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Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Deutschland)

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Das Abzugsverfahren (int.: Reverse-Charge) ist eine Sondernorm im Umsatzsteuerrecht, die den Übergang der Steuerschuldnerschaft regelt.

Nach derzeit geltendem Umsatzsteuergesetz muss ein Leistungserbringer die Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger vereinnahmen und an das Finanzamt entrichten. Der Leistungsempfänger wiederum kann die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, sofern er Unternehmer im Sinne des Gesetzes ist und die restlichen Bedingungen des Vorsteuerabzugs gegeben sind. Beim Abzugsverfahren geht hingegen bei bestimmten Leistungen die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über.

Voraussetzungen

Das Abzugsverfahren wird in § 13b UStG geregelt. Demnach geht bei bestimmten Leistungen die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über, sofern dieser umsatzsteuerlicher Unternehmer ist:

Der Leistende darf in diesen Fällen in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer ausweisen. Ist der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann er in allen Fällen die auf ihn übergegangene Steuerschuld evtl. wieder als Vorsteuer abziehen.

Wichtig hierbei ist, dass auch umsatzsteuerliche Unternehmer betroffen sind, die sich dieser Eigenschaft nicht bewusst sind, und dass auch Leistungen für den Privatbereich erfasst werden. Beispiele für mögliche Konstellationen:

  • Unternehmer, die nur umsatzsteuerbefreite Umsätze tätigen
    • Arzt lässt seine Praxis oder sein privates Einfamilienhaus von einem in Frankreich ansässigen Maler neu anstreichen
    • Vermieter (auch die private Vermietung) beauftragt einen spanischen Spediteur mit einer Lieferung an seine Tochter
  • Kleinunternehmer, die die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. [1] [2]

Vom Ergebnis her gilt ähnliches auch für den Innergemeinschaftlichen Erwerb. Diesem geht jedoch keine der o.a. Leistungen, sondern eine Innergemeinschaftliche Lieferung voraus, die umsatzsteuerfrei ist. Der leistungsempfangende Unternehmer muss jedoch im Bestimmungsstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern. Das Verfahren unterscheidet sich jedoch vollständig vom Reverse-Charge-Verfahren.

Auswirkungen

Im Reverse-Charge-Verfahren wird die Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen auf den Leistungsempfänger verlagert. Dadurch kann ein sogenannter Karussellbetrug verhindert werden. Ist der Leistungsempfänger Unternehmer, schuldet er nach dem Reverse-Charge-Verfahren selbst die Umsatzsteuer für seine Einkäufe, ist aber gleichzeitig zum Vorsteuerabzug im selben Umfang berechtigt. Der Vorteil des neuen Systems besteht darin, dass Vorsteuerbeträge in erheblichem Umfang nicht mehr durch das Finanzamt ausgezahlt werden, sondern nur noch verrechnet werden.

Das Reverse-Charge-Verfahren wird bislang von einigen weiteren europäischen Staaten im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen Werkleistungen bzw. Werklieferungen durch Leistungsortverlagerung zur Vermeidung des Vorsteuervergütungsverfahrens angewandt. Die von z.B. Deutschland und Österreich angestrebte Ausweitung des Verfahrens wird jedoch derzeit von der Europäischen Kommission blockiert.

Grenzüberschreitender Wirtschaftsverkehr EU

Bemerkung aus den Niederlanden

Es gab auch ein "Abzugsverfahren" beim grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr zwischen Unternehmen innerhalb der EU. Das hat nichts mit Betrugsbekämpfung zu tun. Dieses Verfahren wurde am 1. Januar 2002, zusammen mit der "Nullregelung" abgeschafft, seitdem gilt die "Verlagerungsregelung" (EU-Richtlinie). Danach wird in bestimmten Fällen die zu leistende Umsatzsteuer auf den Abnehmer verlagert. Der Abnehmer / Rechnungsempfänger berechnet die Steuer selbst nach Maßstab seines Landes; er deklariert den Betrag gegenüber seinem Finanzamt und zieht ihn als Vorsteuer ab. Der Rechnungssteller weist keine Umsatzsteuer aus und nennt die Umsatzsteueridentifikationsnummer des Rechnungsempfängers im EU-Ausland.

Siehe auch



Einzelnachweise

  1. Der Vermieter als umsatzsteuerlicher Unternehmer [1]
  2. OFD Niedersachsen von März 2012, [2]