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Falscher Freund

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Falsche Freunde gehören zu den Übersetzungsfallen.

Es handelt sich um Wortpaare in zwei Sprachen, die ähnlich buchstabiert werden oder sich ähnlich anhören, jedoch unterschiedliche Bedeutungen haben. Dabei können die Wörter entweder ursprungsverwandt sein, sich aber verschieden entwickelt haben, oder aber die Ähnlichkeit ist rein zufällig. Bei relativ nah verwandten Sprachen (z. B. Deutsch und Niederländisch) oder solchen, die lange im relativ engen Kontakt miteinander waren (z. B. Deutsch und Französisch), sind falsche Freunde wesentlich häufiger als bei nicht verwandten Sprachen (z. B. Deutsch und Japanisch). Im letzteren Fall nimmt man auch bei ähnlichen Wörtern meist automatisch an, dass die Ähnlichkeit nur Zufall ist, sodass das Problem gar nicht entsteht.

Ein bekanntes Beispiel ist das englische Wort become, das im Deutschen nicht bekommen bedeutet, sondern werden und stehen (z.B. Kleidungsstück).

Falsche Freunde können auch zur Bedeutungsverschiebung von Wörtern führen. Diesen Mechanismus erklärt die Semasiologie. So hat sich das englische Wort Website im Deutschen nicht mit seiner wörtlichen Übersetzung (die wäre Netz-Ort), sondern mit seiner Falscher-Freund-Übersetzung im Deutschen eingebürgert, und zwar als Webseite. Das englische site (von lateinisch: situs) ähnelt mit seiner Aussprache dem deutschen Seite. Diese Verschiebung wurde allerdings onomasiologisch begünstigt, da Seite auch in der Übersetzung des ähnlichen englischen Begriffs Homepage (= Heim-Seite) vorkommt.

Manchmal werden sogar die Besten ausgetrickst: so wurde aus Crime against Humanity im Deutschen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die dort eingetretene Bedeutungsverschiebung ist so subtil, dass heute – nach Jahrzehnten – noch immer fast niemandem klar ist, dass es um Verbrechen gegen die Menschheit geht.

Man muss unterscheiden zwischen falschen Freunden interlingual (in Bezug auf zwei Sprachen) und intralingual (innerhalb einer Sprache). Diese Paronyme kann man auch falsche Brüder nennen nach dem Buch des Franzosen J. Bertrand: Dictionnaire Pratique des Faux Freres - mots a ne pas confondre entre eux (1979), zum Beispiel: antiseptique/aseptique, amoral/immoral.

Literatur

  • Wolfgang Müller: Leicht verwechselbare Wörter. Duden-Taschenbücher, Band 17, 1973.
  • Ryszard Lipczuk, Pawel Mecner, Werner Westphal: Lexikon der modernen Linguistik. Ausgewählte Begriffe zur Kommunikation und Kognitionswissenschaft. Stettin (Szczecin) 2000, Seite 77f.: Falsche Freunde des Übersetzers; Seite 166: Paronyme (Falsche Brüder);
  • Salifou Traore: Interlinguale Interferenzerscheinungen: In ausgewählten Bereichen von Morphosyntax und Text bei afrikanischen frankophonen Germanistikstudierenden - mit didaktischen Schlussfolgerungen. Frankfurt a. M. 2000
  • Janos Juhasz: Probleme der Interferenz. Budapest 1970
  • Richard Humphrey: False Friends, Falser Friends, Falsest Friends. Klett Uni-Wissen. 2003
  • Wolfgang Müller: Wörterbücher der Zukunft - oder: Terrae incognitae. in: Lexicographica Series Maior 84, Hg. von Herbert Ernst Wiegand 1998; Seite 222-232: Das Wörterbuch der falschen Brüder.

Siehe auch