Arbeitsvertrag (Deutschland)
Ein Arbeitsvertrag nach deutschem Recht ist ein Vertrag zur Begründung eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses über die entgeltliche Erbringung einer Dienstleistung. Der Arbeitsvertrag ist eine Unterart des in §§ 611 ff. BGB geregelten Dienstvertrages. Im Unterschied zum freien Dienstverhältnis ist das durch den Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnis von der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekennzeichnet. Der Arbeitnehmer kann im wesentlichen nicht selbst seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen. Er ist vielmehr in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert und unterliegt typischerweise den Weisungen des Arbeitgebers über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit.
Abschluss
Der Arbeitsvertrag kann formlos geschlossen werden. Im Nachweisgesetz ist geregelt, dass der Arbeitgeber 4 Wochen nach Aufnahme der Arbeit einen schriftlichen Arbeitsvertrag vorlegen muss. Tut er dies nicht, muss er im Zweifelsfall, z. B. vor dem Arbeitsgericht, seine Aussagen beweisen und nicht der Arbeitnehmer.
Inhalt
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die vertragsgemäße Arbeitsleistung zu erbringen und einer nicht unerheblichen Treuepflicht nachzukommen; der Arbeitgeber hat als Gegenleistung eine Vergütung zu gewähren und entsprechende Fürsorge zu leisten. Die Höhe der Vergütung und Nebenleistungen sowie der Ort der Arbeitsleistung kann im Arbeitsvertrag ebenso vereinbart werden wie typische Verweisklauseln, die es dem Arbeitgeber gestatten sein Direktionsrecht auszuüben und dem Arbeitnehmer jede zumutbare Arbeit zuzuweisen. Häufig bestimmt sich die Vergütung auch unmittelbar oder mittelbar nach einem Tarifvertrag. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist die verkehrsübliche Vergütung zu zahlen. Sehr wichtig ist der Zeitraum, über den der Arbeitsvertrag abgeschlossen wird. Neben unbefristeten Arbeitsverträgen kann die Vertragslaufzeit auf bis zu 2 Jahre befristet sein. Bei Neueinstellungen wird zumeist eine Probezeit vereinbart.
Vielfach ergeben sich auch die weiteren Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien, wie zum Beispiel Gewährung von Urlaub, Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Kündigungsfristen nicht aus dem Arbeitsvertrag selbst, sondern insbesondere aus arbeitsrechtlichen Gesetzen und Tarifverträgen. Im Ganzen wird das Arbeitsverhältnis von einem beträchtlichen arbeitsrechtlichen Regelwerk (Kündigungsschutz, Einschränkung von Befristungen, Arbeitsschutz, Arbeitszeitgesetz, Betriebsverfassung) flankiert und seine Gestaltung damit teilweise der Disposition der Vertragsparteien entzogen. Dies ist Folge des strukturellen Machtungleichgewichts der Vertragsparteien und Ergebnis der sozialstaatlichen Intention, die darauf aufbaut, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung durch abhängige Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreitet.
Pflichten
Mit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Arbeitsvertrag entstehen sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Hierbei wird zwischen Hauptpflichten und Nebenpflichten unterschieden.
Pflichten des Arbeitnehmers
Die Arbeitspflicht ist die Hauptpflicht des Arbeitnehmers. Unter dem Begriff Treuepflicht (§ 242 BGB) sind die Nebenpflichten bzw. sonstigen Pflichten des Arbeitnehmers zusammengefasst. Die Treuepflicht umfasst folgende Punkte: Überarbeit, kein Wettbewerb, keine Verleitung anderer Arbeitnehmer zum Vertragsbruch, keine Annahme von Schmiergeldern, Anzeige drohender Schäden, Verschwiegenheit.
Pflichten des Arbeitgebers
Die Lohnzahlungspflicht ist die Hauptpflicht der Arbeitgebers. Nebenpflichten bzw. sonstige Pflichten des Arbeitgebers sind insbesondere die Fürsorgepflicht (§ 242 BGB), Beschäftigungspflicht, Pflicht zur Urlaubsgewährung, Gleichbehandlungspflicht, Pflicht zum Ersatz von Aufwendungen und Schäden des Arbeitnehmers an seinen bei der Arbeit benutzten Sachen, Einblick in die Personalakte, Informationspflicht, Pflicht zur Zeugniserteilung.
Leistungsstörungen
Leistungsstörungen im Arbeitsrecht werden grundsätzlich nach den Regeln über Leistungsstörungen im allgemeinen Schuldrecht abgewickelt. Allerdings führt die besondere wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber zu Modifikationen der Haftung des Arbeitnehmers.
Im Einzelnen sind folgende Konstellationen in Betracht zu ziehen:
Leistungsstörungen auf Seiten des Arbeitgebers
Verzug der Lohnzahlung
Der Arbeitgeber gerät in Verzug, wenn er den vereinbarten Lohn nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zahlt. Wurde keine Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen, ist der Lohn gem. § 614 BGB zum Ende des Vergütungszeitraums (in den meisten Fällen eines Monats) zu zahlen. Der Lohn ist gem. § 288 BGB ab Verzugsbeginn mit 5% über dem jeweiligen Basiszins zu verzinsen.
Grundsätzlich haftet der im Verzug befindliche Schuldner gem. § 280 BGB für alle durch den Verzug entstandenen Schäden bzw. Kosten des Gläubigers. Im Arbeitsrecht gilt dies (aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 12a ArbGG) jedoch nicht für die Kosten einer vorprozessualen anwaltlichen Vertretung. Der Arbeitnehmer muss also die Kosten eines eventuell von ihm eingeschalteten Rechtsanwalts selbst bezahlen und kann trotz des Verzugs keine Erstattung vom Arbeitgeber verlangen.
Gerät der Arbeitgeber für einen längeren Zeitraum in Verzug, kann der Arbeitnehmer nach vorheriger Ankündigung seine Arbeitleistung zurückhalten (realistisch sind hier 2 Monate). Der Arbeitgeber bleibt gleichwohl zur fortlaufenden Zahlung des Lohnes verpflichtet, der Arbeitnehmer muss (im Anschluss an den Wegfall des Zurückbehaltungsrechts durch Ausgleich der Lohnforderungen) diese Zeiträume nicht nacharbeiten. Ein erheblicher Zahlungsverzug des Arbeitgebers berechtigt den Arbeitnehmer darüber hinaus zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. In diesem Falle ist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Ersatz des durch die fristlose Kündigung bedingten Lohnausfalls (bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist) verpflichtet.
Verletzung von Nebenpflichten (insb. Schutzpflichten)
Wenn der Arbeitgeber schuldhaft seine Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, haftet er dem Arbeitnehmer grundsätzlich auf Ersatz des Schadens nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (pVV).
Die Haftung des Arbeitgebers findet jedoch eine erhebliche Einschränkung für den Fall eines Arbeits- und Wegeunfalls des Arbeitnehmers. In diesen Fällen steht dem Arbeitnehmer ein (verschuldensunabhängiger) Anspruch auf Ersatz der ihm enstandenen gesundheitlichen Schäden gegen die Berufsgenossenschaft zu. Zugleich ist gem. § 104 SGB VII ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber oder gegen Arbeitskollegen wegen eines (schuldhaft aber nicht vorsätzlich herbeigeführten) Arbeitsunfalls ausgeschlossen.
Annahmeverzug
Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, wenn er das Arbeitsangebot des Arbeitnehmers nicht annimmt oder ablehnt. Er bleibt in diesen Fällen gem. § 615 BGB zur Zahlung des Arbeitslohnes verpflichtet, ohne dass der Arbeitnehmer die durch den Annahmeverzug verlorene Arbeitszeit nacharbeiten muss (sog. Fixgeschäft). Ein konkretes Arbeitsangebot des Arbeitnehmers ist entbehrlich, wenn der Arbeitgeber (zum Beispiel durch eine Kündigung) zu erkennen gegeben hat, dass er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (im genannten Beispiel nach Ablauf der Kündigungsfrist) ablehnen wird.
Hat der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers anderweitige Einkünfte (aus seiner Arbeitsleistung), dann muss er sich diese Einkünfte auf den o.g. Lohnanspruch anrechnen lassen.
Leistungsstörungen auf Seiten des Arbeitnehmers
Verzug der Arbeitsleistung
Da es sich bei der Arbeitsleistung um eine Fixschuld handelt, ist ein Verzug der Arbeitsleistung begrifflich ausgeschlossen. Bei Nichterbringung der geschuldeten Arbeitsleistung liegt in der Regel Unmöglichkeit vor.
Unmöglichkeit der Arbeitsleistung
Wird die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers unmöglich, ist nach dem Verschulden zu differenzieren:
Verschuldet der Arbeitnehmer die Unmöglichkeit, so verliert er den Anspruch auf Arbeitslohn, sofern nicht - wie beispielsweise bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin - das Risiko durch ein Spezialgesetz auf den Arbeitgeber verlagert wurde.
Verschuldet der Arbeitgeber die Unmöglichkeit, so behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Arbeitslohn.
Hat keine der Parteien die Unmöglichkeit verschuldet, so verliert der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch, es sei denn, es handelt sich um einen Fall, der in das sog. Betriebsrisiko des Arbeitgebers fällt (beispielsweise fehlendes Material oder eine Naturkatastrophe).
Verletzung von Nebenpflichten des Arbeitnehmers
Verletzt der Arbeitnehmer seine Nebenpflichten, so haftet er dem Arbeitgeber nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz für den daraus entstehenden Schaden.
Der Arbeitsvertrag wird in der Regel auf unbestimmte Zeit geschlossen; es gibt verschiedene Möglichkeiten einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine Befristung ist nur eingeschränkt innerhalb bestimmter gesetzlicher Vorgaben zulässig. Das unbefristete Arbeitsverhältnis endet regelmäßig durch Kündigung einer Partei oder durch Auflösungsvertrag, wobei jeweils Schriftform vorgeschrieben ist. Im Falle eines Betriebsübergangs, gehen die Arbeitsverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehen kraft Gesetzes unverändert auf den Erwerber des Betriebes über, wenn die betroffenen Arbeitnehmer nicht von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Es findet also ein gesetzlicher Wechsel einer Vertragspartei, des Arbeitgebers statt.
Siehe auch
Weblinks
- igmetall.de - Ratgeber Arbeitsvertrag. Was darf, was soll, was muss in Arbeitsverträgen für Angestelle stehen? (Stand 2005-04, entspricht der 5. Aufl. der bestellbaren Printversion).
- jobware.de - Ratgeber Arbeitsvertrag (teilw. nicht aktuell).