Zum Inhalt springen

Santa Maria Gloriosa dei Frari

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Juni 2012 um 10:00 Uhr durch Archaeodontosaurus (Diskussion | Beiträge) (Datei). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Santa Maria Gloriosa dei Frari
Eingangsbereich der Kirche

Santa Maria Gloriosa dei Frari, auch Frarikirche oder kurz Frari (venez. „Brüder“), ist eine Kirche in Venedig. Sie ist neben Zanipolo der größte und bedeutendste gotische Sakralbau Venedigs. Die Kirche ist der Aufnahme Mariens in den Himmel gewidmet. Sie ist mit zahlreichen hervorragenden Kunstwerken ausgestattet, darunter zwei Hauptwerken Tizians. 1926 erhielt sie den Ehrentitel einer päpstlichen Basilica minor.

Darüber hinaus befindet sich in den beiden ehemaligen zur Kirche gehörenden Klöstern seit 1817 das Staatsarchiv Venedig.

Architektur

Die Frarikirche ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit großem Querhaus und einer Gruppe von sechs kleinen und einer zentralen großen Chorkapelle, die alle einen polygonalen Abschluss haben. Alle Raumteile haben ein Kreuzrippengewölbe. Das außerordentlich hohe Querhaus ist einschiffig.

Die Fassade des Backsteinbau ist eher schlicht, sie wird aber durch einen reich gestaffelten und geschwungenen Giebel ausgezeichnet. Zierelemente am Außenbau wie die Rahmen der Okuli, die Friese, der kranzartige Gesimsabschluss und die hohen Tabernakel auf der Fassade sowie das Portal sind aus istrischem Stein. Die Gewölbe sind, um das Gewicht wegen des problematischen Baugrundes zu reduzieren, aus Rohrgeflecht, das verputzt wurde, das aber wie ein steinernes Gewölbe wirkt. Der Bau wird, wie bei anderen venezianischen Kirchen, durch hölzerne Zuganker stabilisiert.

Scuola di San Rocco

Chiesa San Rocco
Scuola di San Rocco

Direkt westlich neben der Frari-Kirche befindet sich die Kirche und die Schule des Hl. Rochus, die Scuola di San Rocco. Hier kann ein Großteil des Werkes von Tizians größtem zeitgenössischen Konkurrenten Tintoretto besichtigt werden. Beide Gebäude wurden ab 1515 errichtet und bilden heute auf dem engen Platz eine reizvolle architektonische Einheit. Das mächtige Bauwerk der „Schule“ wurde 1549 vollendet. Es erinnert sehr an den triumphalen Charakter der antiken römischen Architektur. Kräftige Säulen, Pilaster und Gesimse heben im unteren Teil die so genannten „Codussi-Fenster“ und im oberen die lange Reihe von Zwillingsfenstern mit ihren Dreiecksgiebels stark heraus. Die Codussi-Fenster zeigen die typisch venezianische Verbindung zwischen der traditionellen Rundbogenform und dem Renaissance-Ideal der rechteckigen Fensterumrahmung.

Die Bezeichnung „Schule“, von denen es mehrere in Venedig gibt, ist missverständlich. Es sind keine Schulen im heutigen Sinne, sondern Zunftgebäude. Seit dem 13. Jahrhundert entstanden in Venedig wohltätige Bruderschaften, die verschiedene soziale und politische Aufgaben übernahmen. Die größten von ihnen, die etwa sechs „Scuole Grandi“ bauten eigene Paläste, eben diese Scuole – teils zum Zweck der Repräsentation, teils als soziale Einrichtung. In Venedig wurden im 13. und 14. Jahrhundert die Zünfte nicht zu maßgebenden politischen Körperschaften, wie in anderen italienischen Stadtstaaten. Dafür hat man ihnen auf dem Gebiet der Kunst freie Hand gelassen.[1]

Im Erdgeschoss liegt meist ein großer Saal für die religiösen Zeremonien. Im Obergeschoss fanden die Versammlungen statt. In der Scuola di San Rocco wurden während der Epidemien die Pestkranken gepflegt. Dem Eingreifen des Hl. Rochus schrieb man das Ende der Pest von 1575-76 zu. Eine solche Scuola war das Statussymbol der betreffenden Bruderschaft und dementsprechend repräsentativ gestaltet. Die Bruderschaft von San Rocco hat noch heute hier ihren Sitz und besitzt immer noch die einzigartige Sammlung von 56 großen Ölbildern, die Tintoretto zwischen 1564 und 1577 für sie gemalt hat.

Baugeschichte

Altarbild von Tizian: Assunta/Maria Himmelfahrt
Santa Maria Gloriosa dei Frari, Inneres

Um 1223 siedelten sich die Franziskaner in einem bestehenden Klostergebäude am Rand der damaligen städtischen Bebauung an. Dort begannen sie um 1250 mit dem Bau einer kleinen, der Madonna gewidmeten Kirche, die 1280 eingeweiht wurde. 1340 wurde diese Kirche, die wegen des großen Zulaufs zu den Predigten der Mönche bald zu klein geworden war, abgerissen, um Platz für einen Neubau zu schaffen. 1361 wurden Apsis und Querhaus eingeweiht und mit dem Bau des Campanile begonnen, der 1396 fertiggestellt wurde. Baumeister des Campanile waren Jacopo und Pierpaolo Celega[2]. 1417 wurde die Capella Corner errichtet, 1432 bis 1434 die Capella Emiliana, eine Taufkapelle, die von den Stiftern, der Familie Emiliana, als Grabkapelle genutzt wurde. In der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Sakristei erbaut. 1468 erhielt die Kirche die noch jetzt vorhandenen Chorschranken, an denen Bartolomeo Buon mitgearbeitet haben soll. Das hölzerne geschnitzte Chorgestühl wurde um 1468 vollendet. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Fassade fertiggestellt. Am 19. Mai 1518 wurde die Assunta von Tizian auf dem Hochaltar aufgestellt.

Die Ausstattung

Die Orgel

Bereits um 1400 war die Frarikirche mit einer Orgel ausgestattet. Heute besitzt die Kirche zwei Orgeln aus dem 18. Jahrhundert, die eine aus dem Jahre 1732 von dem venezianischen Orgelbauer Giovanni Battista Piaggia, die zweite, die mehrmals restauriert wurde, stammt von Gaetano Callido aus den Jahren 1795 bis 1796. Sie befinden sich auf der rechten und linken Seite des Chors. Während einer umfangreichen Renovierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden beide Orgeln aufeinander abgestimmt und können zusammen gespielt werden. Der hervorragende Zustand der beiden Instrumente ermöglicht heute die Aufführung der Musik des 16. und 17. Jahrhunderts für zwei Orgeln.

Grabmäler

Grabmal des Seligen Pacifico

In der Frarikirche befinden sich unter anderem die Grabmäler folgender Personen:

G. Bellini, Madonna mit Kind zwischen den Heiligen Petrus und Nikolaus, Benedikt und Markus.

Gemälde und Skulpturen

  • Giovanni Bellini: Triptychon, 1488, Pesaro-Chor,
  • Giovanni Bellini: Madonna mit Kind und den Heiligen Nikolaus, Petrus, Markus und Benedikt, Sakristei
  • Girolamo Campagna: Statuen der Heiligen Agnes und des Antonius von Padua, Längsschiff
  • Donatello: Johannes der Täufer, Skulptur
  • Giuseppe Salviati: Darstellung im Tempel, um 1560, Altarbild
  • Sansovino: Der Heilige Johannes der Täufer, Statue vor der Cappella Corner
  • Tizian: Madonna des Hauses Pesaro, 1519–1527, Altarbild, Nordwand des Mittelschiffs, Pesaro-Kapelle
Tizian: Assunta/Maria Himmelfahrt
Die „Himmelfahrt Marias“, italienisch „Assunta“ Tizians wurde speziell für diesen Ort gemalt und 1518 am Hochaltar aufgestellt. Das Bild hat eine Größe von 668 x 344 cm, wie damals üblich, wurde es in Öl auf Holz gemalt. Tizian liegt in dieser Kirche auch begraben; an ihn erinnert ein aufwändiges Grabmal.
Richard Wagner, der das Bild Tizians 1861 in der Accademia sah, wo es von 1817 bis 1921 in einem eigens dafür errichteten Saal ausgestellt war, bis es wieder in die Kirche zurück transferiert wurde, will durch den Anblick dieses Gemäldes zur Inspiration seiner Meistersinger von Nürnberg gelangt sein (in der Tat ist dieses Werk Wagners voll versteckter religiöser Anspielungen).


  • Paolo Veneziano: Votivbild des Dogen Francesco Dandolo und der Dogaressa Isabetta Contarini mit ihren Schutzheiligen San Franceso und Santa Elisabetta, 1339, Kapitelsaal der Frarikirche
  • Alessandro Vittoria: Der auferstandene Christus, Skulptur
  • Alessandro Vittoria: Hl. Hieronymus, Skulptur
  • Alvise Vivarini: Der Heilige Augustinus und andere Heilige, nördliche Kapelle im Querschiff
  • Bartolomeo Vivarini: Der Heilige Markus, Altarbild, Cappella Corner
  • Bartolomeo Vivarini: Madonna mit Kind und Heiligen, Altarbild, Südliche Kapelle im Querschiff
Commons: Santa Maria Gloriosa dei Frari (Venezia) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Keller, Harald: Die Kunstlandschaften Italiens [1960]. Frankfurt a.M. 1983, S. 799.
  2. CELEGA (Ceilega, Zellega), Pier Paolo, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 23 (1979)

Koordinaten: 45° 26′ 12,2″ N, 12° 19′ 33,8″ O