Zum Inhalt springen

Judith Miller (Journalistin)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2005 um 07:54 Uhr durch Tjalf Boris Prößdorf (Diskussion | Beiträge) (Die Enttarnung von Valerie Plame: Verweise auf englische Wikipedia korr.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Judith (Judy) Miller (*1948 in New York City) ist eine Journalistin der New York Times die auf Sicherheitsfragen spezialisiert ist. Sie erhielt den renommierten Pulitzerpreis. Sie ist eine umstrittene Figur. Ihre Kritiker werfen ihr vor, zuviele Befürworter des Irak-Krieges ohne sorgfältige Prüfung als Quellen zu benutzen, wie z. B. Ahmad Tschalabi.

Leben

Lebenslauf

Judy Miller wurde in New York geboren und wuchs in Miami und Los Angeles auf. Sie studierte in Princeton und erhielt den Magistergrad von der Woodrow Wilson School of Public and International Affairs. Seit den frühen siebziger Jahren arbeitet sie journalistisch im nahen Osten.

Seit 1977 ist sie als Reporterin für die New York Times tätig, zunächst in Washington, ab 1983 aufgrund ihrer Nahosterfahrung in Kairo. Sie war dort die erste Frau auf dem Posten des Bürochefs.

1993 heiratete sie Jason Epstein (*1930), einen Publizisten und Verleger (Random House, Anchor Books von Bertelsmann).

Schon vor den Terroranschlägen des Jahres 2001 spezialisierte sie sich auf die in führenden Kreisen der USA gesehene Bedrohung durch biologische Waffen. Anfang 2002 erhielt Miller mit anderen den Pulitzer-Preis für Ihre Berichterstattung über Al-Qaida und Osama bin Laden. Sie veröffentlichte mehrere Bücher.

Der amerikanische Orientalist Edward Said hat ihre literarische Arbeit allerdings einer methodologischen und inhaltlichen Kritik unterzogen (Weblinks Allgemein).

Berichterstattung über den nahen Osten und das Vorfeld des Irakkrieges

Unter heftige Kritik kam sie durch ihre Berichte zu Massenvernichtungswaffen des Irak. Sie berichtete, daß Röhren aus Aluminium für den Bau von Gaszentrifugen zur Urananreicherung abgefangen wurden. Mit solchen Zentrifugen wäre der Irak in die Lage gekommen, atomwaffenfähiges Material zu erzeugen.

Der Physiker Houston G. Wood III früherer Leiter der Zentrifugenentwicklung am Oak Ridge National Laboratory wies diese Aussage als falsch zurück. Trotz allem wurde dies eine wesentliche Begründung der USA für den Krieg gegen den Irak. Es gilt inzwischen als gesichtert, daß die fraglichen Röhren aus italienischer Produktion sich keinesfalls für den Bau von Gaszentrifugen zur Urananreicherung eignen. Unabhängig davon wird für diesen Zweck seit den fünfziger Jahren nicht mehr Aluminium, sondern hochfester Stahl verwendet.

Nach der Besetzung des Irak durch Truppen der USA und der Coalition of the Willing war Judith Miller der Einheit zugeordnet, die nach irakischen Massenvernichtungsmitteln fahndete. Sie berichtete von Fahndungserfolgen, diese Berichte stellten sich später als falsch heraus.

Am 11. November 2004 veröffentlichte die Times einen Nachruf für Jassir Arafat, geschrieben von Miller. Auch hier werfen ihr Kritiker große Fehler bei der Faktenlage vor.

Beugehaft in der Affaire Plame

Am 1. Oktober 2004 wurde sie zu 18 Monaten Beugehaft verurteilt, da sie sich weigerte die Quelle zu nennen, welche Valerie Plame als Geheim-Agentin der CIA enttarnte. Die Enttarnung von Geheimagenten der CIA ist in den USA strafbar. Das entsprechende Gesetz wurde in der Amtszeit des Vaters des derzeitigen Präsidenten erlassen.

Die Enttarnung von Valerie Plame

Aus Sicht der US-Regierung war ein Angriff auf den Irak dann völkerrechtlich erlaubt, wenn der Irak versuchte, sich Atomwaffen zu verschaffen. Zur Anreicherung von Uran bedarf es neben der oben erwähnten, später als erkennbar untauglich entlarvten Röhren auch Urans. Als im Jahre 2002 in Italien Vertragsunterlagen auftauchten, die zu zeigen schienen, daß Saddam Hussein im Niger versuchte, Uranhexafluorid zu beschaffen, wurde der Berufsdiplomat Joseph Wilson IV in den Niger entsandt, um die Bedrohungslage zu prüfen. Er kam zu dem Ergebnis, daß es sich bei den Unterlagen um plumpe Fälschungen handele. Dies wurde nicht berücksichtigt, sondern man gab als völkerrechtliche Begründung für den Krieg gegen den Irak weiterhin Saddam Husseins Streben nach Atomwaffen an. Wilson veröffentlichte daraufhin im März 2003 (nach der Besetzung des Irak) in der New York Times einen Artikel „What I didn't Find in Africa” (zur Kritik an Wilson (en:Joseph_C._Wilson)). Seine Ehefrau Valerie Plame war in der geheimen Abteilung Massenvernichtungswaffen der CIA tätig. In Folge seines Artikels behauptete der Kolumnist Robert Novak, Wilson habe den Auftrag, nach Niger zu reisen, aufgrund nepotistischer Verbindungen seiner Ehefrau erhalten. Damit war die Geheimagentin Valerie Plame enttarnt und ein Straftatbestand gegeben. Staatsanwalt Patrick Fitzgerald (en:Patrick Fitzgerald) erhielt den Ermittlungsauftrag.

Zeugnisverweigerung und Beugehaft

Judith Miller war selber nicht verdächtig, stand aber aufgrund ihrer Arbeit in engem Kontakt mit den Hauptverdächtigen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere mit dem Stabschef von Vize-Präsident Dick Cheney - Lewis Libby (en:Lewis Libby). Im Zuge dieses Verfahrens wurde sie als Zeugin geladen. Sie verweigerte das Zeugnis unter Berufung auf das journalistische Privileg, Quellen schützen zu dürfen. Der Staatsanwalt beantragte daraufhin Beugehaft.

Der Haftantritt wurde zunächst auf Grund eines Einspruchs ausgesetzt. Am 27. Juni 2005 lehnte der US-Supreme Court den Einspruch ab. Am 6. Juli 2005 wurde sie rechtskräftig zu Beugehaft verurteilt, welche sie in Alexandria, Virginia antreten mußte. Die Dauer der Beugehaft läuft bis zur Preisgabe der Quelle durch sie oder bis zum Ende des Verfahrens im Oktober 2005. Ein weiterer Journalist, Matt Couper vom Magazin Time, entging dem Gefängnis, weil er sich in letzter Minute der Forderung des von Präsident Bush eingesetzten Sonderermittlers beugte und ankündigte, auszusagen.

Bewertung der Beugehaft

Journalisten sehen in der Verhaftung einen gefährlichen Präzedenzfall. Staatsanwälte könnten Journalisten fortan unter Druck setzen, ihre Quellen preiszugeben. Für viele US-Journalisten steht nun die Pressefreiheit auf dem Spiel. Immer weniger Regierungsmitarbeiter könnten künftig riskieren, brisante, aber der Öffentlichkeit dienliche Informationen durchsickern zu lassen. Immer mehr Journalisten dürften angesichts der Aussicht auf Gefängnis auf anonyme Quellen verzichten.

Judith Miller sagte vor Gericht, wenn man Journalisten kein Vertrauen mehr schenken könne, daß sie ihre Quellen geheim hielten, dann könnten sie ihren Beruf nicht ausüben. Libbys Anwalt Robert S. Bennett erklärte dazu, im Auftrag seines Mandanten habe er Judith Miller schon vor mehr als einem Jahr aus der Vertraulichkeit entlassen.

Freilassung, Aussage und Reaktionen

Am 29. September erklärte Judith Miller sich bereit vor Gericht auszusagen, da ihr Informant Lewis Libby sie dazu ermächtigt habe ihr Schweigen zu beenden. Sie wurde daraufhin aus der Haft entlassen.

Am 16, Oktober veröffentlichte die Times einen Artikel der sich mit Judith Millers Arbeitsweise und den Widersprüchen zwischen ihrer Aussage zur Vertraulichkeit und der von Libbys Anwalt auseinandersetzte. Ebenfalls am 16. Oktober schrieb Judith Miller in einem Times-Artikel über ihre Aussage vor dem Untersuchungsgericht, daß ihre Berichte zu Massenvernichtungswaffen des Irak größtenteils von Libby stammen und das sie ihn als Quelle bewußt verschleiert hatte. Sie gab nämlich als Quelle nicht "Regierungskreise" an, sondern bezeichnete Libby als "Ex-Kongreßmitarbeiter".

Am 22. Oktober schrieb Judith Millers Kollegin Maureen Dowd einen Times-Artikel, in dem sie die Vermutung äußerte, die Beugehaft sei für Judith Miller ein erster Schritt zur Rettung ihrer Karriere gewesen. Zu viele der Fehler in Judith Millers Berichterstattung seien auf grobe Verstöße gegen handwerkliche Regeln zurückzuführen.

Zur Affaire Plame

Artikel in der New York Times

Artikel anderer Publikationen

Zum Krieg gegen den Irak und seiner Begründung

Allgemein


Bücher von Judith Miller