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Nordische Megalitharchitektur

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Datei:17Schema.jpg
Architektonische Elemente am Beispiel eines Ganggrabes

Die nordische Megalitharchitektur ist eine der weltweit am besten untersuchten. Unter anderem hat E. Schuldt in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1964 und 1974 über 100 Anlagen der verschiedensten Typen (Dolmen, Ganggrab, Großdolmen, Hünenbetten ohne Kammer, Steinkiste und Urdolmen) ausgegraben. Er unterteilt deren Architektur, die in den meisten Details typunabhängig ist ein, in (sh. Bild):

  1. Kammeraufbau (Hügel-, Wand- und Deckenaufbau) Nr. 1 - 5
  2. Zugänge 6 + 7
  3. Kammerdielen 8 +9
  4. Zwischenmauerwerk 11
  5. Kammereinrichtung (Quartiere)
  6. Einfassung des Hügels 11 (und Wächtersteine)

Kammeraufbau

Datei:Grossdol.jpg
Deckenaufbau bei Großdolmen
Datei:Groessen.PNG
Die Durchschnittsgröße wird von der Länge bestimmt

Ein wesentlicher Unterschied im Kammeraufbau besteht zwischen den Anlagen deren Decksteine ausschließlich in Dreipunkt-Auflage und Anlagen deren Decksteine auch in Jochkonstruktion (Zweipunktauflage) ausgelegt waren. Die für den Wand- und Deckenbau ausgewählten Findlinge hatten neben der entsprechenden Größe mindestens eine relativ flache Seite. Mitunter wurde die flache Seite durch Zerlegen hergestellt. Vermutlich durch sprengen der Blöcke mittels Erhitzen und Abschrecken. Lokal wurden auch große Rotsandsteinplatten an den Schmalseiten von Großdolmen für den Wand- oder den Zwischenwandaufbau benutzt. Tragsteinen wurden durch Standplatten und Verkeilsteinen der nötige Halt im Boden verschafft. Durch leichte Neigung nach innen und eine äußere Stampflehm- oder Steinpackung (4) wurden besonders die Tragsteine von Jochanlagen statisch gesichert, während Anlagen mit Dreipunktauflage senkrecht stehende Tragsteine hatten. Einige Anlagen haben einen mehrschichtigen Wandaufbau. In den Anlagen von Neu Gaarz und Lancken-Granitz ist er nur partiell zweischichtig. In Liepen ist er durch 0,5 m vorstehende Überlieger mehrschichtig. Der Rævehøj von Dalby auf Seeland zeigt durchgängig einen drei- bis vierschichtigen Wandaufbau. Weil das Rohmaterial für den Kragkuppelbau nahezu untauglich war, ist diese Deckenform im Nordkreis nicht vertreten. Das Bestreben, den Innenraum so hoch wie möglich zu gestalten, wird in Dänemark besonders deutlich. Der Grundriß der Kammer ist polygonal, oval, rechteckig oder trapezförmig. Das Material der ebenfalls unterschiedliche geometrische Formen aufweisenden Erdhügel (ggf. Grassoden) stammt aus der Umgebung und war mit Rollsteinen durchsetzt.

Dielen, Unterdielenbereich

Dielen sind für die Kammern, die zumeist durch den Schwellenstein vom profanen Gang getrennt sind, obligatorisch und auch die Vorkammern der Großdolmen blieben zumeist ohne Dielung. In einigen Fällen wurden Gänge jedoch mit Dielen ausgestattet und offenbar auch in Art der Kammer genutzt. In solchen Fällen wurde die Kammerzone mittels eines zweiten, weiter außen liegenden Schwellensteins erweitert. Das Dielenmaterial ist zwar lokal verschieden, besteht aber oft aus einem sorgsam verlegten Pflaster über das ein Lehmetrich gezogen wurde. Der Dieleneinbau bildete offenbar den Abschuß der Baumaßnahme. Neben Rotsandstein als Gruß und Platten kam auch geglühter Flint, Flintgruß, reiner Lehm, Rollsteine, und Platten aus Gneis und Schiefer zum Einsatz. Auch Lagen von Gefäßscherben und Kombinationen mehrerer Materialien kommen vor. Die Stärke der Dielen schwankt zwischen 3 und 10 cm. Welche Bedeutung die Dielen hatten zeigt die Tatsache, dass sie von Nachnutzern entweder entfernt und erneuert oder mit einer neuen Diele überdeckt wurden. Einmalig ist eine Dielung in Sassen, wo Rotsandsteinplatten senkrecht eingesetzt und ohne Lehmestrich bedeckt waren.

Im Unterdielenbereich von Carlshögen wurde eine Y-förmige Grube entdeckt, deren Inhalt auf ein Bauopfer hinweist. Ähnliche Funde unter anderen Anlagen deuten an, dass es sich bei den Anlagen nicht um Gräber handelt, die man naturgemäß nicht mit Opfergruben versehen würde.

Zwischenmauerwerk

Datei:Ueberlieger.png
Grobes Zwischenmauerwerk mit Quartiersteinen und Überlieger
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Formen der Einfassungen von Megalithanlagen

Während die Wandsteine kleinere Anlagen eng aneinander stehen können die mit Zwischenmauerwerk aufgefüllten Lücken besonders bei Großdolmen und Ganggräbern mitunter 1 Meter breit sein. Auf Seeland zeigt die Kammer eines Ganggrabes auf Dysselodden allerdings das genaue Gegenteil. Hier wurden die übermannshohen Tragsteine so genau aneinandergepasst, dass man kein Blatt Papier in die Fugen bekommt. Während im allgemeinen Rotsandsteinplatten von 10-15 cm Stärke die Lücken zwischen den Tragsteinen füllen, wurden z.B. in Gnewitz und Liepen auch stelenartige Pfeiler, große Platten und ggf. vorstehende Überlieger verbaut, die einen etwas zu kurz geratenen Deckstein (zumeist nur auf einer der Längsseiten) kraggewölbeartig stützen.

Quartiere bzw. Sektionen

Bei einer Reihe von Anlagen, insbesondere in Mecklenburg und Schweden ist der Kammerboden durch senkrechte Plattenreihen unterteilt. Die zwischen 0,3 qm und über 1,5 qm großen Bereiche heißen in Deutschland Quartiere in Schweden dagegen Sektionen. E. Schuldt stellte Quartiere als Primär- und Sekundärinstallation fest. Bei schwedischen Ganggräbern und Steinkisten [4] sowie bei hessisch-westfälischen Steinkisten [3] ist die Parzellierung obligatorisch bzw. vertreten. Im Gebiet von Hagestad, im Südosten der schwedischen Provinz Schonen besitzt die Anlage von Carlshögen zwei übereinander liegende Dielen. Die obere etwa von 2.100 v. Chr, also die Diele einer späten sekundären Nachnutzung weist keine Parzellierung auf. Sie besteht aus sorgsam verlegten Kalkstein und Mergelschieferplatten. Einige Dezimeter darunter lag die neunfach unterteilte Primärdiele etwa von 2.900 v. Chr. Aus der Tatsache, daß die Dielen in den neun Sektionen von Carlshögen aus uneinheitlichem Material bestehen, war zu folgern, daß sie sukzessiv entstanden, bzw. erst in dieser Weise mit Dielen versehen wurden. Fragmentarische Quartiere in Katelbogen, Krs. Bützow stützen die These der sukzessiv vorgenommenen Dielung. Über eine geringe Parzellierung, meist sind es nur Plattenreihen an den Giebelseiten, verfügen auch einige Anlagen in Schleswig-Holstein und Dänemark. Der Denghoog auf Sylt ist in dieser Weise an seiner Ostseite, das Ganggrab im Rævehøj bei Slots Bjergby nahe Slagelse auf Seeland beidseitig durch Plattenreihen unterteilt.

Hügel und Hügeleinfassung

Die neolithischen Hügel über Megalithanlagen sind im Nordkreis Erdhügel. Erst Hügel über bronzezeitlichen Steinkisten wurden in Schweden aus Bruchgestein aufgeworfen und heißen Röser. Im Norkreis bestand die Intention die Hügel wie Steinhügel aussehen zu lassen aber auch schon zuvor. Diesen Eindruck vermittelte ein Rollsteinhügel, ein Erdhügel, der mit einer Schicht von Rollsteinen bedeckt war. Eine solche Bedeckung konnte bei ca. 50% der untersuchten Anlagen nachgewiesen werden, einige (Serrahn, Wilsen) weisen heute noch ihre komplette Rollsteinschicht auf. Die klassische Einfassung ist in weiten Teilen Deutschlands das Hünenbett. Daneben gibt es vor allem runde und trapezförmige aber auch andere Einfassungen. Die Form einer Einfassung ist völlig unabhängig vom Typ oder von der Form der Anlage die sie umgibt. Ganggräber können beispielsweise rechteckig, trapezförmig oder eher oval sein und ihre Einfassung kann ohne weiteres aus einem Rundhügel bestehen. Die Anlagen in Hünenbetten können längs (meist Hünenbetten ohne Kammer und Urdolmen) oder quer (Anlagen mit Gängen) liegen. Auch mehrere Anlagen in einer Einfassung kommen vor, und da sie nacheinander eingebaut wurden, auch als unterschiedliche Typen. Die Einfassungen können die Anlage sehr eng umgeben oder z.B. als Urdolmen in einer über 100 m langen und 4 - 5 m breiten Einfassung vorkommen.