Stigma
Das Wort Stigma stammt aus dem Griechischen (στíγμα) und bedeutete
ursprünglich Stich. Heute steht der Begriff Stigma im Allgemeinen für ein Zeichen oder Mal.
Theologische Betrachtung
In der Theologie steht der Plural insbesondere für das Auftreten der fünf Wundmale Christi am Körper einer lebenden Person. Hier wird auch von Stigmatisation gesprochen. Dabei stehen Schmerzen für die innere Stigmatisation, sichtbare blutunterlaufene Stellen für die äußere. Diese äußeren Wunden heilen charakteristischerweise nicht ab - oder tauchen periodisch wieder auf - und entzünden sich nicht. Am bekanntesten sind Handstigmata, die sich in der Mitte des Handrückens bzw. des Handtellers befinden. Oft treten gemeinsam mit der Stigmatisation paranormale Phänomene (wie Bilokation und Levitation) auf.
Franz von Assisi (1181/82 - 1226) ist der erste in der Geschichte bekannte Fall von Stigmatisation. Das Phänomen seiner Stigmatisation soll sich 1224 vollzogen haben. Der 1999 selig- und am 16. Juni 2002 heiliggesprochene Pater Pio und die Therese Neumann aus Konnersreuth waren im 20. Jahrhundert die bekanntesten Stigmatisierten. Von Stigmatisationen von Anna Katharina Emmerick, Gemma Galgani und Maria Magdalena de Pazzi wird berichtet.
Zoologische Bedeutung
In der Zoolgie steht das Wort Stigma für eine Öffnung beziehungsweise einen Schließmuskel der Tracheenausgängen bei Insekten, die wahrscheinlich durch CO2 beeinflusst werden.
Botanische Bedeutung
In der Biologie steht das Wort Stigma für einen Teil des weiblichen Fortpflanzungsorgans (Stempel) einer Blüte, welches sich im Innersten der Blüte befindet. Der Stempel setzt sich aus Fruchtknoten, Griffel und Stigma (auch Narbe genannt) zusammen.
siehe auch Blüte (Botanik)
Soziologische und psychologische Betrachtung
In der Psychologie und Soziologie spricht man von einem Stigma im Sinne eines Auffälligkeitsmerkmals. Die Stigmatisierung ist die Verurteilung von Einzelnen oder Gruppen. Stigmata (im Plural auch Stigmen genannt) können zum Beispiel Auffälligkeiten wie körperliche oder geistige Behinderungen, psychische Störungen, aber auch Homosexualität, Prostitution oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nationalität sein. Von einer künstlichen Stigmatisierung spricht man, wenn einer Person oder Gruppe ein Merkmal aufgezwungen wird, so wie es häufig der Vergangenheit der Geschichte geschehen ist.
Historische Betrachtung
Eine künstliche Stigmatisierung in der Antike war zum Beispiel die Kennzeichnung von Sklaven. Besonders die Griechen und Römer brandmarkten diese zur Kennzeichnung von Eigentum und Zugehörigkeit.
In Mitteleuropa wurden bis weit ins 19. Jahrhundert Prostituierte, Diebe oder Fälscher mit einem Brandzeichen stigmatisiert. Später fügten europäische Eroberer Afrikanern Brandzeichen zu.
In der Zeit des Nationalsozialismus erfolgte eine Stigmatisierung der Juden. Sie wurden von den NS-Behörden gezwungen den gelben Judenstern sichtbar auf ihrer Kleidung zu tragen. Die Nationalsozialisten stellten damit eine Verbindung zur mittelalterlichen Kleidung her, die Juden als Kennzeichen zu tragen hatten (spitzer Hut und gelber Fleck). Als Zeichen wurde das national-religiöse Symbol des Judentums (das Hexagramm des Davidsterns) gewählt.
Literaturhinweise
- Goffman, Erving: Stigma. Über Techniken der Bewältigung beschädigter Identitäten
- Kempf, Volker: Stigma deutsch. Aufsätze zur Bewältigung einer beschädigten Identität
- Reuter, Julia: Ordnungen des Anderen. Zum Problem des Eigenen in der Soziologie des Fremden