Gewissen
Das Gewissen bezeichnet eine spezielle Form des menschlichen Bewußtseins, die den Einzelmenschen dazu drängt, aus ethischen Gründen bestimmte Handlungen unbedingt auszuführen und andere unbedingt zu unterlassen. Handelt der Mensch entsprechend seinem Gewissen, fühlt er sich gut und zufrieden (gutes, reines Gewissen), handelt er dagegen, fühlt er sich von ebendieser Bewußtseinsinstanz angeklagt und verfolgt (schlechtes Gewissen, Gewissensbisse).
Das Vorhandensein des Gewissens ist bei allen Völkern aller Zeiten nachweisbar (Anthropologie, Ethnologie), nicht jede Sprache hat jedoch ein eigenes Wort für diese Erscheinung, auch sind die Anforderungen des Gewissens sowohl interkulturell als auch innerhalb einer Kultur individuell verschieden, sowohl inhaltlich als auch in der Intensität der Erfahrung. In diesem Sinne gibt es keine Gewissenlosigkeit, aber Menschen, deren Gewissen sehr schwach ausgeprägt ist oder die sich in ihrem Verhalten über die Forderungen des Gewissens hinwegsetzen
Im Deutschen hängt Gewissen mit Wissen zusammen. Das lateinische Wort Conscientia, welches die weitere Bedeutung Bewußtsein (conscientia psychologica) und die engere Gewissen (conscientia moralis) haben kann, wurde wahrscheinlich erstmals von Notker Labeo (+ 1022) mit Gewissen übersetzt.
Das Vorhandensein des Gewissens ist keine spezifisch christliche Erfahrung, das Christentum legt jedoch großen Wert auf ein Handeln im Einklang mit dem Gewissen, das hier als von Gott kommend verstanden wird.
Die Psychologie nach Sigmund Freud verwendet auf diesem Gebiet die drei Begriffe Es, Ich und Über-Ich. Das unbewußt-triebhafte Es wird in seinen Triebäußerungen durch das Über-Ich hemmend kontrolliert. Dabei wird das Über-Ich verstanden als Introjektion der elterlichen und gesellschaftlichen Autorität in das Unbewußte. Das so verstandene Gewissen veranlaßt das Kind besonders in den ersten Lebensjahren die gesellschaftlich approbierten Verhaltensweisen einzuhalten. Das reife Ich, die individuelle Persönlichkeit mit ihren aus Erfahrung gewonnenen bewußten Wertsetzungen, bildet sich in der Auseinandersetzung des Menschen mit seiner gesellschaftlichen Umwelt und durch Überwindung des Bestimmtseins durch das Über-Ich.
Nach dem dialektischen Materialismus spiegelt das Gewissen nur den wandelbaren Gesellschaftszustand, welcher sich aus wechselnden materiellen Produktionsverhältnissen erklärt. Da die Materie, die einzige Wirklichkeit, sich ständig verändert, gilt keine sittliche Wahrheit absolut.
In Zeichentrickfilm und Comic wird das Gewissen oft karikaturistisch als kleiner Engel über der rechten Schulter, am rechten Ohr einer Figur dargestellt, ihm gegenüber steht als Gegenspieler über der linken Schulter, am linken Ohr die Versuchung, dargestellt als kleiner Teufel. Der Widerstreit von Engel und Teufel läßt den Protagonisten oft ratlos zurück, handlungsfähig macht erst die bewußte Entscheidung, nur auf einen der beiden Einflüsterer zu hören.