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Jetstream

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Ein Jetstream (engl.: jet stream, jet) oder auch Strahlstrom ist ein schmales Starkwindband meist innerhalb der oberen Troposphäre. Jetstreams bilden sich infolge globaler Ausgleichsbewegungen zwischen verschiedenen Temperaturregimen bzw. Hoch- und Tiefdruckgebieten und stellen die stärksten natürlich auftretenden Winde dar, wobei die im Vergleich zu anderen Wetterphänomenen sehr verlässlich und stabil in ihrem Auftreten sind. Allgemeiner definiert handelt es sich um atmosphärische Windbänder mit einer nahezu horizontalen Strömungsachse (Jetachse) und Windspitzen von mehr als 30 m/s, wobei die Windgeschwindigkeit - sowohl vertikal als auch horizontal - mit zunehmender Entfernung zum Strömungszentrum rasch abfällt. Sie gehören näherungsweise zur Gruppe der geostrophischen Winde, bei welchen ein Gleichgewicht zwischen Druckgradient- und Corioliskraft herrscht.

Entdeckungsgeschichte

Im späten 19. Jahrhundert gelangte man durch die Beobachtung von hochgelegenen Wolkenformationen zu dem Schluss, dass es in deren Umgebung starke Höhenwinde geben müsse. Diese konnten jedoch nur in sehr unregelmäßigen Abständen beobachtet werden, so dass ihre Regelmäßigkeit und vergleichsweise gleichbleibende Stärke noch nicht erkannt wurden. Diese Eigenschaften wurden erstmals bei der aus großer Höhe durchgeführten Bombardierung Japans durch B-29 Bomber und den damit einher gehenden Wetterbeobachtungen der Piloten deutlich. Bei vielen Flügen in westlicher Richtung traten hierbei Windgeschwindigkeiten in Gegenrichtung auf, die jenen der Flugzeuge entsprachen. Die Jetstreams spielen daher schon historisch sowohl in der Meteorologie als auch in der Luftfahrt eine entscheidende Rolle, wobei der Begriff des Jetsreams selbst aus den Jahr 1944 stammt und sich hiernach schnell verbreitete. Die deutsche Bezeichnung Strahlstrom wurde jedoch schon bereits in den 1930er Jahren genutzt.

Auftreten und Arten

Es gibt vier wesentliche Jetstreams, wobei man zwischen zwei verschiedenen Arten und ihrer jeweiligen Erdhalbkugel unterscheiden muss. Da sie in großen Höhen auftreten, werden sie in isobaren Höhenwetterkarten dargestellt bzw. ausgewertet.

  • Der polare Strahlstrom (PFJ - Polarfrontjetstream) verläuft je nach Großwetterlage zwischen 40° und 60° geografischer Breite im Bereich der 250 bis 300 hPa Isobare im Verbund mit der oft bis zum Boden reichenden Polarfront. Er erreicht im Kernstrom, also seinem Zentrum, Geschwindigkeiten von 200 - 500 km/h (absolutes Maximum ~1970 in Japan 650 km/h) und stellt den wichtigsten Jetstream dar, wobei er gerade auch für das europäische Wetter von maßgeblicher Bedeutung ist. Da sich in den mittleren Breiten aufgrund des Aufeinandertreffens von kalter Polarluft und gemäßigten wärmeren Luftmassen ein vergleichsweise starker horizontaler Temperaturgradient ausbildet, tritt der PFJ ganzjährig auf. Sein Maximum liegt jedoch im Winter, da dann in der Regel die Temperaturunterschiede der Luft größer sind als im Sommer. Durch dynamische Effekte in der Erdatmosphäre tritt der Polarfrontjetstream nur in relativ kurzen Bändern von wenigen tausend Kilometern Länge auf.
  • Der subtropische Strahlstrom (STJ - Subtropenjetstream) ist ein Jetstream in der Nähe der Wendekreise bzw. der Subtropen, also im Bereich von 20° bis 30° geografischer Breite und im Bereich der 150 bis 200 hPa Isobare. Er tritt an der Obergrenze des abfallenden Astes der Hadley-Zelle auf, also über dem subtropischen Hochdruckgürtel, und entwickelt sich aus dem Antipassat. Der STJ ist schwächer als der PFJ und kommt oft nur in den jeweiligen Wintermonaten zur Ausbildung. Wie der PFJ ist er eng verknüpft mit einem großen horizontalen Temperaturgradienten, der sogenannten Subtropenfront, die sich jedoch im Gegensatz zur Polarfront im Allgemeinen nicht bis zum Boden ausdehnt. Obwohl er schwächer ist als der Polarfrontjetstream, zeigt er eine wesentlich größer Beständigkeit in Position und Intensität und erstreckt sich zudem geschlossen um den gesamten Globus.


Neben den bekannten großen Jetstreams gibt es aber auch noch

  • den Tropical Easterly Jet (TEJ):
Er erstreckt sich ausgehend von der tibetischen Hochebene bis zur innertropischen Konvergenzzone (ITC) und ist hier vor allem als Höhenostwind bis in den Norden Afrikas wetterwirksam. Insbesondere handelt es sich also nicht um einen Westwind wie beim PFJ oder STJ, sondern um einen Ostwind. Seine stärkste Ausprägung erfährt er im Nordsommer, also während des indischen Sommermonsuns.
  • die „low altitude jets“:
Sie treten in der Nähe von Wirbelstürmen auf (low altitude = niedrige Höhe).
  • den „nocturnal jet“:
Ein nächtlicher low-altitude Jetstream.

Ursachen, Entstehung und meteorologische Bedeutung

Die vergleichsweise starke Sonneneinstrahlung am Äquator sorgt hier für eine Erwärmung der bodennahen Luftmassen und eine positive Energiebilanz, während diese an den Polen aufgrund der Breitengradabhängigkeit der durch die Sonne bedingten Strahlungsenergie negativ ist. Es handelt sich folglich im bodennahen Bereich des Äquators um relativ warme Luftmassen, die im Vergleich zu den kälteren Luftmassen der Pole eine geringere Dichte besitzen. Die Luft der Troposphäre ist aufgrund dessen entlang der den ganzen Erdball umspannenden innertropischen Konvergenzzone lockerer gepackt als an den Polen, was zur Folge hat, dass der vertikale Druckgradient wesentlich geringer ist als bei niedrigen Temperaturen und der Luftdruck daher langsamer mit der Höhe sinkt als südlich oder nördlich der ITC. Die Troposphäre kann unter anderem aufgrund dessen entlang des Äquators bis in eine Höhe von ungefähr 16 km reichen, während sie an den Polen nur eine durchschnittliche Mächtigkeit von 8 km erreicht. Diese Luftdichteverminderung am Äquator ist dabei mit einer relativen Druckerniedrigung und somit einem stabilen Tiefdruckgürtel verbunden, eben der schon angesprochenen inntertropischen Konvergenzzone, wobei eine Unterscheidung zwischen ITC und Äquator nötig ist.

In der Höhe hingegen herrscht aufgrund des geringen Druckgradienten ein Hochdruckgebiet, weshalb man am Äquator zwischen Bodentief und Höhenhoch unterscheidet. Über den Polen sind die Luftmassen wesentlich dichter gepackt. Durch die geringe Sonneneinstrahlung ist die Luft hier kalt und lagert aufgrund der höheren Dichte schwerer auf der Erdoberfläche. Der Druckgradient ist hier folglich wesentlich stärker ausgeprägt und es existieren stabile Hochdruckgebiete am Boden. Man spricht deshalb von einem Bodenhoch und dementsprechend auch von einem Höhentief.

Die Luftdruck- bzw. Temperaturunterschiede zwischen dem Äquator und den Polen sind also thermisch bedingt. Sie resultieren aus der Breitenabhängigkeit der Sonneneinstrahlung, die sich rein geometrisch aus den verschieden großen Einfallswinkeln der Sonnenstrahlung ergibt. Der Antriebsmotor des entstehenden dynamischen Wetter- und Windsystems und somit auch der Jetstreams lässt sich demnach, trotz aller anderen Einflussfaktoren, in der Sonne finden.

Druckgradientkraft

1. die Höhenluft bewegt sich, der Gradientkraft folgend, vom Äquator zum Pol.

Zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten stellt sich eine Ausgleichskraft ein, die man als Gradientkraft oder auch Druckgradientkraft bezeichnet. Im Bestreben die Druck- bzw. Temperaturunterschiede auszugleichen, bewegt sich die Höhenluft, der Gradientkraft folgend, über die Breitengrade hinweg vom Höhenhoch des Äquators in Richtung des Höhentiefs der Pole, also vom Ort des höheren zum Ort des niedrigeren Druckes. Je stärker nun diese Druck- und Temperaturunterschiede sind, desto stärker ist auch die Gradientkraft und der aus ihr resultierende Wind. Diese Unterschiede sind nur selten, etwa bei tropischen Wirbelstürmen, groß genug um die Luft in Nähe des Erdbodens ausreichend zu beschleunigen und führen hierbei auch meist nur zu Rotationsbewegungen, welche jedoch sehr unbeständig sind und aufgrund der fehlenden horizontalen Strömungsachse, trotz teilweise hoher Drehgeschwindigkeiten, keine Jetstreams darstellen. Jetstreams selbst können sich nur bei den mit der Höhe zunehmenden Druckunterschieden und ohne Reibungseinflüße (Freie Atmosphäre) bilden. Die Druckunterschiede nehmen jedoch auch nahe der Tropopause bzw. in der Stratosphäre wieder stark ab. Dies erklärt, warum sich die sehr starken Jetstreams vor allem an scharfen Luftmassengrenze entwickeln und zudem vertikal auf eine bestimmte Höhe begrenzt sind, im Endeffekt also die Erscheinungsform eines Windschlauches besitzen. Diese idealisierte Darstellung muss jedoch um die sogenannte Corioliskraft erweitert werden.

Corioliskraft

2. Corioliskraft lenkt die Luftbewegung ab


Bewegen sich Luftmassen vom Äquator aus entsprechend der Gradientkraft zu den Polen hin, wird die Corioliskraft in Richtung der mittleren Breiten zunehmend stärker und lenkt die Winde in Bewegungsrichtung mehr und mehr nach Osten ab, bis sie schließlich - parallel zu den Breitengraden - zu einer sehr starken Westwindströmung, einem Jetstream, werden. Die Corioliskraft ist somit eine wesentliche Einflußgröße in Bezug auf die Entstehung und Erscheinung der Jetstreams, spiegelt jedoch im Gegensatz zur Gradientkraft keinen energetischen Antriebsmotor wieder. Die Ablenkung der der Gradientkraft folgenden Winde wiederholt sich hierbei und resultiert zunächst im Subtropenjetstream und in höheren Breiten im Polarfrontjetstream. Die schematischen Darstellungen sind aufgrund dessen auch nicht vollständig und dienen lediglich der Veranschaulichung der Grundlagen.


Auswirkungen auf Wetter und Klima

3. Rossby-Wellen im Jetstream:
a, b: Einsetzende Wellenbildung
c: Beginnende Abtrennung eines Kaltlufttropfens
blau / orange: kalte / warme Luftmassen
Ausscherende Druckgebiete

Jetstreams sind maßgeblich für die Luftdruckverteilung und somit für die Ausbildung der Wind- und Luftdruckgürtel, auf der Erde verantwortlich. Sie stellen somit ein wichtiges Element für den globalen Temperaturaustausch zwischen Tropen und Polen dar: Bei ausreichend großen Temperaturunterschieden der Luftmassen aus den Subtropen (z. B. Wüsten) und den Polen wird der Windstrom an der Polarfront stark abgelenkt, er mäandriert. Dies liegt in der höheren Dynamik der Polarfront begründet und wird durch kontinentale Hindernisse, wie beispielsweise hohe Gebirgsketten (Himalaya und Rocky Mountains), noch wesentlich verstärkt. Dieser Effekt führt zur Ausbildung der sogenannten Rossby-Wellen, die in der linken Abbildung vereinfacht blau dargestellt sind. Die Darstellung ist hierbei idealisiert, da die Faltung des Jetstreams in der Realität uneinheitlich ist und sich der Polarfrontjetstream auch nicht geschlossen um die gesamte Erde windet. Ein realistischeres und aktuelles Bild der mäandrierenden Bänder des PFJ ist in den Weblinks einsehbar.

Der Jetstream reißt zusätzlich die unteren Luftschichten mit, wobei entsprechend der Verwirbelung der Rossby-Welle stets dynamische Tiefdruckgebiete (Zyklone) in Richtung Pol (im Gegenuhrzeigersinn verdreht über den 'Wellentälern', sogenannte Tröge) und in Richtung Äquator Hochdruckgebiete (im Uhrzeigersinn verdreht unter den 'Wellenbergen', so genannte Rücken) ausscheren. Zu Beachten ist hierbei, dass lediglich der polare Strahlstrom zur Ausbildung von Rossby-Wellen tendiert und diese auch in der Nordhalbkugel wesentlich ausgeprägter sind als in der Südhalbkugel, da sich auf der nördlichen Hemisphäre deutlich mehr kontinentale Hindernisse befinden.

Bedeutung für die Luftfahrt

Besonders auf Linienflügen über größere Entfernungen, beispielsweise zwischen Nordamerika und Europa, ist der Effekt des Jetstreams deutlich spürbar. Da es sich um einen starken und recht verlässlichen Höhenwind handelt, können Flugzeuge ihn nutzen, um eine höhere Geschwindigkeit und auch einen niedrigeren Treibstoffverbrauch zu erreichen. Sowohl Flughöhen als auch Reiserouten werden deshalb an den Verlauf des Jetstreams so angepasst, dass man ihn als Rückenwind nutzen oder zumindest als Gegenwind meiden kann. Er ist also unter anderem dafür verantwortlich, dass Flughöhen von 10 bis 12 Kilometer, je nach Höhe des Jetstreams, und Reiserouten weit abseits einer direkten „Luftlinie“ favorisiert werden. Bei einem Flug über den Atlantik beispielsweise verläuft die Hinroute nach Amerika einige tausend Kilometer nördlicher als die Rückroute, was eine Zeitersparnis von mehreren Stunden nach sich ziehen kann. Daraus leiten sich jedoch auch negative Effekte auf die Navigation und Flugsicherung ab. Durch die im Vergleich zur Größe der Ozeane relativ engen Flugschneisen, die sich durch die Berücksichtigung des Jetstream ergeben, scheint beispielsweise bei zunehmenden Luftverkehr eine mögliche Beschränkung dieser Flugschneisen möglich, wenn auch unwahrscheinlich.

Eine interessante weitere Anwendung der Jetstreams ergibt sich für die Ballonfahrt. Die Ballon-Weltumrundung von Bertrand Piccard kam dank ihnen zustande, und mit sprengstoffführenden Ballons griff Japan am Ende des Zweiten Weltkriegs das amerikanische Festland an.

Ein äußerst starker Höhenwind, der in Gebirgen knapp über den Gipfeln streifen kann, hat jedoch auch eine andere Seite. Er kann für einen unerfahrenen Piloten sehr gefährlich werden, da er über enorme Energien verfügt und unter bestimmten Bedingungen jedwedes Flugzeug zu seinem Spielball macht.

Die aus Jetstreams bekannten Belastungen sind auch diejenigen, die neben den Gewichts- und Beschleunigungskräften die Stabilität eines Flugzeugs und vieler seiner Bauteile bestimmen: insbesondere Querwind-Einflüsse der Jetstreams haben erhebliche Auswirkungen auf die Bauteil-Festigkeit der Flügel und ihrer Anschlüsse an den Rumpf, und letztlich auf die Sicherheit des Fliegens.

Fluggeschwindigkeiten werden in der Luftfahrt typischerweise über ein Pitotrohr gemessen, indem man die durch den Vortrieb bedingte Luftverdrängung erfasst. Ein Gegenwind kann diese Geschwindigkeitsmessung jedoch verfälschen und dem Piloten auf diese Weise zu geringe Geschwindigkeiten signalisieren. Dies führte zu einem der mysteriösesten Unfälle der frühen Luftfahrtgeschichte, dem Absturz der Star Dust über den Anden.