Gen
Ein Gen ist, allgemein gesprochen, eine Erbanlage, ein Träger von Erbinformation, der durch Reproduktion an die Nachkommen weiter gegeben werden kann. Die Bedeutung des Wortes "Gen" unterscheidet sich jedoch nach Kontext und wissenschaftlicher Disziplin. Der Begriff "Gen" wird in der "klassischen" Genetik, der Molekulargenetik, der Evolutionsbiologie und Populationsgenetik gebraucht.
Gene können mutieren, sich also spontan oder durch Einwirkung von außen (z.B. durch radioaktive Strahlung) verändern. Diese Veränderungen können an verschiedenen Stellen im Gen erfolgen. Demzufolge kann ein Gen nach einer Reihe von Mutationen in verschiedenen Zustandsformen vorliegen, die man Allele nennt.
Proteinkodierung
Ein Gen im molekularbiologischen Sinne ist eine Beschreibung der Aminosäure-Sequenz eines Proteins. Diese Beschreibung liegt gewöhnlich in einer anderen chemischen Sprache, nämlich in Form der Nukleotid-Sequenz einer Desoxyribonukleinsäure (im internationalen wissenschaftlichen Sprachgebrauch DNA abgekürzt, deutsch auch DNS), selten auch der Ribonukleinsäure (RNA bzw. RNS) vor. Die einzelnen 'Kettenglieder' (Nukleotide) der DNA stellen - in Dreiergruppen (Tripletts) zusammengefasst - die 'Buchstaben' des genetischen Codes dar.
Die DNA, welche die Gene enthält, ist bei Lebewesen mit Zellkern (Eukaryonten) zu Chromosomen kondensiert (zusammengefasst).
Genaktivität und Regulation
Da Gene durch die Proteine wirken, für die sie die Bauanleitung darstellen, sind Gene nur dann "aktiv", wenn sie auch in Proteine translatiert werden. Zellen regulieren die Aktivität einzelner Gene über die Rate ihrer Transkription in mRNA (eine Zwischenstufe, die dann an besonderen Zellorganellen, den Ribosomen, in Protein translatiert wird). Kurzfristig erfolgt die Genregulation durch Bindung und Ablösung von Proteinen an bestimmte Bereiche der DNA, die so genannten "regulatorischen Elemente". Langfristig wird dies über Methylierung oder das "Verpacken" von DNA-Abschnitten in Histonkomplexe erreicht.
Ein Gen - ein Enzym - Hypothese
Lange Zeit nahm man an, ein Gen sei ein DNA-Abschnitt, der für ein Enzym codiere. Diese Hypothese ist inzwischen nur noch eingeschränkt gültig.
- Generell codiert ein DNA-Abschnitt für ein Protein. Dieses kann, muss aber nicht katalytisch wirken. Auch Strukturproteine sind vielfach direkt in der DNA codiert und werden durch die Protein-Biosynthese gebildet.
- Bei Eukaroynten führt ein und derselbe DNA-Abschnitt oft zu unterschiedlichen m-RNA-Molekülen und damit zu unterschiedlichen Proteinen. Ursache ist das alternative Spleißen, durch das erst entschieden wird, welche DNA-Abschnitte eines Gens codieren, also Exons sind und welche im Reifungsprozess herausgeschnitten werden (Introns).
Organisation von Genen
Genetische Variation
Genetische Komplexität von "Erbanlagen" und verbale Fallstricke
Regulatorische Elemente und Vererbung
Molekulare Nomenklatur
Aus vielen Gründen ist die Regel "ein Gen - ein Protein" (oder "eine DNA-Sequenz - eine Aminosäuresequenz") zu simpel. So können Zellen durch Spleißen (Splicing) mehrere verschiedene Proteine aus ein und derselben DNA-Sequenz erzeugen. Eine DNA-Sequenz kann auch mehrere überlappende Gene enthalten. Durch Genduplikation verdoppelte Gene können sequenzidentisch, trotzdem aber unterschiedlich reguliert sein und damit zu unterschiedlichen Aminosäuresequnzen führen, wären also keine Allele.
In der Molekularbiologie bezeichnet "Gen" häufig nur die kodierenden Teile (Exons) einer DNA-Sequenz, ohne den dazwischenliegenden "Müll", die so genannten Introns. Die Exons entsprechen zusammengenommen der später translatierten mRNA. Man könnte also sagen, dass nur die mRNA das Gen ist.
RNA-Gene in Viren
Obwohl bei allen zellbasierten Lebensformen Gene als DNA-Abschnitte vorliegen, gibt es einige Viren, deren genetische Information in Form von RNA vorliegt. RNA-Viren befallen eine Zelle, die dann sofort mit der Produktion von Proteinen direkt nach Anleitung der RNA beginnt; eine Transkription von DNA nach RNA entfällt. Retroviren hingegen übersetzen ihre RNA bei der Infektion in DNA, und zwar unter Mitwirkung des Enzyms Reverse Transktiptase.
Geschichte
Egoistische Gene
Wie Richard Dawkins in seinem Buch Das egoistische Gen postuliert, könnte der einzige Daseinszweck der Gene die Selbstreproduktion sein, auch auf Kosten des eigenen "Wirtes". Danach sind alle Lebensformen nur "Vermehrungsmaschinen", die der Multiplikation von Genen dienen. Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens wäre demnach: "Vermehrung von Ribonukleinsäuren und assoziierter Proteine".
Typische Genomgrößen
Organismus | Anzahl Gene | Basenpaare |
---|---|---|
Pflanzen | <50000 | <1011 |
Mensch | 35000 | 3x109 |
Fliegen | 12000 | 1.6x108 |
Pilze | 6000 | 1.3x107 |
Bakterien | 500-6000 | 107 |
Mycoplasma genitalium | 500 | 106 |
DNA-Viren | 10-300 | 5000-200.000 |
RNA-Viren | 1-25 | 1000-23.000 |
Viroide | 0-1 | ~500 |
Prionen | 0 | ;0 |
Siehe auch : Genetik - Gentherapie - Desoxyribonukleinsäure - Homöobox
Beispiele benannter Gene : MITF