Dunkelfeldmikroskopie


Die Dunkelfeldmikroskopie ist eine Variante der Lichtmikroskopie. Sie führt zu einem dunklen Bildhintergrund, vor dem sich beobachtete Strukturen gut abheben. Dadurch können von durchsichtigen und eigentlich kontrastarmen Objekten kontrastreiche Bilder erzeugt werden, ohne dass eine vorherige Färbung erforderlich ist. Auch lebende Objekte sind gut beobachtbar. Bis zur Entwicklung der Phasenkontrastmikroskopie in den 1930er Jahren war Dunkelfeldmikroskopie die einzige Methode zur Kontrastverstärkung bei ungefärbten Präparaten. In Abgrenzung zur Dunkelfeldmikroskopie wird die Technik der „normalen“ Lichtmikroskopie auch als Hellfeldmikroskopie bezeichnet.
Das Prinzip der Dunkelfeldmikroskopie beruht darauf, dass Objekte, die sich in einem Lichtstrahl befinden, einen Teil des Lichts durch Streuung und Beugung ablenken. Wenn der Lichtstrahl selbst so gerichtet ist, dass er am Mikroskopobjektiv vorbeigeht, sieht der Betrachter nur das abgelenkte Licht. Ein vergleichbarer Effekt entsteht, wenn Licht durch einen Türspalt in einen dunklen, staubigen Raum fällt: Der Staub innerhalb des Lichtstrahls wird deutlich sichtbar (Tyndall-Effekt).
Technische Umsetzung in heutigen Durchlichtmikroskopen

Dunkelfeldmikroskopie wird heute meist mit Geräten durchgeführt, die vom Aufbau her einem normalen Durchlicht-Hellfeldmikroskop entsprechen, mit Lichtquelle, Kondensor und Objektiv bei Köhlerscher Beleuchtung. Jedoch ist eine zusätzliche Einrichtung vorhanden, die die Beleuchtung des Präparats auf einen Kegelmantel beschränkt. Der innere Teil des Kegels enthält kein Licht (siehe Schemazeichnung rechts). Der vom Kondensor kommende Kegelmantel wird in die Schärfeebene fokussiert und weitet sich danach wieder, so dass nicht abgelenktes Licht vollständig an der Objektivöffnung vorbei geht, der Bildhintergrund bleibt dunkel. Nur Licht, das durch die zu beobachtenden Objekte durch Streuung oder Beugung abgelenkt wird, gelangt in das Objektiv und erzeugt dort ein Bild mit hellen Strukturen auf dunklem Hintergrund.
Da der Kegelmantel der Beleuchtung am Objektiv vorbeigehen muss, ist eine Dunkelfeld-Beleuchtung nur dann möglich, wenn der Winkel des aus dem Kondensor austretenden Lichts (Öffnungswinkel) größer ist, als der Winkel des vom Objektiv aufgefangenen Lichts. Die numerische Apertur des Kondensors muss also höher sein als die des verwendeten Objektivs. Da ohne Immersion nur numerische Aperturen um 0,9 erreicht werden, ist in diesem Fall die Anwendung auf Objektive mit einer numerischen Apertur von etwa 0,75 oder weniger beschränkt[1]. 40x-Objektive, die ohne Immersion verwendet werden, haben häufig eine numerische Apertur von 0,65.
Zwei verschiedene Verfahren werden angewendet, um den Beleuchtungskegelmantel zu erzeugen. Dunkelfeldmikroskopie mit Hilfe von Zentralblenden ist einfacher in der Herstellung und Handhabung der notwendigen optischen Bauteile und damit auch preisgünstiger und weiter verbreitet als die Nutzung von speziellen Dunkelfeldmikroskopen. Allerdings hat ein mit einer Zentralblende erzeugtes Dunkelfeld keinen absolut dunklen Hintergrund. Daher werden für höhere Ansprüche Mikroskope mit Dunkelfeldkondensoren eingesetzt.
Beleuchtung mit Blende

Hier wird eine ringförmigen Blende in einem ansonsten unveränderten normalen Hellfeldmikroskop verwendet. Diese Zentralblende (1) weist einen lichtdurchlässigen Ring auf und fokussiert damit das Licht der Lichtquelle zusammen mit einem normalen Kondensor (2) in Form eines Kegelmantels. Vom Objekttisch (3) mit dem Objektträger (4) ausgehend verläuft das Licht somit am Objektiv (6) vorbei. Nur von Strukturen im Präparat gebeugtes oder gestreutes Licht (5) gelangt in das Objektiv. Eine solche Zentralblende kann als Einschubblende je nach Bedarf in den Strahlengang des Mikroskops gebracht werden.
Die weiter verbreitete Phasenkontrastmikroskopie beruht zwar auf einem völlig anderen optischen Phänomen, aber auch hier werden Ringblenden eingesetzt. Diese Ringblenden lassen sich manchmal auch als Dunkelfeldblenden einsetzen. Phasenkontrast-Ringblenden sind so angelegt, dass der Lichtkegel bei richtiger Einstellung in das Objektiv eintritt und nicht daran vorbei geht, wie dies für Dunkelfeld erforderlich ist. Daher lassen sich für ein gegebenes Objektiv nur solche Phasenkontrast-Ringblenden als Dunkelfeld-Blenden einsetzen, die eigentlich für Objektive mit deutlich größerem Öffnungswinkel (höhere numerische Apertur) gedacht sind. Beispielsweise eignet sich eine Phasenkontrast-Ringblende für ein 100x-Ölimmersionsobjektiv in der Regel als Dunkelfeldblende für 10x- und 20x-Trockenobjektive, da Ölimmersionsobjektive einen größeren Öffnungswinkel haben.[1]
Dunkelfeldkondensor
Alternativ kann, vor allem in speziellen Dunkelfeldmikroskopen, ein Dunkelfeldkondensor genutzt werden. Dieser führt das von der Lichtquelle des Mikroskops kommende Licht durch Reflexion an spiegelnden Oberflächen oder durch Totalreflexion kegelmantelförmig am Objektiv vorbei. Beispielsweise kann ein konvex gewölbter Spiegel das eintreffende Licht auf einen rundherum laufenden konkaven Spiegel leiten, so dass der Kegelmantel erzeugt wird. Trockendunkelfeldkondensoren sind für Objektive mit numerischen Aperturen bis zu 0,65 oder 0,75 geeignet, während Immersionskondensoren für Objektive mit numerischen Aperturen bis zu 1,2 verwendet werden können. Dunkelfeldkondensoren mit Immersion liefern nicht nur eine bessere Auflösung, sondern auch einen besseren Kontrast als Trockenkondensoren, da Reflexionen an der Objektträger-Unterseite und Kondensoroberseite minimiert werden, die sonst zu einer Aufhellung des dunklen Hintergrunds führen können.[1][2]
Ergänzend kann ein Objektiv eingesetzt werden, bei dem über eine bewegliche Irisblende die numerische Apertur eingeschränkt werden kann. Der Öffnungswinkel des Objektivs kann damit optimal auf den Durchmesser des Beleuchtungskegels abgestimmt werden, um letzteren gerade noch ausblenden zu können.[1]
Frühere Ansätze zur Dunkelfeldbeobachtung
Vor 1900


Schon im 17. Jahrhundert wurde Dunkelfeldmikroskopie von Antoni van Leeuwenhoek, Robert Hooke und Christiaan Huygens angewendet, um Blutbestandteile oder Kleinlebewesen zu beobachten. Dabei wurden jedoch keine speziellen Gerätschaften eingesetzt. Vielmehr wurde die Lichtquelle, etwa eine Kerze, so positioniert, das kein direktes Licht auf das Objektiv viel.[1]
Schon mit einem sehr schräg gestellten Beleuchtungsspiegel ist Dunkelfeldmikroskopie möglich. Der erste, der aber eine besondere Apparatur für die Dunkelfeldbeleuchtung beschrieb war 1837 Joseph Bancroft Reade[3] (1801 - 1870), dessen Verfahren in einem Buch von John Queckett als Background Illumination bezeichnet wurde[4]. Die Lichtquelle wurde seitlich platziert, eine Sammellinse fokussierte das Licht so auf das Präparat, das nicht abgelenktes Licht am Objektiv vorbei ging. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden von einer Reihe von Autoren weitere Beleuchtungsapparaturen entwickelt. Da Brechung an Glasoberflächen chromatische Aberration hervorruft, die bei Dunkelfeldmikroskopie besonders störend ist, wurden auch Spiegelkondensoren entwickelt, da bei Spiegelung dieser Fehler nicht auftritt. Die Spiegelung wurde entweder durch reflektierende Obereflächen erreicht, oder durch Totalreflexion.[5][6]
Francis Herbert Wenham (1824 - 1908) beschrieb zwischen 1852 und 1856 in mehreren Arbeiten verschiedene Beleuchtungsprinzipien. Neben einer seitlichen Beleuchtung (mit Wirkung ähnlich wie bei Reade) gehörten Kondensoren für eine zentral positionierte Beleuchtungsquelle dazu, darunter ein hohler, versilberter Paraboloid und ein massiver Glasparapoloid, in dem die Reflexion durch Totalreflexion zu Stande kam. Hierbei hatte der Objektträger direkten Kontakt mit dem Kondensor, das Präparat war in Kanadabalsam oder Flüssigkeit eingebettet, zwischen dem Deckglas und dem Objektiv war Luft. Das Prinzip der Beugung, das wesentlich für eine effektive Dunkelfeldbeleuchtung kleiner Objekte ist, war damals noch nicht verstanden. Wenham nahm daher an, dass die beobachteten Effekte darauf zurückzuführen seien, dass das Objekt von oben beleuchtet wurde, nämlich durch Licht, das von der oberen Deckglaskante durch Totalreflexion auf das Präparat zurückgeworfen wurde.[7][5][6]
Ab ca. 1900
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Dunkelfeldmikroskopie zwar von Amateuren, aber wenig im wissenschaftlichen Bereich eingesetzt, da sie nicht mit höher auflösenden Objektiven (mit hoher numerischer Apertur) funktionierten. Dieses Problem ging W. Gebhardt bei Zeiss an, indem er eine Zentralblende für den Abbe'schen Beleuchtungsapparat vorschlug, die Zeiss 1898 ins Programm nahm. Wurde Immersion zwischen Kondensor und Objektträger verwendet konnten Trockenobjektive mit einer Apertur bis zu 0,95 eingesetzt werden. Zeitweise wurde diese Zentralblende bei allen entsprechenden Geräten mitgeliefert, da sie jedoch bei den Kunden wenig Anklang fand wurde dies wieder eingestellt. Die Firma Reichert bot eine ähnliche Lösung an.[5]
Durch die Entdeckung des Syphilis-Erregers erlebte Dunkelfeldmikroskopie ab 1906 einen Aufschwung, da sie eine gute Darstellung lebender Spirochäten ermöglicht. Mehrere große Mikroskopfirmen entwickelten verbesserte Dunkelfeldkondensoren. Der von Carl Reichert enthielt eine Zentralblende mit veränderlicher Größe. Henry Siedentopf entwickelte 1907 für Zeiss einen Paraboloid-Kondensor. Das Design entsprach zwar dem Glasparaboloid von Wenham, durch verbesserte Fertigungstechniken konnte die optische Qualität jedoch so gesteigert werden, dass die innere und äußere Apertur des Beleuchtungsgegelmantels 1,1 und 1,4 betrugen. Auf Grund der Arbeiten von Ernst Abbe war zu diesem Zeitpunkt klar, dass die Beugung entscheidenden Anteil an der Bildentstehung hatte und das die Totalreflexion am Deckglas lediglich half, den Eintritt von nicht abgelenktem Licht ins Objektiv zu vermeiden.[8]
Die bisher beschriebenen Ansätze haben die gemeinsame Grundlage, dass die Beleuchtung des Präparats mit einer höheren numerischen Apertur (breiterer Winkel) erfolgt, als sie vom Objektiv aufgenommen werden kann. Aber auch der umgekehrte Ansatz ist möglich. Hierbei wird das Präparat mit einem vollständigen Kegel einer geringen numerischen Apertur (beispielsweise 0,2) beleuchtet. Hierbei lassen sich auch höchstauflösende Objektive einsetzen, denn die numerische Apertur und damit der Öffnungswinkel können beliebig groß sein, sie müssen allerdings deutlich größer sein als die der Beleuchtung. Das im Präparat nicht abgelenkte Licht wird also im Objektiv nur einen zentralen Bereich einnehmen, während der äußere Bereich frei von direktem Beleuchtungslicht bleibt. Dieses direkte Licht kann also auch im oder hinter dem Objektiv an einer geeigneten Stelle im Strahlengang entfernt werden. Dies wird als „konaxiale Anordnung“[9] oder als „Zentrale Dunkelfeld“[5] bezeichnet und zu den ultramikroskopischen Methoden (siehe unten) gezählt. Nachteil der Methode war, das im Präparat wesentlich höhere Lichtstärken erreicht wurden als bei einer Zentralblende im Kondensor, wodurch in Präparaten mit vielen Objekten störende Nebenbeugungsbilder entstanden.[5][1][9]
Siedentopf verwendete für ein derartiges von ihm entwickelte System ein Objektiv, bei dem die sonst halbkugelförmige Rückseite der Frontlinse (der erste Glaskörper im Objektiv) flach geschliffen und schwarz lackiert war. Metz bei Leitz entwickelte 1905 ein System mit Ölimmersionsobjektiven, bei dem eine Stempelblende (auch: Trichterblende) von der Rückseite beweglich in das Objektiv eingeführt wurde. Dadurch war es möglich, das gleiche Objektiv ohne diese Blende für Hellfeld-Anwendungen einzusetzen, ohne das Helligkeitsverluste auftraten. Dafür war die Justierung schwierig.[5][9]
Wladimir Sergejewitsch Ignatowski entwickelte für Leitz einen Dunkelfeldkondensor, der zwei spiegelnde Oberflächen besaß aber einfacher zu handhaben war als frühere entsprechende Modelle. Er wurde ab 1907 verkauft. Die Querschnittszeichnung des von Felix Jentzsch entwickelten Nachfolgemodells von 1910 wurde Vorlage für ein Leitz-Logo, den sogenannten Leitz-Sarg.[5]
Rheinbergbeleuchtung
Die Rheinbergbeleuchtung (auch: optische Färbung oder Kontrastfarbenbeleuchtung), ist eine Abwandlung der Dunkelfeldmikroskopie mit Ringblende, die 1896 in London von Julius Rheinberg erstmals beschrieben wurde. Die Ringblende wird dabei durch einen runden Filter mit zwei Farben in konzentrischer Anordnung ersetzt: Eine Farbe bildet einen äußeren Ring, er entspricht dem Ring in der herkömmlichen Ringblende. Das hier durchtretende Licht wird also nur dann ins Objektiv fallen, wenn es im Präparat abgelenkt wird. Im mittleren, sonst lichtundurchlässigen Bereich befindet sich die zweite Farbe. Sie legt den Bildhintergrund fest. So entstehen ästhetisch teilweise sehr ansprechende Bilder, ohne dass zusätzliche Strukturen sichtbar werden.[1][2][10]
Unter dem Namen ‚Mikropolychromar‘ lieferte Zeiss um 1939 bis nach dem Zweiten Weltkrieg Kondensorzubehör aus, mit dem Rheinbergbeleuchtung möglich war. Eine zentrale Hellfeld- und eine äußere Dunkelfeldbeleuchtung konnten mit Filtern unterschiedlich eingefärbt werden. Zeiss empfahl diese Vorrichtung „zur Erleichterung der Untersuchung ungefärbter Objekte mit geringen Kontrasten“. Gerlach (2009) schrieb über diese Einrichtung sie habe „vor der Einführung des Phasenkontrastverfahrens sicherlich eine gewisse Bedeutung“ gehabt. Die Firma Reichert vertrieb unter dem Namen ‚Optikolor‘ eine Spiegelkondensor-basierte Lösung, die ebenfalls Rheinbergbeleuchtung ermöglichte.[5]
Mit dreifarbigen Rheinbergfiltern lassen sich Präparate besonders effektvoll darstellen, die deutlich strukturiert sind. Der äußere Ring des Filters wird in vier 90°-Winkel aufgeteilt, die jeweils gegenüberliegenden werden gleichartig eingefärbt, benachbarte aber in unterschiedlichen Farben. Der innere Kreis wird mit der dritten Farbe eingefärbt. Der zweifarbige äußere Ring bewirkt, dass Strukturen, die von links nach rechts streuen, in einer anderen Farbe dargestellt werden als solche, die in der Präparatebene von vorne nach hinten streuen. Beispiele für solche Präparate sind Diatomeen oder Textilgewebe.[1]
Nachweis submikroskopischer Teilchen
optische Grundlagen

Die Stärke eines Signals ist bei der Dunkelfeldmikroskopie nicht von der Größe einer Struktur abhängig, sondern davon wie stark das Licht von ihr abgelenkt wird. Daher können mit ihr, ähnlich wie mit der Fluoreszenzmikroskopie, auch manche Partikel oder Strukturen nachgewiesen werden, die kleiner sind als die Auflösungsgrenze des jeweiligen Mikroskops. Allerdings kann dann nicht unterschieden werden, ob das Signal von nur einer oder mehreren, dicht beieinander liegenden Strukturen kommt. Auch entsteht kein Abbild, sondern eine als Punktspreizfunktion bezeichnete Beugungserscheinung, deren Größe wiederum von der Auflösung des Mikroskops abhängt.[2]
Die Form der Teilchen (rund, länglich, kantig...) spielt für die Form und Größe der erzeugten Beugungserscheinung keine Rolle, so dass die Form der Teilchen nicht feststellbar ist. Für kleinere Teilchen nimmt allerdings die Intensität ab, da an ihnen weniger Licht abgelenkt wird. Daher ist für diese eine starke Beleuchtung erforderlich. Die Intensität ist auch abhängig vom Unterschied in der optischen Dichte (Brechungsindex) zwischen Struktur und umgebenden Medium, da bei größeren Brechungsindexunterschieden mehr Licht abgelenkt wird.[2]
Beispiele
Dunkelfeldbeleuchtung wird im Rahmen des Millikan-Versuchs genutzt, bei dem die Dunkelfeldtechnik die Beobachtung von Öltröpfchen in einem Kondensator ermöglicht.[11] Für die Bestimmung der Elementarladung eines Elektrons durch dieses Experiment erhielt Robert Andrews Millikan im Jahr 1923 den Nobelpreis für Physik.
Auch zum Nachweis von Metallpartikeln im „optisch leeren Schnitt“ von biologischem Gewebe kann die Dunkelfeldmikroskopie genutzt werden.[12]
Ultramikroskopie
Um das Jahr 1900 herum kam der Begriff „Ultramikroskopie“ auf, mit dem die dunkelfeldmikroskopische Untersuchung sogenannter „Ultramikronen“ bezeichnet wurde, Partikel kleiner als die Auflösungsgrenze des Lichts, also kleiner als 0,2 Mikrometer. Die minimale Größe solcher Partikel bis zu der ein Nachweis im Ultramikroskop möglich ist, liegt bei 4 Nanometern.[5]
Das von Henry Siedentopf und Richard Zsigmondy entwickelte Spaltultramikroskop wurde für die Untersuchung von Kolloiden eingesetzt, für biomedizinische Untersuchungen war es nicht geeignet. Die Beleuchtung erfolgte in Form einer Ebene, die seitlich in das Präparat eingekoppelt wurde, ähnlich wie bei der moderneren Technik der Single Plane Illumination Microscopy, bei der aber Fluoreszenz angeregt wird. Zur Erzeugung der Ebene wurde beim Ultramikroskop ein Spalt vor der Beleuchtungsquelle platziert, dessen Kanten nur einige Hundertstel Millimeter auseinander lagen. Dieser Spalt wurde durch ein Linsensystem etwa 50-fach verkleinert und schließlich ins Präparat abgebildet. Die Firma Zeiss bot Spaltultramikroskope inklusive Zubehör 1910 für 474,50 Mark (für Kolloide in Flüssigkeiten)) beziehungsweise 744,50 (Kolloide in festen Materialien) an.[5][13]
Beim 1903 entwickelten vereinfachten Ultramikroskop von Cotton und Mouton kommt eine völlig andere Beleuchtungsgeometrie zum Einsatz. Ein Lichtkegel wird seitlich in ein Glas-Prisma mit Parallelogramm-Seitenflächen eingespeist. An der Unterseite des Glaskörpers entsteht Totalreflexion wodurch das Licht zum Präparat geleitet wurde. Der Objektträger wurde mit Immersion direkt auf den Glaskörper gelegt. Die Lichtstrahlen trafen nun so schräg auf das Präparat, dass an der Oberkante des Deckglases ebenfalls Totalreflexion hervorgerufen wurde und kein direktes Licht auf das Objektiv traf. Nur im Präparat gebeugtes Licht wurde aufgenommen. Dieser Aufbau kann nicht mit Immersionsobjektiven verwendet werden, da sonst am Deckglas keine Totalreflexion stattfindet.[5]
Weitere Anwendungen
Auf Grund der im Vergleich zu anderen Kontrastverstärkungsverfahren wie Phasenkontrast oder Differentialinterferenzkontrast limitierten Auflösung der Dunkelfeldmikroskopie ist sie heute in der Biologie und Medizin nur für einige spezielle Anwendungen von Bedeutung. Auf Grund der ästhetisch ansprechenden Bilder hat sie bei Hobbymikroskopikern eine gewisse Verbreitung. Mit ihr lassen sich zum Beispiel durchsichtige Wasserkleinstlebewesen (Plankton) beobachten. Des Weiteren wird dieses Verfahren für den mikroskopischen Nachweis einiger Krankheitserreger in der klinischen Mikrobiologie genutzt. Die Fähigkeit submikroskopische Strukturen zu detektieren kann verwendet werden um isolierte Organellen und Polymere wie Flagellen, Cilien, Mikrotubuli und Aktinfilamente zu untersuchen. [14]
Alternativmedizin
Die Nutzung der Dunkelfeldmikroskopie in der Alternativmedizin als Diagnoseverfahren zur Blutuntersuchung nach Günther Enderlein (Isopathie) beruht auf wissenschaftlich nicht haltbaren Annahmen zur Morphologie von Mikroorganismen (sogenannter Pleomorphismus). Eine wissenschaftliche Studie kam im Jahr 2005 zu dem Schluss, dass die Dunkelfeldmikroskopie zur Erkennung von Krebs ungeeignet sei.[15] Ein weiterer alternativmedizinischer Bluttest, der mittels Dunkelfeldmikroskopie durchgeführt wird, ist die Dunkelfeldblutdiagnostik nach von Brehmer. Diese geht auf den Pharmakologen Wilhelm von Brehmer zurück und soll eine Früherkennung von Krebserkrankungen ermöglichen. Ein Nachweis der Eignung fehlt jedoch. Bei diesem Bluttest wird nach Propionibacterium acnes (alias Siphonospora p.) gesucht, der ein typischer Bestandteil der Hautflora ist, und im Rahmen der Blutabnahme leicht den Ausstrich verkeimen kann.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h Randy O. Wayne: Light and Video Microscopy. Academic Press, Elesevier, 2009, ISBN 978-0-12-374234-6, S. 95–98 (englisch).
- ↑ a b c d Dieter Gerlach: Das Lichtmikroskop. Eine Einführung in Funktion, Handhabung und Spezialverfahren für Mediziner und Biologen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1976, ISBN 3-13-530301-2, S. 119–126.
- ↑ J. B. Reade: A New Method of Illuminating Microscopic Objects. In: C. R. Goring, Andrew Pritchard (Hrsg.): Micrographia: containing practical essays on reflecting, solar, oxy-hydrogen gas microscopes; micrometers; eye-pieces, &c. &c. 1837, Appendix 2, S. 227–231 (Google Books).
- ↑ John Thomas Queckett: A Practical treatise on the use of the microscope. 2. Auflage. H. Bailliere Publisher, London 1852, S. 194 (Google books).
- ↑ a b c d e f g h i j k Dieter Gerlach: Geschichte der Mikroskopie. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-8171-1781-9, S. 663–676.
- ↑ a b Henry Siedentopf: Die Vorgeschichte der Spiegelkondensoren. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie. Band 24, 1907, S. 382–395 (online).
- ↑ F. H. Wenham: On a Method of Illuminating Opaque Objects under the Highest Powers of the Microscope. In: The transactions of the Microscopical Society of London. Band 4, 1856, S. 55–60 (Google Books).
- ↑ Henry Siedentopf: Paraboloid-Kondensor, eine neue Methode für Dunkelfeldbeleuchtung zur Sichtbarmachung und zur Moment-Mikrophotographie lebender Bakterien etc. (insbesondere auch für Spriochaete pallida. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie. Band 24, 1907, S. 104–108 (online).
- ↑ a b c Referenzfehler: Ungültiges
<ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Gebhardt. - ↑ Mortimer Abramowitz, Michael W. Davidson: Rheinberg Illumination. In: Molecular Expressions - Optical Primer. Florida State University, abgerufen am 17. Mai 2012 (englisch).
- ↑ Robert Andrews Millikan: The Isolation of an Ion, a Precision Measurement of its Charge, and the Correction of Stokes's Law. In: Physical Review (Series I). Band 32, Nr. 4, 1911, S. 349–397, doi:10.1103/PhysRevSeriesI.32.349.
- ↑ Nachweis anorganischer Substanzen: 8. Allgemeiner Nachweis von Metallen. In: Benno Romeis, Peter Böck (Hrsg.): Mikroskopische Technik. 17. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München/Wien/Baltimore 1989, ISBN 3-541-11227-1, S. 429.
- ↑ W. Gebhardt: Aus optischen und mechanischen Werkstätten I. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie. Band 24, Nr. 4, 1907, S. 396 - 421 (online).
- ↑ Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/9780471253914 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
- ↑ Samer El-Safadi, Hans-Rudolf Tinneberg, Friedel Brück, Richard von Georgi, Karsten Münstedt: Erlaubt die Dunkelfeldmikroskopie nach Enderlein die Diagnose von Krebs? Eine prospektive Studie. In: Forschende Komplementarmedizin und Klassische Naturheilkunde/Research in Complementary and Classical Natural Medicine. Band 12, 2005, S. 148–151, doi:10.1159/000085212.
Literatur
- Dieter Gerlach: Das Lichtmikroskop. Eine Einführung in Funktion, Handhabung und Spezialverfahren für Mediziner und Biologen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1976, ISBN 3-13-530301-2, S. 119–126.
- Das Mikroskop und seine optischen Nebenapparate: 3. Dunkelfeldmikroskopie. In: Benno Romeis, Peter Böck (Hrsg.): Mikroskopische Technik. 17. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München/Wien/Baltimore 1989, ISBN 3-541-11227-1, S. 11–12
Weblinks
- Irene K. Lichtscheidl (Hrsg.): Dunkelfeld. Abgerufen am 30. April 2009 (Theoretische Einführung und Anleitung zur praktischen Anwendung an der Uni Wien.).
- Christian Linkenheld: Dunkelfeld-Mikroskopie mit der Zentralblenden-Methode. 2002, abgerufen am 14. Mai 2012.
- Christian Linkenheld: Dunkelfeldmikroskopie mit speziellen Dunkelfeld-Kondensoren. 2002, abgerufen am 14. Mai 2012.

