Ponikauhaus
Das Ponikauhaus (auch Ponickau-Haus, Jenisch-Ponikauhaus oder Genossenschaftsbank) ist ein stattliches Patrizierhaus in Kempten. Das nach Westen des Rathausplatzes schließende, denkmalgeschützte Bauwerk gilt als das reichsstädtische Gegenstück zum Thronsaal der Residenz des Fürststift Kempten. Reichstadt und Fürststift waren durch die Stadtbefestigung getrennt und zwei konkurrierende Städte mit gleichem Namen. Heute ist das repräsentative Gebäude Sitz der Allgäuer Volksbank.
Geschichte
Das heutige Gebäude ging aus zwei Häusern hervor. Diese wurden schlicht „P 73“ und „P 74“ genannt. Später wurden diese Anwesen als „Gerberstraße 13“ und „Rathausplatz 10“ im Bauamtsbuch bezeichnet, so wie es heute noch ist. Die älteste Urkunde für die beiden Häuser stammt aus dem Jahr 1499. Eine Vorläuferbebauung kann nicht ausgeschlossen werden. Vermutlich befand sich an dortiger Stelle das sogenannte „Saltzhaus am Markt“ mit Verkaufständen, das berichten jedenfalls stiftskemptische Urkunden aus dem Jahr 1196.[1] In den Gewölben des Bauwerks im 12. und 13. Jahrhunderts wurden Fässer und Säcke mit Steinsalzbrocken, Salzscheiben, Wein und Gewürze gelagert.[2]
Als erster Hauseigentümer gilt nachgewiesen der Färber Hans Holdenried. Dieser erwarb das Haus im 15. Jahrhundert für sein Handwerksbetrieb, für eine gewerbliche Verwendung und als Wohnquartier. Auf eine Betriebserweiterung musste Holdenried musste verzichten, da ihm dafür keine Genehmigung vorlag. Auch durfte er seine eingefärbten Stoffe nicht zum Trocknen zum Rathausplatz aufhängen. Dies wurde auf dem repräsentativen Rathausplatz als tabu. Die Familie Holdenried zählte zu den wohlhabenden Bürgern der Stadt.[1]
Im 16. Jahrhundert gelang das Bauwerk in die Hände der Stadt, diese veräußerte es im Jahr 1571 an einen Stadtbaumeister namens Lienhart Häl. Zur gleichen Zeit wurde das Nachbarhaus, beide Gebäude wurden später zusammengefügt, der Großkaufmann Joseph König - ein Patrizier. Nach seinem Tod übernahm sein gleichnamiger Sohn das Haus, er war zu diesem Zeitpunkt mit der Tochter Sabine des amtierenden Bürgermeisters Peter Mayr verheiret und errichtete einen Neubau. Joseph König dem Jüngeren folgte 1602 sein ältester Sohn, Tobias König. Dieser überließ das Haus im Jahr 1624 seinem Bruder David.[1]
Davids Sohn, Joseph, überlebte die Eroberung der Stadt durch die Kaiserlichen Truppen am 13. Januar 1633 nicht. Verloren ging hierbei der Wappenbrief des Urgroßvaters, aber auch die Einrichtung wurde zerstört. Nach archivierten Ratsprotokollen erwarb im Jahr 1655 der Bürgermeister Wolfgang Leonard Jenisch das Wohnhaus. Die Patrizierfamilie Jenisch übernahm auch das angrenzende Haus und verband es um 1740 zu einer Einheit.[3] Hierbei wurde die repräsentativ-mächtige Fassade mit einem Barockgiebel versehen. Im oberen Mittelteil des Anwesens wurde im 18. Jahrhundert der prächtige Festsaal im Stil des Rokoko eingerichtet, das aufwendige Treppenhaus eingefügt und eine eigene Wasserleitung installiert. Daraufhin blieb das Haus über mehrere Generationen im Besitz der Jenisch.[1]
Im Jahr 1804 gelang das Doppelhaus durch Erbschaft, Heirat und Tausch an Christoph Friedrich von Ponikau, dieser behielt es bis in das Jahr 1830. [3] Von dieser Erbschaft stammt auch der Name des Hauses. Das aus Sachsen stammende Geschlecht Ponikau spielte in Kempten eine eher kurze Role ohne weitere Bedeutung. 1830/31 ging das gesamte Anwesen an die Stadt Kempten über. Diese verkaufte es nach verschiedenen Mietern und Zwischeneigentümern an den Bäcker Ferdinand August Ackerknecht für 21.000 Gulden. Der angeblich sehr biedere Bäckermeister wollte möglichst viel Kapital machen. So richtete er im Jahr 1867 in dem über zwei Stockwerke hohem Festsaal mit dem Einziehen einer Zwischendecke weitere Flächen zum Wohnen ein. Die länglichen Fenster zum Rathausplatz mussten aus diesem Grunde geteilt werden, auch wurden Stuckarbeiten und Malereien zerstört.[4] Das obere Drittel des ehemaligen Prunksaales konnte dann nur noch über den Dachboden erreicht werden. Von da an verschlechterte sich der Zustand des Raums mit seinen Malereien und seinem Stuck. Die Prunkräume des Hauses gerieten in Vergessenheit. Im Jahr 1916 kaufte der damalige „Spar- und Vorschußverein Kempten“, die spätere [[Allgäuer Volksbank Kempten-Sonthofen|Allgäuer Volksbank] , das Gebäude für 58.000 Reichsmark auf. Am 1. Oktober 1916 wurde der Bankbetrieb aufgenommen. Die Südfassade wurde 1928 erneuert.[2] Die Allgäuer Volksbank stand immer mehr im Fällen einer Entscheidung. Man war sich unklar, ob man das Gebäude zu restaurieren und sichern oder dem Verfall preiszugeben soll. Die Bank entschied sich für eine Wiederherstellung der Räumlichkeiten. 1957 wurde wurde erneut die Südfassade samt Innenausstattung soweit möglich restauriert,[2] jedoch wurde die Fasssadengliederung, ehemals ein Fresko welches mit der Fassadenmalerei der Königschen Häuser vergleichbar war, entfernt und durch eine moderne Gestaltung in brauner Farbe ersetzt. Erst 1982/83 wurde der Festsaal dann renoviert.[3] Vorher fehlte das Geld für diese Arbeiten. [4] Unter anderem wurde der Kunstmaler und Restaurator Josef Lorch beauftragt, die Malereien von Franz Georg Hermann wieder in Ordnung zu bringen.[5]
Beschreibung
Das in elf Fensterachsen gegliederte [2] und dreigeschossige Haus hat einen Erker über das erste und zweite Stockwerk der mit einem vergitterten Balkon geschlossen wird. Das große Zwerchhaus mit Stichbogenfensternn hat einen geschwungenen, halbkreisförmig geschlossenen Giebel. Die Fassaden- und Fensteraufteilung ist asymmetrisch weil zwei Gebäude vereinigt wurden. Dies ist vor allem im rechten Teil des Zwerchhauses erkennbar, dieser ist deutlich breiter. Der hintere Teil des Gebäudes welcher an die Gerberstraße schließt hat ein Zwerchhaus mit abgewalmten Dach und Gauben mit geschwungener Verdachung.[6]
Innenräume
Das Gebäudeinnere ist geprägt durch den Rokoko. Im Erdgeschoss ist ein Kreuzgratgewölbe vorfindbar. Dieses ist zum Teil mit Stuckrippen über gefasten Pfeilern mit profiliertem Kämpfer gestaltet. Im Nordende des Erdgeschosses gilt befindet sich ein bemerkenswertes rechteckiges Treppenhaus. Der Festsaal in den oberen Stockwerken gilt als Gegenstück zur fürstäbtlichen Residenz. In den Zimmern sind reiche Rocaillekartuschen vorzufinden.[6]
Treppenhaus
Das um 1741 aufwendig gestaltete Treppenhaus besitzt bemalte Fresken von Franz Georg Hermann und Stuck von Johann Georg Üblhör. Dort vereinigen sich zwei Treppenläufe über einen Absatz vor der Außenwand in einen breiten Mittelauf, ausgestattet mit hölzernen Brüstungen aus Vierkanbalustern. Der Stuck stammt aus dem Jahr um 1740 aus der Werkstatt Üblhörs. An den gefelderten Unterseiten der Treppe, in den Hohlkehlen und Vorhallen sind Rocaillen. Von Herrmann stammt der Sturz Phaetons, dieses an der Decke des Treppenhauses befindliche Fresko ist mit Üblhörs Stuck oval umrahmt.[6]
Festsaal
Auch im großen Festsaal waren Herrmann und Üblhör etwa gleichzeitig tätig.
Stuck
Zwischen korinthisienden mit den Ecken ausgerundeten Pilastern befinden sich an der südlichen Schmalseite drei Korbbogenfenster die den Raum mit Licht durchfluten. An den Längsseiten sind zwei schmale und zwei breite, alternierende Intervalle. Das schmale Mittelintervall der Ostseite springt über einen Stuckmarmorkamin mit Eckvoluten aus. Das Spiegelgewölbe hat in den Ecken ein gekehltes Gesims mit übergreifenden Bildkartuschen. Über dem Mittelfenster ist ein Jenisch-Wappen zwischen Putten und einer Helmzier Kartusche zu sehen. In der Nische gegenüber ist ein Draperie unter drei Putten. An den Längsseiten sind über dem Gesims Rocaille, Felder in Damastmusterung und Rauhputz. Putten schmalseite!!!
Fresken
Allergorien
Die von Franz Georg Herrman erstellten Fresken zeigen vor allem figürliche Darstellungen, geprägt von Allergorien und der zentralen Malerei „Die Reichsstadt Kempten lädt die Götter des Olymp zum Gastmahl“. In Eckkartuschen zeigen allegorisierende Frauengestalten mit Putten die vier Jahreszeiten mit den vier Elementen.[6] Diese können folgendermaßen eingeteilt werden:
- Frühling: Eine zarte Jungfrau hält in der rechten Hand ein Vogelnest mit frisch geschlüpften Vögeln. In der anderen hält sie einen kleine Bund Blumen. Die linke Brust ist ebenso neckig frei gehalten wie ihr linkes Bein. Sie trägt ein seidenes, fast durchsichtiges Oberkleid. Ein fliegender Vogel symbolisiert das Element Luft.[7]
- Sommer: Eine reife Frau hat ihren linken Arm auf einer Getreidegarbe. Die rechte Hand hält einen Sichel himmelwärts, den Ursprung des Werdens. Hinter diesem Sichel wird die sichtbar werdende Mutter Erde, ein Symbol dieser Jahreszeit wegen der wichtigen Ernte, dargestellt.[8]
- Herbst: Eine Mutter hält in den Händen Früchte, denn der Herbst ist die Jahreszeit der Ernte. Hinter der weiblichen Figuar sind zwei engelsgleiche Kinder die sich über den frühherbstlichen Regen freuen. Eines der Kinder streckt dem Regen seine kleine Hand endgegen. Das andere Kind hält sich ein Tuch über dem Kopf. Der Regen ist das Symbol für das Element Wasser.[9]
- Winter: Eine alternde Dame ist in einem roten Mantel gekleidet. Aus einem Gefäß züngeln Flammen auf. Es Der melancholische Gesichtsausdruck soll das Leiden und die Plagen des Winters darstellen, aber zugleich auch auf die Probleme eines hohen Alters hinweisen.[10]
Mittelbild
Das Mittelbild auf dem Spiegelgewölbe trägt die Signatur „1741 F. g. Herrmann. pinx“ und zeigt, wie die Reichsstadt Kempten die Götter des Olymp zum Mahl einlädt.[6]
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 33
- ↑ a b c d Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 15
- ↑ a b c Alexander Herzog von Württemberg: Stadt Kempten (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band VII.85). Verlag Schnell & Steiner, München/Zürich 1990, ISBN 3-7954-1003-7, S. 62.
- ↑ a b Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 69
- ↑ Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 9
- ↑ a b c d e Michael Petztet: Stadt und Landkreis Kempten. 1. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München 1959, S. 57 f.
- ↑ Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 56f.
- ↑ Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 58f.
- ↑ Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 60f.
- ↑ Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im „Jenisch-Ponikau-Haus“ zu Kempten. Kempten, 1983. S. 62f.
Literatur
- Johannes Goldner: Allgäuer Rokokojuwel: Der Prunksaal im "Jenisch-Ponikau-Haus" zu Kempten. Kempten, 1983.
Weblinks
Koordinaten: 47° 43′ 35,3″ N, 10° 19′ 5,5″ O