Fehlgeburt
Eine Fehlgeburt oder ein Abort (lateinisch abortus) ist das verfrühte Ende einer Schwangerschaft durch spontanen oder bewusst verursachten Verlust des weniger als 500 g wiegenden Fetus, ohne dass extrauterine Lebensfähigkeit gegeben ist, also vor Ablauf der etwa 22. bis 24. Schwangerschaftswoche. Eine Fehlgeburt unterliegt, anders als die Totgeburt, nicht der standesamtlichen Meldepflicht. Schätzungen zufolge enden in Deutschland jährlich etwa 5.000 Schwangerschaften mit einer Fehlgeburt, wobei die Rate der Fehlgeburten, die unbemerkt in vergleichsweise frühen Schwangerschaftsstadien ausgelöst wurden, meist nicht als solche auffallen, sondern z.B. als Unregelmäßigkeit des Menstruationszyklus gedeutet werden.
Formen
Es lassen sich verschiedene Formen unterscheiden:
- der Abortus completus: vollständiger und einzeitiger Abgang der gesamten Frucht (also Chorionhülle, Amnionsack und Embryo zusammen), meist Frühabort, selten nach der 16. Schwangerschaftswoche
- der Abortus incompletus: unvollständig, da oft Plazentateile intrauterin bleiben, und mehrzeitig; oft geburtsartiger Abgang sowohl des Fetus' als auch der Plazenta mit Wehen und Blasensprung, vorwiegend Spätabort zwischen 16. und 28. Schwangerschaftswoche
- der Spontanabort oder Abortus spontaneus ist eine Fehlgeburt ohne Einfluss von Außen (auch ohne Medikamente); darunter fallen:
- der Abortus habitualis: Der habituelle Abort ist eine spontane Fehlgeburt nach mindestens zwei vorherigen, ohne dass eine konkrete Ursache bekannt wäre, man vermutet anlagebedingt, entweder als
- primärer habitueller Abort bei wenigstens drei Fehlgeburten, ohne eine Schwangerschaft ausgetragen zu haben, oder als
- sekundärer habitueller Abort, wenn eine Serie von mindestens drei Fehlgeburten durch eine reguläre Geburt unterbrochen wird
- der ovuläre Abort bis zur achten Schwangerschaftwoche ist die Ausstoßung eines so genannten Abortiveis (Molen-Eis, Windeis), welches nicht zur weiteren Entwicklung fähig ist (vergleiche Blutmole)
- der Abortus habitualis: Der habituelle Abort ist eine spontane Fehlgeburt nach mindestens zwei vorherigen, ohne dass eine konkrete Ursache bekannt wäre, man vermutet anlagebedingt, entweder als
- der Abortus arteficialis ist der Fachausdruck für den künstlichen Schwangerschaftsabbruch
- der Abortus criminalis: krimineller Schwangerschaftsabbruch
- der Abortus febrilis bezeichnet eine fiebrige Fehlgeburt, entweder als
- unkomplizierte Form bei nur lokaler Infektion des Endometriums, als
- komplizierter Abort: geht mit einer Entzündung von Gebärmutter und Eierstöcken einher, oder als
- septischer Abort mit massiver Bakterienbelastung des Blutes, Entzündungen der Beckenorgane und der Gefahr der Bauchfellentzündung (Peritonitis) und v.a. eines septisch-toxischen Schocks; diese Form evtl. als
- putrider Abort mit bakterieller Gasbildung
- der Abortus imminens: drohende Fehlgeburt bei geringen Wehen bzw. Blutungen, der Gebärmutterhals ist noch geschlossen; ein Austragen des Kindes ist, je nach Umständen, noch zu erreichen
- der Abortus incipiens hingegen ist eine schon beginnende, meist nicht mehr aufzuhaltende Fehlgeburt (s.o.), allerdings nun mit weiterer Öffnung des Muttermundes
- der verhaltene Abort, auch englisch missed abortion, bedeutet das (bis zu monatelange) Verbleiben einer bereits abgestorbenen Leibesfrucht im Uterus und kann zum Dead-Fetus-Syndrom führen.
- der Abortus cervicalis ist eine seltene Form dessen, bei der z.B. ein durch Narben verhärteter Muttermund (an der Zervix) die abgestorbene Leibesfrucht zurückhält.
Ursachen
Ursachen können sein:
- Veränderungen im Erbgut des Fötus (z.B. Chromosomenbesonderheiten) und / oder der Eltern bzw. eines Elternteiles (z.B. eine Balancierte Translokation)
- eine schwere körperliche Fehlbildung des Kindes
- Infektionen, lokale, aber auch allgemeine, sowohl des heranwachsenden Kindes als auch der Mutter
- mütterliche (v.a. Stoffwechsel-) Erkrankungen wie Diabetes mellitus
- immunologische Komplikationen, auch Blutgruppen-Unverträglichkeit (Rhesusinkompatibilität) zwischen mütterlichem und kindlichem Blut (wenn, dann erst beim zweiten Kind)
- exogene Noxen, beispielsweise Radioaktivität, Pflanzenschutzmittel, Arzneimittel
- psychosoziale Faktoren, beispielsweise Krieg, Flucht, Trennung, Stress
- invasive Untersuchungsmethoden im Rahmen von Pränataldiagnostik. Bei der Amniozentese liegt das Risiko beispielsweise durchschnittlich bei 0,5 bis 2%, bei der Chorionzottenbiopsie bei 1 bis 5%, bei der Nabelschnurpunktion bei 2 bis 7%.
- Schwangerschaftsabbruch
Therapie
Die medizinische Therapie (für die Mutter) ist die Kürettage, d.h. die Ausschabung, insbesondere verbliebener Plazentareste. In fortgeschritteneren Schwangerschaftsstadien (ab der ca. 16. Woche) muss das Kind in der Regel auf dem üblichen Weg geboren werden.
Aufgrund der psychisch in aller Regel sehr angespannten Situation hilft es vielen Frauen bei der Bewältigung einer Fehlgeburt, sich therapeutische Unterstützung und/oder Unterstützung durch den Kontakt mit anderen betroffenen Frauen zu holen (Selbsthilfegruppe).
Erleidet eine Frau ungewollt mehrere Fehlgeburten, kann eine humangenetische Beratung hilfreich sein, um die Ursache herauszufinden bzw. die möglichen Ursachen einzugrenzen. Hier sollte es sowohl um die Untersuchung der Eltern, als auch (wenn möglich) um die Untersuchung des toten Kindes gehen.
Hilfe für Eltern nach dem frühen Verlust eines Kindes
sonstige Weblinks
Literatur
- Klaus Schäfer: Ein Stern, der nicht leuchten konnte. Das Buch für Eltern, deren Kind zu früh starb ISBN 3-451-05510-4
- Hannah Lothrop: Gute Hoffnung, jähes Ende. ISBN 3-46634-389-5
- Manfred Beutel: Der frühe Verlust eines Kindes. Bewältigung und Hilfe bei Fehl-, Totgeburt und Fehlbildung.
- Michaela Nijs: Trauern hat seine Zeit. Abschiedsrituale beim frühen Tod eines Kindes.
- Alexandra Bosch (Hrsg.): Eigentlich unsere Kinder ISBN 3-00-015296-2
Siehe auch Frühgeburt, Übertragung (Geburt), Mangelgeburt, Lebendgeburt, Totgeburt, Sarggeburt, Säuglingssterblichkeit, Risikogeburt, Schwangerschaftsabbruch, Pränataldiagnostik