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Kasachen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Kasachen (Eigenbezeichnung: Qazaq) sind ein Turkvolk mit knapp 10 Mio. Angehörigen, hauptsächlich in Kasachstan, aber auch in der Mongolei und der Volksrepublik China. Die Kasachen werden bis heute in drei "Horden" ("Schus" [kasachisch: Şus] = mongol. "Leber" = Stamm) unterteilt: in die Kleine Horde, die Mittlere Horde und die Große Horde.

Über die Entstehung dieser "Horden" ranken sich wahre Legenden:

  • In einigen kasachischen Chroniken wird die Entstehung der "Schus" in das 13. Jhd. des Dschingis Khan gelegt.
  • Andere Aufzeichungen führen die Bildung der "Schus" bewußt in die vormongolische Zeit zurück, damit wären diese dann hauptsächlich göktürkischer Herkunft und wesentlich älter als das eigentliche kasachische Volk.

Der kasachische Historiker Manaş Kossibayev vertritt nun den Standpunkt, daß die Bildung der "Schus" - oder der "Horden" - die Formung der kasachischen Gesellschaft über mehrere Jhd.e darstelle. Die Schus, so Kossibayev, seien auf der Grundlage der natürlich-geographischen Faktoren begründet. Damit entsprechen sie bis heute der nomadischen Lebensweise und Traditionen, u. a. der Sippen- und Stammesbeziehungen untereinander. Ihre vordringliche Aufgabe war es also, die kasachische Heimat zu schützen!

Die Schus sind also als Stammesbünde anzusehen, die ja auch die mongolischen Horden waren. Damit ist die Gleichsetzung von "Schus" und "Horde" als gerechtfertigt anzusehen.

Doch anders als die mongolischen Horden waren die Schus nicht nach dem Verwandtschafts-, sondern nach dem Territorialprinzip gebildet: Die drei Schus unterscheiden sich demnach nicht von ihrem Aufbau, sondern nach Dialekt und Geltungsgebiet!

Bemerkenswert an den kasachischen Schus ist die Tatsache, daß sich über ihre Grenzen hinaus noch zwei weitere Unterteilungen nachweisen lassen: die "Koscha" (kasachisch: Koşa) und die Tore, die den mongolischen Erbadel unter den Kasachen bilden. Die Koscha galten als die Vertreter der Geistlichkeit und die Tore als die unmittelbaren Nachfahren des Dschingis Khan - nur Angehörige der Tore ("Bewahrer") durften zum Khan gewählt werden.

Jeder Kasache muß bis heute die Geschichte seines Stammes und seiner Sippe bis in die 7. Generation vor ihm zurückverfolgen können - damit ist sichergestellt, daß die alten Stammes- und Sippentraditionen auf Dauer überleben.

Geschichte

Einst gehörte das Stammgebiet der Kasachen zum Herrschaftsgebiet Orda Khans, einem Enkel Dschingis Khans, und dessen Weißer Horde. Das eigentliche Volk der Kasachen entstand zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert, als die Mongolen begannen, sich mit der unterworfenen türkischen Vorbevölkerung zu vermischen. Ihre unmittelbaren Vorfahren sind die Kimeken und die Naimanen, wo noch einige Volksteile der alten Jenissej-Kirgisen hinzu kamen.

Der Name "Qazaq" (auch "Kasak" oder "Kosak" geschrieben) ist mongolischen Ursprungs. Er bedeutete "Wächter"; die heutige - aber falsche - Übersetzung lautet vielfach: "Unabhängiger" oder "Steppenreiter". (Aber das kam allein durch die Tatsache, daß vor allem die Kimeken unter den Mongolen ihre Autonomie behielten und immer als äußerst selbständig galten, obschon auch sie zum mächtigen Mongolenreich gehörten!)

Die Kasachen formierten sich gegen 1456 als Abspaltung von dem gerade erst gegründeten Usbekenreich. Und zwar lösten sich die Dschingisiden Dschani Beg und Karai, Söhne Boraq Khans († 1428, Weißen Horde) von Abu´I-Chairs Usbekenreich ab, da sie ungebunden bleiben wollten.

Aufgrund der vielen Gemeinsamkeiten mit den benachbarten Kirgisen und Tataren wurden die Kasachen von den Europäern vielfach auch als Kasak-Kirgisen bzw. als Kasak-Tataren bezeichnet - die eigentlichen Kirgisen führten den Namen "Kara-Kirgisen".


Vgl. Geschichte Kasachstans


Die Kasachen sind heute größtenteils Muslime, wobei Sufismus und schamanische Praktiken eine lange Tradition haben, der Islam wurde aber erst im 19. Jhd. von ihnen endgültig angenommen, als Kasan-Tataren bei ihnen erschienen, die als Händler und Dolmetscher der russischen Zaren tätig waren.

Nomadische Viehzucht war ihre traditionelle Wirtschaftsform vor der Modernisierung im 20. Jahrhundert.

Anmerkung

1936/37 wurde in der UdSSR die Volksbezeichnung Kasach üblich, um von den slawischstämmigen "Kosaken" (russisch kasak gesprochen) unterscheiden zu können.

Die Kosaken entstanden im Gebiet der Nogaier Horde und nahm viele Elemente dieser "Tataren" in sich auf: "Ataman", "Hetman" und "Kosak" waren turko-mongolische Bezeichnungen, die Eingang in die russische Sprache fanden. Auch ist anzunehmen, daß eine Vielzahl echter Kasachen in den Kosaken aufgingen, bevor diese dann endgültig den Islam annahmen und so im religiösen Gegensatz zu den christlichen Slawen traten.