Hare/Niemeyer-Verfahren
Das Hare-Niemeyer-Verfahren, ursprünglich als Hamiltons Verfahren bekannt, wird zur Sitzzuteilung bei Verhältniswahlen verwendet. Es wird auch Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen genannt. Das nach dem britischen Juristen Thomas Hare und dem deutschen Mathematikprofessor Horst Niemeyer benannte Verfahren wurde schon 1791 von Alexander Hamilton entwickelt, um die Zahl der Sitze im US-Repräsentantenhaus proportional zur Bevölkerung der einzelnen Bundesstaaten zu verteilen. Seit 1985 ist es das vorgeschriebene Sitzzuteilungsverfahren bei der Wahl zum Deutschen Bundestag.
Die Berechnungsweise
Der ganzzahlige Anteil des Grundwertes gibt nun an, wie viele Sitze die Partei im ersten Durchgang erhält. Die noch verbleibenden Sitze werden in der Reihenfolge der höchsten Nachkommareste vergeben. Bei gleichen Nachkommaresten entscheidet das Los des Wahlleiters. Berücksichtigt werden dabei nur die Stimmen der Parteien, die an der Wahlauszählung teilnehmen.
Partei | Stimmen | Quot. | Sitze | |
---|---|---|---|---|
A | 216 | 37,24 | 37 | |
B | 310 | 53,45 | 53 | |
C | 22 | 3,79 | 3 | +1 |
D | 32 | 5,52 | 5 | +1 |
Summe | 580 | 100,00 | 100 |
Ein Beispiel: Zu vergeben sind 100 Sitze, die auf vier Parteien (A, B, C und D) zu verteilen sind. Insgesamt wurden 580 Stimmen abgegeben, die sich wie in der Tabelle angegeben verteilen. Dadurch ergibt sich folgende Sitzverteilung: Im ersten Durchgang erhält Partei A 37, Partei B 53, Partei C 3 und Partei D 5 Sitze. Aufgrund der Nachkommareste werden die übrigen zwei Sitze an C und D vergeben.
Das Hare-Niemeyer-Verfahren verhält sich, im Gegensatz zu dem bis 1985 verwendeten d'Hondtschen Höchstzahlverfahren (in der Schweiz Hagenbach-Bischoff-Verfahren), welches größere Parteien begünstigt, neutral auf die Größe der Parteien.
Allerdings hat jeder Sitz, welcher entgegen dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren vergeben wird, eine geringere Legitimation als der wegfallende Sitz, der nach diesem Verfahren vergeben werden würde, denn dieses maximiert die minimale Legitimation.
Paradoxien
Beim Hare-Niemeyer-Verfahren können einige Paradoxien auftreten. Beim Alabama-Paradoxon kann eine Partei einen Sitz verlieren, wenn bei gleichem Wahlergebnis mehr Sitze verteilt werden. Diese Paradoxien können durch Anwendung des Verfahrens nach St. Lague-Schepers vermieden werden, das in der Vielzahl aller Fälle die gleichen Ergebnisse wie Hare-Niemeyer liefert, unlogische Sprünge (Alabama-Paradoxon) aber vermeidet. Weitere Paradoxien sind das Parteizuwachsparadoxon (engl.: New State Paradox) und das Wählerzuwachsparadoxon (engl.: Population Paradox). hallo
Weblinks
- Wahlrecht.de - Stimmenverrechnung der Verhältniswahl
- Wahlrecht.de - Hare-Niemeyer-Verfahren
- Bundestag.de - Verfahren nach Hare/Niemeyer
- Java-Applet zur Berechnung der Sitzverteilung durch das Hare-Niemeyer-Verfahren
- Freies Java-Programm zur Berechnung von Sitzzuteilungen (incl. einer Datenbank mit Wahlergebnissen)
- Public domain Programm zum Berechnen von Verteilungen