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Provinz Westpreußen

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Westpreußen war eine preußische Provinz beiderseits der unteren Weichsel mit der Hauptstadt Danzig. Sie wurde 1772/1793 aus den in der Ersten und Zweiten Teilung Polens annektierten Gebieten (ohne das Ermland) gebildet und umfaßte das dem Deutschen Orden 1230 überlassene Culmer Land, den Westteil des vom Orden seit 1231 eroberten Pomesanien, das 1309 vom Deutschen Orden eroberte slawische Herzogtum Pommerellen sowie die ehemaligen großpolnischen Kreise Flatow und Deutsch Krone. Friedrich II. hatte verfügt, daß diese neugebildete Provinz den Namen "Westpreußen" erhalten solle, während das Herzogtum Preußen, vereinigt mit dem Ermland, fortan den Namen "Ostpreußen" führen solle. Das Gebiet bildet einen Teil der polnischen Województwo Pomorskie.

Besitzergreifung

Nach dem Abschluß des Teilungsvertrages mit Österreich und Rußland vom 5. August 1772 erließ Friedrich der Große am 13. September 1772 das sogenannte „Besitzergreifungspatent“. Der polnische Reichstag ratifizierte die Abtretungsverträge am 30. September 1773, sodaß diese völkerrechtliche Verbindlichkeit erhielten. Solche Landverschiebungen ohne Rücksicht auf die betroffene Bevölkerung waren in der Kabinettspolitik des 18. Jahrhundert gängige Praxis. Man denke z. B. an die spanischen bzw. österreichischen Niederlande oder an Lothringen.

General v. Alt-Stutterheim und der ostpreußische Etatminister und Oberburggraf von Rohd nahmen mit mehreren Unterkommissionen und der nötigen militärischen Begleitung die Palatinate Pommerellen, Kulmerland und Marienburg sowie das Ermland in Besitz. Nennenswerten Widerstand gab es nicht. Gleichzeitig ergriff der Geheime Finanzrat v. Brenckenhoff Besitz vom Netzedistrikt. Bereits am 27. September huldigten die Stände des gesamten neuen Gebietes den beiden königlichen Kommissaren im Großen Remter der Marienburg. Eine zweite Huldigung erfolgte am 22. Mai 1775 vor Brenckenhoff in Hohensalza (Inowraclaw), nachdem die Grenzen des Netzedistrikts inzwischen erweitert worden waren.

Im Frühjahr 1793, während Preußen mit dem revolutionären Frankreich im Kriege stand, vereinbarten Preußen und Rußland, weitere Teile des polnischen Reiches unter sich zu teilen. Unter anderem sollten Danzig und Thorn danach zu Westpreußen kommen. Am 11. März 1793 beschlossen der Rat und die Bürgerschaft der Stadt Danzig einstimmig, sich der Oberhoheit des preußischen Königs zu unterstellen. Am 28. März sollten die preußischen Truppen unter General Raumer in die Außenwerke der Stadt einrücken. Dabei kam es zu einer Meuterei der Danziger Stadtsoldaten, die sich gegen ihre Offiziere stellten und auf die anrückenden Preußen zu schießen begannen. Unter den Danziger Stadtsoldaten waren nämlich viele, die zuvor aus preußischen Diensten desertiert waren und die nun fürchteten, bestraft zu werden. Andere fürchteten, zum preußischen Heere eingezogen und in den Krieg gegen das revolutionäre Frankreich geschickt zu werden. Schließlich gelang es den Stadtvätern, die Meuterei zu unterdrücken. Am 4. April, wie mit Rußland vereinbart, zogen die preußischen Truppen ohne Zwischenfälle in die Stadt ein. Am 7. Mai huldigte die Stadt im Rathaus vor General Raumer und dem Regierungspräsidenten v. Schleinitz als den Vertretern des preußischen Königs. Gleichzeitig huldigte die Stadt Thorn, die gewünscht hatte, als „eine mit Danzig verschwisterte deutsche und preußische Stadt, in Danzig huldigen zu dürfen".

Innere Verwaltung

Der König hatte 1772 angeordnet, daß das Ermland unter die Verwaltung der Königsberger Kriegs- und Domänenkammer kommen sollte. Für die neuen Gebiete Elbing, Marienburg, Kulmerland und Pomerellen sollte eine neue Kriegs- und Domänenkammer in Marienwerder eingerichtet und ihr auch die preußischen Ämter Marienwerder und Riesenburg und die Erbämter Schöneburg und Deutsch-Eylau zugeschlagen werden. Der Netzedistrikt sollte zunächst eine selbständige Verwaltung unter dem Geheimen Finanzrat v. Brenckenhoff erhalten.

Schon im Juni 1772 hatte Friedrich bei einer persönlichen Zusammenkunft in Marienwerder den Präsidenten der Gumbinner Kriegs- und Domänenkammer, Joh. Friedr. v. Domhardt, zum Oberpräsidenten aller drei preußischer Kammern, der Königsberger, der Gumbinner und der für die zu erwerbenden Gebiete neu zu schaffenden Marienwerderschen Kammer ernannt. Dabei wurde die Marienwerder Kammer zunächst nicht dem Generaldirektorium in Berlin unterstellt, sondern blieb unmittelbar vom König abhängig. In einer Kabinettsorder v. 31. Januar 1773 an Domhardt gab Friedrich der neuen Provinz den Namen „Westpreußen“, während die alte Provinz Preußen nunmehr „Ostpreußen“ heißen sollte. Beide Provinzen zusammen bildeten nun das „Königreich Preußen“. Friedrich nannte sich nun „König von Preußen“, statt bisher „König in Preußen“.

Westpreußen wurde in sieben „Landrätliche Kreise“ eingeteilt, nämlich:

  • Marienwerder
  • Marienburg
  • Culm (Kulm)
  • Michelau
  • Dirschau
  • Stargard
  • Konitz

Der Netzedistrikt, das „Cammer-Deputations-Departement“, wurde 1775 völlig in Westpreußen einverleibt. Es wurden vier Landrätliche Kreise eingerichtet:

  • Bromberg
  • Inowraclaw (Hohensalza)
  • Cammin
  • Deutsch-Krone
  • An der Spitze eines landrätlichen Kreises stand der von der Regierung ohne Mitwirkung der Kreiseingesessenen ernannte Landrat. Er gehörte fast durchweg dem Adel, wenn auch nicht immer dem einheimischen an. Als staatlicher Beamter hatte er die allgemeine polizeiliche Aufsicht über die adligen Güter, ihre Bauern und über die Kölmer. 1787 erhielt die westpreußische Ritterschaft das Privileg, freigewordene Landratsstellen durch Wahl aus ihrer Mitte zu besetzen.
  • Neben den Landräten standen die „Beamten“, das waren die Verwalter der Domänenämter innerhalb des gleichen landrätlichen Kreises.
  • Eine dritte Gruppe bildeten die Steuerräte. Sie verwalteten die Steuerkreise, in denen jeweils eine Anzahl von Städten zusammengefaßt war.

Diese drei Institutionen griffen zwar räumlich ineinander über, ihre Amtsbefugnisse waren jedoch streng getrennt. Den Landräten oblag die Einziehung der Kontribution, den Domänenämtern die Einziehung der Pachterträgnisse der zu ihrem Amt gehörenden Pachtgüter, und die Steuerräte hatten für die Erhebung der Akzise zu sorgen. Das war eine Art Umsatzsteuer, die an den Stadttoren von den eingeführten und ausgeführten Waren erhoben wurde.

Justizverwaltung

Im polnischen Preußen war es durch das Nebeneinander des kulmischen und eines dem polnischen nachgebildeten Adelsrechts nicht zu einer einheitlichen Kodifikation gekommen. Für die große Mehrheit der leibeigenen Bauern gab es überhaupt kein geregeltes Recht. Durch das „Notifikationspatent betreffend die Einrichtung des Justizwesens“ v. 28. September 1772 wurden das bisher gültige Recht und die Gerichte aufgehoben. Die in Ostpreußen erprobte Gerichtsverfassung und das dort geltende „Verbesserte Landrecht von 1721“ wurden jetzt auch in Westpreußen eingeführt.

Es wurden zwei Obergerichte eingerichtet:

  • Die „Westpreußische Regierung“ zu Marienwerder. Es erhielt den Namen „Regierung“, weil es neben der obergerichtlichen Rechtsprechung auch Verwaltungsaufgaben in Hoheits-, Kirchen- und Schulsachen einschließlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu erfüllen hatte. Erst im 19. Jahrhundert setzte sich die Trennung von Justiz und Verwaltung durch.
  • Das „Westpreußische Hofgericht“ zu Bromberg, welches keine Verwaltungstätigkeiten ausübte und nur als Obergericht tätig war.

Untergerichte waren

  • die Domänenjustizämter,
  • die Stadtgerichte,
  • die Patrimonialgerichte.
  • Elf Domänenjustitzämter in Westpreußen und vier im Netzedistrikt wurden eingerichtet. Sie traten an die Stelle der Starosteigerichte. Mehrere Domänen wurden dabei unter der Leitung eines fachlich gebildeten Justizamtmanns zusammengefaßt.
  • Die Stadtgerichte und
  • die Patrimonialgerichtsbarkeit der adligen Güter blieben erhalten. Sie wurden jedoch reformiert und einer Beaufsichtigung durch die Obergerichte unterworfen.

Einen gewissen Abschluss fand die Rechtsentwicklung mit der Einführung des „Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten“ am 1. Juni 1794.

Kontributionskataster

  • Im Steuerwesen wurde durch die „Instruktion für die Klassifikationskommission“ vom 5. Juni 1772 die Kontribution eingeführt. Es fand vom September 1772 bis Anfang 1773 eine genaue Vermessung des Landes und eine Schätzung des Ertrages der einzelnen Grundstücke statt. Dabei wurde die Güte der Böden „klassifiziert“, die zu leistende Abgabe, die Kontribution, also nicht allein nach der Flächengröße, sondern auch nach der Bodenqualität der Grundstücke festgesetzt. Diese Erhebungen zeigten den trostlosen Zustand des flachen Landes und der kleinen Städte. Da sie zu steuerlichen Zwecken erhoben worden sind, kann ihnen nicht die Absicht unterstellt werden, den vorgefundenen Zustand absichtlich schlecht dargestellt zu haben. Ihr Quellenwert ist daher unbestritten.
  • Das Kontributionskataster enthielt aber auch eine namentliche Erfassung aller Haushaltsvorstände, jeweils mit der Angabe, wie viele männliche und weibliche Personen jeweils unter und über 12 Jahren jeder Haushalt umfaßte, welche Berufe ausgeübt wurden und welcher Konfession die Personen waren. Eine Erfassung der ethnischen Zugehörigkeit (Deutsche, Kaschuben, Polen) hat bei dieser Gelegenheit nicht stattgefunden. Ein Nationalgefühl war damals noch nicht ausgeprägt. Aufgrund anderer Quellen weiß man aber, daß die pommerellische Bevölkerung etwa zur Hälfte aus Deutschen, zur anderen Hälfte aus Kaschuben und Polen bestand. Die Deutschen waren im allgemeinen lutherisch und lebten hauptsächlich in den Städten und als Bauern in einem west- östlich verlaufenden Streifen im Netzegebiet. Das Kontributionskataster ist heute noch eine Fundgrube für Familienforscher.

Maßnahmen zur Förderung des Landes

Infrastruktur

  • Der König sorgte auch für die Erhaltung und Verbesserung der Deiche in der Weichsel- und Nogatniederung und für die Schiffbarmachung der Nogat.
  • Nach nur zwei Jahren Bauzeit war der Bromberger Kanal 1774 fertig geworden. Mit 27 km Länge, einer Scheitelhöhe von 25 Metern und neun Schleusen verbindet er die Oder mit der Weichsel und erschien jener Zeit geradezu als Wunderwerk.
  • Geregelte Postverbindungen in der ganzen Provinz dienten der Wirtschaft und der Verwaltung.

Land- und Forstwirtschaft

  • Die zahlreichen Starosteien wurden in Domänen umgewandelt und an deutsche bürgerliche Domänenbeamten verpachtet.
  • Der umfangreiche Kirchenbesitz wurde in staatliche Verwaltung genommen. Die kirchlichen Einrichtungen blieben jedoch Eigentümer und erhielten eine Art Pachtentschädigung.
  • Die umfangreichen, aber völlig verwahrlosten Forsten wurden in eine gegliederte staatliche Forstverwaltung genommen. Für den Forstdienst wurden generell ausgediente Soldaten, auch Invaliden, aus dem Jägerkorps eingesetzt, die regelmäßig in Abständen von mehreren Jahren an andere Orte versetzt wurden.
  • Besondere Förderung erhielt die Landwirtschaft durch billige Abgabe guten Saatgetreides und durch die Einführung des Kartoffelbaus, durch den die regelmäßig bestehende Gefahr von Hungersnöten gebannt wurde. Die Kartoffel gedieh gut auf den sandigen Böden. Es wurde Sorge getragen für eine Vermehrung und Verbesserung des Viehbestandes und die Anpflanzung von Obstbäumen.
  • Durch die Errichtung der „Westpreußischen Landschaft“ im Jahre 1787 wurde die Verschuldung und das Hypothekenwesen der adligen Güter geordnet. Es war eine Verbindung der freiwillig daran teilnehmenden adligen Güter und deren Besitzer zu einer – wie wir heute sagen würden – Pfandbrief- und Bodenkreditanstalt. Zu deren Einrichtung und Fonds stiftete der König 200.000 Reichstaler. Für die ausgegebenen Pfandbriefe hafteten alle teilnehmenden Grundstücke. Die Pfandbriefe mußten überwiegend in kleinen Stückelungen von 50 und 100 Reichstalern ausgegeben werden, damit sie möglichst breiten Absatz fanden. Dagegen konnten die Teilnehmer günstige Kredite erhalten.

Schulwesen

  • Der König hatte schon im Jahre 1763 das „General-Landschul-Reglement“ erlassen. Darin war die allgemeine Schulpflicht angeordnet worden. Es traf ferner Bestimmungen über die Wahl seminaristisch gebildeter Lehrer, den Umfang des Unterrichtsstoffs und über die Beaufsichtigung der Schulen. Dieses Schulgesetz wurde 1772 auch in Westpreußen eingeführt und zunächst durch Einrichtung von Schulen auf den Domänenämtern für die Bildung des Landvolkes gesorgt. Rund 150 Schulen sind unter Friedrichs Regierung in Westpreußen gegründet worden. Am Ende des Jahrhunderts gab es in Westpreußen 180 städtische und 750 Landschulen.
  • Die höhere Schulbildung hatte im polnischen Preußen in den Händen des Jesuitenordens gelegen. Dieser Orden war durch das päpstliche Breve vom 21. Juli 1773 aufgehoben worden. Friedrich ordnete daher die Umwandlung der Kollegien in Rößel, Graudenz, Konitz, Bromberg, Marienburg und Deutsch-Krone zu katholischen Gymnasien an. Die Kollegien in Alt-Schottland und Braunsberg wurden zu Bildungsanstalten für den katholischen Klerus. Leiter und Lehrer wurden die ehemaligen Mitglieder des Ordens.

Heereswesen

  • Friedrich hatte von Anfang an auch an eine Vermehrung seines Heeres gedacht. Fünf neue Infanterieregimenter und ein Kavallerieregiment, daneben Artillerie und Garnisontruppen konnten aufgestellt werden.
  • Zahlreich war der vorgefundene kaschubische Kleinadel. Der Adel war an Grundbesitz gebunden. Durch jahrhundertelange Erbteilungen waren aber viele Adelsgrundstücke auf die Größe von Kleinbauernstellen geschrumpft. Die Redensart „Ich bin pan (=Herr) und Du bist pan; aber wer soll die Schweine hüten?“ gibt den Zustand treffend wider. Diesem zahlreichen kaschubischen Kleinadel eröffneten sich Aussichten auf ein Weiterkommen im Militär- und Staatsdienst. Der militärischen Erziehung der westpreußischen jungen Adligen sollte das neugegründete Kadettenhaus in Kulm dienen. Es war zunächst für 60 Kadetten ausgelegt, die Zahl wurde dann auf 100 erhöht.

Städte

Der König ordnete die Neuordnung der städtischen Verwaltungen und ihrer Finanzen an. Die Landstädte trugen teilweise noch die Spuren des schwedisch-polnischen Krieges von 1655 – 1660. So waren z. B. in Kulm 212 „wüste“ Bauplätze vorhanden. Von den noch stehenden 313 Wohnhäusern drohten 70 bis 80 bald von selbst einzufallen.

Die Leibeigenschaft, die vorzugsweise die polnischen und kaschubischen Bauern betroffen hatte, wurde durch VO v. 8. November 1773 durch die mildere Erbuntertänigkeit ersetzt Jeder Untertan, auch der gutsherrliche, sollte bei den ordentlichen staatlichen Gerichten sein Recht suchen dürfen

Wissenschaft und Kultur

  • Die „Naturforschende Gesellschaft“ in Danzig war schon 1743 gegründet worden. Sie bestand bis [[194599.
  • 17981801 erhielt Danzig sein Theater, die beliebte „Kaffeemühle“, wie das Haus wegen seiner kubischen Gestalt mit einem kugelschaligen Aufbau liebevoll genannt wurde. Es wurde bis 1945 genutzt. Schon 1794 war Mozarts „Zauberflöte“ in Danzig mit Begeisterung aufgenommen worden.
  • 1773 wurde in Marienwerder die „Westpreußische Hofbuchdruckerei“ errichtet. In ihr erschien u. a. 1789 Goldbecks Topographie von Westpreußen.

Franzosenzeit 1806 - 1813

Die Katastrophe von 1806 traf die Provinz Westpreußen völlig unerwartet. Am 14. Oktober wurde das preußische Heer bei Jena und Auerstädt vernichtet. Am 27. Oktober zog Napoleon in Berlin ein. Sieben Minister und Mitglieder des Generaldirektoriums leisteten Napoleon den Treueeid. Der König war mit seiner Familie und einigen Ministern über Königsberg und die Kurische Nehrung nach Memel geflohen. Erst am 13. November teilte die in Königsberg (Ostpr.) erscheinende „Königlich Preußische Staats- Kriegs- und Friedenszeitung“ die Niederlage von Jena mit. Napoleon war mit Gewaltmärschen nach Osten vorgedrungen. In der Schlacht bei Pr.-Eylau am 8. Februar 1807 hatten die Russen das Schlachtfeld bereits aufgegeben, als General Lestocq mit seinem ostpreußischen Korps sich gegen die Franzosen behauptete und Napoleon zwang, Winterquartiere zu beziehen. Napoleon verbrachte den Winter in dem Gräflich Dohnaischen Schloß zu Finckenstein an der Grenze zwischen Ost- und Westpreußen. Ende Mai 1807 fiel das von General Kalkreuth verteidigte Danzig.

Durch den Frieden von Tilsit am 7. und 9. Juli 1807 verlor Westpreußen das Kulmerland mit Thorn und den Netzedistrikt bis auf einen schmalen nordwestlichen Streifen an das neugebildete Herzogtum Warschau. Ausgenommen war Graudenz, das bei Westpreußen blieb. Verloren ging aber vor allem Danzig, das zum „Freistaat“ erhoben wurde unter der Schutzherrschaft der Könige von Preußen und Sachsen, in Wirklichkeit aber ein französisches Waffenlager und Stützpunkt an der Ostsee wurde. Preußen wurde bis Ende 1708 bis zur Weichsel besetzt und mit hohen Kontributionen belastet.

In dieser Zeit der tiefsten Erniedrigung begann aber sofort die grundlegende Verwaltungsneuordnung, die als Stein-Hardenbergische Reformen bekannt geworden sind. Die obersten Verwaltungsbehörden wurden neu organisiert. Das Berliner Generaldirektorium fiel weg, mit ihm die Provinzialministerien. Am 26. Dezember 1808 erging die „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-, Polizei- und Finanzbehörden. Die Kriegs- und Domänenkammer in Marienwerder wurde umbenannt in „Westpreußische Regierung“ mit dem Sitz in Marienwerder. Sie hatte nur noch mit Verwaltungssachen zu tun. Die bisherige Westpreußische Regierung wurde zum Oberlandesgericht und befaßte sich ausschließlich mit Rechtsprechung. Damit war die Trennung von Verwaltung und Justiz vollzogen.

Die steckengebliebene Bauernbefreiung wurde 1807 wieder in Angriff genommen. Sie ist erst 1850 vollendet gewesen. Die Steinsche Städteordnung wurde 1808 erlassen, mit der den Städten Selbstverwaltung zugestanden wurde. Die Gewerbefreiheit wurde 1810 eingeführt. Die Juden wurden 1812 weitgehend emanzipiert. Alles diese Maßnahmen wirkten sich natürlich auch in Westpreußen aus.

Befreiungskriege 1813

Die Befreiungskriege gingen von Ostpreußen aus, nachdem die Grande Armée im Spätherbst 1812 auf dem Rückzug von Moskau elend zugrunde gegangen war. Aber eine starke französische Besatzung unter General Rapp in Danzig hielt den Angriffen der vereinigten Russen und Preußen lange stand. Danzig erlitt dadurch herbe Verluste an Menschenleben und Sachwerten. Am 27. November 1813 kapitulierten die Franzosen. Am 19. Februar 1814 wurde der Freistaat aufgelöst und Danzig wieder mit Preußen vereinigt.

Schwieriger gestaltete sich die Grenzregelung im Kulmer und Michelauer Land, das 1807 an das Herzogtum Warschau abgetreten worden war. Es war 1813 von russischen Truppen besetzt worden. Im Hinblick darauf, daß Thorn eine deutsche Stadt war, verzichtete der Zar zwar am 27. November auf Thorn, wollte es aber – wie Krakau – zu einer freien Stadt machen. Erst am 30. Januar 1815 stimmte er der Angliederung Thorns und des ganzen Kulmer Landes an Preußen zu. Erst am 22. Mai 1815 entband der bisherige Landesherr, der Herzog von Warschau, seine bisherigen Untertanen von ihrem Eid. Und erst am 21. Juni, drei Tage nach Napoleons endgültiger Niederlage bei Waterloo, unterstellte die preußische Regierung die Stadt Thorn dem westpreußischen Regierungspräsidenten in Marienwerder. In diesen Grenzen blieb die Provinz Westpreußen bis 1920 bestehen.

Neuordnung des Staates 1815

Auf dem Wiener Kongreß wurden die Grundlagen für eine Neuordnung Europas gelegt. Noch von Wien aus erließ König Friedrich Wilhelm III. am 30. April 1815 die „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden“. In ihr wird der Regierungsbezirk Danzig zum ersten Mal erwähnt. Die Provinz Westpreußen wurde danach in die zwei Regierungsbezirke Danzig und Marienwerder geteilt. An die Spitze der Provinz trat der Oberpräsident Heinrich Theodor von Schön. Sein Amtssitz wurde Danzig. Auch die obersten Provinzialbehörden wurden in Danzig angesiedelt bis auf das Oberlandesgericht, das in Marienwerder blieb.

Die Kreisordnung wurde zwischen 1815 und 1818 eingeführt. Im Regierungsbezirk Danzig entstanden die kreisfreien Städte Danzig und Elbing und die Landkreise Danzig, Neustadt a. d. Rheda, Karthaus, Berent, Pr. Stargard, Elbing und Marienburg. Im Regierungsbezirk Marienwerder wurden gebildet die Kreise Deutsch-Krone, Flatow, Schlochau, Konitz, Schwetz, Graudenz, Kulm, Thorn, Stuhm, Marienwerder, Rosenberg, Löbau und Strasburg. An der Spitze jedes Kreises stand wie bisher der Landrat, aber das Kreisgebiet umfaßte jetzt ein geschlossenes Territorium einschließlich der darin gelegenen Domänen und Landstädte.

Als im Jahre 1824 der ostpreußische Oberpräsident von Auerswald sein Amt niederlegte, übernahm Schön auch das ostpreußische Oberpräsidium und verlegte seinen Amtssitz nach Königsberg. Diese „Personalunion“ zwischen Ost- und Westpreußen wurde fünf Jahre später zur „Realunion“, als auf Schöns Betreiben am 3. Dezember 1829 durch königliches Dekret Ost- und Westpreußen zu einer Provinz „Preußen“ vereinigt wurden.

Regierungspräsidenten waren in Danzig Theodor Balthasar Nicolovius (18191825) und Johann Carl Rothe (18251841); in Marienwerder Theodor von Hippel, der Verfasser des Aufrufs „An mein Volk“ von 1813, (18151823), Eduard von Flottwell (18251830) und Jacobus Justus Philipp Freiherr von Nordenflycht (18311850).

Der Provinziallandtag

Am 22. Mai 1815 hatte König Friedrich Wilhelm III. die Gewährung einer Verfassung versprochen, dieses Versprechen aber nicht gehalten. In Verfolg der „Karlsbader Beschlüsse“ von 1819 beschränkte er sich 1823 auf die Gewährung von Provinziallandtagen. Sie hatten aber nur eine beratende Funktion und das „Recht“(!), Bittschriften an den König zu richten. 1824 fand in Königsberg der erste Provinziallandtag der vereinigten Provinz Preußen statt. In ihm waren drei Stände vertreten: der adlige und bürgerliche Großgrundbesitz mit 15, die Städte mit 13 und die Bauern mit 7 Stimmen. Die folgenden Landtage fanden abwechselnd in Königsberg und Danzig statt.

Die Jahre von 18151870

Landwirtschaft

Wichtigste Aufgabe in der nachnapoleonischen Zeit war die Heilung der Kriegsschäden. Beide Provinzen waren durch Kampfhandlungen verwüstet, ausgeplündert und finanziell erschöpft. Die meisten Güter waren hoch verschuldet. Die Agrarprodukte, vor allem das Getreide, konnten nicht abgesetzt werden, weil der frühere Hauptabnehmer England inzwischen selbst Getreide anbaute und Schutzzölle erhob. Die Getreideausfuhr über Danzig, die auch zwischen 1793 und 1807 noch erheblich gewesen war, sank auf einen nie dagewesenen Tiefpunkt ab. Hinzukam, daß Rußland die Weichsel versanden ließ und seinen Export über seine eigenen Häfen Libau, Riga und die Schwarzmeerhäfen leitete. Die preußische Regierung ließ aus politischen Gründen die Einfuhr billigen russischen Getreides zu. Mehrere reiche Ernten zu Beginn der 20er Jahre vergrößerten das Übel. Die preußische Landwirtschaft erstickte im Getreide. Wegen fehlender Transportmöglichkeiten und der noch bestehenden Binnenzölle war ein Absatz in andere deutsche Gegenden nicht möglich. Dagegen waren die Zucht von Merinoschafen und der Export der Wolle ein Erfolg. Auch die Pferdezucht gewann große Bedeutung. Zahlreiche Güter kamen in den Jahren 18241834 zur Zwangsversteigerung und dadurch in die (bürgerlichen) Hände kapitalkräftiger Käufer aus Handel und Gewerbe.

Schulen

Schön bemühte sich besonders um die Hebung des Schulwesens. In wenigen Jahren gründete er über 400 Volksschulen. Diese Schulen wurden als „Simultanschulen“ geschaffen, in denen Deutsche und Polen, Protestanten und Katholiken einander nähergebracht werden sollten. Dabei mußten auch alle polnischen und kaschubischen Kinder die deutsche Sprache lernen. Das konnte zwar als Zwangsmaßnahme verstanden werden, eröffnete andererseits aber auch diesen Kindern den Weg in höhere Schulen und Universitäten. Viele sind ihn gegangen. Ausdrücklich band Schön auch die Gutsbesitzer in die Gründung von Schulen ein.

Katholische Kirche

Weite Teile der Provinz gehörten zu polnischen Diözesen, und die Kaschuben und Polen waren fast durchweg katholisch. Während bei der Masse der kaschubischen und polnischen Landbevölkerung ein politisches Bewußtsein noch wenig entwickelt war, waren der Adel und vor allem der polnische Klerus von Anbeginn Träger und Prediger eines sehr ausgeprägten polnischen Nationalbewußtseins, verständlicherweise mit antideutscher Zielrichtung. Die katholische Religion war für Adel, Geistlichkeit und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch für die polnisch-kaschubischen Intellektuellen (die alle deutsche Gymnasien und Universitäten besucht hatten) die Identifikation mit dem Polentum, eine Abgrenzung gegen die orthodoxen Russen einerseits und die protestantischen Preußen und Deutschen andererseits.

Neuordnung der Bistumsgrenzen

Nach Verhandlungen des preußischen Staates mit Rom wurden die kirchlichen Verhältnisse in Preußen neu geordnet. Durch die Circumscriptionsbulle "de salute animarum" vom 16. Juli 1821 wurde der größte Teil Westpreußens dem Bistum Kulm unterstellt. Das Gebiet um Elbing und Marienburg kam zum Bistum Ermland. Der Kreis Deutsch-Krone blieb dem Erzbistum Posen-Gnesen direkt unterstellt. Der Sitz des Bistums Kulm wurde nach Pelplin verlegt, die dortige Klosterkirche wurde bischöfliche Kathedrale und ist es noch heute. Hinsichtlich der Bischofswahl wurde bestimmt, daß das zuständige Domkapitel die durch die Kurie zu bestätigende Wahl vornehmen sollte, daß aber vor der Wahl „die dem König weniger angenehmen Kandidaten“ von der Kandidatenliste zu streichen seien. Schön setzte durch, daß der deutsche Domherr Ignatz von Mathy 1821 zum Bischof von Kulm ernannt wurde. Sein Nachfolger wurde der deutsche Schlesier Anastasius Sedlag (18331856). Bischöfe von Ermland waren Fürst Josef von Hohenzollern (18081836) und seit 1836 von Hatten, der 1841 einem Raubmord zum Opfer fiel.

Mischehenstreit

Zu einem Zusammenstoß zwischen der Staatsmacht und der Kirche kam es 1838 im Zusammenhang mit dem Kölner Mischehenstreit, der auch auf die östlichen Diözesen übergriff. Die verschiedenen Konfessionen waren in Westpreußen ja fast stets auch Ausdruck verschiedener ethnischer Zugehörigkeit. Während es in den Diözesen Kulm und Ermland wegen der mäßigenden Haltung der dortigen Bischöfe zu keinen politischen Folgen kam, wurde der Erzbischof von Posen, der polnische Graf Dunin-Sulgustowski (1831 - 1842), verhaftet wie schon vor ihm der Erzbischof von Köln, Freiherr Klemens von Droste-Vischering. Beide hatten darauf bestanden, daß die Kinder aus gemischten Ehen katholisch erzogen werden müßten (was in Preußen zu einer Polonisierung der Kinder geführt hätte), während der Staat die Regelung getroffen hatte, daß die Kinder der Konfession des Vaters zu folgen hätten.

Klöster

Mit Edikt vom 31. Oktober 1810 wurde die Aufhebung der Klöster angeordnet, wie es in anderen – auch katholischen - Ländern auch geschehen war. Die Ausführung geschah zögernd und war erst 1833 abgeschlossen. Die Konvente waren seit den Tagen der Reformation vielfach nur mit wenigen Mönchen besetzt.

Polen und Kaschuben

Das Polentum spielte in Westpreußen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts politisch nur eine sehr geringe Rolle. Die Städte – bis auf Kulm - waren völlig oder ganz überwiegend deutsch. In weiten Teilen der Provinz, z. B. im Danziger Werder, in den rechts der Weichsel liegenden Kreisen und im Gebiet der einstigen Neumark mit Deutsch-Krone, Schlochau und Flatow war auch die ländliche Bevölkerung rein oder in der großen Mehrheit deutsch. Die große Masse der polnisch oder kaschubisch sprechenden Bevölkerung blieb mit wenigen Ausnahmen bis ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts politisch uninteressiert, besonders die Kaschuben. Ein wirkliches Nationalgefühl hat sich bei den Kaschuben nicht entwickelt, nur ein Regionalbewußtsein von wechselnder Stärke, das gegenüber den sogenannten „Kongreßpolen“ (das sind die Einwohner des im Wiener Kongreß geschaffenen Königreichs Polen) auch heute noch lebendig ist. Im Jahre 1825 lebten in Westpreußen 68% Deutsche, 32% Polen und Kaschuben.

Der polnische Aufstand von 1830 in Kongreßpolen, der "Novemberaufstand" führte in Westpreußen zu keinerlei Unruhen. Eine polnische Presse oder irgendwelche politischen oder wirtschaftlichen Organisationen bestanden – noch – nicht.

1848

Die Märzrevolution war in Westpreußen wenig zu spüren. Die drei preußischen Provinzen Ostpreußen, Westpreußen und Posen erhielten das Recht, gleich den anderen deutschen Landschaften, ihre Vertreter in das Frankfurter Parlament zu entsenden. Der Antrag Preußens v. 11. April 1848, Ost- und Westpreußen in den Deutschen Bund aufzunehmen, wurde einstimmig angenommen. Es war das gebildete Bürgertum, das diese nationale Seite der Bewegung vertrat. Der Adel hielt sich zurück. Der Königsberger Universitätsprofessor Eduard von Simson wurde am 18. Dezember 1848 Präsident der Frankfurter Nationalversammlung. Er war es, der Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserkrone anbot. Mit 1848 fand das politische Eigenleben des alten Ordenslandes ein Ende. Seitdem erst tritt Berlin in allen Fragen der inneren Politik in den Vordergrund.

Da viele polnisch sprechende Menschen aus dem russischen Teilungsgebiet Polens nach Westen zogen und wiederum viele Deutsche durch Industrialisierung nach Westen gingen, wurde der Prozentsatz polnischsprachiger Menschen in Westpreußen immer größer. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielten diese preußischen (ethnisch polnische) Kandidaten in Westpreußen (ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend) bei Reichstags- und Landtagswahlen rund ein Drittel der Wählerstimmen, in einigen ländlichen Wahlkreisen (Berent, Karthaus, Neustadt) erreichten sie auch das Reichstagsmandat. Im Rahmen der Volkszählung von 1910 gaben 65 % der Bewohner Westpreußens Deutsch, 28 % Polnisch und 7 % Kaschubisch als Muttersprache an.

Erster Weltkrieg und die Zweite Republik Polen 1914 - 1939

Nach dem ersten Weltkrieg kam Westpreußen durch den Vertrag von Versailles überwiegend ohne Volksabstimmung an Polen (siehe auch polnischer Korridor) und an die neu gegründete Freie Stadt Danzig. Der Landkreis Marienwerder wurde nach einer von der Regierung Ebert in Versailles erreichten Volksabstimmung 1920 als Regierungsbezirk Westpreußen mit dem Sitz Marienwerder der Provinz Ostpreußen angegliedert. Ein kleiner ebenfalls bei Deutschland verbliebener westlicher Teil (Kreise Deutsch Krone, Flatow und Schlochau) wurde 1922 mit dem beim Deutschen Reich verbliebenen Rest der Provinz Posen (Stadtkreis Schneidemühl und Kreise Bomst, Fraustadt, Meseritz, Schwerin (Warthe) und Netzekreis) zur neuen preußischen Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen vereinigt, welche 1938 jedoch aufgelöst und auf die Nachbarprovinzen Brandenburg, Pommern und Schlesien aufgeteilt wurde. Zu Zeiten der Weimarer Republik galt der deutsch-polnische Grenzverlauf in der Region Westpreußen als strittig, da sich bedeutende Teile der deutschen Gesellschaft nicht mit der Abtretung eines großen Teils des Gebietes an Polen abfinden wollten und ein Teil des an Polen abgetretenen Westpreußens eine deutsche Bevölkerungsmehrheit hatte (insbesondere die Städte Thorn und Graudenz). Zudem stand die Politik der Regierung Pilsudski gegenüber der deutschen Bevölkerung des an Polen abgetretenen Westpreußen in der Kritik.

Zweiter Weltkrieg, Volks- und die Dritte Republik Polen 1939 bis heute

Nach der deutschen Besetzung Polens im Zweiten Weltkrieges wurden die bis dahin zu Polen bzw. zur Freien Stadt Danzig gehörenden Teile Westpreußens Ende 1939 vom Deutschen Reich annektiert. Aus ihnen wurde zusammen mit dem bis dahin zur Provinz Ostpreußen gehörenden Regierungsbezirk Westpreußen der Reichsgau Danzig-Westpreußen gebildet. Hinzu traten ferner der Stadtkreis Bromberg und die Landkreise Bromberg und Wirsitz.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das gesamte Gebiet Westpreußens von sowjetischen Truppen in blutigen Kämpfen erobert. Nach dem Ende der Kämpfe wurde das Gebiet an Polen zurückgegeben bzw. unter polnische Verwaltung gestellt. Die polnische Regierung ließ fast die gesamte deutschsprachige Bevölkerung unter erzwungener nahezu vollständiger Zurücklassung des gesamten mobilen und immobilen Besitzes vertreiben. Die Vertreibung selber war von schweren Kriegsverbrechen polnischer und sowjetischer Soldaten an der deutschen Zivilbevölkerung begleitet (Massenvergewaltigungen, Raubmorde). Während die staatliche Zugehörigkeit der zum Deutschen Reich in den Grenzen von 1937 gehörenden Ostgebiete (Ostpreußen, Hinterpommern, Grenzmark Posen-Westpreußen, die Neumark Brandenburg und Schlesien) bis zum Deutsch-Polnischen Grenzvertrag umstritten blieb, erhob die Bundesrepublik Deutschland im Gegensatz zur Weimarer Republik niemals territoriale Ansprüche auf die schon vor dem Zweiten Weltkrieg zu Polen gehörenden Teile Westpreußens.

Verwaltungsgliederung Provinz Westpreußen (vor 1920)

Verwaltungsgliederung vor 1920

Kreis Polnische Bezeichnung Bevölkerung 1905 Polen/Kaschuben Deutsche Juden ¹ ursprünglicher Kreis
Regierungsbezirk Danzig
Elbing-Stadt Elblag 55627 175 55328    
Elbing-Land Elblag 38871 105 38737    
Marienburg Malbork 63110 1705 61044    
Danzig-Stadt Gdansk 160090 3065 154629    
Danzig-Niederung Gdansk 36519 178 36286    
Danziger Höhe Gdansk 50148 5703 44113    
Dirschau Tczew 40856 15144 25466    
Pr. Stargard Starogard Gdanski 62465 44809 17425    
Berent Kocierzyna 53726 29898 23515    
Karthaus Kartuzy 66612 46281 20203    
Neustadt Wejherowo 55587 27358 27048    
Putzig Puck 25701 17906 7629    
Regierungsbezirk Marienwerder
Stuhm Sztum 36559 13473 22550    
Marienwerder Kwidzin 68096 24541 42699    
Rosenberg Susz 53293 3465 49304    
Löbau Lubawa 57285 45510 11368    
Strasburg Brzozie 59927 38507 21008    
Briesen Brzez´no 47542 25415 21688    
Thorn-Stadt Torún 43658 13988 29230    
Thorn-Land Torún 58765 30833 27508    
Kulm Chelmno 49521 25659 23521    
Graudenz-Stadt Grudziadz 39953 4421 30709    
Graudenz-Land Grudziadz 46509 19331 26888    
Schwetz Swiecie 87151 47779 39276    
Tuchel Tuchola 30803 20540 9925    
Konitz Chojnice 59694 32704 26581    
Schlochau Czluchow 66317 10180 55981    
Flatow Złotów 67783 18002 49167    
Deutsch Krone Walcz 63706 653 62977    

¹ Angehörige des jüdischen Glaubens, unabhängig von ihrer Muttersprache

Regierungsbezirk Danzig

Stadtkreise

  1. Danzig
  2. Elbing

Landkreise

  1. Berent
  2. Danziger Höhe [Sitz: Danzig]
  3. Danziger Niederung [Sitz: Danzig]
  4. Dirschau
  5. Elbing
  6. Karthaus
  7. Marienburg i. Westpr.
  8. Neustadt i. Westpr.
  9. Preußisch Stargard
  10. Putzig

Regierungsbezirk Marienwerder

Stadtkreise

  1. Graudenz
  2. Thorn

Landkreise

  1. Briesen
  2. Culm
  3. Deutsch Krone
  4. Flatow
  5. Graudenz
  6. Konitz
  7. Löbau [Sitz: Neumark]
  8. Marienwerder
  9. Rosenberg i. Westpr.
  10. Schlochau
  11. Schwetz
  12. Strasburg i. Westpr.
  13. Stuhm
  14. Thorn
  15. Tuchel

Das Ende der Provinz

Nach 1920 verblieben von Westpreußen die folgenden Kreise bei Deutschland:
Vom Regierungsbezirk Marienwerder:

  1. Deutsch Krone ¹
  2. Flatow ¹
  3. Marienwerder
  4. Rosenberg i. Westpr.
  5. Schlochau ¹
  6. Stuhm

Vom Regierungsbezirk Danzig:

  1. Elbing-Stadt
  2. Elbing-Land
  3. Marienburg (Westpr.)

¹ ab 1922 Teil der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen; die anderen bei Deutschland verbliebenen Kreise gehörten ab 1919 zu Ostpreußen

Das ehemalige Provinzgebiet heute

Heute gehört das Gebiet der ehemaligen Provinz Westpreußen zu den polnischen Woiwodschaften Pommern und Kujawien-Pommern. Die Region ist auch die Heimat eines großen Anteils der größten ethnischen Minderheit Polens, den Polendeutschen.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Bruno Schumacher, Geschichte Ost- und Westpreußens, Würzburg 1958
  • Joh. Fr. Goldbeck, Topographie des Königreichs Preußen, Zweiter Teil, Topographie von Westpreußen, Marienwerder 1789, Ndr. Hamburg 1991
  • Erich Keyser, Danzigs Geschichte, Danzig 1928, Ndr. Hamburg bei Danziger Verlagsgesellschaft Paul Rosenberg, o. J.
  • Gotthold Rhode, Geschichte Polens, 3. Aufl. Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00763-8

Landkarten von Preußen

Folgend sind Weblinks mit historischen Landkarten von Preußen einschließlich Westpreußen, Ostpreußen, Ermland, Freie Stadt Danzig seit circa 1500 bis zum 20ten Jahrhundert: