Höhlenmalerei
Als Höhlenmalerei, Höhlenzeichnung oder Höhlenkunst werden bildliche oder grafische Darstellungen an den Wänden von Höhlen aus prähistorischer Zeit, meist der Steinzeit, bezeichnet. Diesen Kunstwerken konnten wertvolle Hinweise über Kultur und Glauben der Steinzeitmenschen entnommen werden.
Altersbestimmung
Das Alter von Höhlenmalereien kann durch eine Variante der C-14-Methode, die Teilchenbeschleuniger-Massenspektrometrie sowie die Elektronenrastermikroskopie relativ präzise bestimmt werden. Diese neuen Methoden liefern exaktere Ergebnisse als ethnologische Ansätze wie die von André Leroi-Gourhan (1911-1986), die auf dem Grad der Entwicklung von Werkzeugen und Jagdwaffen beruhen.
Leroi-Gourhans heute obsolet gewordene Epocheneinteilung unterscheidet folgende Kulturstufen:
- Aurignacien (etwa vor 29.000 Jahren und älter)
- Gravettien (etwa vor 27.000 bis 20.000 Jahren)
- Solutréen (etwa vor 20.000 bis 16.000 Jahren)
- Magdalénien (etwa vor 16.000 bis 10.000 Jahren)
Kenntnisse und Fähigkeiten
Die Kenntnisse und Fähigkeiten der Steinzeit-Menschen sind erstaunlich; die Menschen der ausgehenden Altsteinzeit konnten "schon perspektivisch zeichnen, kannten verschiedene Maltechniken und vermochten das Verhalten von Tieren naturgetreu wiederzugeben" (Clottes 203).
Farben und Bindemittel
Als Farben und Bindemittel wurden Ocker, Holzkohle, Mangan, diverse Gesteine und Erze und Feldspat sowie Wasser, Blut, Kalkstein, Pflanzenharz, Milch und Pflanzensäfte verwendet. Striche und Punkte wurden mit der gefärbten Fingerspitze oder mit Pinseln aus Tierhaar gezeichnet. Bei der Versprühtechnik zerrieb man das Pigment zu einem feinen Pulver, das mit dem Mund oder mit Hilfe eines Röhrchens auf die Wand gesprüht wurde. <hielt der Künstler eine Hand dazwischen, entstand durch diese Schablonentechnik Handnegative. In der Grotte Chauvet wurde auch die Verwischtechnik angewandt. Flachreliefe entstanden durch das Abmeiseln der umliegenden Fläche. Die wahre Meisterschaft der Höhlenkünstler bestand darin, dass sie die dreidimensionale Wirkung von Rissen und Vorsprüngen des Felsuntergrunds in das Bild mit einbezogen.
Bekannte Fundorte
Afrika
- Tassili n'Ajjer - über 15.000 Felsbilder, die zwischen 12.000 und 8000 Jahre alt sind; Entdeckung ab 1850; das Hochplateau steht unter Landschaftsschutz und ist seit 1982 als Weltkulturerbe durch die UNESCO anerkannt
- Illizi bei Djanet - Darstellungen von Elefanten, Giraffen und Krokodilen
- Hoggar
- Sefar
- Tadrat
- Tamrit
- Oued de Lechou
- Höhle von Lascaux, Lascaux, Montignac, Dordogne - Alter zwischen 17.000 und 10.000 Jahre, Entdeckung 1940
- Cussac, Dordogne - etwa 28.000 Jahre alt, Entdeckung 2000
- Cellier, Dordogne
- Castanet, Dordogne
- Höhle von Ariège, Niaux, Pyrenäen - etwa 13.000 bis 14.000 Jahre alt, Erforschung seit 1906
- La Marche
- Pech Merle - etwa 20.000 Jahre alt, Entdeckung 1922
- Gargas (Abris Gargas), Hautes-Pyrénées - etwa 25.000 Jahre alt, Entdeckung von Höhlengemälden 1902
- Pair-non-Pair
- La Mouthe
- Gabillou
- Höhle von Niaux
- Font-de-Gaume
- Arcy-sur-Cure, Yonne - Tierdarstellungen; Entdeckung der Höhlenmalereien 1990
- Höhle von Rouffignac
- Chauvet-Höhle bei Vallon-Pont d’Arc an der Ardèche - über 300 Wandbilder, die zwischen 33.000 und 30.000 Jahre alt, also die bisher ältesten bekannten der Welt, sind; Entdeckung 1994 durch Jean-Marie Chauvet; über 400 Tierdarstellungen
- Henry-Cosquer-Höhle bei Marseille - Alter zwischen 27.000 und 19.000 Jahre, Entdeckung 1994 durch Henry Cosquer; der Eingang liegt 37 Meter unter dem Meeresspiegel; Zeichnungen von Seehunden, Fischen und großen Meeresvögeln
- Tal von Côa - mehrere tausend Zeichnungen an den Uferhängen des Flusses Côa von Auerochsen, Pferden und Steinböcken aus der Altsteinzeit auf einer Länge von über 17 Kilometern; seit 1998 als Weltkulturerbe durch die UNESCO anerkannt.Außerdem sehr besichtigungswert.
- Höhle von Kapova und Höhle von Ignatievka, Ural - etwa 16.000 Jahre alt
- Höhle von Altamira, Höhle von Santillana del Mar, Kantabrien - über 150 Wandbilder, die zwischen 14.000 und 16.000 Jahre alt sind; Entdeckung 1868
- Höhle von Ekain und Höhle von Altxerri bei San Sebastián
Siehe auch
Museen
- Thoth, Departement Dordogne, Frankreich
- Ariège, Frankreich
- Oviedo, Spanien
- Deutsches Museum, München - Nachbildung der Höhle von Altamira
Literatur
- Emmanuel Anati: Höhlenmalerei. Patmos 2002. ISBN 3491960606
- Michel Lorblanchet und Gerhard Bosinski: Höhlenmalerei. Jan Thorbecke Verlag, Stuttgart 2000. ISBN 3799590250
- Jean Clottes: Kunst im Morgenlicht der Menschheit. In: Spektrum der Wissenschaft Spezial: Moderne Archäologie 2003: 6-9
Weblinks
- http://www.kunstwissen.de/fach/f-kuns/b_stein/hoehl00.htm
- http://www.opus-x.de/malerei/ - Aquarelle und Mischtechniken, inspiriert von prähistorischen Felszeichnungen und Höhlenmalereien aus Afrika und Europa
- http://www.markus-numberger.de/hobby/sahara_felsbilder.html - Felsbilder der Sahara
- http://www.quarks.de/urmenschen/10.htm - So lebten die Urmenschen: Höhlenmalerei (WDR Fernsehen)
- http://www.seilnacht.com/Lexikon/Hoehlen.htm