Brennweite

Die Brennweite ist grob ausgedrückt der Abstand zwischen einem fokussierenden optischen Element (Linse, Hohlspiegel, etc.) und dem sog. Brennpunkt (Fokus), auf den paralleles Licht konzentriert wird.
Genauer ist die Brennweite f eines Abbildungssystems der Abstand zwischen Brennpunkt F) und zugeordneter Hauptebene H. Im Allgemeinen existieren zwei Brennweiten, zwei Hauptebenen und zwei Brennpunkte, je eine Brennweite, eine Hauptebene und ein Brennpunkt auf der Gegenstandsseite und auf der Bildseite. Beide Brennweiten sind gleich groß, falls der Brechungsindex auf beiden Seiten des Abbildungssystems gleich ist. Bei dünnen Linsen und schwach gekrümmten sphärischen Spiegeln fallen näherungsweise beide Hauptebenen in einer Ebene zusammen (siehe nebenstehende Abbildung).
Die Brennweite – und mit ihr die Hauptebene und der Brennpunkt – ist ein Konzept der idealisierenden paraxialen Optik und gilt damit nur für achsnahe Strahlen. Ein größer ausgedehntes Bündel parallelen Lichts wird nicht punktförmig im Brennpunkt vereinigt sondern in einem Gebiet – einer Kaustik – konzentriert.
Betragsmäßig große Brennweiten entstehen durch schwach gekrümmte Oberflächen, kleine durch starke Krümmungen. Speziell bei Linsen wird der Kehrwert 1/f der Brennweite Brechkraft oder Brechwert genannt. Bei Sammellinsen und Hohlspiegeln ist die Brennweite als positiver Wert, bei Zerstreuungslinsen und Konvexspiegeln als negativer Wert definiert.
In der Fotografie bestimmt die Brennweite des Objektivs zusammen mit dem Aufnahmeformat den Bildwinkel (siehe auch Formatfaktor), mit der Apertur die Lichtstärke und mit der Gegenstandsweite den Abbildungsmaßstab. Letzteres gilt auch für das Zwischenbild beim Mikroskop. Bei Fernrohren und Ferngläsern bestimmen die Brennweiten von Objektiv und Okular zusammen die Vergrößerung und mit der Apertur die Größe der Austrittspupille.
Brechkraft
Der Kehrwert der Brennweite , wird Brechwert und wurde früher "Schärfe der Linse" oder "Stärke der Linse" genannt; der Begriff "Brechkraft" wurde von Allvar Gullstrand für den Quotienten "Brechungsindex durch Brennweite" eingeführt; später wurde auch der Brechwert Brechkraft genannt - das ist mindestens seit den 1970er Jahren veraltet.
Mit dem Brechwert werden die Formeln der paraxialen Optik übersichtlicher. Ihr Wert wird, speziell bei Brillengläsern, in der abgeleiteten Einheit Dioptrie angegeben: 1 dpt = 1 m-1. Früher gab man als "Nummer der Brille" die Brennweite in Pariser Zoll (ca. 2,707 cm) an.
Herleitung der Abbildungsgleichung über die Brechkraft

Ein von einem Gegenstand im Abstand g ausgehendes Strahlenbündel hat am Ort der eingangsseitigen Hauptebene eine Vergenz von −1/g, zu der das Bauelement 1/f hinzufügt, sich am Ort der ausgangsseitigen Hauptebene die Vergenz
ergibt. Falls positiv, wenn also wie im nebenstehenden Bild die Gegenstandsweite g größer ist als die Brennweite, so konvergiert das Bündel zu einem Bildpunkt im Abstand b.
Obige Gleichung, leicht umgestellt, ist die Linsengleichung.
Abbildungsfehler
Die Brennweite einer Einzellinse hängt vom Brechungsindex n des Linsenmaterials ab, der wiederum von der Wellenlänge abhängig ist. Die Folge, chromatische Aberration, wird durch die Kombination von Linsen aus verschiedenen Materialien reduziert.
Ein Kugelspiegel bildet seinen Mittelpunkt auf sich selbst ab. Für andere Abbildungsgeometrien und bei Linsen allgemein ist die leicht herzustellende Kugelform der Oberflächen nicht ideal. Sphärische Linsen haben an ihrem Rand eine (betragsmäßig) größere Brechkraft als in der Mitte und zeigen daher sphärische Aberration. Der Effekt ist umso größer, je stärker die Randstrahlen abgelenkt werden.
Wenn die Form einer Linse nicht rotationsymmetrisch bzgl. der optischen Achse ist, sondern ellipsoid, dann fokussiert sie fächerartige Lichtbündel je nach deren Orientierung in verschiedenen Bildweiten. Volle Lichtbündel werden nicht auf einen Punkt fokussiert, sondern in zwei hintereinander liegende Brennlinien in den Richtungen der beiden Hauptachsen des Ellipsoids. Dieser Abbildungsfehler heißt axialer Astigmatismus.
Andere Abbildungsfehler haben weniger direkten Bezug zur hier thematisierten Brennweite.
Messung der Brennweite
Die Brennweite von Sammellinsen ist positiv, die von Zerstreulinsen ist negativ. Siehe dazu Linse (Optik).
Den Brennpunkt einer Sammellinse findet man, indem man sie im Sonnenlicht als Brennglas benutzt und gut fokussiert. Der Abstand der dünnen Sammellinse zum Fokus ist nun die Bildweite, die hier in etwa der Brennweite entspricht.
Leichter in der Schärfe zu beurteilen als der Brennfleck der Sonne ist das Abbild kontrastreicher Motive wie Bäume oder Gebäude auf einer weißen Fläche. Die Brechkraft 1/f ist dann nach der Abbildungsgleichung die Summe der Kehrwerte der Bildweite und der Gegenstandsweite. Für die Gegenstandsweite reicht eine grobe Schätzung, falls sie groß gegenüber der Bildweite ist.
Für genauere Messungen wird es kritisch, wovon der Abstand gemessen wird. Es ist bei realen, dünnen Linsen der Abstand von der Hauptebene zum Bildpunkt. Bei solchen dünnen Linsen kann man mit ausreichender Genauigkeit die Hauptebene mit der Mittelebene der Linsen identifizieren. Bei dicken Linsen ist dieser einfache Ansatz nicht mehr genau genug. Bei einem mehrlinsigen Objektiv ist der Fehler 1/g in der Brechkraft vernachlässigbar gegenüber der Unsicherheit über die Lage der Hauptebene. Dann kann das Abschätzen der Bildgröße genauere Ergebnisse liefern. Das entspricht bei einem Teleskop der Messung der Driftgeschwindigkeit des Bildes aufgrund der Erdrotation.
Das Autokollimations- und das Bessel-Verfahren sind weitere Verfahren um die Brennweite dünner Linsen zu bestimmen.
Brillenoptiker bestimmen die Brennweite nicht-sphärischer Gläser und die über die Fläche variierende Brechkraft von Gleitsichtgläsern durch Wellenfrontanalyse, meist mit einem Hartmann-Shack-Sensor. Die automatisierten Geräte heißen aus historischen Gründen Scheitelbrechwertmesser.
Bei dicken Linsen und mehrlinsigen Objektiven kann die Brennweite nicht auf einfache Weise bestimmt werden, weil die Lage der Hauptebenen nicht bekannt ist. Ein mögliches Messverfahren dafür ist das Abbe-Verfahren mit dem die Lage der Hauptebene und die Brennweiten gleichzeitig bestimmt werden können.
Berechnung der Brennweite
Brechende Fläche
Als brechende Fläche bezeichnet man die Grenzschicht zwischen zwei optischen Medien verschiedener Brechungsindizes. Kommt der Lichtstrahl von links, so sei n der Brechungsindex auf der linken Seite und n' der Brechungsindex auf der rechten Seite der Grenzfläche. Die Krümmung der Grenzfläche wird durch den Krümmungsradius r beschrieben. Liegt der Mittelpunkt des Kreises, der die Grenzfläche beschreibt, auf der vom einfallenden Licht abgewandten Seite, so ist r positiv, andernfalls negativ. Eine nicht gekrümmte Grenzfläche hat den Krümmungsradius .
- .
Die Brennweite der anderen Seite wird durch Vertauschen der Brechungsindices gewonnen, da das Licht nun von rechts kommend aus n' nach n übertritt:
- .
Linse

Die Brechung einer Linse der Dicke d ist aus den Brechungen ihrer beiden sphärischen Grenzflächen berechenbar. Mit den Brennweiten und der beiden Flächen und dem gegenseitigen Abstand der Flächen lautet die Gleichung für die bildseitige Brennweite der Linse:
- .
Mit den obigen Gleichungen der Flächenbrennweiten erhält man die bildseitige Linsenbrennweite in Anhängigkeit der Krümmungsradien , und Brechungsindizes n und n':
- .
Wie in nebenstehender Abbildung wird die Brennweite f' von der Hauptebene H' gezählt. Gegenstandsseitige und Bildseitige Brennweiten haben die gleiche Größe, wenn die Linse auf beiden Seiten an das gleiche Medium n stößt. Letztere Gleichung wird auch Linsenschleiferformel genannt.
Dünne Linse
Die Näherung ist für erfüllt. Diese Näherung bezeichnet man als dünne Linse und die Hauptebenen der beiden Grenzflächen fallen zusammen und zwar zur Mittelebene. Die Gleichung für die Brennweite vereinfacht sich und wird von der Mittelebene gezählt:
- .
System aus zwei dünnen Linsen

Konstruktion des bildseitigen Brennpunkts F' und der bildseitigen Hauptebene H'
Das System aus zwei dünnen Linsen ist dem System Linse aus zwei brechenden Flächen prinzipiell ähnlich (vgl. nebenstehende Abbildung mit darüber stehender). Da die gegenstands- und bildseitige Brennweite jeder einzelner dünnen Linse gleich groß sind, gilt
Es sind also gegenstands- und bildseitige Brennweite des Linsensystems auch gleich: . Zur Abhängigkeit der Brennweiten des Linsensystems aus zwei dünnen Linsen von den Brechungsindizes und Krümmungsradien gelangt man, wenn man für und die oben angegebenen Linsenschleiferformeln für dünne Linsen anwendet.
Eng benachbarte dünne Linsen
Beim Zusammenrücken der dünnen Linsen wird . Der Abstand kann vernachlässigt werden. Die Brennweite eines solchen Systems ist näherungsweise:
Diese Gleichung wird zum Beispiel für zwei dünne, zusammengekittete Linsen verwendet. Eine solche Doppellinse besteht in der Regel aus zwei verschiedenen Glassorten, womit geringere Abbildungsfehler als bei einer aus nur einer Glassorte bestehenden Linse mit gleicher Brennweite erreicht werden, wie beispielsweise beim Achromaten.
Literatur
- Max Born: Optik, 1972, ISBN 3-540-05954-7 (2. Kapitel).
- Fritz Hodam: Technische Optik. 1967.