Zum Inhalt springen

Ilias

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2005 um 18:38 Uhr durch LeonardoRob0t (Diskussion | Beiträge) (Featured article link for pt:Ilíada). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:BKH1


Datei:Ilias.png
Anfang der Ilias.

Die Ilias (altgriechisch Ιλιάς, neugriechisch Ιλιάδα) ist anscheinend das homerische Epos vom Trojanischen Krieg, jedoch ist der Krieg nur das Hintergrundbild für die Auseinandersetzung zwischen dem Völkerfürsten Agamemnon und dem stärksten Mann des griechischen Heeres, Achill (griech. Achilleus). Ihre menschlichen Vorzüge, aber auch Fehler werden in der Ilias ausgeweitet. Zentrales Thema ist der verderbliche Zorn Achills, der unzähligen Achaiern den Tod bringt. Es gilt als das älteste Werk der griechischen und damit der abendländischen Literatur. Seine Niederschrift wird in etwa auf die Zeit um 750 v. Chr. datiert. Die ca. 30 Jahre später entstandene Odyssee beschreibt die Rückkehr des Odysseus aus dem Trojanischen Krieg.

Inhalt

Die Ilias beginnt mit dem so genannten „Zorn des Achill“:

Ménin áeide, theá, Peleiádeo Akhiléos
Den Zorn besinge, o Göttin, des Peleussohns Achilles

Von dem aus der Sage bekannten zehnjährigen Krieg zwischen Griechen und Trojanern stellt Homer lediglich 51 Tage dar:

Der stärkste achaiische Kriegsheld Achill und Agamemnon, der Heerführer der Achaier, geraten über die Sklavin Briseis in Streit, mit der Folge, dass Achill nicht mehr am Kampf teilnimmt. Die Trojaner unter ihrem Vorkämpfer Hektor nehmen diese Gelegenheit wahr und bedrängen die Achaier schwer. Achill gewährt seinem Freund Patroklos, an seiner Statt in den Kampf zu ziehen. Patroklos fällt von Hektors Hand. Daraufhin kommt es zum Zweikampf zwischen dem trauernden Achill und Hektor, in dem dieser fällt. Der Tod Hektors besiegelt das Schicksal Trojas; das Epos aber endet thematisch mit dem Ende des Grimms und dem einsetzenden Mitleid des Achill, der Hektors Vater Priamos den zuvor geschändeten Leichnam seines Sohnes endlich zur Bestattung zurück gibt.

In den über 15.000 Versen der Ilias erzählte Homer von den Schrecken des Trojanischen Krieges. Er schrieb über List und Verrat, über Helden und Götter. Doch seine Erzählung war nicht nur ein Kriegsbericht, sondern das erste schriftliche Zeugnis der griechischen Kultur: Homers Ilias bildete die Grundlage für die Weiterentwicklung der griechischen Literatur (z. B. bezieht die Theaterliteratur viele ihrer Themen anfänglich aus den Sagen um Troja). Ebenso entwickelte sich die griechische Philosophie auch aus der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Ilias: War sie historische Wahrheit oder am Ende nur ein Mythos?. Mit der Ilias „schenkte“ Homer zudem den Griechen ihre Götter: Die zwölf olympischen Götter wurden in der Ilias zum ersten Mal mit allen ihren Funktionen und Kompetenzen beschrieben, also aus ihrem (jedoch fortwerkenden) Status von je und je lokalen Göttern zu einem Pantheon umgebildet; spätere Generationen bauten nach diesen Beschreibungen die griechischen Tempel für die einzelnen Götter.

Der Troja-Mythos wurde in der Folgezeit zum Zeichen für Macht und politische Stärke: Alexander der Große studierte mit seinem Lehrer Aristoteles die Ilias. Der Feldzug der Griechen nach Osten, von dem die Ilias berichtete, wurde zu Alexanders Lebensplan. 334 v. Chr. brachte Alexander im Tempel der Athene in Troja ein Opfer dar. Danach begann er seinen Eroberungsfeldzug.

Auch die römischen Kaiser legitimierten mit dem Troja-Mythos ihre imperiale Macht. Julius Cäsar glaubte, ein Nachfahre des trojanischen Herrscherhauses zu sein. Der trojanische Held Aeneas galt als Vorfahre der Gründer Roms. Die Römer fühlten sich damit als Nachfolger der Verlierer des Trojanischen Krieges; in Aeneas sahen sie den Stammvater der römischen Kaiserdynastie (der Name Julius ging angeblich auf Iulus, den Sohn des Aeneas, zurück).

Selbst mittelalterliche Fürsten und Herrschaftsgeschlechter der europäischen Nationen führten sich und damit die Legitimation ihrer Herrschaft indirekt auf Troja zurück. In der Ilias fand der mittelalterliche Adel seine Ideale bestätigt; Minnedienst und Ritterlichkeit wurzeln im Mythos von der Belagerung einer Stadt, um eine Frau zu retten. Die Troja-Begeisterung war im Mittelalter grenzenlos und führte zu bizarren Vorstellungen: So glaubte man, dass trojanische Helden die Städte Xanten (Castra Troiana) und Bonn gegründet hatten. Die Habsburger beschäftigten sogar Ahnenforscher, um ihre Abstammung aus Troja nachzuweisen.

Auch die Türken rechtfertigten ihre Kriege mit Troja und führten ihre Abstammung auf den trojanischen Helden Turcus zurück. Als Sultan Mehmed 1453 Byzanz eroberte, erklärte er sich zum „Rächer Trojas“.

Der homerische Held

Der homerische Heros zeichnet sich durch vier Charaktereigenschaften aus: aidós (Respekt und Rücksicht auf gesellschaftliche Stellung), éleos (Mitleid), kléos (Ruhm) und timé (Ehre). Des Weiteren ist er durch eine Vielzahl innerer und äußerer Kräfte beeinflusst und gelenkt. Ihm fehlt die Entscheidungsfreiheit, weil er einerseits göttlichem Lenken und dem Schicksal unterworfen, andererseits in gesellschaftliche Zwänge eingebunden ist. Seine Maxime lautet, immer der Beste zu sein und den anderen überlegen (aien aristeuein kai hypeirochon emmenai allon). Die Helden der Ilias sind Aristokraten. Ihr Verhalten wird von den niedrigeren Schichten nur vereinzelt kritisiert, z. B. durch den Soldaten Thersites im 2. Gesang. Ihre gesellschaftliche Stellung spiegelt sich im Kampfverhalten wieder. Sie möchten Ruhm und Ehre zu Lebzeiten erlangen, an ein Weiterleben nach dem Tod glaubten die Griechen nicht (siehe Hades). Dem Glanz der Helden steht das Elend der Unglücklichen gegenüber.

Die Sprache

Die Ilias ist in Hexametern geschrieben und besteht aus 24 Gesängen (Teilen). Sie ist in einem ionisch-äolischen Mischdialekt geschrieben, dessen Besonderheiten unkontrahierte Formen, Langformen und kurzvokalische Konjunktive sind. Jedoch finden sich auch bereits Attizismen, welche bei späteren Überarbeitungen eingefügt wurden, weil bereits im klassischen Griechenland Formen der epischen Kunstsprache unbekannt waren. Die griechische Sprache ist noch nicht diejenige der klassischen Zeit, sondern viel altertümlicher: Die Unterscheidung von Haupt- und Nebensatz ist verschwommen, Konstruktionen brechen teilweise brutal ab. Die Ilias weist auch noch viele Formen auf, die sich im späteren attischen Dialekt anders realisieren.

Beginn der „Ilias“

- - Ménin aeíde theá Peleíadoú Achiléos | oúlomenén, he myrí' Achaíois álge' ethéke, | póllas d'íphthimoús psychás Aïdí proiápsen | héroón, autoús de elória teúche kynéssin | oíonoísi te daíta, Diós d'eteleíeto boúle, | éx hou dé ta próta diástetén erisánte | Átreïdés te anáx andrón kai díos Achílleus. - - „Den Zorn besinge, Göttin, des Peleussohnes Achill, - Den verdammten <Zorn>, der den Achaiern unzählige Schmerzen brachte - Und viel tapfere Seelen der Heldensöhne zum Aïs (Hades) - Sendete, aber sie selbst zum Raub darstellte den Hunden, - Und dem Gevögel als Mahl. So ward Zeus′ Wille vollendet: - Seit dem Tag, als erst durch bitteren Zank sich entzweiten - Atreus′ Sohn, der Herrscher des Volks, und der edle Achilleus.“

Charaktere als Ideale

Die dargestellten Charaktere können als Paradigmen für bestimmte Eigenschaften gesehen werden. Hektor als Verteidiger der Heimat, Helene als die Schöne und Achill und Patroklos als das Freundespaar. Thersites ist der Prototyp des hässlichen, aber wahrhaftigen Schmähers.

Die „Ilias“ in der Neuzeit

Nach der Neuentdeckung Homers setzt im 17. Jahrhundert die analytische Betrachtung seiner Dichtung ein.

Nach den historischen Bezügen im Werk selbst und seiner Überlieferungsgeschichte muss die Handlung im 12. oder 13. Jahrhundert v. Chr. angesetzt werden. Die Philologie hat starke Indizien dafür gefunden, dass die Rahmenhandlung der Ilias durch Gesänge in Hexameter-Form von mykenischer Zeit bis in die Epoche Homers überliefert wurde. Homer hätte somit eine seinem Publikum bis in Details bekannte Geschichte in besonders gelungener Form und unter ungewöhnlichen Vorzeichen (Der Groll des Achill) dargeboten.

In letzter Zeit hat die seit langem währende Kontroverse um einen möglichen historischen Gehalt der Ilias aufgrund zahlreicher neu gefundener Indizien verstärkt Schlagzeilen gemacht. Archäologische Funde aus Mykene sind identisch mit Homers Beschreibung von Gegenständen, die man zu seinen Lebzeiten bereits nicht mehr verwendete. In der Ilias listete Homer zudem mit größter Genauigkeit die Schiffe auf, mit denen die Griechen nach Troja segelten. Er nannte sogar die Herkunft ihrer Besatzung (178 Ortsnamen). Viele dieser Ortschaften existierten zu Homers Lebenszeit nicht mehr. Ihre Existenz wurde jedoch u. a. auf einer Tontafel aus der Bronzezeit nachgewiesen, deren Schriftzeichen sich als eine Vorform des antiken Griechisch entpuppten; hier finden sich die Ortsnamen aus der Ilias wieder.

Der 2004 erschienene Film Troja von Regisseur Wolfgang Petersen ist von Homers Werk inspiriert, weicht aber teilweise stark von der homerischen Vorlage ab.

Ausgaben

  • Die bekannteste Übersetzung des griechischen Originals stammt von Johann Heinrich Voss, der man das Alter – sie stammt aus dem Jahr 1793 – anmerkt. Sie ist wie das griechische Original in Hexametern abgefasst und lässt einiges an Genauigkeit vermissen, damit im Deutschen der Hexameter eingehalten werden kann. Andererseits muss man Voss zugute halten, dass er der deutschen Sprache damit den Hexameter geschenkt hat, und für die Ilias und die Odysee so was wie eine eigene Sprache erfunden hat. Was die Genauigkeit der Details angeht, so lag er intuitiv bei sehr vielem sehr richtig, wo später bspw. Schadewaldt wissenschaftlichen Fehlern aufgesessen ist.
  • Moderner ist die Übersetzung von Schadewaldt (1975), die die Ilias in Prosa nacherzählt und als leichter zu lesen gilt und außerdem die Verse, aber nicht das Versmaß einhält und somit genau übersetzt ist.
  • Von Roland Hampe stammt eine Übersetzung der Ilias (1979) in Hexametern.
  • Originalausgabe (wissenschaftlicher Text) Homeri Opera Tomus I/II, edidit T. W. Allen, Oxford, 1902 (Tomus I (Ilias 1–12): ISBN 0-19-814528-4 ; Tomus II (Ilias 13–24): ISBN 0-19-814529-2)

Nacherzählungen

Die Übersetzungen sind nur verständlich, wenn man mit der griechischen Mythologie und Geschichte vertraut ist. Daher hat es verschiedenen Nacherzählungen gegeben, die die Geschichte allgemeinverständlich erzählen.

  • Bekannt ist die Nacherzählung von Gustav Schwab, die 1838 erstmals erschienen ist (sie beschränkt sich allerdings nicht auf den „Zorn des Achill“, sondern schildert auch die Vorgeschichte des Krieges und die Eroberung Trojas).
  • In „Das hölzerne Pferd“ (1968) erzählt Franz Fühmann die Ilias (und auch die Odyssee) in leicht verständlicher und trotzdem anspruchsvoller Sprache.
  • Perseus Digital Library: Iliad – griechischer Originaltext und englische Übersetzungen
  • The Chicago Homer – Griechischer und englischer Text mit vielfältigen Suchmöglichkeiten
  • DigBib.Org: Ilias – deutsche Übersetzung von Johann Heinrich Voss
  • Singe den Zorn [1]- interessante Verfilmung der Voßschen Versübersetzung am "Originalschauplatz" in Troia

Siehe auch