Vertrag von Maastricht
Der Vertrag über die Europäische Union (auch als Vertrag von Maastricht bezeichnet) wurde im Dezember 1991 im niederländischen Maastricht vom Europäischen Rat beschlossen und stellt die bis dahin größte Änderung der Verträge seit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft dar. Mit diesem Vertragswerk wurde die Europäische Union als übergeordneter Verbund gegründet.
Einführung
Dieser Vertrag, der bereits am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichnet wurde, aber erst wegen einiger Hindernisse im Ratifizierungsverfahren (Zustimmung der dänischen Bevölkerung erst in einem zweiten Referendum; Verfassungsklage in Deutschland gegen die parlamentarische Zustimmung zum Vertrag) am 1. November 1993 in Kraft treten konnte, bezeichnet sich selbst als „eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas“.
Er beinhaltet neben einer Reihe von Änderungen des EG-Vertrages und des Euratom-Vertrages den Gründungsakt der Europäischen Union (vgl. Präambel des EU- Vertrags), ohne diese allerdings selbst zu vollenden. Es war – wie auch die Entwicklung der EG – ein erster Teilschritt auf dem Weg hin zu einer endgültigen EU-Verfassung, die die EU-Verträge ersetzen soll.
Die hiermit gegründete Europäische Union ersetzt nicht die Europäischen Gemeinschaften (Artikel 47 EU- Vertrag), sondern stellt diese mit den neuen „Politiken und Formen der Zusammenarbeit“ (Artikel 2 EU-Vertrag) unter ein gemeinsames Dach. Zusammen mit anderen Elementen bilden die Europäischen Gemeinschaften die drei Säulen der Europäischen Union:
- die Europäischen Gemeinschaften
- die Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik (GASP),
- die Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.
Inhalt des Vertrages
Währungs- und Wirtschaftsunion
Im Zentrum des Vertrages stehen die Bestimmungen zur Schaffung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion in drei Stufen. Laut Vertragstext sollte frühestens zum 1. Januar 1997, spätestens zum 1. Januar 1999 in der EU eine gemeinsame Währung (Euro) eingeführt werden. Damit ein Land an der Währungsunion teilnehmen kann, muss es bestimmte wirtschaftliche Kriterien (Konvergenzkriterien) erfüllen, durch die die Stabilität der gemeinsamen Währung gesichert werden soll. Die Konvergenzkriterien lauten: finanzpolitisches -, Preisniveau-, Zins- und Wechselkurskriterium. Wobei das finanzpolitische Kriterium (Defizitquote < 3% und Schuldenstandsquote < 60% als dauerhaftes Kriterium ausgelegt wurde, die anderen Kriterien galten nur im Referenzjahr 1997).
Mit der Unterzeichnung des Vertrages wurde ein Automatismus in Gang gesetzt, nach dem Länder, die die Konvergenzkriterien erfüllen, worüber der Ministerrat zu entscheiden hat, auch der gemeinsamen Währung beitreten. Lediglich Großbritannien und Dänemark behielten sich das Recht vor, selbst über den Beitritt zur Währungsunion zu entscheiden (sog. opting out).
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Die bisherige Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) wird mit dem Vertrag von Maastricht durch die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ersetzt. Obwohl die GASP eine Säule der EU darstellt, bleiben die Entscheidungen letztlich in den Händen der Nationalstaaten. Für die meisten Beschlüsse gilt deshalb das Einstimmigkeitsprinzip.
Die Unionsbürgerschaft
Mit dem Vertrag von Maastricht wurde die Unionsbürgerschaft eingeführt. Sie ersetzt nicht die Staatsbürgerschaft, sondern ergänzt diese. Die Unionsbürgerschaft erhält jeder, der die Staatsbürgerschaft eines der Länder der EU besitzt. Er erhält damit unter anderem eine Aufenthaltserlaubnis in der gesamten Union, das aktive und passive Kommunalwahlrecht, sowie das Recht das europäische Parlament unabhängig vom Wohnsitz in der gesamten EU zu wählen.
Demokratisierung
Eine weitere Neuerung war die Einführung des Mitentscheidungsverfahrens. Damit wurde das Europäische Parlament in einigen Bereichen auf die gleiche Stufe wie der Ministerrat gestellt. Außerdem wurde die Einrichtung des Ausschusses der Regionen beschlossen, die eine angemessene Vertretung der Regionen, wie etwa in Deutschland der Bundesländer, garantieren sollten.
Justiz und Inneres
Außerdem wurde im Vertrag eine Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich der Justiz und des Inneren beschlossen. Wie bei der zweiten Säule, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, blieb aber auch in diesem Bereich das Einstimmigkeitsprinzip weitgehend erhalten. Für die bessere Koordination der polizeilichen Zusammenarbeit wurde die Europäische Polizeibehörde Europol gegründet.
Sonstiges
Mit dem Vertrag von Maastricht erhielten die europäischen Institutionen erstmals auch Zuständigkeiten im Bereich der Kultur (damals Art. 128 EG-Vertrag, seit dem Vertrag von Nizza Art. 151 EG-Vertrag). Die späteren Förderprogramme RAPHAEL, ARIANE und KALEIDOSKOP und das Rahmenprogramm KULTUR 2000 haben hier ihre Rechtsgrundlage.
Weitere Entwicklung
Der EU-Vertrag wurde mit dem Vertrag von Amsterdam und den darauf folgenden Verträgen erweitert, z.B. wurde darin die Stellung des Europäischen Parlaments durch eine Verbesserung des Mitentscheidungsverfahrens und dessen Ausweitung weiter gestärkt.
Siehe auch: Stabilitäts- und Wachstumspakt
Weblinks
- Vertrag von Maastricht vom 7. Februar 1992
- Version zum herunterladen as PDF (Portable Document Format)
- Für andere Sprachen siehe die Seite zu den Europäischen Verträgen
- Indizierte Fassung (Übersicht und schneller Zugriff auf die Artikel)
- Entscheidung BVerfGE 89, 155 - Maastricht über die Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz vom 21. Dezember 1992 (Bundesgesetzbl. I Seite 2086) zum Vertrag vom 7. Februar 1992 über die Europäische Union (Bundesgesetzbl. II Seite 1251) .
- Informationsbüro des Europäischen Parlaments: Informationen zum Europa-Recht: Die Verträge
- ABC des Gemeinschaftsrechts (und um Maastricht)
- Verträge rund um Maastricht