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Herkunftssage

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Ansippung (sich einer Sippe anhängen) bezeichnet das Verhalten sowohl von Einzelpersonen als auch von ganzen Volksstämmem, sich an berühmte Vorfahren bzw. andere Völker mit großer Geschichte als deren vermeintliche Nachkommen oder Seitenlinien anzuhängen. Dazu werden Stammbäume manipuliert und Legenden erfunden, die tatsächliche Identität verborgen.

  • Wie läppisch das Sichanhängen an eine große Herkunft ist, das Bestehen auf einer direkten Abstammung und das Reklamieren einer Sonderstellung, hat schon J.P. Fallmerayer anhand der "Griechen" nachgewiesen, als er seine fundierte These vertrat, die heutigen Griechen seien slawischer Abkunft, weil die Griechen des klassischen Hellas längst ausgestorben seien. Selbstverständlich zog sich Fallmerayer damit den unsterblichen Haß aller Philhellenen und der Bürger Griechenlands zu. An den Fakten ändert das nichts. (Feigl. S. 67)

Beispiele

  • Die heutigen Griechen (Neugriechen) reklamieren eine Abstammung von den antiken Hellenen, um sich selbst gegenüber dem vom Westen als negativ empfundenen Slaventum und dessen Balkanbild mit einer Antikenrezeption aufzuwerten (Fallmerayer: Die Geschichte der Halbinsel Morea).
  • Das antike Rom erfand seine Herkunft als vermeintliche Abkömmlinge der Trojaner neu (Vergil: Aeneas)
  • Die Kurden reklamierten vor der Islamisierung eine Abstammung von Juden, danach eine von Arabern, unter osmanischer Herrschaft im 16. Jahrhundert eine von Türken. Seit dem Pangermanismus und Arierwahn der Nazis ist (so wie Persien 1935 zu Iran wurde) eine vermeintlich arisch-iranische Abstammung von den Medern populär, aber nicht beweisbar (Feigl: Die Kurden, Geschichte und Schicksal eines Volkes)
  • Die von Arabern islamisierten Berber der Barka (Cyreneica) in Libyen hatten sich arabische Stammbäume zurechtgelegt, um auf Augenhöhe mit den neuen Herrschern zu stehen (Halm: Das Reich des Mahdi). Auch einige afghanische Stämme konstruierten nach der Islamisierung vermeintlich arabische Stammbäume.
  • Die türkischen Seldschuken konstruierten die Abstammung des Oghusen-Vaters Ghuzz in direkter Linie von Noah (Benoist-Mechin: Der Untergang des Osmanischen Reiches).
  • Bulgaren und Rumänen reklamieren eine kontinuierliche Abstammung von Thrakern und Dakern.
  • Den fränkischen Karolingern wirft man eine doppelte Ansippung an die von ihnen verdrängten Merowinger und den gallorömischen Adel vor.[1]
  • Saddam Hussein ließ 1982 seinen Familienstammbaum auf eine Verwandtschaft sowohl mit den Abbasiden-Kalifen als auch von Imam Ali und Sultan Saladin umschreiben.

Sonderformen

  • Heraldische Ansippung nennt man die Übernahme eines Wappens, ohne dass eine direkte Verwandtschaft zwischen den Geschlechtern vorliegt.
  • Redaktionelle Ansippung ist eine Form der Vereinfachung z.B. von Überlieferungen und Sagen, indem nicht zugeordnete Akteure eine Verwandtschaft übergestülpt bekommen, etwa in der Bibel oder in der Edda.

Quelle

  • E. Feigl - Die Kurden, Geschichte und Schicksal eines Volkes. München 1995