Sahelanthropus
Am 19.Juli 2001 wurde in der Djurab-Wüste des Tschad von Djimdoumalbaye Ahounta vom Centre National d'Appui à la Recherche ein Schädel ausgegraben, der die Paläanthropologen bis an die Wurzel des menschlichen Stammbaums führte: Er wurde auf ein Alter von 7 Millionen Jahren datiert - genau zu dieser Zeit sollten sich nach Analysen der menschlichen DNA die Entwicklungslinien von Mensch und Schimpanse getrennt haben.
Das Team von Michel Brunet und Patrick Vignaud von der Université de Poitiers, zu dem Ahounta gehörte, taufte den Sensationsfunde auf den Namen "Tourmai", deutsch "Lebenshoffnung". So nennen die Einheimischen Kinder, die kurz vor Beginn der Trockenzeit geboren werden.
Für die Wissenschaftler war der Fund nicht nur wegen seines hohen Alters bedeutend, sondern auch, weil zusammen mit dem Schädel noch eine Unmenge von Tier- und Pflanzenfossilien ausgegraben wurden, die eine genaue Rekonstruktion der Umwelt erlaubte, in der Tourmai lebte. Und diese Umwelt entsprach genau dem, was als Lebensraum der allerersten Urmenschen vorhergesagt worden war: Ein Mosaik aus Wäldern, Grasebenen und Flusslandschaften, die abwechslungsreich war und zu jeder Jahreszeit genügend Nahrung für einen bodenbewohnenden Affen bot, die aber doch zu wenig Wald aufwies für eine Lebensweise in den Bäumen, die für die gemeinsamen Vorfahren von Schimpansen und Menschen postuliert wird.
Woher wissen wir nun, dass Tourmai wirklich in die Entwicklungslinie der Menschen gehört und nicht in die der Schimpansen? Der Aufbau des Schädels ist in dieser Hinsicht entscheidend. Das Gehirn ist zwar nur 350ccm groß, doch der Gesichtsschädel ist flach und besonders die Zähne sind so menschenähnlich, dass bei den meisten Forschern kein Zweifel mehr besteht, dass Sahelanthropus zur Familie Hominidae gehört. Vielleicht ging Sahelanthropus tchadensis sogar aufrecht, doch solang keine Beinknochen gefunden werden, muss dies Spekulation bleiben.
Doch war Tourmai wirklich das lang gesuchte missing link zwischen Affen und Menschen? Manche zweifeln daran. So auch Bernard Wood von der George Washington University: "Ich glaube, dass er weder ein Vorfahre der Schimpansen noch der Menschen war, sondern ein Wesen, das zur gleichen Zeit lebte."