Zum Inhalt springen

Johannes Pistorius der Ältere

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. Oktober 2005 um 16:49 Uhr durch 84.159.196.163 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Johannes Pistorius (der Ältere) (nach seinem Geburtsort auch Niddanus genannt; * im Januar 1504 in Nidda, Hessen; † 25. Januar 1583 1608 in Nidda, hessischer Reformator und Superintendent von Nidda, verheiratet mit Margaretha (1.2.1516-24.5.1560) Tochter des Konrad Schreiber aus Nidda; 5 Söhne, 3 Töchter u.a. Johannes Pistorius Niddanus der Jüngere (1546-1608)

Leben

Nach Besuch der Lateinschule studierte P., Bürgermeistersohn aus einer alten Niddaer Familie, in Mainz (vermutl.) und promovierte zum Dr. theol. Bereits als Kaplan der Niddaer Johanniter-Kommende war Pistorius engagierter Mitarbeiter und Förderer der Reformation. Wie bei Melanchthon, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband, ließ die Verwurzelung im Humanismus keinen fundamentalistisch genährten religiösen Eifer zu. Tiefe Frömmigkeit u. Toleranz, z.B. gegenüber Juden, zeichneten ihn aus. Pistorius war bei der Abfassung der Confessio Augustana (CA) im Frühjahr 1530 beteiligt: „...ward dies Bekanntnus...in 17 Artikel verfaßt, danach wurd sie Philippo u. seinen Adjunkten, darunter auch Brentius, Schnepfius, Pistorius und anderen unter die Hand getan, sie in ein Form und Bekanntnus zu bringen.“(G. Nigrinus). Pistorius d. Ä. besaß seit Augsburg ein lateinisches und deutsches Belegexemplar der heute verschollenen Ur-CA von 1530.

Nach der Bigamieaffäre Philipps von Hessen wurde Pistorius 1541 (bis 1580) Superintendent der Diözese Alsfeld. Als Vertreter der protestantischen Seite nahm er mit Melanchthon und Bucer an den Religionsgesprächen in Worms und Regensburg (1540/41 u. 1546) teil. Bei der Pestepidemie in Nidda von 1555, in der er alle Kinder bis auf Johannes d.J. verlor, blieb Pistorius als helfender Pfarrer in Nidda. Ein tragisches Unglück nahm ihm 1560 seine Ehefrau Margaretha. Nach dem Wormser Religionsgespräch (1557) belastete Pistorius der zunehmende Richtungsstreit zwischen lutherischer Orthodoxie und Philippisten. Pistorius wurde als Kryptocalvinist verdächtigt, weil er u.a. die Konkordienformel ablehnte. Als Zeitzeuge der Reformationszeit, der Luther(+1546) und Melanchthon(+1560) um Jahrzehnte überlebte, verfasste er bis 1580 eine Reformationsgeschichte. Das Manuskript und die wertvolle Bibliothek mit der Ur-CA erbte sein Sohn Johannes Pistorius der Jüngere, zu dem Pistorius zeitlebens ein herzliches Verhältnis hatte.

Werke

Vorrede von Johannes Pistorius d. Ä. in: M. Eychler, Christlicher...Bericht, wie Pfarrherren in dieser pestilentzischen Zeit und auch sonsten, die armen krancken Leut ohne Gefahr alle besuchen und trösten können..., 1578, HAB Wolfenbüttel: A2r-B3v 8°

Literatur

  • Günther, Hans-Jürgen, Die Reformation und ihre Kinder -- Vater und Sohn Johannes Pistorius Niddanus - eine Doppelbiographie. Niddaer Geschichtsblätter, Heft 2, Nidda 1994;
  • Günther, Hans-Jürgen, Pistorius, in: LThK, Bd. 8, Freiburg 1999, S. 319f.
  • Günther, Hans-Jürgen, Pistorius, 1. Johannes d. Ä., 2. Johannes d. J. in: NDB, Bd. 22, Berlin 2001, S. 486f.
  • Günther, Hans-Jürgen, J. Pistorius Niddanus, Vater und Sohn - Zwei Niddaer Persönlichkeiten im Jahrhundert von Reformation und katholischer Reform: Artikel in "NIDDA - Die Geschichte einer Stadt und ihres Umlandes", Nidda 2003, S. 123-134