Benutzer:Segelboot/Schmierblatt3
Entwicklungsgeschichte
Aufbau einer Industrie

Nachdem 1957 das Kernkraftwerk Vallecitos als erstes privat finanziert, gebaut und betrieben wurde, und mit dem Kernkraftwerk Dresden ab 1960 ein privates Großkraftwerk errichtet wurde, begann der Siegeszug der Kernenergienutzung. Die gesammelten Betriebserfahrungen von Reaktoren der Generation I flossen nun in die Entwicklung besserer Systeme ein, welche mit Kohlekraftwerken konkurrieren sollten. Die erste Ölkrise 1973 befeuerte den Ausbau der Kernenergienutzung weiter. Als die ersten Reaktoren der Generation II ab den siebziger Jahren verfügbar waren, begann ein steter Zuwachs an installierter Leistung auf dem Globus.
In den westlichen Industrieländern wurden bevorzugt Leichtwasserreaktoren errichtet, da hier die größte Betriebserfahrung vorlag, und Investoren Investitionssicherheit schätzen. Gleichzeitig wurde die Technik der Urananreicherung auch außerhalb der USA vorangetrieben, was die Verwendung von angereichetem Uran in Kernkraftwerken ermöglichte. Die Firma European Gaseous Diffusion Uranium Enrichment (EURODIF) wurde beispielsweise 1973 von Frankreich, Belgien, Spanien, Italien und Schweden gegründet um Urananreicherung nach dem Gasdiffusions-Verfahren zu betreiben. Großbritannien, Deutschland und die Niederlande gegründeten 1970 mit dem Vertrag von Almelo die Firma Urenco, welche Uran nach dem Gaszentrifungen-Verfahren anreichert. Damit sollte das amerikanische Anreicherungs-Monopol in der westlichen Welt gebrochen werden.

1968 und 1971 nahmen mit dem Kernkraftwerken Obrigheim und Würgassen die ersten kommerziellen Reaktoren in Deutschland den Dienst auf. In den USA nahm das Kernkraftwerk Browns Ferry zwischen 1973 und 1976 den Betrieb auf und war zu dieser Zeit das größte Kernkraftwerk der Welt und das Erste, das mehr als ein Gigawatt Leistung hatte. 1974 folgte mit Biblis A die erste deutsche Anlage mit mehr als 1000 MW elektrischer Leistung. In Frankreich wurde erst ab 1977 mit dem Kernkraftwerk Fessenheim ein moderner Druckwasserreaktor der Generation II vom Typ Framatome M310 (CP-Serie) errichtet, welcher mit 880 MWe deutlich hinter den deutschen Anlagen zurückblieb. Diese permanente Steigerung der Blockleistung aus wirtschaftlichen Gründen führte schließlich zur den Druckwasserreaktoren vom Typ N4, welche mit je 1495 MW elektrischer Nettoleistung ab 1997 im KKW Civaux ans Netz gingen, und die leistungsstärksten Kernreaktoren der Erde sind.
Abseits der dominierenden Leichtwasserreaktoren gab es in einigen Ländern auch alternative Reaktorentwicklungen. So setzt Kanada auf schwerwassermoderierte Reaktoren, von denen man sich Kostenvorteile versprach, da für den Betrieb keine teure Urananreicherung notwendig ist. Das Kernkraftwerk Pickering stellt das erste Großkernkraftwerk in Kanada dar, das nicht auf experimenteller Basis errichtet wurde. Die Anlage ging ab 1971 ans Netz. Abgesehen von kleineren Problemen bewährte sich das Konzept, sodass Kanada ausschließlich auf diesen Reaktortyp setzt. Großbritannien hingegen entwickelte mit dem Advanced Gas-cooled Reactor (AGR) ein Generation-II-System aus den Magnox-Reaktoren. Der höhere Prozesswirkungsgrad, sowie Kosteneinsparungen beim Bau durch die Doppelreaktor-Bauweise und die Verwendung von Bauteilen aus Kohlekraftwerken wurden als Vorteile genannt. Die Anlage wurde vom staatlichen Stromversorger Central Electricity Generating Board (CEGB) entwickelt, und konnte zumindest auf dem Papier die geringsten Stromgestehungskosten gegenüber allen anderen Reaktorkonzepten und Kohlekraftwerken nachweisen. In der Praxis traten jedoch Probleme auf, sodass diesem Konzept der Exporterfolg verwehrt blieb.

In der Sowjetunion wurde Mitte der 1960er Jahre der RBMK-Reaktortyp entwickelt. Dabei konnte man auf Erfahrungen mit den ersten sowjetischen Kernkraftwerken Obninsk und Belojarsk zurückgreifen. Ziel war es, in relativ kurzer Zeit und ohne größere Investitionen in die Entwicklung neuer Technologien eine größere Anzahl von Leistungsreaktoren zu errichten, um die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu erhöhen, da deren Export wertvolle Devisen einbrachte. Weil die Sowjetunion anfangs nicht in der Lage war große Druckbehälter und Dampferzeuger zu fertigen, wurde auf die Druckröhrenbauweise zurückgegriffen. Parallel dazu wurden auch kleine Leichtwasserreaktoren der WWER-Serie entwickelt, konnten sich jedoch wegen der genannten Gründe nicht durchsetzen. Erst als die RBMK den technischen Anschluss verloren, und im Gegensatz zu den WWER-Werken eine geringere Verfügbarkeit aufwiesen, wurden die meisten Kraftwerke in der Folge mit WWER-1000 ausgestattet. Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl fiel die RBMK-Serie gänzlich in Ungnade. Die Nutzung von Fernwärme wurde in der Sowjetunion konsequent vorangetrieben, da die meisten großen sowjetischen Städte große Fernwärmenetze aufwiesen. Die Sowjetunion war technologisch so weit fortgeschritten, dass über 50 Kilometer Entfernung mit Fernwärmeleitungen sinnvoll überbrückt werden konnten. Zur dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung wurden auch Minireaktoren errichtet, um abgelegene Gebiete erschließen zu können. Ein Beispiel hierfür ist das Kernkraftwerk Bilibino, welche das am nördlichsten liegende, und zugleich kleinste im Betrieb befindliche Kernkraftwerk der Erde ist.
Als die alten Industrienationen Ende der neunziger Jahre mit Kraftwerken ausreichend versorgt waren, fiel die Zahl der Neubauprojekte deutlich ab. Der wirtschaftliche Zusammenbruch der Sowjetunion reduzierte zusätzlich den Energiebedarf im Osten, was die Auftragslage ebenfalls verschlechterte. Zubauzahlen von mehr als 100 Reaktoren in einem Zeitraum von weniger als 10 Jahren, wie sie von 1970 bis 1986 erreicht wurden, waren nun nicht mehr zu halten. Mit der Einführung der Generation III, und den gestiegenen Sicherheitsanforderungen der Aufsichtsbehörden, können Reaktoren der Generation II heute nur in wenigen Ländern verkauft werden. Ein Beispiel hierfür ist die chinesiche CPR-1000-Baureihe, welche eine verbesserte Version der französischen M310-Serie darstellt, und nur in China errichtet wird.
Die strahlende Zukunft

Menschen haben über Zehntausende von Jahren auf Grundlage „erneuerbarer“ Energien existiert: in geringer Zahl, mit niedriger Lebenserwartung, abhängig von Naturgewalten, mit einem relativ angenehmen Leben nur für wenige, für die Mehrzahl ein steter Überlebenskampf. Mit Energieträgern hoher Energiedichte (Kohle, Erdöl, Uran) konnten sich menschliche Gesellschaften aus der Begrenztheit dünner biosphärischer Energien (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse) lösen. Im Zuge der Industriellen Revolution entstand die energieintensive Technosphäre, die großen Teilen der Menschheit inzwischen ein langes und angenehmes Leben ermöglicht.[1] Als 1851 mit der Great Exhibition die erste Weltausstellung eröffnet wurde, konnten Besucher die Ursache ihres Fortschrittes bewundern: Dort wurde ein massiver, 15 Tonnen schwerer Klumpen Steinkohle aus Südwales ausgestellt, als Monument des Industriezeitalters.
Als 1958 mit der Expo 58 die erste Weltausstellung nach dem Krieg in Belgien unter dem Motto „Technik im Dienste des Menschen. Fortschritt der Menschheit durch Fortschritt der Technik.“ eröffnet wurde, wurden die beiden neuen Zukunftstechnologien Raumfahrt und Atomkraft erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Um den Leistungsstand der belgischen Stahlindustrie zu demonstrieren, entwarf André Waterkeyn das Atomium als Symbol für das Atomzeitalter und die friedliche Nutzung der Kernenergie. Im Inneren der Kugeln befanden sich Ausstellungen zum Thema Kernkraft, und in der obersten Kugel ein Restaurant mit Aussicht über das Ausstellungsgelände.
Die Verheißung einer nach menschlichen Maßstäben unbegrenzten Energiequelle mit hoher Energiedichte beflügelte die menschliche Phantasie: Nuklear angetriebene Schiffe, Flugzeuge, Lokomotiven und sogar Autos und Raumschiffe wurden prophezeit, um das Industriezeitalter in die Zukunft zu führen. Als der Club of Rome im Jahr 1972 seinen ökologischen Verzichtsappell „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte, und ein Jahr später die erste Ölkrise die Menschen traf, wurde die Kernenergienutzung in allen Ländern als Lösung des Problems angesehen. Das Schreckgespenst, dass eines Tages durch einen Mangel an fossilen Brennstoffen die Technosphäre durch eine energieoptimierte Erziehungsanstalt unter der Führung des Club of Rome ersetzt werden müsse, sollte so verhindert werden.

Schiffe mit Kernenergienantrieb setzten sich schnell durch. Durch das Interesse der Militärs an Atom-U-Booten – diese haben den Vorteil einer fast unbeschränkten Reichweite, die Dauer der Tauchgänge ist nur durch die Nahrungsvorräte an Bord begrenzt – wurde die USS Nautilus (SSN-571) als erstes nuklear angetriebenes U-Boot der Welt bereits 1954 fertiggestellt. Um die Vorteile eines praktisch unbegrenzten Fahrbereiches auch für Überwasserschiffe auszunutzen, folgte 1959 mit der USS Long Beach (CGN-9) das erste nuklear getriebene Überwasserkriegsschiff der Welt. Die wirtschaftliche Umsetzung dieser Technik für die zivile Containerschifffahrt war jedoch nicht möglich, da dieses Antriebskonzept gegenüber einem Schwerölantrieb nicht wettbewerbsfähig war. Nuklearschiffe wie Otto Hahn blieben deshalb eine Besonderheit, das Serienmodell Nukleares Container-Schiff 80 (NCS-80) war zwar in Planung, wurde aber nie gebaut. Lediglich die Sowjetunion und Russland setzen auf Atomeisbrecher, welche im Nordpolarmeer als Mädchen für alles eingesetzt werden.
Die Entwicklung nuklear angetriebener Bomber wurden in den sechziger Jahren vorangetrieben, aber mit Erscheinen der kostengünstigeren Interkontinentalraketen eingestellt. Marschflugkörper mit Kernenergieantrieb wie das Projekt Pluto wurden in den siebziger Jahren aus politischen Gründen beendet. Die Erklärung des Department of Defense und State Department deklarierte das Projekt als „zu provokant“. Das Dilemma existiert noch heute: Im Jahr 2012 wurde bekannt, dass die Sandia National Laboratories (SNL) zusammen mit dem Luftfahrtkonzern Northrop Grumman eine Studie über ein nukleargetriebenes unbemanntes Aufklärungsflugzeug anfertigten, bei dem „die technischen Ziele des Projekts erreicht wurden [...] doch es war für alle enttäuschend, dass die politischen Realitäten die Nutzung der Resultate nicht gestatten“.[2]

Atomautos bleiben vorerst weiterhin Zukunftsmusik, und sind Nischenanwendungen vorbehalten. So schrieb die Zeitschrift Hobby. Das Magazin der Technik in der Ausgabe von 1955 unter dem Titel „So leben wir 1975“:[3]
- „Darüber, wie die Verkehrsmittel der Zukunft angetrieben werden, scheinen sich die Konstrukteure der Gegenwart einig zu sein. Der Benzin-Kolben-Motor, ist soweit man erkennen kann, fast verschwunden. Sicher gibt es noch irgendwo in einer verschlafenen Provinz ein paar Dieselmotoren, aber in der grossen Welt hat sich der Turbinenantrieb längst durchgesetzt. Da die Atomkraft bereits seit geraumer Zeit zur Elektrizitätserzeugung gebändigt ist, wird man sie wohl auch zum Antrieb von Autos benutzen können.[...] Alle Probleme, die einer Verwendung von Atomkraft für kleinere Fahrzeuge heute noch im Wege stehen, hofft man bis 1975 zu überwinden. Erstens wird es möglich sein, eine kleine, kompakte Atomanlage zu bauen, die nicht, wie man annehmen möchte, im Wagen, sondern unter dem Wagen installiert werden kann. Zweitens wird es hoffentlich möglich sein, die Atomanlage so abzuschirmen, dass Menschen nicht gefährdet werden, dabei aber den Schutzmantel verhältnismässig leicht zu gestalten. Die Umwandlung von Kernenergie in elektrische Energie findet möglicherweise direkt statt, und nicht über den energiewirtschaftlich kostspieligen und umständlichen Umweg Wärme – Wasser – Dampfturbinen – Strom. Vielmehr wird die aus Kernenergie erzeugte elektrische Energie direkt dazu benutzt, die verschiedenen, an den einzelnen Achsen angebrachten elektrischen Motoren zu treiben.“

Rückblickend betrachtet erwies sich diese Aussage als zu 50% korrekt. Der Marsrover Curiosity verwendet tatsächlich eine „Atomanlage“ (zwei Radioisotopengeneratoren) um direkt elektrische Energie zu erzeugen, welche an den einzelnen Achsen angebrachte elektrische Motoren antreibt. Das Konzept eignet sich jedoch aus verschiedenen Gründen nicht für den Individualverkehr. Und statt 1975 war es erst 2011 soweit, 36 Jahre später. Die noch in den fünfziger Jahren propagierte Atomlok erwies sich durch die Elektrifizierung der Strecken als überflüssig: Strom aus umweltfreundlichen Kernkraftwerken konnte dies ersetzen, so wie auch die Dampflokomotive durch E-Loks und effiziente Kohlekraftwerke ersetzt wurde.
Die nuklearen Raketenantriebe lassen sich in zwei Arten einteilen: In einem nuklear-thermischen Systeme wird ein Arbeitsgas durch einen Reaktor erhitzt, welches zum Antrieb ausgestoßen wird. In den USA begann die Entwicklung dazu ab 1952, und lief über die Projekte Rover, Kiwi, Phoebus und Pewee bis zum NERVA-Triebwerk. Die Triebwerkstests fanden in der Nevada Test Site (NTS) statt. Das NERVA-Triebwerk wurde schließlich 1968 durch das Space Nuclear Propulsion Office (SNPO) für einen Marsflug zertifiziert. Nach Ausbleiben desselben wurde die Entwicklung 1972 eingestellt. Erst von 1987 bis 1991 wurden im Zuge der Strategic Defense Initiative (SDI) die Forschungen mit dem Projekt Timberwind weitergeführt, welches einen Kugelhaufenreaktor verwendete.[4] Das sowjetische Nukleartriebwerk RD-0410 wurde noch bis 1988 weiterentwickelt, ab 1989 ging man auf eine Kombination aus nuklear-thermisch und nuklear-elektrischen Triebwerk über. Die Tests wurden im Atomwaffentestgelände Semipalatinsk durchgeführt.[5] In einem nuklear-elektrischen System wird der Kernreaktor nur zur Stromerzeugung eingesetzt, und die Energie an einen elektrischen Antrieb weitergegeben. Dies ermöglicht eine bessere Treibstoffeffizienz, auf Kosten der Schubkraft. Der im Jahr 2005 gestrichene Jupiter Icy Moons Orbiter (JIMO), eine mit einem Kernreaktor betriebene Sonde für die Erforschung der Eismonde des Jupiter, fällt in diese Kategorie.
Rückblickend konnten also, bis auf die Idee der Atomlok, alle angedachten Systeme zumindest technisch verwirklicht werden. Die Massenanwendung scheiterte meist an politischen und wirtschaftlichen Gründen. So wurden Containerschiffe nach der Ölkrise wesentlich verbessert: Der Gasturbinenantrieb verschwand zugunsten des Schiffsdiesels, die Zahl der Schiffsschrauben wurde reduziert, und die Größe der Schiffe stieg immer weiter an, um vom Größendegressionseffekt zu profitieren. Die Einführung von Containerschiffen mit Nuklearantrieb lässt deshalb weiter auf sich warten.
Ökologismus und Atompanik

Der in der Menschheitsgeschichte nie gekannte materielle Überfluss war und ist vielen unheimlich. Bereits mit Beginn der Industrialisierung entstand mit der Romantik eine Gegenbewegung, welche den Menschen in seinen Naturzustand zurückversetzen wollte. Die in den siebziger Jahren aufkeimende Hippiebewegung stellte die ihrer Meinung nach sinnentleerten Wohlstandsideale in Frage. Unkenrufe der Öko-Sekte Club of Rome, das fikitve Waldsterben und eine Reihe von Chemieunfällen (z.b. das Sevesounglück 1976) führten bei vielen Menschen in den westlichen Ländern zu einem Gefühl des Unbehagens, zu Schuldkomplexen und Katastrophentheorien. In der so entstandenen Ökoreligion wird jede Art von Konsum als schädlich für die Umwelt propagiert, und eine Verzichtsgesellschaft gefordert. Technischer Fortschritt zur Lösung von Problemen wird abgelehnt, und soll durch fundamentale gesellschaftliche Umsteuerungsprozesse ersetzt werden. Allerdings spielte der Ökologismus damals in Deutschland keine Rolle, und wurde nur von Randgruppen vertreten: Gegen den Bau von Block A des Kernkraftwerkes Biblis erhob nur ein einzelner Bürger Einspruch, gegen Block B, welcher ab 1972 gebaut wurde, waren es ganze acht.
Erst der Reaktorunfall von Tschernobyl führte zu einem Meinungsumschwung: Aus einer über viele Jahre stabilen Mehrheit für den Bau weiterer umweltfreundlicher Kraftwerke wurde eine Minderheit. 1986 sank deren Zahl von zuletzt 52 Prozent auf 29 Prozent.[6] Angst und Unsicherheit wurde durch Journalisten und Politiker geschürt, welche durch den Eisernen Vorhang kein klares Bild der Lage hatten. Informationen kamen nur von Geheimdiensten, Spionagesatelliten und offiziellen kommunistischen Quellen. Die wahre Unfallursache war damals gänzlich unbekannt, und wurde durch Spekulationen und ökologische Phantasie ersetzt.[7] Die Lust der Medien Angst zu verbreiten, sowie hilflose Politiker die mit der Materie gänzlich überfordert waren, führten zu einer Atompanik. Der SPIEGEL, der damals maßgeblich am Zündeln beteiligt war, beschrieb das Resultat in der Ausgabe 20/1986 mit dem Titel „Angst-Angst-Angst“ wie folgt:[8]
- Deutschland unter einer Wolke von Radioaktivität, strahlende Milch, verseuchter Spinat - hautnah erlebten die Bundesbürger die Fernwirkungen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Mit einem Chaos von Informationen und Desinformationen, von Maßnahmen und Ratschlägen reagierte eine hilflose Bürokratie auf die Gefahr. Welche Risiken für die Gesundheit bestanden, welche Langzeit-Schäden sind zu befürchten? [...] Denn die "Gefährdung der deutschen Bevölkerung", [...] sie war eingetreten, war jedenfalls zum Greifen nahe, tönte aus allen Funkkanälen, sprang die Menschen an von jeder Zeitungsschlagzeile, mit Bildern von Strahlenschutz-Trupps, die Autos wuschen, von verlassenen Spielplätzen und von den Wochenmärkten, wo sich unverkaufte Spinat- und Radieschenberge türmten: jodverstrahlt, atomverseucht, ungenießbar. [...] Der Verdacht, Behörden, Experten und Politiker würden das wahre Ausmaß der Gefahr herunterspielen würden Meßwerte und zulässige Höchstgrenzen manipulieren und die mittel- und langfristigen Gesundheitsrisiken vom Tisch lügen, blieb allgegenwärtig. Titel-Schlagzeile der Münchner Boulevardzeitung "tz": "Sagt endlich die Wahrheit!" Die Münchner SPD-Stadträtin Barbara Scheuble-Schaefer: "Wer garantiert uns, daß nicht die Atomlobby auf die Meßergebnisse Einfluß nimmt?" Mit jeder der zahllosen Experten-Runden im Fernsehen, mit jeder "Hörer fragen"-Aktion in den regionalen Rundfunkprogrammen wuchsen Verwirrung, Verunsicherung und Ratlosigkeit der Bürger. Darf die Wäsche zum Trocknen nach draußen? Muß die Hauskatze abgeduscht werden? Noch Ende der Woche wurden solche Fragen immer aufs neue gestellt. Ursula Steuber, Düsseldorf, Hausfrau und Mutter von zwei Kindern: "Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Ich höre jede Stunde Radio."
- Nicht wenige verfielen in Hysterie, wie die Hausfrau und Mutter Ilona W. in Bad Tölz, die tagelang vergeblich versuchte, Werte über die Strahlenbelastung ihres Wohnortes zu bekommen: "Ich stehe um sieben Uhr auf, damit ich mich ab acht ans Telephon hängen kann. Bei mir in der Wohnung steht alles herum weil ich versuche, nur diese eine Auskunft zu bekommen, aber kein Mensch weiß was." Auch die Münchner Stadtratsfraktion der Grünen flippte aus: Die Stadt solle unentgeltlich Busse bereitstellen, um sämtliche Münchner Kleinkinder "nach Portugal" zu evakuieren. [...] Tausende von Münchnern sonnten sich nackt im Englischen Garten und auf den Kiesbänken der Isar - obwohl es doch geheißen hatte, Körperkontakt mit dem Boden sei bedenklich. [...] Der Wiesbadener SPD-Oberbürgermeister Achim Exner beispielsweise verfügte die Schließung aller Spiel-, Freizeit- und Sportstätten im Freien - auf der anderen Rheinseite, in Mainz, hielt der zuständige Dezernent Hartmut Weyel eine solche Maßnahme für nicht erforderlich. Auf einer Pressekonferenz in Mainz mokierte sich der rheinland-pfälzische Umweltminister Töpfer über die widersprüchlichen Entscheidungen im benachbarten Hessen: "Die Leute verstehen doch nicht, daß sie auf dem Tennisplatz nicht spielen dürfen, daß sie aber den Salat, der auf dem Acker daneben gewachsen ist, essen können."
- Einige Hundertschaften Polizei und polizeilicher Wirtschaftskontrolldienst fielen auf Marktplätzen, Großmärkten und in Markthallen ein, um den Verkauf von Freilandgemüse und anderen Naturprodukten mit Gewalt zu verhindern. [...] Nichts trug mehr zur allgemeinen Verunsicherung bei als die stereotyp wiederholte Versicherung, es bestehe "keine akute Gefahr für die Gesundheit" - und das, während gleichzeitig Kinder aus der Sandkiste, Sportler vom Rasen ferngehalten, Schwimmbäder geschlossen und Ratschläge erteilt wurden, nach einem Regen sofort Kleidung und Schuhe abzulegen, Kinder und Hunde nach jedem Aufenthalt im Freien abzuduschen? [...] Übrig blieb, bei den Verängstigten eine fast kreatürliche Regung: die Kinder beschützen, auch wenn man nicht weiß, ob ihnen wirklich Gefahr droht. Die Mütter schrubbten ihre Kleinen, zerrten sie vom Sand weg, quälten sie mit Trockenmilch, auch wenn die Väter fanden, das sei nicht nötig. [...] Dörfer, etwa in der Nordheide, lagen bei strahlendem Sonnenschein wie ausgestorben da: keine spielenden Kinder auf der Straße, alle Türen und Fenster geschlossen. Eltern und Erzieher des Hamburger "Baby- und Kinderhauses Koppel" stellten ("angesichts der atomaren Bedrohung") den Betrieb ein, andere Kindergärtnerinnen waren "am Durchdrehen", weil die Eltern verlangt hatten, daß die Kleinen nicht ins Freie durften. Auch die Kinder selber waren schon von der Strahlenpanik angesteckt. Ein Knabe in einem Osnabrücker Kindergarten zu seinem Sandkasten-Freund: "Du mußt dir die Hände waschen, sonst kriegst du Krebs." [...] Die klassische Schulordnung war außer Kraft: Nicht nur in Hamburg blieb es den Eltern überlassen, ob sie ihre Kinder in die Schule schickten (besorgte Eltern-Anfrage: "Wie kommt die Schulbehörde dazu, verschweigt man uns etwas?"), in Hannover blieb, nach heftigen Warnungen des Elternrats, gleich eine ganze Klasse fern.
Diese hysterischen Reaktionen auf ein bedeutungsloses Strahlenrisiko, und die von Medien, Politikern und Öko-Aktivisten suggerierte Möglichkeit, dass sich das Unglück auch in Deutschland wiederholen könnte, änderte die politische Landschaft in Deutschland radikal: Die Mainstreampresse begann nun mit Hilfe von Ökoideologen die Solarenergie als Zukunftstechnik zu bewerben. Bereits wenige Monate später schieb der SPIEGEL, der damals noch Leitmedium statt Abstiegskandidat war, in der Ausgabe 24/1986:[9]

- „Daß die Sonnenenergie mehr ist als das Hobby einiger Öko-Techniker, daß sie auch für die Länder der nördlichen Hemisphäre eine realistische Alternative zur Atomkraft darstellt - dies blieb einem breiteren Publikum bislang verschlossen. Beleg- und beweisbar ist dies schon seit einigen Jahren. [...] Die Bundesrepublik stehe, so hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Professoren Klaus Michael Meyer-Abich und Bertram Schefold in einer detaillierten Analyse herausgearbeitet, gegenwärtig in einer "Verzweigungssituation". Sie müsse sich, wie alle anderen Industriestaaten, entscheiden, welchen Energiepfad sie für die nächsten Jahrzehnte einschlage, den K-Weg, der mit einem weiteren Ausbau der Kernenergie verbunden ist; oder den S-Weg, der vor allem auf der Sonnenenergie und dem Sparen von Energie beruht. Das verblüffende Resultat der Forscher-Arbeit war, daß mit dem Beschreiten des S-Pfads keinerlei Wachstums- und Wohlstandseinbußen verbunden wären. Mit vielen Computer-Rechnungen belegen die Forscher: Wenn Investitions-Milliarden nicht in gigantische Atomanlagen gesteckt werden, sondern mit dem Geld Häuser gedämmt, Heizungsanlagen modernisiert und Solartechnik installiert wird - dann läßt sich auf dem S-Pfad mindestens der gleiche Lebensstandard erreichen wie auf dem gefährlichen K-Pfad. [...] Bauerschmidt und andere Wissenschaftler - darunter vor allem der Amerikaner Amory Lovins, das Freiburger Öko-Institut und der ehemalige Atomwissenschaftler Klaus Traube - haben längst die Mär widerlegt, daß die Industriegesellschaften allein mit der Atomkraft eine Zukunft haben. Bei gleichbleibendem Wohlstand erfordern die K- und die S-Strategie, der harte Weg über die Kernenergie und der sanfte Weg über Sonne und Sparen, einen etwa gleich hohen Investitionsaufwand. Die Betriebskosten liegen für die Sonne- und Spar-Variante laut Bauerschmidt sogar noch "wesentlich niedriger" als für die Atomkraft; die Brennstoffkosten sind auf dem S-Pfad "etwas günstiger". Fazit: "Sonnenenergie und die Energiequelle Energieeinsparung erlauben das gleiche Komfortniveau wie die Atomenergie zum etwa gleichen Preis"“
Die Verbreitung dieses wirtschaftlichen Unsinns legte den Grundstein für die sogenannte „Energiewende“, die Pflichtschuldig der Solarenergie die höchsten Einspeisevergütungen zuwies. Geschichten, dass die Sonne keine Rechnung schickt, oder das Märchen das Sonne und Wind am Ende günstiger seien, werden auch heute noch regelmäßig wiederholt. Beliebt ist auch die Aussage, dass wertloser Zufallsstrom aus Wind und Sonne netzstabilisierend wirken würden. Als sich 2011 der Reaktorunfall im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi ereignete, wiederholte sich das Schauspiel: Die Medien schürten Panik, so dass im 9.000 km entfernten Deutschland Iodtabletten und Geigerzähler ausverkauft waren. Während die Politik noch Wochen zuvor die Sicherheit der deutschen Anlagen betonte, wurden nun willkürlich acht KKWs stillgelegt, um das Gegenteil zu suggerieren.
Überblick
Wirtschaftlichkeit

Die Reaktoren der Generation II konnten erstmals mit Kohlekraftwerken wirtschaftlich konkurrieren. Da die Errichtung eines Kernkraftwerks aufwändig und teuer ist, werden hohe Blockleistungen angestrebt. Die typische Blockleistung eines Generation-II-Reaktors liegt bei 500-1300 MWe, mit wenigen Ausnahmen.[10] Der Abbrand liegt in der Regel zwischen 30-40 MWd/kg, wobei moderne Anlagen höhere Werte erreichen. Die spezifischen Investitionskosten eines Kernkraftwerkes der Generation II sind sehr gering, der chinesische CPR-1000 kostet etwa $ 1500/kW (€ 1200/kW) zu heutigen Preisen.[11] Die Kosten älterer Anlagen sind inflationsbedingt geringer. Bei der Generation II konnte auch erstmals eine wirtschaftliche Auslastung demonstriert werden, welche meist zwischen 75% und 92% liegt. Die Anlagen sind dabei auf eine Betriebsdauer von 30-40 Jahren konzipiert, teilweise wird von den Aufsichtsbehörden ein 60-jähriger Betrieb genehmigt.[12]
Die Vielfalt der Reaktorkonzepte – CANDU, AGR, Leichtwasserreaktor und RBMK – kommt durch die unterschiedlichen Kostenstrukturen zustande: Ist die Urananreicherung besonders teuer, kann ein schwerwassermoderierter Reaktor die wirtschaftlichere Option sein, oder ein gasgekühlter Reaktor mit hohem Prozesswirkungsgrad. Im umgekehrten Fall kann ein Leichtwasserreaktor durch die Anreicherung einen höheren Abbrand als ein CANDU-Reaktor erzielen, sodass bei günstigeren Anreicherungspreisen ein wirtschaftlicher Vorteil besteht. Die britischen AGR stellen eine Besonderheit dar, da hier Abbrände von bis zu 40 GWd/t erreicht werden können, sowie Prozesswirkungsgrade von etwa 41%. Bei einem Preis von 2770 US-Dollar für 1 Kilogramm angereichertes Uran im März 2011 belaufen sich die Brennstoffkosten somit auf $ 0,7 ct/kWh.[13] Allerdings konnte sich das Konzept nicht durchsetzen: Durch die Gaskühlung ist die Reaktorleistung zu beschränkt, was die Betriebs- und Wartungskosten erhöht. Die Unterbringung von zwei Reaktoren in einem Gebäude sollte die Baukosten senken, dies wurde jedoch verfehlt, da häufig Konstruktionsmängel auftraten.
Mit Beginn der großtechnischen Kernenergienutzung rückte auch die Entsorgung der Abfälle in den Fokus. Die Kernenergiebranche ist auch weiterhin die Einzige, welche die Kosten der Entsorgung voll auf den Stompreis umlegt. Damit wird die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle, der Rückbau des Kraftwerks und in manchen Ländern auch die Wiederaufarbeitung finanziert.[14] Die Finanzierung erfolgt entweder über einen staatliche Fonds, in welchen die Energieversorgungsunternehmen (bzw. die Stromkunden) einzahlen, oder durch Rücklagen der Energieversorger. In Tschechien müssen die Betrieber von Kernkraftwerken zum Beispiel € 0,2 ct/kWh in einen Fond einzahlen, welcher von der Tschechischen Nationalbank verwaltet wird.[15] In anderen Ländern wurden in den achziger Jahren ähnliche Lösungen mit vergleichbaren Entsorgungskosten vereinbart. Bei Stromgestehungskosten eines abgeschriebenen KKWs von unter € 2 ct/kWh machen die Entsorgungskosten etwa 10% des Atomstrompreises aus.
Sicherheit
F. R. Farmer von der britischen Aufsichtsbehörde schuf 1967 mit der Risiko-Grenzkurve die methodische Grundlage für die quantitative Risikobewertung industrieller Anlagen. Die Risiko-Grenzkurve leitet sich aus dem Produkt von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß eines Unfalls ab und liegt der Überlegung zugrunde, dass je größer das Schadensausmaß eines Unfalls ist, desdo geringer muss die Eintrittswahrscheinlichkeit sein und umgekehrt. Farmer wies auch darauf hin, dass in der Risikobewertung von Kernkraftwerken das gesamte Spektrum möglicher Unfälle zu betrachten ist und nicht nur ein maximales Unfallereignis (GAU), wie es bisher in der Kerntechnik üblich war. Das Generation-I-Konzept des Größten Anzunehmenden Unfalls (GAU) wurde deshalb bei der Generation II durch eine Reihe von Auslegungsstörfällen ersetzt. Diese werden von den Aufsichtsbehörden festgelegt, zum Beispiel:
- Bruch einer Hauptkühlmittelleitung
- Einschlag eines Militärflugzeuges (F-104 Starfighter)
Eine bessere Redundanz der Notkühlsysteme, sowie ein gasdichter Sicherheitsbehälter und zusätzliche Systeme zur Reaktorschnellabschaltung kamen hinzu. In einer amerikanischen Reaktorsicherheitsstudie von 1975 wurden die quantitativen Unfallrisiken zweier Kernkraftwerke erstmals umfassend analysiert.[16] Das Restrisiko für Kernschmelzunfälle (engl. core damage frequency, CDF) liegt bei den meisten Generation-II-Anlagen bei unter 1:10.000, das Risiko für die frühzeitige Freisetzung einer großen Menge radioaktiver Stoffe (engl. large early release frequency, LERF) bei etwa 1:100.000 pro Reaktorjahr. Im Gegensatz zur Generation III besitzen die Anlagen der Generation II keine Systeme zur Beherrschung von Schwerunfällen, diesen wird außerhalb der Anlage durch Notfallmaßnahmen begegnet (accident management vs build-in systems).[12] Die Verstrahlung des Umlandes wird bei gewissen Unfallszenarien also billigend in Kauf genommen. Bei welchen Unfallszenarien dies Eintritt, hängt stark von der Art des Sicherheitskonzeptes ab:

- Confinement: Hierbei werden im Kraftwerk Teilbereiche geschaffen, welche durch gasdichte Verbindungen radioaktive Substanzen bewahren sollen. Bei Gewalteinwirkung oder großen Gasmengen wird die Barrierewirkung schnell unwirksam, große Mengen an Radionukliden werden freigesetzt. Ein Beispiel ist der RBMK-Reaktor des KKW Tschernobyl.
- Containment: Ein Containment dient dem sicheren Einschluss von radioaktiven Stoffen, und ist gegen Gewalteinwirkung geschützt. Verdampft jedoch das gesamte Wasserinventar im verbliebenen Kreislauf, muss eine Druckentlastung durchgeführt werden, um den Maximaldruck im Sicherheitsbehälter nicht zu überschreiten. Dies ist besonders bei Kernschmelzunfällen problematisch, da direkt nach trockenliegen des Kerns eine Druckentlastung notwendig ist, was eine hohe Aktivität freisetzt. Bekanntes Beispiel ist der BWR-3/4 des KKW Fukushima-Daiichi.
- Volldruckcontainment: Ein Volldruckcontainment wirkt wie ein Containment, kann aber das gesamte Wasserinventar des Kreislaufes aufnehmen, ohne dass eine Druckentlastung notwendig wird. Bei einer Kernschmelze wird deshalb nur Radioaktivität abgeblasen, wenn die Kühlsysteme nicht wiederhergestellt werden können, und eine externe Noteinspeisung in den Reaktordruckbehälter mit Verdampfungskühlung (engl. feed-and-bleed) notwendig ist. Ein Beispiel ist der Babcock & Wilcox 177 L-loop des KKW Three Mile Island. Trotz Knallgasexplosion im Containment war keine Druckentlastung notwendig, da die Kühlsysteme ordungsgemäß arbeiteten und auf eine externe Noteinspeisung verzichtet werden konnte.
Die Verstrahlung des Umlandes hängt dabei vom Anlagentyp und dem geltenden Recht ab: Da in den Vereinigten Staaten eine gefilterte Druckentlastung nicht üblich ist, fällt die Kontamination der Umgebung recht hoch aus. Der Nuklearunfall von Fukushima-Daiichi eignet sich dabei gut als Beispiel, da die BWR-3/4-Serie auch im KKW Browns Ferry und anderen amerikanischen Kernkraftwerken verbaut ist. In Deutschland und der Schweiz sind hingegen Radionuklidfilter vorgeschrieben, welche 99-99,9% der Radioaktivität zurückhalten. Die notwendigen Evakuierungsradien werden von den Aufsichtsbehörden festgelegt, und orientieren sich an der maximal akzeptierten Strahlenbelastung. In Japan wird beispielsweise ab 20 mSv/a evakuiert bzw umgesiedelt, was sich am NRC-Wert von 10-20 mSv/a orientiert.[17] Die deutschen Behörden sind zumindest auf dem Papier weniger radiophob: In den "Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden" des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ist zu lesen:[18]
- „Ein Zusammenhang zwischen der natürlichen Strahlenexposition und gesundheitlichen Wirkungen ist in Deutschland nicht festgestellt worden. Es gibt daher keinen Grund, bei sehr unwahrscheinlichen Ereignissen für so einschneidende Maßnahmen, wie Evakuierung und Umsiedlung, Eingreifrichtwerte unterhalb von 300 mSv pro Lebenszeit festzulegen. Wenn im folgenden trotzdem für langfristige Umsiedlung ein Eingreifrichtwert von 100 mSv pro Jahr festgelegt wird, so ist damit berücksichtigt, dass [...] aus praktischen Gründen für die äußere Strahlenexposition ein Integrationszeitraum von einem Jahr gewählt wurde [...] Wird die für schwere Eingriffe (Evakuierung, Umsiedlung) maßgebliche Dosis von 100 mSv in einer Zeitspanne erreicht, die kürzer als ein Jahr ist, so ist über die Umsiedlung hinaus zu prüfen, ob der Eingreifrichtwert für die kurzfristige Maßnahme Evakuierung (Integrationszeit der Dosis = 7 Tage) erreicht wird. Die Eingreifrichtwerte für die weniger einschneidenden Maßnahmen des Notfallschutzes sollten andererseits auch deutlich oberhalb der Bandbreite der jährlichen natürlichen Strahlenexposition in Deutschland liegen. Diese Überlegung ist unabhängig von der aktuellen Bewertung des Strahlenrisikos. Deswegen wird als niedrigster Eingreifrichtwert 10 mSv effektive Dosis für die relativ einfach durchführbare Maßnahme Aufenthalt in Gebäuden festgelegt.“
Ob sich allerdings im Fall eines Unfalls die gesetzlich festgelegten Grenzwerte von 10 mSv/a für Aufenthalt in Gebäuden und 100 mSv/a für Evakuierung und Umsiedelung im hysterischen Trommelfeuer der Medien aufrecht erhalten lassen, darf bezweifelt werden. Andererseits ist es nicht leicht zu verstehen, warum in Japan und den USA bei einer Belastung von 20 mS/a evakuiert werden muss, da dieselbe Dosis auch durch eine jährliche Ganzkörper-Kernspintomographie (CT) erreicht werden kann.[17] Im Bild rechts wären in Japan und den USA das gelbe, orange und rote Gebiet von Umsiedelung bzw Dekontamination betroffen, in Deutschland nur das Rote.
Nachhaltigkeit
Reaktormodelle
Druckwasserreaktor
Siedewasserreaktor
Druckschwerwasserreaktor
Siedewasser-Druckröhrenreaktor
Gasgekühlter Reaktor
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ [1]
- ↑ SPON: US-Regierung besitzt Pläne für Atomdrohnen
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- ↑ SPIEGEL 19/1986: Du Perle im Sternbild des Atoms
- ↑ SPIEGEL 20/1986: Die Sache hat uns kalt erwischt
- ↑ SPIEGEL 24/1986: Sonne statt Kernkraft
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- ↑ a b ENCONET: Best Estimate Tools and Challenges of the New Reactor Designs
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- ↑ NRC: WASH-1400: "Reactor Safety Study, an Assessment of Accident Risk in US Commercial NPP"
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- ↑ Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden