Badisches Wörterbuch
Das Badische Wörterbuch ist ein alphabetisch angelegtes Bedeutungswörterbuch der alemannischen und fränkischen Dialekte in den Grenzen des früheren Landes Baden. Es umfaßt neben dem mundartlichen auch fach- und regionalsprachlichen sowie - in geringerem Umfang - historischen Wortschatz aus dem Bearbeitungsgebiet. Hauptadressaten sind Germanisten, Historiker und Volkskundler sowie sprachlich und volkskundlich interessierte Laien.
Geschichte
Ende des 19. Jahrhunderts entstand der Plan, im Großherzogtum Baden eine groß angelegte Umfrage zur Volkskunde durchzuführen. Die Initiatoren, die Freiburger Universitätslehrer Friedrich Kluge, Fridrich Pfaff und Elard Hugo Meyer, ließen Fragebogen an mehr als dreitausend Schulorte verschicken, von denen ein Fragenkomplex, der letzte von dreizehn, auch Sprachliches betraf. Das eingegangene Material - aus ca. sechshundert Orten wurden Darstellungen zur Volkskunde zurückgesandt - war so umfangreich, daß die Idee für ein Badisches Wörterbuch näher ins Auge gefaßt wurde. Friedrich Kluge, in dessen Aufgabengebiet die sprachliche Auswertung fiel, war jedoch mit anderen Projekten beschäftigt, so daß erst im Jahre 1907, als der Germanist und Bibliothekar Alfred Götze sich der Idee annahm, planmäßig weitergearbeitet werden konnte. Nun wurden genaue Anleitungen zum Sammeln von mundartlichen Belegen ausgegeben, in denen auch die später in der Zeitschrift Teuthonista vorgestellte Lautschrift zur Transkription der Phonetik vorgeschlagen wurde. 1914 endlich wurde ein hauptamtlicher Bearbeiter eingestellt: der Gymnasialprofessor und Kluge-Schüler Ernst Ochs. Bedingt durch den ersten Weltkrieg konnte er die Arbeit in der Arbeitsstelle an der Universität Freiburg jedoch erst im Jahre 1919 richtig beginnen.
Das Material wurde anfangs durch die Mundartsammlungen mehrerer Mundartforscher wie Otto Heilig, Philipp Lenz und Othmar Meisinger erweitert. Außerdem kam an der Freiburger Universität wöchentlich ein Kreis von mundartsprechenden Studenten zusammen, die den Professoren Kluge und Götze Angaben zur Mundart ihres Heimatortes machten. Darüber hinaus wurden von Ochs und Mitarbeitern Examens- und Doktorarbeiten, die über einzelne Ortsmundarten oder größere Abschnitte des Einzugsgebiets geschrieben wurden, ins Archiv eingearbeitet. Während der ganzen bisherigen Bearbeitungszeit wurden auch von Laien verfaßte regionale Wörterbücher und Exzerpte aus der Mundartliteratur, sowie von Sammlern zur Verfügung gestellte Zettelsammlungen ins Archiv übernommen.
Die Publikations begann 1925 in einzelnen Lieferungen. 1940 – 1945 sowie 1966/67 wurden die Arbeiten unterbrochen
Nach dem Tod von Ernst Ochs im Jahr 1961 wurde Karl-Friedrich Müller, langjähriger ehrenamtlicher Mitarbeiter Ochs’, sein Nachfolger. Müller wurde 1968 pensioniert und von Gerhard Wolfram Baur abgelöst. Baur erweiterte die Sammlungen erheblich, vor allem machte er umfangreiche Aufnahmefahrten durch den mittleren und südlichen Schwarzwald und die östlich und südöstlich angrenzenden Gebiete sowie durch den fränkischen Nordostteil Badens zwischen Neckar und Main, um speziell lautgeographische Lücken zu schließen. Baur vollendete den zweiten Band im Jahr 1974 und den dritten Band im Jahre 1997 mit seiner Pensionierung. Seit 1998 ist Rudolf Post, der frühere Bearbeiter des Pfälzischen Wörterbuchs, der Nachfolger Baurs in der Arbeitsstelle des Badischen Wörterbuchs.
Quellen und Materialbasis
Das Belegmaterial des Badischen Wörterbuchs umfaßt ca. 2 Millionen Einzelzettel, viele davon mit Mehrfachbelegen. Ausgewertet wurden
- Antworten auf vorwiegend volkskundlich ausgerichtete Fragebogen der Jahre 1894/95;
- gedruckte und ungedruckte Wortsammlungen von oft langjährig tätigen Laienforschern sowie ausgewiesenen Fachleuten (wie Ph. Lenz, O. Heilig, O. Meisinger, A. Götze, E. C. Roedder);
- Wortgeographische Darstellungen;
- dialektologische Untersuchungen und Monographien über Laut- und Formenlehre, Syntax- und Wortbildung einzelner Orte oder Landschaften (v.a. in Form von Staatsexamensarbeiten und Dissertationen);
- Sprachatlanten und Sprach- und Volkskundeatlas-Material;
- bereits transkribierte und publizierte Tonbandaufnahmen;
- Untersuchungen über Fach- (z.B. Winzer-, Holzmacher-, Uhrenmacherterminologie) und
Sondersprachen (z.B. Händler- und Gaunersprache);
- eigene Exploration in 180 Orten mit Wortlisten.
Nur in Auswahl exzerpiert und aufgenommen wurden:
- Mundartliteratur (z.B. Hebel, Burte, Nadler) und regional geprägte Literatur (z.B.
Grimmelshausen, Briefe der Elisabeth Charlotte, H. Hansjakob)
- historische Quellen (z.B. Stadtrechte und edierte Urbare)
- Namenüberlieferungen (Personen-, Orts- und Flurnamen)
Publikationsstand
- Band 1 (A - E) 1940
- Band 2 (F - H) 1974
- Band 3 (J - M) 1997
- Band 4 (N ff.), Lieferungen 57 ff.
- Voraussichtlicher Abschluß 2015 mit 5 Bänden.
Literatur
- Vorworte zum Badischen Wörterbuch Bd. 1, S. 3f. Bd. 2, S. IIIf.
- G. W. Baur: Das Badische Wörterbuch, in: Dialektlexikographie. Berichte über Stand und Methoden deutscher Dialektwörterbücher. Festgabe für Luise Berthold zum 85. Geburtstag. Hg. v. H. Friebertshäuser, ZDL. Beihefte N. F. 17, Wiesbaden 1976, S. 25-35
- G. W. Baur: Mundartwörterbücher im alemannischen Sprachraum, in: Alemannica. Landeskundliche Beiträge. Festschrift für Bruno Boesch zum 65. Geburtstag (= Alem. Jahrbuch 1973/75), Bühl/Baden 1976, S. 62-72
- G. W. Baur: Das Badische Wörterbuch, Badische Heimat 63 (1983), S. 387-394.