise und Barbara taten. Derek Parker vermutet eine starke charakterliche Ähnlichkeit zwischen den König und Nell, so daß Nell wusste das solche Diskussionen nur zu Ärger führen würden.
Die Errichtung eines Krankenhauses in Chelsea soll von ihr angeregt worden sein, ansonsten lebte sie auf großem Fuß, obwohl der König sie großzügig bedachte, verschuldete sie sich hoch. Mit 37 starb sie an Apoplexie und wurde in der Kirche St. Martins am Trafalgar Square beigesetzt.
Literatur
- Derek Parker: Nell Gwyn Sutton Publishing, London 2000, ISBN 0-7509-1992-2
- Antonia Fraser: Charles II Phoenix mass market, Dezember 2004, ISBN 0-7538-1403-X