Zum Inhalt springen

Adalbert Stifter

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2005 um 23:01 Uhr durch Deadhead (Diskussion | Beiträge) (Adalbert Stifter Fest). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Adalbert Stifter (nach einem Gemälde von Bartholomäus Székely)

Adalbert Stifter (* 23. Oktober 1805 in Oberplan, tschechisch: Horní Planá, Böhmen - damals Österreich; † 28. Januar 1868 in Linz) war ein österreichischer Schriftsteller, Maler und Pädagoge. Er war ein bedeutender Schriftsteller des Biedermeier.

Leben

Datei:035 boemerwald medium.jpg
Geburtshaus in Oberplan

Adalbert Stifter wurde am 23. Oktober 1805 als ältester Sohn des Leinwebers und dann als Garnhändler tätigen Johann Stifter und dessen Frau Magdalena in Oberplan an der Moldau geboren und trug anfänglich den Namen Albert. Der Vater verstarb früh durch einen Arbeitsunfall, als ihn ein umstürzender Flachswagen 1817 erschlug. Bis der Großvater mütterlicherseits, Franz Friepes, Adalbert 1818 gegen einigen Widerstand auf die Lateinschule schickte, arbeitete der bei der Mutter aufwachsende Stifter vor allem in der Landwirtschaft des väterlichen Großvaters Augustin Stifter, um die kargen Lebensverhältnisse der Familie zu bessern. 1820 heiratete die Mutter den Bäckermeister Ferdinand Mayer. 1825 erkrankte Stifter an den als »echte Blattern« bezeichneten Pocken.

Bis 1826 besuchte Stifter die Lateinschule der Benediktiner in Kremsmünster. Während dieser Zeit in der Klosterschule, die er später als besonders glücklich bezeichnete, wurden die Grundlagen für eine aufgeklärte Betrachtung der Natur, Literatur und Kunst gelegt.

1826 nahm er ein Studium der Rechte in Wien auf und erzielte bei den ersten Prüfungen gute Ergebnisse. Sein Studium finanzierte er durch Privatunterricht, den er als Hauslehrer gab. In die Zeit seines Studiums fallen auch erste dichterische Versuche (1827), die von Goethe, Herder und Jean Paul beeinflusst sind. Zu dieser Zeit verliebte er sich unglücklich in Fanny Greipl; gleichzeitig verfiel er in zunehmende Selbstzweifel, die er durch Alkoholmissbrauch zu verdrängen versuchte. Die unglückliche Beziehung zu Fanny belastete auch seine Leistungen an der Universität, bis er 1830 sein Studium ohne Abschluss abbrach.

Um 1829/30 entstand Stifters erste Prosaarbeit Julius, eine unvollendete Erzählung, in der noch immer das Vorbild Jean Pauls spürbar ist. 1832 und 1833 bemühte sich Stifter erfolglos um amtliche Lehrstellen. Im Februar 1833 brach Fanny die sporadische Beziehung dann ab, und kurz darauf lernte Stifter die Putzmacherin Amalie Mohaupt (1811-1883) kennen, die von seiner Umgebung als ihm intellektuell unterlegen geschildert wird. Erst nach dem Scheitern eines letzten Reuebriefes an Fanny am 20. August 1835 versprach er Amalie die Ehe. Um 1834/35 dürfte auch Der Condor entstanden sein, der aber erst 1840 zur Veröffentlichung gelangte.

1836 heiratete Fanny den Finanzbeamten Fleischanderl, am 15. November 1837 heiratete Stifter Amalie und versuchte offenbar auf diese Weise, die innere Ordnung seines Lebens wiederherzustellen. Die materiellen Sorgen aber wurden umso augenfälliger und verließen den Dichter auch in der Ehe mit der fast verschwendungssüchtigen Amalie nicht mehr, wie Pfändungen 1837 und 1841 belegen. Um 1836/37 entstanden auch die Feldblumen, die 1841 veröffentlicht wurden.

Noch vor der Eheschließung hatte sich Stifter 1837 um eine Anstellung an der Forstlehranstalt Mariabrunn beworben. 1839 entstanden die ersten wichtigeren Gemälde Blick auf Wiener Vorstadthäuser sowie Blick in die Beatrixgasse und Ruine Wittinghausen. Im selben Jahr verstarb auch Fanny. 1840 erschien Der Condor in der Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode und wurde wohlwollend aufgenommen. Im Jahr 1841 folgte die Erzählung Feldblumen im Almanach Iris nach.

Nach 1841 nahm Stifter wieder die Tätigkeit als Hauslehrer auf und unterrichtete u. a. von 1843 bis 1846 Richard von Metternich, den Sohn des österreichischen Staatskanzlers. Der Pester Verleger Gustav Heckenast, der schon den Condor herausgegeben hatte, begann nun, Stifter zu fördern: er wurde Herausgeber des Sammelbandes Wien und die Wiener und veröffentlichte 1842 die Erzählung Der Hochwald in der Iris.

Es folgten einige journalistische Arbeiten, bis dann mit Abdias 1842 der Durchbruch gelang, der Stifter auch materiell zunehmende Unabhängigkeit brachte. Es folgten bis 1844 Brigitta und Das alte Siegel, dann Der Hagestolz und Der Waldsteig. 1843 arbeitete er seine ersten Erzählungen um, und schon 1844 konnte der nunmehr vorwiegend schriftstellerisch tätige Stifter bereits seine gesammelte Erzählungen in den ersten Bänden der Studien vorlegen. Während diese ersten Bände schnell Anerkennung fanden, hatte Stifter mit den 1847 erschienen letzten zwei Bänden der Studien keinerlei Erfolg mehr. Auch der Dichter Friedrich Hebbel kritisierte die Werke des Neulings nun scharf.

Die Unruhen des Revolutionsjahres 1848 brachten Stifter, der als ein Anhänger der revolutionären Bewegung und als der »fortgeschrittenste Liberale« galt und auch als Wahlmann für die Nationalversammlung fungierte, dazu, Wien zu verlassen und nach Linz zu übersiedeln. Hier veröffentlichte er 1849 die Erzählung Die Landschule, die die Arbeit der Landschullehrer positiv hervorhob. 1850 wurde er selbst, nun wieder zunehmend von finanziellen Sorgen geplagt, zunächst provisorisch und 1853 enddgültig zum Schulrat ernannt.

Die Ehe mit Amalie hat Stifter selbst als glücklich beschrieben, doch scheint die Kinderlosigkeit das Paar belastet zu haben. Die Stifter nahmen eine Nichte Amalies als Tochter auf. Diese riss aber mehrmals von zu Hause aus; nachdem sie auch im Winter 1859 mehrere Tage verschwunden war, fand man schließlich ihre Leiche in der Donau. Ob der Tod durch einen Unfall verursacht wurde oder ob sich das Mädchen umgebracht hat, blieb ungeklärt. In jedem Falle hat der Verlust die Stifters schwer getroffen.

Adalbert Stifter wird als unmäßiger Esser und Trinker geschildert, der pro Jahr 600 Liter Wein und Bier verbrauchte. Diese Maßlosigkeit blieb nicht ohne Folgen. Stifters Gesundheitszustand verschlechterte sich rasch. Mehrmals begab er sich zu Kuraufenthalten für ein "Nervenleiden"; die Arbeit an seinem historischen Roman "Witiko" zögerte sich dadurch - sehr zum Leidwesen seines Verlegers - über mehrere Jahre hinweg. Schließlich war er nicht mehr in der Lage, sein Amt zu erfüllen. Durch die Intervention eines Gönners wurde er mit dem Titel eines Hofrates pensioniert. Von den zunehmenden Beschwerden einer Leberzirrhose geplagt, öffnete sich Stifter am 26. Januar 1868 auf dem Krankenbett mit einem Rasiermesser die Halsschlagader und starb zwei Tage darauf. Auf dem St.-Barbara-Friedhof der Stadt Linz fand Adalbert Stifter schließlich seine letzte Ruhestätte.

Würdigung

Wie kaum ein anderer vermag Stifter noch heute seine Leserinnen und Leser zu berühren, sie zu schroffer Abgrenzung oder unbedingter Liebe zu verleiten.

Und dies, obwohl für manche seiner Kritiker seine Figuren eigentlich keine Figuren sind, sein Werk sich im Darstellen von Natur und Landschaft erschöpfen soll und zuletzt auch seine unausgesprochen das Werk durchwirkende Sittlichkeit eher konservativ oder restaurativ genannt wurde. Kritisiert wird auch Stifters Stil mit seinen weitschweifigen und langatmigen Worten. »Was wird hier nicht alles betrachtet und geschildert…«, beschwerte sich schon Hebbel über den Nachsommer, »… es fehlt nur noch die Betrachtung der Wörter, womit man schildert, und die Schilderung der Hand, womit man diese Betrachtung niederschreibt …« (in: Leipziger Illustrierte Zeitung, 4. September 1858). Von ähnlichen Kritiken, die auf den Mangel an »Leidenschaft und Tatkraft« sich setzte und das »Dargestellte altväterisch und beschränkt« nannte, berichtet auch Hugo von Hofmannsthal in einem Nachwort zu dem Roman.

Zu Stifters Bewunderern zählt dagegen Friedrich Nietzsche, der den Nachsommer und Kellers Leute von Seldwyla, den ersten Teil der Jung-Stillingschen Lebensgeschichte und Lichtenbergs Aphorismen einzig neben Goethe, vor allem dessen Gespräche mit Eckermann stehen sieht, oder Karl Kraus, der die Zeitgenossen, sofern sie noch »… ein Quäntchen Menschenwürde und Ehrgefühl …« besäßen, auffordert, »… vor das Grab Adalbert Stifters [zu] ziehen, … um Verzeihung [zu] bitten und hierauf einen solidarischen leiblichen Selbstmord auf dem angezündeten Stoß ihrer schmutzigen Papiere und Federstiele [zu] unternehmen.« (in: Die Fackel, April 1916).

Kritik und Lob machen sich vor allem an zwei Aspekten fest: Sittlichkeit und Natur in Stifters Werk. Stifter selbst »… gibt nicht das Bild des Idyllikers der Biedermeierzeit …« (Weiss 1924, 108), steht dem Zweifeln und Leiden und Suchen im Abdias näher, lotet Grenzen aus, vermeidet Pathos, vor allem jenen der Revolution. Die Landschaft des Menschen, der Seele aber ist in der Parallelwelt der Natur gespiegelt. »So verschwindet zu unserer tiefsten Befreiung und Befriedigung die Grenze zwischen dem Menschen in der Landschaft und der Landschaft im Menschen.« (Weiss 1924, 110). Und dennoch ist die Leidenschaft nicht ausgetilgt, sondern im Ursprünglichen sublimiert. Eine eifernde Leidenschaft, dem »… Blitz, welcher Häuser spaltet…« (3/8) gleich, lehnt Stifter ab, so dass Joseph von Eichendorff sagen kann, er hätte »nicht eine Spur von moderner Zerrissenheit, von selbstgefälliger Frivolität, von moralisch experimentierender Selbstquälerei …« (Zur Geschichte der neuern romantischen Poesie in Deutschland, in: Historisch-politische Blätter, 1846) und dennoch Thomas Mann Recht behält, wenn er findet, »… dass hinter der stillen, innigen Genauigkeit gerade seiner Naturbetrachtung eine Neigung zum Exzessiven, Elementar-Katastrophalen, Pathologischen wirksam ist …« (Die Entstehung des Doktor Faustus, 1949).

Neben den Genannten wirkte Stifter u. a. auch auf Rosegger und Ganghofer, auf Heyse, Freytag und Wildenbruch, auf Storm und Fontane und schließlich Hesse.

Werke im Überblick

Adalbert-Stifter-Gedenktafel in Frymburk

Stifter heute

Stifters Leben und Wirken im Grenzbereich zwischen deutscher und tschechischer Kultur ließ Adalbert Stifter zum Namenspatron einiger verbindender Projekte werden:

  • So hat sein Heimatort 2003 ein "Adalbert-Stifter-Zentrum" eröffnet. In diesem Begegnungs- und Studienzentrum soll die kulturelle Bindung zwischen Österreich, Tschechien und Deutschland vertieft werden.
  • Seit 1947 engagiert sich der Adalbert-Stifter-Verein in München, das Erbe der deutschsprachigen Kunst und Kultur in Böhmen zu erhalten. Seit 2001 ist hier auch das offizielle deutsch-tschechische Kulturinstitut angesiedelt, das den kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Tschechien fördert und unterstützt.
  • In Gersthofen gibt es die Adalbert-Stifter-Siedlung mit dem Stifter-Platz, auf dem ein Denkmal zu Ehren Adalbert Stifters errichtet ist.
  • Mehrere Schulen wurden nach Stifter benannt, so z. B. Gymnasien in Passau, Bozen, Castrop-Rauxel und Linz.
  • Das Stifter-Denkmal beim Plöckenstein befindet sich bei einem Aussichtspunkt auf den Plöckensteinsee.
  • In Linz gibt es ein StifterHaus, welches ein Literatur-Institut für die Literatur Oberösterreichs ist. Es ist Veranstaltungsort für diverse Literaturausstellungen. Im Mai 2005 wurde das Literaturmuseum im StifterHaus zum Museum des Monats ernannt.

Literatur (Auswahl)

  • Becher, Peter: Adalbert Stifter. Sehnsucht nach Harmonie. Eine Biografie. Regensburg: Friedrich Pustet, 2005. - ISBN 3-7917-1950-5 (Der Autor ist Geschäftsführer des Adalbert Stifter Vereins in München)
  • Wolfgang Matz: Adalbert Stifter oder Diese fürchterliche Wendung der Dinge. Biographie. München: Hanser 1995. ISBN 3-446-18317-5 (2005 auch als Taschenbuch bei dtv: ISBN 3-423-34220-X)
  • Franz Baumer, Adalbert Stifter, München 1989
  • Michael Fuchs, Stifter; Artikel in: BBKL 10 (1990), 1460-1463 (mit weiterer Literatur)
  • Mathias Mayer, Adalbert Stifter, Ditzingen 2001
  • Karl Pörnbacher, Literaturwissen Adalbert Stifter, Ditzingen 1998
  • Urban Roedl, Adalbert Stifter in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg
  • Erich Fechner, Recht und Politik in Adalbert Stifters Witiko, 1952
  • Margaret Gump, Alles um der Ehre willen: Stifters »Das alte Siegel« und Fontanes »Effi Briest«, in: Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich. Vierteljahresschrift 28, 1979, 49-50
  • Hendrik Achenbach, Natur versus Kultur? 'Wilde Mädchen' im Erzählwerk Adalbert Stifters. Magisterarbeit, Siegen 1998 (HTML, PDF)

Filme

Zitate

Vorlage:Wikiquote1


Veranstaltungen zu Adalbert Stifter

  • November: Ein Blumenstrauß für Adalbert Stifter zu seinem 200. Geburtstag.
 Ausstellung vom 16. bis 27. November 2005 in der Stadtbibliothek Eppelheim, Jahnstraße 2 -    
 Nähe Rhein-Neckar-Halle. Täglich geöffnet von 14 bis 18 Uhr.
 Veranstalter: Heimatgruppe der Böhmerwälder Eppelheim.


Adalbert Stifter Fest

Zu seinem 200 Geburtstag in der Adalbert Stifter Strasse 19 in 69434 Hirschhorn bei Ulli an der Goldenen Pfanne. Beginn 10 Uhr mit Ansprache von Frau BGM Ute Stenger anschließend ökonomischer Straßen - Gottesdienst mit Initiator Pfarrer Tilmann Pape und Dekan Clement. Lesung aus dem Leben Adalbert Stifters mit Frau Ursula Joerg und Herrn Wilhem Kerle. Fam. Hess bringt eine musikalische Einlage mit Melodien seiner Heimat. Ab ca. 11 Uhr Frühschoppen mit den bekannten, jung gebliebenen "Dominos". Zum Mittagstisch bietet Ulli und sein Pfannenteam ein Adalbert Stiftermenü und verschiedene seine Leibspeisen. Mit Kaffee und Kuchen beenden wir die Gedenkfeier für Adalbert Stifter.