Løgting
Das Løgting (Aussprache: ['lökting], dänisch: Lagting) ist das Parlament der Färöer. Es zählt zu den ältesten Parlamenten der Welt.
Wortherkunft
Der Wortebestandteil løg stammt von altnordisch lóg (heutige färöische Schreibweise) und bedeutet Regel, Gesetz. Es ist verwandt mit dem englischen Wort law und stammt von lateinisch lex ab. Der Bestandteil ting stammt vom nordischen Thing ab, und bedeutet Versammlung, Rat, Plenum, aber auch Gericht. Løgting heißt wörtlich also: gesetzgebende Versammlung.
Geschichte
Wikingerzeit
Die erste schriftliche Erwähngung des Løgting findet sich in der Färingersaga, die um 1200 in Island niedergeschrieben wurde (vorher müdlich überliefert). Historiker schätzen, dass es schon kurz nach der nordischen Besiedlung der Färöer im 9. Jahrhundert gegründet wurde. Es hat seit Alters her seinen Sitz in Tórshavn, wodurch jenes schon früh als Hauptstadt der Färöer etabliert war. Noch heute sitzt das Løgting auf der Tórshavner Halbinsel Tinganes, die sich mitten im Hafen befindet.
1035 wurden die Färöer zwar Teil von Norwegen, aber die Historiker glauben, dass sich die älteren Regeln des Løgting erhalten konnten, weil die Kommunikation mit der Regierung in Oslo zu der Zeit nur sehr dürftig war.
Norwegische Herrschaft
Urpsrünglich hatte das Løgting den historischen Charakter eines Althing (nicht zu verwechseln mit dem heutigen isländischen Althing, das ebenso ein Parlament ist), war also Plenum aller Großbauern. 1274 wurde von Magnús Lógbøtari (Magnus der Gesetzesreformer) das Landslóg (Landesgesetz) eingeführt, das aus dem historischen Althing das heutige Løgting formte.
Ursprünglich hatte das Løgting 36 Mitglieder. Es wählte den Løgmaður, den Gesetzesmann, welcher zusätzlich vom norwegischen König ernannt wurde, der sich seinerseitz durch einen Gouverneur, den Fútin, im Løgting vertreten ließ. Der Fútin hatte auch die Kompetenz eines Staatsanwaltes, war aber in erster Linie dafür verantwortlich, die Staatseinnahmen der Krone sicher zu stellen. Daneben hatte das Løgting einen Sekretär als Vorsitzenden, den Sorínskrivari.
Das Løgting war gleichzeitig oberster Gerichtshof der Färöer. Urteile des Várting (kommunales Thing in einem Sýslur, einem Kreis) konnten hier in Revision gehen.
1380 kam Norwegen zu Dänemark und damit auch die Färöer. Da es sich aber um eine Personalunion handelte, wurden die Färöer weiterhin als Teil des norwegischen Reichsteils empfunden. 1688 wurde von König Christian V. das Norska lóg, das norwegische Gesetz, eingeführt. Das bedeutete für das Løgting eine Vergrößerung auf 48 Sitze, aber auch das Verbot der Wiederwahl, also eine Amtszeitbegrenzung der Parlamentarier auf eine Wahlperiode. Historiker meinen, dass es dadurch immer inkompetenter wurde und an Einfluss verlor, während der Fútin als Vertreter des Königs und der Sorínskrivari als Vorsitzender an Macht gewonnen.
Dänische Herrschaft
Nach dem Frieden von Kiel 1814 und der Auflösung der Personalunion zwischen Dänemark und Norwegen, verblieben Grönland, Island und die Färöer bei Dänemark. 1816 wurden das Løgting und der Løgmaður ersatzlos abgeschafft. Der Sorínskrivari blieb aber erhalten und wurde alleinige gesetzliche Autorität. Die Färöer waren fortan ein dänisches Amt (Verwaltungsbezirk). Der Amtmaður (Amtsmann) entschied alleine, welche dänischen Gesetze auf die Färöer angewendet wurden.
Nach der Märzrevolution 1848 in Dänemark und der Einsetzung der dänischen Verfassung und Bildung des Folketings als Parlament in der nunmehr konstitutionellen Monarchie, und nach wiederholten Bitten des färöischen Volkes, wurde das Løgting per Gesetz vom 26. März 1852 wieder eingeführt. Es hatte aber nur noch beratende Funktion für die dänische Regierung und 18 Mitglieder. Der Amtmaður und der Próstur (der Dekan, die damals höchste kirchliche Autorität der Färöer) saßen auch im Løgting, wobei der Amtmaður gleichzeitig der Parlamentspräsident war. 1906 wurde die Zahl der Sitze auf 22 erhöht. Erst mit dem dänischen Lagting-Gesetz vom 11. April 1923 kam es zu einer wesentlichen Änderung: Es gab 20 Parlamentssitze und bis zu 10 beigeordnete Sitze, der Próstur verlor seinen seinen Sitz und der Amtmaður wurde von nun an vom Løgting gewählt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wurden Dänemark und Norwegen von Deutschland besetzt (siehe: Operation Weserübung). Um den Deutschen zuvor zu kommen, besetzte Großbritannien die Färöer. So von der dänischen Regierung abgeschnitten, entwickelten die Färinger konkrete Forderungen nach der Unabhängigkeit ihrer Inseln von Dänemark, oder zumindest mehr Rechte innerhalb des Königreichs.
Nach Verhandlungen des Løgtings mit der dänischen Regierung kam es im Herbst 1946 zu einer Volksabstimmung, wo sich eine knappe Mehrheit der Färinger für die volle Unabhängigkeit aussprach. Es kam zu einem Streit über die Frage, ob dieses Votum einen meinungsbildenden oder einen konstitutiven Charakter hatte. Nach den Løgtingwahlen vom November 1946 führten die Verhandlungen zum Autonomiegesetz von 1948.
Die Position des Løgtings wurde nachhaltig aufgewertet. Im Rahmen der Autonomie hat es seitdem weit mehr als nur beratende Funktion, nämlich gesetzgebende Macht in allen Bereichen, die es vom dänischen Folketing übernommen hat.
Zuständigkeitsbereich
Im Zuständigkeitsbereich des Løgting wird zwischen dem A-Sektor und dem B-Sektor unterschieden. Grundsätzlich nicht zuständig ist das Løgting für die Landesverteidigung und die Außenpolitik. Dies ist Angelegenheit des Königreichs Dänemark. Zu den Aufgaben des Løgting gehört insbesondere die Wirtschaftspolitik der Färöer, was von entscheidender Bedeutung ist, denn die Färöer sind nicht Mitglied der EU.
Zum A-Sektor gehören alle Bereiche, die vom Løgting übernommen werden können, wenn entweder das Løgting oder das Folketing es so beschließen.
In den B-Sektor fallen alle Bereiche, die nur vom Løgting behandelt werden können, wenn sowohl die färöische als auch die dänische Regierung dem zustimmen.
Die färöische Regierung heißt Føroya Landsstýri (wörtlich: Landsteuerung der Färöer). Sie besteht aus dem Lógmaður, dem Premierminister (diesen Titel gab es bereits von 1274 bis 1816, s.o.), und den Landsstýrismenn (wörtlich Landssteuermänner), den Ministern. Die dänische Regierung kann jederzeit bestimmte Kompetenzen an diese Regierung abtreten.
Sowohl der Permierminister als auch die anderen Minister haben einen Sitz im Løgting, aber nur dann Stimmrecht, wenn sie vom Volk dort hineingewählt wurden. Seit der Änderung des Wahlgesetzes von 1978 hat das Løgting 27 direkt gewählte Abgeordnete, und es gibt fünf beigeordnete Sitze. Alle beschlossenen Gesetze des Løgting müssen vom Premierminister ratifiziert werden.
Dänemark wird auf den Färöern durch den Ríkisumboðsmaður (wörtlich: Ombudsmann des Reiches, der Hochkommissar) vertreten. Er nimmt als Beobachter an den Sitzungen des Løgtings teil und darf in der Fragestunde Anfragen stellen.
Jährliche Parlamentseröffnung
Am färöischen Nationalfeiertag, dem Ólavsøka am 27. Juli, wird jedes Jahr das Løgting offiziell eröffnet. Neben dem Volksfestcharakter ist dieser Tag also auch ein Staatsakt.