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James-Webb-Weltraumteleskop

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James Webb Space Telescope (NASA)

Das James Webb Space Telescope (abgekürzt JWST, früher Next Generation Space Telescope, 2002 nach dem gestorbenen Leiter der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA James Edwin Webb umbenannt) ist ein geplantes Weltrauminfrarotteleskop unter der Kooperation von NASA, ESA und der CSA. Der Hauptspiegel des Teleskops hat einen Durchmesser von 6,5 Metern.[1] Die Masse beträgt etwa 6,2 Tonnen.[1] Es sollte ursprünglich im Jahr 2014 mit einer Ariane 5 gestartet werden.[2] Die für Bau und zehnjährigen Betrieb nach offiziellen Angaben zunächst notwendigen 3,3 Milliarden Euro waren auf amerikanischer Seite gesichert.

Aufgrund der enorm gestiegenen Kosten hat der Wissenschaftsauschuss des US-Repräsentantenhauses am 13. Juli 2011 eine Empfehlung ausgesprochen, den Bau des Teleskops zu stoppen. Die Baukosten werden von der NASA gegenwärtig auf 8,7 Milliarden Dollar geschätzt.[3] Bis jetzt wurden etwa 3 Milliarden Dollar ausgegeben. Etwa 75 % der notwendigen Komponenten sind bereits angeschafft worden, darunter die meisten wissenschaftlichen Instrumente. Auch der Primärspiegel ist fertig. Ein Start wäre (Stand 2011) frühestens 2018 zu erwarten.[4] Europa ist am JWST mit 0,3 Milliarden Euro beteiligt, darin ist der Start mit der Ariane-5-Rakete enthalten.[5]

Aufgaben

Das JWST hat vier primäre wissenschaftliche Aufgaben:[1]

  • Es soll nach Licht von den ersten Sternen und Galaxien nach dem Urknall suchen.
  • Es sollen allgemein Struktur und Entwicklung von Galaxien untersucht werden.
  • Das Verständnis der Struktur von Sternen und planetaren Systemen soll erweitert werden und weiter
  • sollen die planetaren Systeme selbst und der Ursprung von Leben untersucht werden.

Aufgrund einer Kombination von Rotverschiebung, Verdunkelungen durch galaktische Staubnebel und niedriger Temperaturen vieler Studienobjekte arbeitet das JWST auf den Wellenlängen 0,6–28 µm im Frequenzspektrum des infraroten Lichtes.[1] Nach einer Übergangszeit von sechs Monaten beginnen dann die wissenschaftlichen Projekte mit dem Teleskop, die es im derzeit geplanten Umfang für fünf Jahre in Beschlag nehmen. Eine Ausweitung der wissenschaftlichen Aufgaben auf zehn Jahre wird allerdings vorgesehen.

Umlaufbahn

Position der Lagrange-Punkte im System Erde-Sonne

Um sicherzustellen, dass die Beobachtungen nicht von der Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) des Teleskops und der Instrumente selbst verfälscht werden, muss die gesamte Beobachtung in einem sehr kalten Zustand und besonders geschützt vor Sonnenstrahlen bei unter −220 °C (50 Kelvin) ablaufen.[1] Deswegen verfügt das JWST über einen 12,2 m × 19,8 m großen mehrlagigen Sonnenschild,[1] der das Teleskop vor den Wärmestrahlen von Sonne, Mond und Erde abschirmt. Dieser Sonnenschild besteht aus fünf Lagen Kapton, einem Polyimid, das mit Aluminium und dotiertem Silizium beschichtet wurde.

Das Teleskop soll deswegen in eine Umlaufbahn an dem Lagrange-Punkt L2 des Erde-Sonne-Systems gebracht werden, ca. 1,5 Millionen km von der Erde entfernt auf der sonnenabgewandten Seite.[1] Dies soll sicherstellen, dass die Hauptquellen der Infrarotstörstrahlung, Sonne und Erde, aus Sicht des Teleskops ungefähr in der gleichen Position liegen, um den Sonnenschild möglichst effektiv einzusetzen. Das MIRI (Mid Infrared Instrument) wird aktiv gekühlt, um eine Temperatur von unter 15 Kelvin zu erreichen. Im Gegensatz zu einer Umlaufbahn um die Sonne ist die Entfernung zur Erde bei dieser Vorgehensweise aber noch vergleichsweise gering, sodass die Datenübertragungsrate recht hoch ist. Die Positionierung um den L2-Punkt erlaubt auch längere Belichtungs- und Beobachtungszeiten. Das Hubble-Teleskop umkreist hingegen die Erde, weshalb die maximale Belichtungszeit etwa 40 Minuten beträgt, da danach der Stern – vom Hubble-Teleskop gesehen – unter dem Erdhorizont verschwindet. Dabei muss das Teleskop ständig zum Beobachtungspunkt mit Drallrädern nachgeführt werden. Dies entfällt bei der Positionierung um den L2-Punkt. Ein positiver Nebeneffekt dieser Umlaufbahn ist, dass das Teleskop weniger gefährdet ist, von Weltraumschrott getroffen zu werden. Der Orbit ist auf Dauer nicht stabil, weshalb der Kurs in regelmäßigen Abständen durch Raketentriebwerke korrigiert werden muss. Der mitgeführte Treibstoff wird für ca. zehn Jahre reichen, die angesetzte Mindestlebensdauer beträgt fünf Jahre. Ein Nachteil der Positionierung des Teleskops um den L2-Punkt ist die im Vergleich beispielsweise zum Hubble-Teleskop große Entfernung zur Erde, wodurch Reparatur- und Wartungsmissionen deutlich erschwert werden.

Optik

Strahlengang des JWST
Spiegelelemente des JWST bei der Vorbereitung eines Kältetests

Das JWST ist als Korsch-Teleskop (TMA – Three-Mirror-Anastigmat) aufgebaut. Die effektive Brennweite beträgt 131,4 Meter.[1]

Der Hauptspiegel hat 6,5 Meter Durchmesser und besteht aus 18 sechseckigen Segmenten, die sich erst im All entfalten. Die Spiegel bestehen aus Beryllium,[1] das hauptsächlich wegen seiner geringen Dichte gewählt wurde. Das Flächengewicht der Berylliumplatten beträgt 10,3 kg/m2 (einschließlich der Spiegelmontierung sind es 15,6 kg/m2). Aktuatoren sorgen dafür, dass die einzelnen Segmente genau ausgerichtet werden. Jedes Segment ist 1,3 Meter groß bei einer Masse von 20 Kilogramm. Gefertigt wurden sie von Ball Aerospace in Boulder (Colorado). Die letzte Platte verließ am 7. Februar 2007 die Fertigung, um geschliffen und poliert zu werden.

Der Sekundärspiegel lässt sich in sechs Freiheitsgraden ausrichten und ist an einer faltbaren Haltestruktur angebracht.

Über den Tertiärspiegel und den Feinausrichtungsspiegel wird das Licht auf die Instrumente in der Bildebene geleitet.

Instrumente

  • NIRCam (Near Infrared Camera) ist ein Projekt der NASA und detektiert Licht bzw. Infrarotstrahlung mit einer Wellenlänge zwischen 0,6 und 5 µm und wird vor allem zur Erforschung der ersten nach dem Urknall entstandenen Sterne eingesetzt werden. Ihr Sichtfeld besteht aus 2 Quadraten (jeweils 2,3′ × 2,3′ (Bogenminuten)), wovon eines Strahlung mit einer Wellenlänge kleiner und das andere größer als 2,5 µm detektiert. Die Winkelauflösung beträgt 0,034″ bzw. 0,068″ (Bogensekunden).
  • MIRI (Mid Infrared Instrument) ist für Infrarotstrahlung mit Wellenlängen zwischen 5 und 27 µm empfindlich und besteht aus einer Kamera mit drei identischen 1024 × 1024-Pixel2-Detektoren und einem Spektrographen. Die Winkelauflösung beträgt ca. 0,19″.
  • NIRSpec (Near Infrared Spectrograph) ist ein Spektrograph für den Wellenlängenbereich von 0,6 bis 5 µm. Entwickelt und gefertigt wurde er im Auftrag der ESA von Astrium in Ottobrunn und Friedrichshafen
  • FGS (Fine Guidance Sensor) dient der Ausrichtung des Teleskops und wurde in Kanada entwickelt. Das Projekt wird von der Canadian Space Agency (CSA) geleitet. Weitere Beteiligte an dem Projekt sind das Herzberg Institute of Astrophysics, das National Research Council of Canada und die University of Montreal.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i The James Webb Space Telescope. NASA, abgerufen am 13. Mai 2012 (englisch).
  2. ABOUT JWST. In: jwst.nasa.gov. Abgerufen am 27. April 2010.
  3. cris: 8,7 Milliarden Dollar In: Süddeutsche Zeitung. München 24. August 2011, S. 16.
  4. Alexander Stirn: Hubble-Nachfolger vor dem Aus. In: Süddeutsche Zeitung. München 15. Juli 2011, S. 16.
  5. European agreement on James Webb Space Telescope’s Mid-Infrared Instrument (MIRI) signed. In: eesa. media centre space sciense. 9. Juni 2004, abgerufen am 31. Juli 2011.

Siehe auch

Commons: James-Webb-Weltraumteleskop – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien