Präsident des Deutschen Bundestages
Der Präsident des Deutschen Bundestages, auch Bundestagspräsident, hat das zweithöchste Staatsamt nach dem Bundespräsidenten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland inne. Er ist aber nicht dessen Stellvertreter. (Dies ist der jeweilige Präsident des Bundesrates).
Der Bundestagspräsident wird nach jeder Wahl des Bundestages bei dessen konstituierender Sitzung aus dessen Mitte von allen Abgeordneten gewählt. Dabei stellt in der Regel die Partei mit den meisten Abgeordneten den Bundestagspräsidenten. Diese Praxis hat sich bereits in der Weimarer Republik eingebürgert, wenngleich es hierzu keine gesetzliche Bestimmung gibt. Die Amtszeit des Bundestagspräsidenten endet mit der jeweiligen Legislaturperiode. Er ist damit grundsätzlich vorzeitig nicht absetzbar. Eine Wiederwahl in der nächsten Legislaturperiode ist aber möglich, sofern der bisherige Amtsinhaber wieder Abgeordneter des neuen Bundestages wird.
Der Bundestagspräsident hat mehrere Stellvertreter ("Vizepräsident des Deutschen Bundestages" oder "Bundestagsvizepräsident"), die von den anderen im Bundestag vertretenen Parteien gestellt werden. Derzeit sind es vier Vizepräsidenten.
Bis zum Beginn der 13. Wahlperiode 1994 war in der Geschäftsordnung nicht festgelegt, wieviel Stellvertreter der Bundestagspräsident hat. Es gab nur interfraktionelle Vereinbarungen, so dass es meist 4 Vizepräsidenten gab. 1983 war erstmals von den GRÜNEN versucht worden, die Zahl der Vizepräsidenten auf 5 zu erhöhen, um ebenfalls im Präsidium vertreten zu sein. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt. Er wurde danach von der Partei mehrfach erneut gestellt. Doch scheiterten diese Anträge alle. Erst 1994 wurde die Mindestzahl dahingehend geändert, dass jede Fraktion durch mindestens einen Vizepräsidenten vertreten sein muss. Demzufolge hatte der Deutsche Bundestag (durch die PDS) von 1998 bis 2002 fünf Vizepräsidenten.
Gesetzliche Grundlagen
Gesetzliche Grundlage für den Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter ist zunächst Artikel 40 des Grundgesetzes. Danach wählt der Bundestag seinen Präsidenten und dessen Stellvertreter. Ferner gibt sich der Bundestag eine Geschäftsordnung. Damit ist bereits die zweite Gesetzesgrundlage erwähnt.
Die Geschäftsordnung muss laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1952 nach jeder Bundestagswahl neu erlassen werden. In der Praxis wird jedoch meist die bestehende Geschäftsordnung neu aufgelegt. Hin und wieder ist diese aber auch geändert worden. Sie regelt u.a. die Rechte und Pflichten des Bundestagspräsidenten sowie die Anzahl der Vizepräsidenten.
Aufgaben des Bundestagspräsidenten
Die wichtigste Funktion des Bundestagspräsidenten besteht in der Leitung der Bundestagssitzungen. Er vertritt den Bundestag, ist Adressat aller Gesetzentwürfe und Vorlagen, die von der Bundesregierung, vom Bundesrat oder aus der Mitte des Bundestages eingebracht werden. Ebenso ist er der Empfänger aller Eingaben, die aus den Reihen des Parlaments stammen oder an den Bundestag gerichtet werden.
Außerdem steht dem Präsidenten das Hausrecht und die Polizeigewalt zu. Er ist auch die oberste Dienstbehörde der Bundestagsbeamten, wobei er bestimmte Personalentscheidungen zusammen mit dem ganzen Präsidium trifft. Sonstige Rechte und Pflichten des Bundestagspräsidenten sind in der Geschäftsordnung geregelt.
Der Bundestagspräsident ist ferner der Empfänger der Rechnenschaftsberichte der politischen Parteien, überwacht die Einhaltung der Parteispendengesetze und regelt die Wahlkampfkostenerstattung.
Präsidenten des Deutschen Bundestages seit 1949
- 1949 - 1950: Dr. Erich Köhler
- 1950 - 1954: D. Dr. Hermann Ehlers
- 1954 - 1969: D. Dr. Eugen Gerstenmaier
- 1969 - 1972: Kai-Uwe von Hassel
- 1972 - 1976: Annemarie Renger
- 1976 - 1979: Prof. Karl Carstens
- 1979 - 1983: Richard Stücklen
- 1983 - 1984: Dr. Rainer Barzel
- 1984 - 1988: Philipp Jenninger
- 1988 - 1998: Dr. Rita Süssmuth
- 1998 - heute: Wolfgang Thierse
Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages seit 1949
Alphabetische Auflistung mit Angaben über Parteizugehörigkeit und Amtszeit
- Helmuth Becker SPD 1990 - 1994
- Dr. Max Becker FDP 1956 - 1960
- Petra Bläss PDS 1998 - 2002
- Dieter-Julius Cronenberg FDP 1984 - 1994
- Dr. Thomas Dehler FDP 1960 - 1967
- Anke Fuchs SPD 1998 - 2002
- Lieselotte Funcke FDP 1969 - 1979
- Michaela Geiger CDU/CSU 1996 - 1998
- Kai-Uwe von Hassel CDU/CSU 1972 - 1976
- Dr. Burkhard Hirsch FDP 1994 - 1998
- Dr. Richard Jaeger CDU/CSU 1953 - 1965 und 1967 - 1976
- Susanne Kastner SPD 2002 - heute
- Hans Klein CDU/CSU 1990 - 1996
- Hans-Ulrich Klose SPD 1994 - 1998
- Dr. Norbert Lammert CDU/CSU 2002 - heute
- Georg Leber SPD 1979 - 1983
- Dr. Karl Mommer SPD 1966 - 1969
- Dr. Victor-Emanuel Preusker DP 1957 - 1960 (dann Wechsel zur CDU/CSU)
- Dr. Maria Probst CDU/CSU 1965 - 1967
- Annemarie Renger SPD 1976 - 1990
- Dr. Hermann Schäfer FDP 1949 - 1953
- Walter Scheel FDP 1967 - 1969
- Prof. Dr. Carlo Schmid SPD 1949 - 1966 und 1969 - 1972
- Renate Schmidt SPD 1990 - 1994
- Dr. Hermann Schmitt-Vockenhausen SPD 1969 - 1979
- Erwin Schoettle SPD 1961 - 1969
- Dr. Ludwig Schneider FDP 1953 - 1957 (ab 1956 zur FVP übergetreten)
- Rudolf Seiters CDU/CSU 1998 - 2002
- Dr. Hermann Otto Solms FDP 1998 - heute
- Richard Stücklen CDU/CSU 1976 - 1979 und 1983 - 1990
- Dr. Antje Vollmer Bündnis 90/Die Grünen 1994 - heute
- Dr. Richard von Weizsäcker CDU/CSU 1979 - 1981
- Heinz Westphal SPD 1983 - 1990
- Heinrich Windelen CDU/CSU 1981 - 1983
- Richard Wurbs FDP 1979 - 1984