Otto von Habsburg
Otto von Habsburg (* 20. November 1912 in der Villa Wartholz bei Reichenau an der Rax, Niederösterreich), geboren als Franz Josef Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xavier Felix René Ludwig Gaetano Pius Ignatius Erzherzog von Österreich, heute von Habsburg, ist ein deutsch-österreichischer Politiker (CSU), Kämpfer gegen Hitler und Stalin, Emigrant, Journalist und Schriftsteller.
Als Sohn des letzten österreichischen Kaisers Karls I. und der Kaiserin Zita war er von 1916 bis zum Ende der österreich-ungarischen Doppelmonarchie 1918 Kronprinz und Thronfolger.
Er ist Oberhaupt der Familie Habsburg-Lothringen, Mitglied der Mont Pèlerin Society und war bis zur Übergabe an seinen Sohn Karl im Jahr 2000 Souverän des Ordens vom Goldenen Vlies.
Leben
Jugend und Ausbildung
1919 bis 1921 lebte er im Exil in der Schweiz, später in Spanien. Seine Ausbildung stand unter strenger Leitung seiner Mutter. So mußte er den altösterreichischen und altungarischen Stundenplan eines Gymnasiums nebeneinander absolvieren und er wurde in den Sprachen der K.u.k.-Monarchie unterrichtet. 1935 schloss er sein Studium der politischen und sozialen Wissenschaften an der Universität Löwen (Belgien) mit Auszeichnung ab. Durch das Habsburgergesetz von 1919 war Otto von Habsburg die Einreise nach Österreich untersagt. Während der Zeit des Nationalsozialismus setzte er sich gegen den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und für eine Einigung Europas ein, seit 1936 als Mitglied der Paneuropa-Union (PEU).
Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg
Aufgrund dieser entschiedenen Gegnerschaft Ottos und weil zeitweilig eine Habsburg-Restauration in Österreich durch das Regime Schuschnigg vorgesehen war, liefen die deutschen Vorbereitungen zum Anschluss Österreichs unter dem Decknamen Operation Otto. Kurz vor dem deutschen Einmarsch ersuchte Otto von Habsburg den damaligen Bundeskanzler Schuschnigg, ihm die Kanzlerschaft zu übertragen, um mit dem traditionellerweise mit dem Haus Habsburg eng verbundenen österreichischen Bundesheer den geplanten aber schlußendlich von Schuschnigg unterlassenen militärischen Widerstand durchzuführen.
Nach dem deutschen Einmarsch in Österreich wurde Otto von Habsburg steckbrieflich wegen Hochverrats zur Fahndung ausgeschrieben und sein persönliches Vermögen und das von ihm verwaltete Familienvermögen der Familie Habsburg auf persönlichen Befehl von Hitler enteignet. Dieses Vermögen fiel an das Deutsche Reich und wurde nach dem Krieg von der Republik Österreich übernommen und nie restituiert.
Die in Österreich verbliebenen Mitarbeiter Ottos und die Mitglieder der starken legitimistischen (= monarchistischen) Bewegung in Österreich wurde ab dem deutschen Einmarsch durch den Nationalsozialismus schwerstens verfolgt.
Bei der Flucht aus Belgien nach dem deutschen Einmarsch über Paris nach Spanien (Otto von Habsburgs Name befand sich auf der "Wiesbadener Liste" – einer Liste jener Personen die Frankreich im Falle der Kapitulation sofort zu verhaften und an das Deutsche Reich auszuliefern hatte) erwirkte er die Flucht von ca. 15.000 Flüchtlingen und Exilanten nach Spanien und organisierte Visa nach Übersee.
In den USA und Großbritannien versuchte er neben seinen intensiven persönlichen Kontakten zu Präsident Franklin Roosevelt bzw. Sir Winston Churchill durch diverse Maßnahmen (Initiierung des "Austrian Day", Aufnahme Österreichs in die Briefmarkenserie "Occupied Nations", Versuch der Bildung einer Exilregierung und eines "Austrian Batallion", Teilnahme an der 2. Konferenz von Quebec, etc.) die staatliche Eigenständigkeit Österreichs nach dem Krieg zu erreichen, die Zonenplanung der Alliierten im Nachkriegsösterreich zugunsten der Westmächte zu verändern bzw. Ungarn aus der Allianz mit Hitler herauszubrechen.
Winston Churchill sah für nach dem Krieg eine Art "Donaukonföderation" (wahrscheinlich unter Ottos Leitung) als Gegengewicht zu Deutschland bzw. Rußland vor. Diese Pläne waren vor allem infolge des weiten Vordringens der russischen Armee bzw. der daher starken russischen Interessen an Mitteleuropa nicht durchführbar. Durch persönliche Kontakte zum "Bomb Target Command" erreichte er bis Mitte 1943 eine Verschiebung bzw. Unterlassung von Luftangriffen auf Österreich.
Nachkriegszeit
1940 bis 1944 lebte er in den USA, 1944 bis 1951 hauptsächlich in Frankreich, später wieder in Spanien und seit 1954 in Pöcking in Bayern. Das wiedergegründete Österreich wies den nach Kriegsende in Österreich eingereisten Otto von Habsburg 1946 trotz seiner Tätigkeit für Österreich während des Krieges aus verfassungsrechtlichen Gründen aus und untersagte dessen Wiedereinreise. Es wurde nämlich 1945 die gesamte österreichische Verfassung aus dem Jahr 1929 wieder inkraftgesetzt und damit auch automatisch die Habsburgergesetze von 1919, welche einen Landesverweis vorsehen, solange die Mitglieder der Habsburgerfamilie nicht ausdrücklich auf ihre Herrschaftsansprüche in Österreich verzichten und sich als getreue Staatsbürger der Republik bekannten.
1951 heiratete er in Nancy Regina Prinzessin von Sachsen-Meiningen (* 1925).
1957 bis 1973 war er Vizepräsident, 1973 bis 2004 war er als Nachfolger des Gründers Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi Präsident der internationalen Paneuropa-Union; seit 2004 ist er deren Ehrenpräsident.
1961 verzichtete er entsprechend des Habsburgergesetzes nach langwierigen Verhandlungen mit Österreich als Chef des Hauses Habsburg auf sämtliche Erbfolgeansprüche und sonstige Vorrechte seines Hauses, durfte aber trotzdem erst 1966 wieder nach Österreich einreisen.
1961 gab es von Seiten des spanischen Diktators bzw. Staatschef Franco Überlegungen zur Veranlassung des geordneten Übertrittes Spaniens zur Demokratie nach seinem Tod Otto von Habsburg als König einzusetzten. Gemäß der vorliegenden Quellen hat dies Otto von Habsburg nach langen Gesprächen mit Franco wegen der langen Abwesenheit der Habsburgerdynastie aus Spanien abgelehnt und Franco die Einsetzung des nunmehrigen König Juan Carlos I., dem Enkel von Alfons XIII. empfohlen.
Von 1979 bis 1999 war er, nachdem er die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatte, für die CSU Mitglied des Europäischen Parlaments und zweimal dessen Alterspräsident. Durch sein Sprachtalent konnte er hier die Sitzungen fast immer ohne Dolmetscher bestreiten, mit einem italienischen Professor und Mitglied der Fraktion der Grünen führte er im Parlament sogar Stegreif-Debatten auf Latein, die mangels Dolmetscher nicht protokolliert werden konnten. Auch seine Bücher schrieb er in deutscher, ungarischer und französischer Sprache.
1979 initiierte Otto von Habsburg gegen großen Widerstand jene Resolution, welche durch einen leeren Stuhl im Europäischen Parlament medienwirksam auf die Völker hinter dem Eisernen Vorhang aufmerksam machte.
Am 19. August 1989 war er Mitinitiator und Schirmherr des Paneuropäischen Picknicks, bei dem an der ungarisch-österreichischen Grenze erstmals für drei Stunden der Eiserne Vorhang zunächst symbolisch geöffnet wurde, was eine große Zahl DDR-Bürger zur Flucht nutzten und als Schlüsselereignis den friedlichen Fall des Eisernen Vorhanges mitbewirkte.
Heute lebt er in seiner „Villa Austria“ in Pöcking am Starnberger See und arbeitet als Publizist. Zudem ist er trotz seines hohen Alters viel auf Reisen durch und für Europa.
Neben zahlreichen inner- und außereuropäischen Auszeichnungen, Ehrenbürgerschaften und Ehrendoktoraten ehrten ihn zahlreiche europäische Staatsoberhäupter bzw. Regierungschefs in einem großen Festakt in der Wiener Hofburg zu seinem 90. Geburtstag für sein Lebenswerk für Europa gegen Nationalsozialismus und Kommunismus. Bei dieser Veranstaltung erwähnte der ehemalige französische Staatspräsident und spätere Präsident des Europäischen Konvents, Valéry Giscard d’Estaing, die heute in Österreich weitgehend in Vergessenheit geratene bzw. infolge des schwierigen Verhältnisses der Republik Österreich zur Familie Habsburg verdrängte Tatsache, dass es Otto von Habsburg war, der durch verschiedene Interventionen der österreichischen Bevölkerung die Qualen des Bombardements im Zweiten Weltkrieg zu ersparen versuchte.
Als Oberhaupt des Hauses Habsburg-Lothringen war er von 1922 bis 2002 auch Oberster Bandinhaber des Akademischen Bundes der Katholisch-Österreichischen Landsmannschaften. Dieses Amt übergab er zu seinem 90. Geburtstag in einem feierlichen Akt in der Wiener Augustinerkirche an seinen Sohn und Erben Karl.
Kinder
Mit seiner Frau Regina hat er sieben Kinder und 22 Enkelkinder:
- Andrea (1953), Ehefrau von Karl von Neipperg.
- Monika (1954), Ehefrau von Don Luis Gonzaga de Casanova-Cárdenas y Barón Duke de Santangelo, Marquess von Elche.
- Michaela (1954), Monikas Zwillingsschwester. Erste Ehe mit Eric Teran d'Antin, zweite Ehe mit Hubertus Graf von Kageneck.
- Gabriela (1956), war mit Christian Meister verheiratet.
- Walburga (1958), Ehefrau von Archibald Graf Douglas.
- Karl Habsburg-Lothringen (1961), Ehemann von Francesca Baronesse von Thyssen-Bornemisza (Tochter von Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza).
- Georg (1964), Ehemann von Eilika von Oldenburg.
Schriften
- Coutumes et droits successoraux paysans en Autriche (1935; Dissertation)
- Entscheidung für Europa (1953)
- Probleme des Atomzeitalters (1955)
- Soziale Ordnung von morgen (1957)
- Bernhard von Baden (1958)
- Im Frühling der Geschichte (1961)
- Der Ferne Osten ist nicht verloren (1963)
- Européens et Africains — L’entente nécessaire (1963)
- Europa, Grossmacht oder Schlachtfeld (1963)
- Afrika ist nicht verloren (1964)
- Gottes Hand in der Geschichte (1966)
- Karl V. (1967), ISBN 3850022862
- Politik für das Jahr 2000 (1968)
- Les Transports et l´Europe (1969)
- Bis hierher und weiter (1974)
- Die Heilige Hedwig von Schlesien und unsere Zeit (1974), ISBN 3700801262
- La Naissance d’un continent (1975)
- Idee Europa, Angebot der Freiheit. (1976)
- Jalta és ami utána Következett (1979)
- Europa - Garant der Freiheit (1980)
- Die Reichsidee - Geschichte und Zukunft einer übernationalen Ordnung (1986), ISBN 3850022285
- Macht jenseits des Marktes. Europa 1992. (1988), ISBN 3850022676
- Igy láttam ... (1992)
- Európáért (1992)
- Nicht geschossen ist auch verfehlt (1992)
- Úvahy o Evrope (1993)
- Friedensmacht Europa - Sternstunden und Finsternis (1995), ISBN 3850023680
- Die Paneuropäische Idee - Eine Vision wird Wirklichkeit (1999), ISBN 3850024245
- Ein Kampf um Österreich 1938-1945 (2001), ISBN 3850024601
Literatur
- Stephan Baier, Eva Demmerle: Otto von Habsburg, Die Biografie. ISBN 3-850-02-4865
- Gordon Brook-Shepherd: Uncrowned Emperor: The Life and Times of Otto von Habsburg. ISBN 1-852-85-4391
Auszeichnungen
- 1980 Internationaler Benediktspreis der Stadt Mönchengladbach
- 1987 Großes Bundesverdienstkreuz
Weblinks
- Vorlage:PND
- Erzherzog Dr. Otto von Habsburg (Autorisierte Ehrenseite)
- Internationale Pan-Europa-Union
- Bericht über einen Dokumentationsfilm
- Ein Brief von Dr. Otto v. Habsburg
- Ein Leben für Europa
- Reden zum 90. Geburtstag
Personendaten | |
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NAME | Habsburg, Otto von |
ALTERNATIVNAMEN | Franz Josef Otto Robert Maria Anton Karl Max Heinrich Sixtus Xavier Felix René Ludwig Gaetano Pius Ignazius von Habsburg |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-österreichischer Politiker und Autor |
GEBURTSDATUM | 20. November 1912 |
GEBURTSORT | der Villa Wartholz bei Reichenau an der Rax |