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Helmut Wick

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Bildunterschrift für die NS-Presse: "Hauptmann Wick, der erfolgreiche deutsche Jagdflieger, der vom Führer mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet wurde, schildert hier seinen Kameraden seine letzten Kämpfe, bei denen er fünf Spitfire hintereinander zum Absturz brachte." (September 1940)

Helmut Paul Emil Wick (* 5. August 1915 in Mannheim; † 28. November 1940 im Ärmelkanal) war ein durch die NS-Propaganda popularisierter deutscher Luftwaffenoffizier sowie Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg.

Leben

Helmut Wick wurde als letztes von drei Kindern geboren. Seine Eltern waren Carl Wick (Direktor in der Großbau-Industrie) und Berta, Tochter der Mannheimer Kaufmannsfamilie Schenck.[1] Im Jahre 1932 trat Helmut in die SA ein.[2] Im Frühjahr 1935 zog seine Familie nach Berlin. Er beendete im gleichen Jahr die Hindenburg-Oberrealschule mit dem Abitur.[3][4] Im Januar 1936 trat er in Mecklenburg den Reichsarbeitsdienst an.[5] Am 5. August 1939 heiratete Helmut Wick; er hatte mit seiner Ehefrau zwei Kinder.

Militärische Laufbahn

NS-Darstellungen zufolge trat Wick am 6. April 1936 in die deutsche Luftwaffe ein.[5] Dort begann er auf der Luftkriegsschule unter seinem Mentor und späteren engen Freund Werner Mölders eine Offiziersausbildung, bei deren Abschluss er am 1. Januar 1939 zum Leutnant befördert[6] und zur I. Gruppe des Jagdgeschwaders 133 (am 1. Mai 1939 in das Jagdgeschwader 53 umgewandelt) nach Wiesbaden-Erbenheim versetzt wurde. Dort wurde er der 1. Staffel zugeteilt, in der Mölders Staffelführer war.[7]

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Wick am 1. September 1939 zur I. Gruppe/JG 2 "Richthofen" versetzt,[8] die zur Abschirmung Berlins nach Osten eingesetzt war. Nach dem Polenfeldzug wurde seine Einheit nach Frankfurt-Rebstock verlegt, um die Westgrenze zu sichern. Bei diesem Kommando errang Wick am 22. November 1939 seinen ersten Luftsieg, als er eine französische Curtiss Hawk 75-Jagdmaschine in der Nähe von Nancy abschoss.[9] Kurz vor Weihnachten 1939 bekam Helmut Wick das Eiserne Kreuz II. Klasse.[10] und am 6. Juni 1940, nach seinem vermutlich[11] neunten Luftsieg, das Eiserne Kreuz I. Klasse verliehen.[12] Nach dem 14. Wick zugeschriebenen[11] Luftsieg wurde er am 21. Juli 1940 zum Oberleutnant befördert und zum Kapitän der 3. Staffel ernannt.[13] Am 29. August 1940, nach Beginn der Luftschlacht um England, folgte nach seinem ungefähr[11] 25. Luftsieg die Verleihung des Ritterkreuzes.[14][15] Als Hauptmann übernahm Wick am 9. September 1940 die Führung der I. Gruppe des JG 2.[16] Im Oktober 1940 soll[11] Wick elf Abschüsse binnen zehn Tagen verzeichnet haben.[17] Am 8. Oktober erhielt Wick nach circa[11] 41 Luftsiegen das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.[18] Am 19. Oktober folgte die Beförderung zum Major und Wick wurde Kommodore des JG 2.[19] Mit nur 25 Jahren war Wick jedoch noch nicht erfahren genug zur Führung größerer Verbände und sein Kampfstil blieb auch jetzt stark individualistisch ausgerichtet, was zu relativ hohen Verlusten und schlechter Moral in seinem Geschwader führte.[17]

Tod

Am Nachmittag des 28. November 1940 griff er mit dem unter seiner Führung stehenden Stabsschwarm des JG 2 einen zahlenmäßig weit überlegenen Verband der Royal Air Force an.[17] Während dieses Luftkampfes erzielte Wick seinen 56. und letzten Luftsieg.[20] Im weiteren Gefechtsverlauf verlor Wick den Anschluss an seinen Schwarm, wurde vom britischen Piloten John Charles Dundas[21] abgeschossen und stürzte circa 40 Kilometer vor der Isle of Wight in den Ärmelkanal.[22] Die intensive Suche nach ihm blieb erfolglos. Eine Anfrage in England ergab, dass ein Major Wick nicht in Gefangenschaft geraten sei.[23][24] Das Oberkommando der Wehrmacht gab daraufhin am 4. Dezember 1940 seinen Tod bekannt.[25] Dennoch hielten sich einige Wochen lang Gerüchte, Wick sei gefangengenommen und nach Kanada transportiert worden.[26]

Nachleben als NS-Idol

Bereits in seiner Todesmeldung vom 4. Dezember 1940 betonte der Wehrmachtbericht, Wick werde „im deutschen Volke und vor allem in der der deutschen Jugend als Vorbild fortleben.“[25] In der Folgezeit bediente sich NS-Propaganda Wicks und anderer Fliegerasse zur Schaffung eigener Heldenlegenden und um das „Idealbild vom arischen Übermenschen zu demonstrieren: jung, tollkühn, attraktiv, erfolgreich und zugleich ein wenig entrückt.“[27] Mitte Februar 1941 erschien in der Propagandaillustrierten Der Adler ein Artikel, in dem Wick als „der junge Siegfried der deutschen Luftwaffe“ zum Idol erhoben wurde,[28] 1942 wurde vom Volksbund für das Deutschtum im Ausland eine in NS-Manier stilisierte Zeichnung Wicks des Propagandamalers Wolf Willrich als Ansichtskarte Major Wick vertrieben.[29]

Ab 1941 erschienen mehrere Biografien Wicks in Form von Groschenheften und einem auf Propagandakompanie-Material basierenden Buch. Diese Darstellungen sind entsprechend der damals herrschenden NS-Propaganda gestaltet, wobei Wick und seine fliegerische Tätigkeit heroisiert und hagiografisch überhöht wurden. Dazu gehören die 1941 in der Reihe Flieger-Heftchen: Was weißt du von der Luftfahrt? erschienene 16-seitige Propagandadarstellung Major Wick – das Vorbild des deutschen Jagdfliegers, verfasst von Walter Zuerl[30] sowie eine 1943 von dem Auftragsautor F. L. Neher verfasste 48 Seiten schmale biografische Beschreibung, die als Heft 3 in der vom General der Flieger im Auftrag des Reichsmarschalls Hermann Göring herausgegebenen Groschenheftreihe Unsere Jagdflieger veröffentlicht wurde.[31] Die im Landserstil gehaltenen Darstellung von Neher diente Kriegs- und Propagandazwecken und ist der Trivialliteratur zuzuordnen.[32] Ebenfalls 1943 erschien das von dem Kriegsberichterstatter Josef Grabler verfasste Buch Helmut Wick. Das Leben eines Fliegerhelden, das auf Propaganda-Kriegsberichten beruht und in der von der Wehrbetreuung der Luftwaffe zu Propagandazwecken herausgegebenen Buchreihe „Adler-Bücherei“ erschien.[33] Die Darstellungen von Zuerl und Grabler wurden nach 1945 aufgrund des Befehls Nr. 4 des Alliierten Kontrollrats als Werke nationalsozialistischen und militaristischen Charakters in eine der Listen der auszusondernden Literatur aufgenommen und sollten aus Bibliotheken und Buchhandlungen entfernt werden.[34]

Nach 1945 brach diese Form literarischer Bearbeitung Wicks nicht ab. 1961 erschien in einer der Schriftenreihen der Groschenheftreihe Der Landser[35] ein von Armin Relling gestaltetes Heft zu Wick.[36] Es folgte noch ein Landser Großband über Wick, dessen Autor Heinz J. Nowarra war.[37] Eine weitere Biographie Wicks erschien 1965 im Deutsche Soldatenjahrbuch des rechtsextremen Schild-Verlag.[38] Das 2000 erschienene Buch des Historikers Herbert Ringlstetter ist weitgehend quellenlos und paraphrasiert ohne Herkunftsangabe NS-Propaganda-Anekdoten.[39]

Auszeichnungen

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Josef Grabler: Helmut Wick: Das Leben eines Fliegerhelden. Verlag Scherl Berlin, 1943 S. 11–12
  2. Josef Grabler: Helmut Wick: Das Leben eines Fliegerhelden. Verlag Scherl Berlin, 1943 S. 40
  3. Josef Grabler: Helmut Wick: Das Leben eines Fliegerhelden. Verlag Scherl Berlin, 1943 S. 42
  4. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 5
  5. a b F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 7
  6. Josef Grabler: Helmut Wick: Das Leben eines Fliegerhelden. Verlag Scherl Berlin, 1943 S. 45
  7. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 10
  8. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 13
  9. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 17
  10. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 21
  11. a b c d e Zur Zuverlässigkeit der Abschusszahlen siehe: Ringlstetter, Major Helmut Wick, S. 144.
  12. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 29
  13. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 31
  14. Josef Grabler: Helmut Wick: Das Leben eines Fliegerhelden. Verlag Scherl Berlin, 1943 S. 126
  15. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 35–36
  16. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 37
  17. a b c Dean Andrew: Strategic Culture in the Luftwaffe – Did it Exist in World War II and Has it Transitioned into the Air Force? Defence Studies, Volume 4, Issue 3, 2004, S. 373 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „andrew“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  18. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 38–39
  19. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 39
  20. Die Wehrmachtberichte 1939–1945 Band 1, S. 375.
  21. John Weal: Spitfire Mark I/II Aces 1939–41. Osprey Publishing, 1996, S. 68
  22. Luftwaffe im Focus 10, S. 38–42
  23. Hetzjagd am Himmel. Major Wicks 55. Abschuß. In Der Adler 1941, Heft 4 v. 18. Februar 1941, S. 98–104.
  24. Josef Grabler: Helmut Wick: Das Leben eines Fliegerhelden. Verlag Scherl Berlin, 1943 Auszüge von S. 164–174
  25. a b Die Wehrmachtberichte 1939–1945. Band 1: 1. September 1939 bis 31. Dezember 1941. München 1985, S. 375.
  26. Major Wick, Nazi Ace, Reported In Canada.In: The Herald Statesman (Yonkers, N. Y.) v. 23. Januar 1941, S. 3; German Ace Is Internied In Canada. In: Syracuse Herald Journal v. 23. Januar 1941, S. 11.
  27. Matthias Rogg: Die Luftwaffe im NS-Film. In: Bernhard Chiari, Matthias Rogg, Wolfgang Schmidt (Hg.): Krieg und Militär im Film des 20. Jahrhunderts. München 2003, S. 343–348, hier: S. 345.
  28. Hetzjagd am Himmel. Major Wicks 55. Abschuß. In Der Adler 1941, Heft 4 v. 18. Februar 1941, S. 98, 100, 102, 104.
  29. Abbildung; s.a. Beschreibung im Auktionskatalog 72 (abgerufen am 23. Mai 2012).
  30. Walter Zuerl: Major Wick – das Vorbild des deutschen Jagdfliegers. München 1941.
  31. F.L. Neher: Wick. Innentitel: Helmut Wick. Sein Leben und seine Leistungen. Berlin 1943.
  32. Heinz J. Galle: Groschenhefte. Die Geschichte der deutschen Trivialliteratur. Frankfurt am Main/Berlin 1988, S. 137, 187.
  33. Eintrag Grabler, Josef in der Datenbank Schrift und Bild 1900–1960. (abgerufen am 23. Mai 2012).
  34. zu Zuerl s. Abteilung für Volksbildung im Magistrat der Stadt Berlin (Hg.): Verzeichnis der auszusondernden Literatur. Berlin 1946, S. 84 (Entfernung des Gesamtwerks); zu Grabler s. ebd., S. 32 (Entfernung des Gesamtwerks) sowie Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone: Liste der auszusondernden Literatur. Berlin 1946, Nr. 3935.
  35. Eintrag bei der Deutschen Nationalbibliothek.
  36. Eintrag bei der Deutschen Nationalbibliothek.
  37. http://www.amazon.de/Der-Landser-Grossband-Heft-Helmut/dp/B0056NTUFM/ref=sr_1_8?s=books&ie=UTF8&qid=1339679408&sr=1-8 Fehlt in der DNB
  38. Deutsches Soldatenjahrbuch, 1965, S. 31ff.
  39. Herbert Ringlstetter: Major Helmut Wick. Kommodore Jagdgeschwader Richthofen Nr. 2. Stuttgart 2000, engl.: Helmut Wick. An Illustrated Biography of the Luftwaffe Ace and Commander of Jagdgeschwader 2 During the Battle of Britain. Atglen (PA) 2005; Ringlstetter ist seinen Eigenangaben zufolge gelernter Bauzeichner. Er beschäftigt sich als Amateurhistoriker fast ausschließlich mit kriegstechnischen Entwicklungen der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. Zur verschleierten und wissenschaftlich unseriösen Übernahme von NS-Texten vgl. bspw. Ringlstetter, S. 87, mit Grabler, S. 103f. Ringlstetters Darstellung kann weitgehend ohne Prüfung der zugrunde liegenden Quellen nicht als verifiziert oder valide angesehen werden.
  40. F.L.Neher: WICK. Hanns Arens Verlag / Berlin - Herrlingen, 1943 S. 1
  41. Josef Grabler: Helmut Wick: Das Leben eines Fliegerhelden. Verlag Scherl Berlin, 1943 S. 7–8
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