Links- und Rechtsverkehr

Im Straßenverkehr fahren beim Linksverkehr die Verkehrsteilnehmer auf der linken Straßenseite, im Rechtsverkehr auf der rechten Straßenseite. Auf welcher Seite begegnende Fuhrwerke einander auszuweichen haben, wurde schon im Mittelalter durch Konvention, später durch Gesetze festgelegt, um Missverständnisse und Unfälle zu vermeiden. Von den 221 selbstständigen Staaten und Gebieten der Welt haben derzeit 58 einen Linksverkehr. In Europa sind dies Großbritannien, Irland, Malta und Zypern. In fast allen Ländern Ostasiens - wie zum Beispiel Japan oder Thailand - wird auch links gefahren, außerdem in vielen Ländern, die britische Kolonien waren, so zum Beispiel in Indien.
Es gibt mehrere Gründe, die ein Argument für den Linksverkehr waren:
- Pferde von Fuhrwerken wurden früher mit der rechten Hand geführt. Hielten sich die Fuhrwerksführer links, so konnten sie den Straßenrand besser sehen. Beim Ausweichen konnten sie ebenfalls an der Seite bleiben und nicht zwischen Fuhrwerke kommen.
- Rechtshändige Personen besteigen Pferde und Fahrräder von links. Deshalb wird von der linken Straßenseite bevorzugt weggeritten. Treffen sich mehrere Reiter, können sie sich mit der rechten Hand begrüßen.
- Bei vom Wagen aus gesteuerten Fuhrwerken saß der Fahrer auf der rechten Seite, damit seine Peitsche nicht die Passagiere traf. Er fuhr deshalb möglichst weit links, von wo aus er entgegenkommenden Verkehr besser sehen konnte. Anders bei Fuhrwerken, bei denen der Fuhrmann auf einem der Pferde ritt: in diesem Fall musste der Reiter auf dem hintersten linken Pferd reiten, um die anderen Pferde mit seiner Peitsche kontrollieren zu können; die bevorzugte Straßenseite war deshalb rechts.
- Da die meisten Menschen Rechtshänder waren und sind, so war die rechte Hand in der Regel auch die Schwerthand und der linke Arm der Schildarm. Es war also wichtig, bei Überfällen von Räubern die Körperseite zu schützen, die dem Straßenrand zugewandt war, da ausschließlich von dort ein Angriff zu erwarten war. Man konnte also einen etwaigen Angriff mit dem Schild parieren und in dieser Zeit das Schwert mit der rechten Hand ziehen und zum Gegenschlag ausholen. Ginge man als Rechtshänder jedoch auf der rechten Straßenseite, so wäre man bei einem Angriff sofort verteidigungsunfähig. (Angeblich war Napoléon Linkshänder, womit der Wechsel vom Links- hin zum Rechtsverkehr s.u. erfolgte.)
Die Wahl von Rechts- oder Linksverkehr ist wahrscheinlich auf die verbreitete Form von Fuhrwerken zurückzuführen. Im Frankreich der Revolutionszeit dominierten berittene Gespanne, und die Regierung Robespierres erließ ein Gesetz, das in Paris Rechtsverkehr vorschrieb. Napoleon erweiterte dieses Gesetz auf Militärfahrzeuge, der übrige Verkehr hatte sich dem anzupassen. In Großbritannien herrschten Wagengespanne vor, dort wurde 1835 mit dem Highway Act der Linksverkehr gesetzlich verankert.
In Mittel- und Osteuropa herrschte Linksverkehr vor, im Zuge der Eroberungen Napoleons wurde jedoch zum Rechtsverkehr übergegangen. Danach blieben die meisten Länder beim Rechtsverkehr, Österreich-Ungarn kehrte zum Linksverkehr zurück. Im Zuge einer 1927 beschlossenen europaweiten Vereinheitlichung wurde in dessen Nachfolgestaaten der Rechtsverkehr in den 1920er und 30er Jahren eingeführt. In Österreich selbst wurde er erst im Zuge des „Anschlusses“ an das Deutsche Reich im Jahr 1938 eingeführt.
Der letzte große Umstieg von Links- auf Rechtsverkehr war am 3. September 1967 in Schweden ("Dagen H"). Um die Umstellung nicht zu behindern, war dort am Umstellungstag zwischen 1 Uhr und 6 Uhr jeder Fahrzeugverkehr verboten. In einer Übergangszeit nach der Umstellung waren auch niedrigere Tempolimits in Kraft, die Schritt für Schritt wieder angehoben wurden. Ein Jahr später folgte Island.
Kraftfahrzeuge in Ländern mit Linksverkehr sind meistens Rechtslenker. Für den Import von Linkslenkern in Länder mit Linksverkehr oder umgekehrt wurden je nach Land unterschiedliche Regelungen getroffen.
Siehe auch: Liste der Länder mit Linksverkehr, Rechtsverkehr, Mehrgleisigkeit (Eisenbahn), Linkshänder
Staaten mit Linksverkehr
- Europa: Irland, Malta, U.K., Zypern.
- Afrika: Botswana, Kenia, Lesotho, Malawi, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe, Somalia, Südafrikanische Republik, Swasiland, Tansania, Transkei, Uganda, Sambia, Simbabwe.
- Asien: Bangladesch, Bhutan, Brunei, Hongkong, Indien, Indonesien, Japan, Macao, Malaysia, Nepal, Pakistan,
- Indischer Ozean: Mauritius, Seychellen, Sri Lanka.
- Karibik: Anguilla, Antigua, Bahamas, Barbados, Cayman-Inseln, Dominica, Grenada, Jamaika, Jungferninseln (Britische Jundferninseln und erstaunlicherweise auch Amerikanische Junferninseln), Montserrat, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent, Trinidad und Tobago.
- Südamerika: Guayana, Surinam.
- Südatlantik/Westatlantik: Falkland-Inseln, Bermuda.
- Ozeanien/Pazifik: Australien, Fidschi-Inseln, Gilbert-Inseln, Neuseeland, Papua-Neuguinea, Salomon-Inseln, Tonga, Tuvalu.
Linksverkehr herrscht heute also in englischsprachigen Staaten vor - in den ehemaligen Kollonien des britischen Empire bzw. den heutigen britischen Commonwealth-Staaten.
Interessanterweise hat Kanada Rechtsverkehr, während Japan ohne wesentlichen britischen Einfluß beim Linksverkehr geblieben ist.