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Elisabeth von Brandenburg (1510–1558)

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Elisabeth, Holzschnitt um 1542

Elisabeth, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg (Calenberg-Göttingen) (* 24. August 1510 vermutlich in Cölln; † 25. Mai 1558 in Ilmenau/ Thüringen), geborene Markgräfin von Brandenburg, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, (seit 1546) Gräfin und Frau zu Henneberg, gilt als „Reformationsfürstin“, die zusammen mit dem hessischen Reformator Antonius Corvinus (1501-1553) die Reformation in Südniedersachsen durchsetzte. In der älteren Literatur wird sie auch oft als „Elisabeth von Münden“ oder „Elisabeth von Calenberg-Göttingen“ oder „Braunschweig-Calenberg“ geführt.

Leben und Wirken

Frühe Jahre (1510-1525)

Elisabeth war das dritte Kind und die zweite Tochter des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg (1484-1535) und dessen Frau Elisabeth (1485-1555), der Tochter des dänischen Königs Johann I.. Sie wurde streng religiös und humanistisch erzogen und bereits mit 15 Jahren am 7. Juli 1525 in Stettin mit dem verwitweten, vierzig Jahre älteren, "katholischen" Herzog von Braunschweig-Lüneburg (Calenberg-Göttingen) Erich I. (1470-1540) verheiratet.

Mit den Ideen der Reformation kam sie bereits 1527 am heimatlichen brandenburgischen Hof in Berührung, als ihre Mutter erstmals das Abendmahl unter beiderlei Gestalt feierte und sich damit offen zu den Lehren Luthers bekannte. Die heftige Reaktion ihres Vaters hierauf, der ein Übertreten seiner Frau zum Protestantismus befürchtete, rief auch die Wittenberger Reformatoren auf den Plan und mag die 17jährige Elisabeth in ihrer Haltung zum neuen Glauben bestärkt haben.

Ehe mit Erich I. (1525-1540)

Trotz des Alters- und Konfessionsunterschiedes handelte es sich offenbar um eine Ehe ohne dauerhafte Konflikte, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein dürfte, dass Erich sich meist auf der Erichsburg oder der Burg Calenberg aufhielt, während Elisabeth in ihrer Leibzucht Münden weilte. Ganz problemlos war die Beziehung freilich nicht. So machte Elisabeth bei ihrer zweiten Schwangerschaft 1528 die langjährige Mätresse ihres Mannes, Anna Rumschottel, für Komplikationen verantwortlich und forderte ihren Mann auf jene als Hexe verbrennen zu lassen, der Rumschottel aber entkommen ließ. Die folgende Geburt des ersehnten männlichen Nachkommen Erich II. ließ dieses düstere Kapitel jedoch schnell in Vergessenheit geraten.

Der offensichtlichen Zuneigung seiner Frau zu den neuen lutherischen Lehren stand Herzog Erich I. tolerant gegenüber. Zwar widersprachen die Ansichten Luthers seiner kaisertreuen Gesinnung, doch bewunderte er den Mut des Reformators. So ist überliefert, dass der braunschweigische Fürst dem Reformator am 17. April 1521 auf dem Reichstag zu Worms eine Kanne des heute noch berühmten Einbecker Bieres zur Stärkung habe bringen lassen.

Die langsame Ausbreitung der Reformation im Herzogtum wurde zudem durch Erichs große Bautätigkeit begünstigt, welche ihn in große Finanznot brachte, so dass er den Städten Göttingen, Hannover und Northeim gegen erhebliche Geldzahlungen eigene Religionsprivilegien gestattete.

Durchsetzung der Reformation (1540-1545)

Elisabeth ließ sich am 7. April 1538 den Laienkelch reichen und bekundete damit öffentlich ihre Zugehörigkeit zum lutherischen Glauben.

Mit Hilfe des Landgrafen Philipp von Hessen holte sie den evangelischen Pfarrer und Reformator Antonius Corvinus aus dem nahen Witzenhausen nach Münden. Ein persönliches Zusammentreffen mit Luther ist ebenfalls anzunehmen, zumindest stand sie in Briefkontakt mit ihm.

Als ihr Mann am 30. Juli 1540 starb, erhielt sie gemeinsam mit Philipp von Hessen die vormundschaftliche Regierung für das Herzogtum, die sie zur Durchsetzung der Reformation nutzte. Antonius Corvinus wurde zum Superintendenten des Fürstentums ernannt. Bereits 1542 verfasste dieser eine Kirchenordnung für das ganze Herzogtum; dieser folgte eine gründliche Kirchenvisitation vom 17. November 1542 bis zum 30. April 1543. Eine Klosterordnung vom 4. November 1542 regelte die evangelische Umgestaltung der Klöster. 1544 erließ Elisabeth eine Hofgerichtsordnung, um auch die Rechtsverhältnisse im Lande zu ordnen und verfasste eigenhändig einen "Sendbrief an ihre Untertanen" sowie zahlreiche geistliche Lieder, welche jene im Glauben stärken sollten.

1545 machte sie sich auf die Suche nach einer geeigneten Gemahlin für ihren Sohn und fand sie am ebenfalls lutherisch gesinnten Dresdner Hof. Noch im selben Jahr fand die Hochzeit Erichs mit Sidonie, der Schwester des späteren Kurfürsten Moritz von Sachsen, statt. In einem Regierungshandbuch sammelte sie wichtige Ratschläge, die ihrem Sohn als Leitfaden für die nun folgende eigene Regierungszeit dienen sollten.

Enttäuschte Hoffnungen und einsame letzte Jahre (1545-1558)

1546, ein Jahr nach dem Regierungsantritt ihres Sohnes Erich II., schloss Elisabeth mit Graf Poppo XII. zu Henneberg (1513-1574) die Ehe, wobei sie die Regentschaft über ihre Leibzucht Münden behielt.

Mit großer Sorge verfolgte sie die Hinwendung ihres Sohnes zum katholischen Glauben, der sich dadurch Chancen am Kaiserhof erhoffte. Er nahm 1548 das Augsburger Interim an und schreckte auch vor einer Gefangennahme des Reformators Corvinus nicht zurück, welcher sich 1549 auf der Synode von Münden gemeinsam mit 140 Geistlichen erbittert gegen das Interim gestellt hatte.

Trotz aller Wiedrigkeiten gelang es der Herzogin 1550 ihre Tochter Anna Maria mit Herzog Albrecht d.Ä. von Preußen zu verheiraten, mit welchem Elisabeth schon lange in freundschaftlichem Briefkontakt stand. In einem Ehestandsbuch schrieb sie auch für Tochter Anna Maria wichtige Ratschläge für das bevorstehende Eheleben auf.

Nach der Schlacht bei Sievershausen 1553 wurde Elisabeth durch Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel aus Münden vertrieben und flüchtete nach Hannover. 1555 siedelte sie ins thüringische Ilmenau in der Grafschaft Henneberg über, wo sie ein letztes Mal die Feder in die Hand nahm und ein Trostbuch für Witwen verfasste, dass diese in ihrer Trauer begleiten sollte.

Mit Entsetzten musste sie miterleben, wie ihr Sohn Erich 1557 ihre jüngste Tochter Katharine mit dem katholischen Oberburggrafen Wilhelm von Rosenberg verheiratete. Als sich Elisabeth dennoch auf den beschwerlichen Weg zur Hochzeit nach Münden aufmachte, musste sie enttäuscht feststellen, dass Erich ihr absichtlich einen falschen Termin genannt hatte und die Trauung schon längst vollzogen war. Die Quellen berichten, dass Elisabeth daraufhin ein Jahr später völlig entkräftet und mit "gebrochenem Herzen" in Ilmenau verstarb.

Nachkommen

Elisabeth hatte einen Sohn und drei Töchter aus erster Ehe mit Erich I.:

Werke

  • Ein Sendbrief an ihre Untertanen (gedruckt Hannover, 1544)
  • Regierungshandbuch für ihren Sohn Erich II. (1545)
  • Mütterlicher Unterricht (Ehestandsbuch) für Anna Maria (1550)
  • Trostbuch für Witwen (1555, gedruckt 1556) [zweite Auflage Leipzig, 1598.]
  • Zahlreiche geistliche Lieder

Literatur

  • Adolf Brenneke: Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg. Die hannoversche Reformationsfürstin als Persönlichkeit, in: Zeitschrift der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 38 (1933), S. 152-168.
  • A. Kurs: Elisabeth, Herzogin von Braunschweig-Calenberg, Halle an der Saale 1891.
  • Hans Liederwald: Die Ehe des Grafen Poppo von Henneberg mit Elisabeth, in: Neue Beiträge zur Geschichte dt. Altertums 36 (1931), S. 37-88.
  • Inge Mager: Elisabeth von Brandenburg - Sidonie von Sachsen. Zwei Frauenschicksale im Kontext der Reformation von Calenberg-Göttingen, in: 450 Jahre Reformation im Calenberger Land, hrsg. vom Ev.-luth. Kirchenkreis Laatzen-Pattensen, 1992, S. 23–32.
  • Ingeborg Klettke-Mengel:: Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg als reformatorische Christin, in: Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 56 (1958), S. 1-16.
  • Dies.: Art. "Elisabeth, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg (Calenberg) 1510-1558", in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 443-444.
  • Heinrich Wilhelm Rotermund: Von den Verdiensten der Herzogin Elisabeth um die Ausbreitung der evangelischen Lehre in den Fuerstenthuemern Calenberg und Grubenhagen, in: Hannoversches Magazin 75/76 (1819), S. 1189-1206.
  • Paul Tschackert: Herzogin Elisabeth, geb. Markgräfin von Brandenburg. Die erste Schriftstellerin aus dem Hause Brandenburg und aus dem braunschweigischem Hause. Ihr Lebensgang und ihre Werke, in: Hohenzollern-Jahrbuch 3 (1899), S. 49-65.
  • Merry Wiesner: Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg (1510–1558), in: Kerstin Merkel/ Heide Wunder (Hg.): Deutsche Frauen der frühen Neuzeit, Darmstadt 2000, S. 39–48. ISBN 3-89-678187-1