Stadtbahn
Die Stadtbahn ist ein zu den Bahnen gehörendes Verkehrsmittel im öffentlichen Personennahverkehr.
Definition
Wesensmäßig beinhaltet das mit diesem Begriff bezeichnete Verkehrssystem Eigenschaften und Elemente verschiedener anderer Bahnsysteme im Öffentlichen Nahverkehr, ohne diese vollständig nachzubilden. Insbesondere besteht mit jeweils lokal unterschiedlicher Gewichtung und Mischung eine Ähnlichkeit mit der Straßenbahn, der U-Bahn und der S-Bahn, fallweise können auch Merkmale der Vollbahn oder von Busbahnen auftreten.
Daneben ist eine Stadtbahn natürlicherweise auch durch die Namensgebung der Eigner als solche definiert.
Merkmale
Stadtbahnstrecken haben in Abgrenzung zu U-Bahn-Linien niveaugleiche Kreuzungen mit anderen Verkehrsmitteln. Charakteristisch für Stadtbahnstrecken ist eine Tunnellage in dicht bebauten Gebieten und teilweise eine Hochlage zur Herstellung von niveaufreien Kreuzungen. Ansonsten verlaufen sie auf einer Ebene mit dem Autoverkehr, haben jedoch meist einen eigenen, nicht unbedingt kreuzungsfreien, Bahnkörper (teilweise Rasengleis). Auf gemeinsam genutzten Trassen mit dem Autoverkehr sind die Stadtbahnen - ebenso wie an Kreuzungen - meist technisch bevorrangt. Stadtbahnen müssen im Gegensatz zu U-Bahnen mit Außenspiegeln und Blinkern ausgestattet sein, um auch im Straßenverkehr mitfahren zu können. Sie erhalten ihre Antriebsenergie über Stromabnehmer aus Oberleitungen oder in Tunnelstrecken aus überkopf angeordneten Stromschienen; um Strecken der herkömmlichen Eisenbahn mitnutzen zu können, gibt es Zweisystem-Stadtbahnfahrzeuge, die sowohl den Gleichstrom der innerstädtischen als auch den Hochspannungs-Wechselstrom der Eisenbahnstrecken nutzen können. Mittlerweile gibt es auch Dieselhybrid-Stadtbahnen, die zusätzlich mit einem Dieselmotor ausgerüstet sind.
Häufig wird der Nutzen von Stadtbahnen an der Reisegeschwindigkeit gemessen. Diese variieren jedoch bedingt durch Unterschiede in den Verkehrsregelungen (z. B. Bevorrangung an Lichtsignalanlagen bei niveaugleichen Kreuzungen mit anderen Verkehrsmitteln), der Haltestellendichte, dem Verkehrsaufkommen, der Wartezeit an Haltestellen, den eingesetzten Fahrzeugen u.v.m. Für das Stadtgebiet Düsseldorf wurden von der örtlichen Nahverkehrsgesellschaft basierend auf dem Fahrplan 2001/2002 folgende Durchschnittsgeschwindigkeiten ermittelt: (Quelle: Düsseldorfer Nahverkehrsplan 2002-2007, Seite 45)
- Stadtbahn 29 km/h
- Straßenbahn 17 km/h
- Regionalbus 25 km/h
- Stadtbus 20 km/h
- S-Bahn 39 km/h
- RegionalBahn 60 km/h
- RegionalExpress 99 km/h
Als Gründe für die relativ geringe mittlere Beförderungsgeschwindigkeit der Stadtbahnen in Düsseldorf wurden die nicht vollständig vom MIV getrennten Fahrwege, dichte Haltestellenfolgen wie auch lange Haltenstellenaufenthalte durch relativ hohe Fahrgastaufkommen genannt.
Entwicklung
Als Stadtbahn wurden zunächst Straßenbahn-Netze definiert, die durch Strecken- oder Tunnelneubau ausgeweitet wurden. Größere Netze dieser Stadtbahnen der ersten Generation finden sich in Deutschland z. B. in Hannover, Köln, Stuttgart und Frankfurt am Main. Dabei ist in Hannover die Umwandlung von der „klassischen“ Straßenbahn her seit 1996 abgeschlossen, in Stuttgart wird dies bis 2010 der Fall sein. Frankfurt hat neben den ausgebauten Linien auch weiterhin ein Rest-Straßenbahnnetz. Das im Ruhrgebiet in den 1960er und 1970er Jahren projektierte Stadtbahnnetz Rhein-Ruhr sollte im Endausbau eine vollständig kreuzungsfreie Voll-U-Bahn sein. Die langfristige Auslegung der Planungen und weitere Planungsverzögerungen und -änderungen haben dazu geführt, dass 2003 dieser Zustand noch lange nicht erreicht ist und die Stadtbahnstrecken in vielen Ruhrgebietsstädten parallel zu „klassischen“ Straßenbahnstrecken betrieben werden. Das Stadtbahnnetz in Köln soll auch in Zukunft eine Mischform bleiben, wobei Niederflur-Stadtbahnen noch in wenigen Fällen (ab 2010 zwei Haltestellen weit) die gleichen Strecken befahren wie die Hochflur-Stadtbahnwagen, die u. a. auf Eisenbahnstrecken die Verbindung zum Bonner Netz herstellen.
Stadtbahnen der neuen Generation sind aus konsequentem Streckenneu- und -ausbau hervorgegangen, wie z.B. die Stadtbahnen in Bielefeld und Freiburg im Breisgau.
Auch Übernahme oder Mitnutzung von Eisenbahnstrecken und anderen Gleisen als so genannte Regionalstadtbahn gehört zu den Kennzeichen moderner Stadtbahnen. Diese Idee wurde erstmals 1992 in Karlsruhe eingesetzt, wo auch die ersten Zweisystem-Triebwagen zum Einsatz kamen (mittlerweile ausgedehnt bis nach Heilbronn). Die Stadtbahn erfüllt dort sowohl die Anforderungen einer klassisches Straßenbahn als auch die einer S-Bahn. Das Karlsruher Mischbetriebskonzept oder Karlsruher Modell wird heute zunehmend als TramTrain (Straßenbahn oder Stadtbahn nutzt Eisenbahninfrastruktur) bezeichnet, während die Umkehrung der Idee, wie in Zwickau praktiziert, als TrainTram (Eisenbahnfahrzeug nutzt städtische Straßenbahn oder Stadtbahninfrastruktur oder verkehrt innerstädtisch nach Straßenbahnregularien/BOStrab) bezeichnet wird. Ein derartiges Projekt ohne innerstädtische Straßenbahninfrastruktur wurde mit der RiverLine Camden-Trenton, New Jersey US, realisiert - vergleichbares ist in Aachen in einer künftigen Ausbaustufe der Euregiobahn geplant. Als Vorläufer der TramTrain-Idee sind Mischnutzungen schwach befahrener Eisenbahnstrecken zu sehen, bei denen eine Elektrifizierung mit Straßenbahnoberleitung erfolgte und Eisenbahngüterverkehr mit Dieselantrieb abgewickelt wird (z.B. Köln-Bonner Eisenbahn, Albtalbahn und Hardtbahn in Karlsruhe oder die Strecken nach Baunatal und nach Helsa/Hessisch-Lichtenau in Kassel). Mit Saarbrücken, Kassel, Chemnitz und Nordhausen finden sich derzeit in Deutschland weitere TramTrains der 2. Generation, darunter mit Kassel und Nordhausen zwei Systeme, die mit Dieselhybridfahrzeugen arbeiten, um eine Elektrifizierung regionaler Strecken zu vermeiden (für Chemnitz vorgesehen). Seit 1993 wurden europaweit über 80 TramTrain-Projekte untersucht. Von einem echten Durchbruch kann derzeit noch nicht gesprochen werden, da die besondere Komplexität dieser Projekte bisher in vielen Fällen eine Umsetzung verhinderte.
Bestehende Stadtbahnen

- Stadtbahn Bielefeld
- Stadtbahn Hannover
- Stadtbahn Köln/Bonn
- Stadtbahn Stuttgart
- Stadtbahn Frankfurt am Main
- Stadtbahnnetz Rhein-Ruhr
- Stadtbahnnetz Karlsruhe/Heilbronn
- Stadtbahn Saarbrücken
- Stadtbahn Chemnitz
- Stadtbahn Kassel im Vorlaufbetrieb
- Zwickau (Dieseltriebwagen der Vogtlandbahn auf Straßenbahnschienen in der Innenstadt)
- Raum Gotha (Thüringerwaldbahn), die Gothaer Straßenbahn nutzt seit 1924 Eisenbahnstrecken in die nördlichen Gebiete des Thüringer Waldes.
- Nordhausen im Südharz. Dieses von der Harzer Schmalspurbahnen betriebene Netz ist eine Besonderheit, da dort sowohl Dieselhybrid-Triebwagen als auch Dampflokomotiven eingesetzt werden.
- In der Schweiz werden die Nahverkehrs-Bahnen des Glatttals und des Kanton Zug als Stadtbahn bezeichnet. Die Métro Ouest in Lausanne ist technisch gesehen eine Stadtbahn.
geplant
- Braunschweig (mit Umspurung der Straßenbahnstrecken von 1100 mm auf Normalspur)
- Bremen
- RegioTram Kassel (mit Hybrid-Triebwagen für den Übergang zwischen elektrifizierter und nichtelektrifizierter Strecke)
- Regionalstadtbahn Neckar-Alb (Tübingen/Reutlingen)
- Rostock
in Frankreich als Tram-Train
erwogen
- Aachen (Innenstadttrasse für die Euregiobahn)
- Frankfurt am Main (Regionaltangente West)
- Kaiserslautern (Realisierung unwahrscheinlich)
- Innsbruck (Ausbau der schmalspurigen Stubaitalbahn)
- Wiesbaden (Realisierung unwahrscheinlich)
Siehe auch
- Berliner Stadtbahn
- Wiener Stadtbahn
- Straßenbahn, U-Bahn, S-Bahn
- Stadtbahn Hannover, Nahverkehr in Frankfurt am Main