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Brutus (Experimentalfahrzeug)

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American LaFrance
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Brutus
Produktionszeitraum: 1908/1998–2006
Klasse: Rennwagen
Karosserieversionen:
Motoren: Ottomotor: BMW VI-8
47 l V12
550 kW
Länge:
Breite:
Höhe:
Radstand:
Leergewicht: 2.537 kg
12-Zylinder-Motor
Antrieb mit Kette

Brutus ist ein vom Auto- und Technikmuseum Sinsheim zwischen 1998 und 2006 konstruierter experimenteller Rennwagen. Besonderes Merkmal dieses Fahrzeugs ist der verwendete Motor.

Motor

Als Antrieb wird ein BMW VI Flugmotor der Baureihe 8 verwendet.[1] Der V-Motor hat 12 Zylinder mit einem Gesamthubraum von 46.930 cm³ (~47 Liter)[2] verteilt auf zwei Reihen in einem Winkel von 60° zueinander mit je sechs Haupt- und Nebenpleueln. Dies war zum Zeitpunkt der Konstruktion des Motors um 1925 eine beliebte Bauform, die es ermöglichte einen solch gewaltigen Motor relativ kompakt zu konstruieren. Durch die unterschiedlich angelenkten Pleuel ergibt sich, dass die Zylinder auf der rechten Seite je vier Liter und auf der linken Seite „nur“ 3,82 Liter Hubraum haben.[1]

Kurzzeitig leistet die Maschine ca. 550 kW (750 PS) bei 1650/min. Als Dauerleistung werden vom Hersteller BMW ca. 400 kW (550 PS) bei 1530/min. angegeben.

Der Verbrauch des Motors soll bei 215–230 Gramm Kraftstoff pro PS und Stunde liegen. Umgerechnet entspricht dies etwa 200 Litern Normalbenzin mit mindestens 87 Oktan pro Stunde.

Geschichte

Ein Mitglied des Museumsvereins fand den Motor auf einem Schrottplatz in Spanien, wo er schon seit Jahrzehnten lag.[3] Vermutlich entstammte er einem Flugzeug, das im Spanischen Bürgerkrieg flog. Im Tausch gegen einen anderen Flugmotor aus einer Messerschmitt Bf 109 kam der Motor schließlich über einen Sammler in den Besitz des Museums.[1] Ursprünglich sollte der Motor lediglich als weiteres Museumsstück in die Ausstellung integriert werden. Dazu wurde er innerhalb von vier Jahren in der Werkstatt des Museums technisch generalüberholt.[4] Zu Beginn waren die genauen Dimensionen des Motors nicht bekannt. Ging man zunächst von „nur“ etwa 25 Litern Hubraum aus, stellte sich im Zuge der Überholung heraus, dass es wohl 47 Liter sind. Der Leiter des Museums, Hermann Layher, fand es zu schade, den Motor lediglich alleine in der Ausstellung zu zeigen. Daher entschloss er sich zu dem gewagten Versuch, den Motor in ein Auto einzubauen.[5] Ein paar fehlende Teile des Motors steuerte der Fundus des Museums bei. So auch einen passenden Schwungkraft-Anlasser, der in einer Vitrine des Museums ausgestellt war und von dem bisher niemand so genau wusste, wofür er ursprünglich einmal gedacht war.[1]

Historisch ist eine solche Konstruktion plausibel und keine Seltenheit. Nach dem Ersten Weltkrieg war es in Deutschland verboten Flugzeuge zu besitzen. Da aber noch viele Flugmotoren zur Verfügung standen, wurden diese immer wieder gerne in Rennwagen verwendet. Das Auto- und Technikmuseum Sinsheim stellt z. B. auch einen Mercedes 45 PS von 1907 aus, in den bereits 1917 ein Flugmotor von Maybach mit 19,5 Litern Hubraum und rund 220 kW (300 PS) eingebaut wurde.[6]

Der Brutus wurde 2006 vorgestellt. Die Bauzeit betrug insgesamt etwa acht Jahre, wobei vier Jahre allein auf die Überholung des Motors entfielen.[7]

Konstruktion

Als Fahrgestell dient ein Feuerspritzenwagen von American LaFrance aus dem Jahr 1908.[5] Die Motorkraft wird über das originale Getriebe mit drei Gängen und einer Kettentransmission an die Hinterachse übertragen. Zwischen Motor und Getriebe wurde zur Anpassung an die niedrig liegende Kurbelwelle noch ein Zwischengetriebe eingebaut.[1] Als Gegengewicht zu dem schweren Motor ist der mit mehreren hundert Litern Fassungsvermögen großzügig dimensionierte Tank im Heck untergebracht. Die Bremsen wirken nur auf die Hinterachse. Die Karosserie wurde von der Firma Brutus-Motorwagenbau Eibensbach / Württemberg angefertigt.[7] Das Auto hat keine Spritzwand; der Fahrer sitzt direkt hinter dem Motor, dessen bewegliche Teile (z. B. das Schwungrad) nur über ein Gitter vom Fahrerraum abgetrennt sind. Der heißen Abwärme sowie etwaigen Leckagen des Motors ist der Fahrer mehr oder weniger direkt und schutzlos ausgesetzt.

Der Brutus hat ein Leergewicht von 2.537 kg.[8]

Fahrleistung

Das ursprüngliche Ziel war mit dem Brutus einen Wagen zu konstruieren, der bei einer Drehzahl von 800/min. eine Geschwindigkeit von 100 km/h erreicht. Die Leerlaufdrehzahl des BMW VI-8 Motors liegt bei 400/min.

Mit dem Brutus wurden mehrmals Geschwindigkeiten zwischen 120 und 140 km/h erreicht. Bisher wagte es jedoch nur ein einziger Fahrer, das Auto auf rund 200 km/h zu beschleunigen. Nach Angaben der Testfahrer gibt es noch reichlich Leistungsreserven für noch sehr viel höhere Geschwindigkeiten. Allerdings zollt man auch den potentiellen Gefahren, die von diesem Gefährt ausgehen, größten Respekt.[4] Sogar bei einer Geschwindigkeit von 140 km/h im höchsten Gang erreicht man mit einem zaghaften Gasstoß noch ein Durchdrehen der Antriebsräder.

Name

Der Name „Brutus“ ist eine Anspielung auf Marcus Iunius Brutus der am gemeinschaftlichen Mord an Julius Cäsar beteiligt war. Cäsar war Brutus' Mentor, Ziehvater und in gewissem Sinne sein Chef. Hermann Layher ist der Überzeugung der Brutus Rennwagen sei mit Sicherheit das gefährlichste Fahrzeug der Welt und stets darauf aus seinen Fahrer, also seinen Chef, töten zu wollen.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hans-Jörg Götzl: Vorkriegsauto Brutus. In: Höllenmaschine mit V12-Flugmotor. Motor-Klassik.de, 12. Juli 2009, abgerufen am 11. Mai 2011.
  2. Foto des Typenschilds auf Traumautoarchiv.de
  3. Auto- und Technikmuseum Sinsheim. In: Experimentalfahrzeug Brutus. Auto- und Technikmuseum Sinsheim, abgerufen am 11. Mai 2011.
  4. a b Tom Grünweg: Oldtimerprojekt Brutus. In: Rennauto mit Flugmotor. Spiegel Online, 5. Mai 2011, abgerufen am 11. Mai 2011.
  5. a b Projekt Brutus. In: Für den Ritt auf der Kanonenkugel. Focus Online, 9. Mai 2011, abgerufen am 11. Mai 2011.
  6. Auto- und Technikmuseum Sinsheim. In: Maybach mit Flugzeugmotor. Auto- und Technikmuseum Sinsheim, abgerufen am 11. Mai 2011.
  7. a b American La France "Brutus". Traumautoarchiv.de, 29. März 2011, abgerufen am 11. Mai 2011.
  8. Angaben auf dem Exponatenschild im Museum sowie auf dem Typenschild am Fahrzeug.