Schlacht am Antietam
Die Schlacht bei Antietam, in den Südstaaten auch als Schlacht bei Sharpsburg bekannt, fand am 17. September 1862 in der Nähe von Sharpsburg, Maryland statt. Die Schlacht war die erste große Auseinandersetzung auf dem Gebiet der Nordstaaten - nur 40 km von Washington entfernt - und zugleich die verlustreichste Ein-Tages-Schlacht des gesamten Amerikanischen Bürgerkrieges, mit über 23.000 Gefallenen auf beiden Seiten. Darüber hinaus erlangte die Schlacht von Antietam historische Bedeutung durch den Sieg der Unionstruppen, der Präsident Abraham Lincoln die Möglichkeit eröffnete, seine Emanzipationserklärung zur Sklavenbefreiung anzukündigen.
Beginn
Nach dem konföderierten Sieg in der Zweiten Schlacht von Bull Run war Südstaaten-General Robert E. Lee mit seiner 40.000 Mann starken Army of Northern Virginia in Maryland einmarschiert. Dort wollte er seine Vorräte auffrischen und, wenn möglich, aus der sklavereifreundlichen Bevölkerung des Grenzstaates Freiwillige für seine Armee rekrutieren. Darüber hinaus hoffte Lee, sein Einmarsch könnte die öffentliche Meinung im Norden beeinflussen und Friedensbestrebungen unterstützen.
Während die Unions-Truppen von Generalmajor George B. McClellan auf dem Marsch waren, um Lees Armee zu stellen, stieß ein Soldat auf eine Kopie der Operationspläne der Konföderierten, die jemand als Packpapier um 3 Zigarren gewickelt hatte. Diese Pläne (auch als Lee's Lost Orders bezeichnet) waren für den General D.H. Hill bestimmt und verrieten im Detail die Position der konföderierten Armee. Den Dokumenten zu Folge hatte Lee seine Truppen aufgeteilt, um die Bedrohung durch die Garnisonen von Harper's Ferry und Hagerstown auszuschalten und Versorgungsgüter zu erbeuten. General McClellan bot sich hier eine einmalige Chance - sollte er seine Armee schnell genug in Marsch setzen, war es möglich, die beiden Teile von Lees Armee getrennt zu stellen und zu vernichten. Doch der zögerlich handelnde McClellan ließ 18 Stunden verstreichen, bevor er sich entschloss, den Vorteil zu nutzen.
Im Vorfeld der eigentlichen Schlacht von Antietam kam es zu zwei größeren Gefechten: Generalleutnant Thomas "Stonewall" Jacksons Einnahme der Garnison von Harper's Ferry und McClellans Vormarsch durch den South Mountain mit der Schlacht von South Mountain.
Die Schlacht

General Lee hatte indes von J. E. B. Stuart - den ein Südstaaten-Sympatisant aus dem Lager McClellans informiert hatte - am 13. September von den Vorgängen bei der Unionsarmee erfahren. Er beschloss, südlich von Sharpsburg so viele Teile seiner Armee wie möglich zusammenzuziehen, um dort dem Angriff der Union zu begegnen. Lee schlug sein Hauptquartier in der Stadt auf und platzierte seine Truppen entlang einer kleinen Hügelkette hinter dem Antietam Creek, um dieses natürliche Hindernis für sich zu nutzen. Damit ging Lee ein großes Risiko ein - im Rücken seiner Armee floss der Potomac River und im Falle eines Rückzuges würde der Armee nur eine einzige Furt zur Verfügung stehen.
McClellan erreichte mit den 87.000 Mann der Army of the Potomac Sharpsburg bereits am 16. September - zu diesem Zeitpunkt waren weder James Longstreets Korps aus Hagerstown noch die Truppen von General Jackson aus Harper's Ferry zurückgekehrt und die Konföderierten waren verwundbar. Doch McClellan verzögerte abermals den Angriff und gab so Longstreet und Jackson genug Zeit, um Lees Armee zu verstärken. Anstatt die auf ein Drittel geschrumpfte Rumpfarmee Lees an Ort und Stelle zu vernichten musste McClellan es nun mit Lees gesamter Army of Northern Virginia aufnehmen - abgesehen von A. P. Hills Division, die sich noch auf dem Rückmarsch von Harper's Ferry befand.
Am Abend des 16. September befahl McClellan schließlich dem I. Korps unter Generalmajor Joseph Hooker den Antietam zu überqueren und Stärke und Position des Gegners zu testen. George G. Meades Division attackierte zögerlich konföderierte Truppen unter John B. Hood an der rechten Flanke. Mit Einbruch der Dunkelheit endete der Angriff, Artilleriefeuer wurde jedoch fortgesetzt, um den Aufmarsch von McClellans Armee zu decken. Das Gefecht brachte der Union keinerlei Vorteil, verriet Lee jedoch, wo er am Morgen McClellans Angriff zu erwarten hatte und wo er seine Positionen verstärken musste.
Die folgende Schlacht am 17. September zerfällt schließlich in drei, mehr oder minder unkoordinierte Gefechte: am Morgen im Norden des Schlachtfelds, am Mittag in der Mitte und am Nachmittag im Süden. Diese mangelnde Koordinierung, die keine Konzentration der Unionstruppen an einem bestimmten Frontabschnitt zur Folge hatte, negierte beinahe vollständig die Zwei-zu-Eins-Überlegenheit der Union in der Schlacht.
Der Morgen: Dunker Church und Maisfeld

Die Schlacht begann im Morgengrauen, als Generalmajor Joseph Hooker seine Artillerie das Feuer auf die Südstaaten-Truppen von Jackson eröffnen ließ. Hookers Angriff zielte auf die rechte Flanke der Konföderation, wo sich Jacksons Truppen hinter einem Maisfeld rund um die von Deutschen gegründete Dunker Church eingegraben hatten. Das Treffen der beiden Truppenteile war so hart, dass das Artillerie- und Gewehrfeuer das Maisfeld wie eine Sense niedermähte. Hooker schrieb später in seinem Bericht:
- ... jeder letzte Stängel Mais im nördlichen und größten Teil des Feldes war säuberlich abgeschnitten wie mit einem Messer und die [Konföderierten] lagen genau in den Reihen da, in denen sie ein paar Momente zuvor noch gestanden hatten
Augenzeugenberichten zur Folge wechselte das Maisfeld an diesem Morgen fünfzehn Mal den Besitzer. Bis 7 Uhr Morgens waren auf beiden Seiten über 8.000 Mann gefallen.
Zu diesem Zeitpunkt wurde Jacksons Verteidigung durch die texanische Division von John B. Hood verstärkt. Die Texaner konnten die Unionstruppen abermals zurückdrängen, nur um selbst wieder das Feld zu räumen, als das XII. Korps der Union unter General Joseph K. Mansfield einen erneuten Gegenangriff einleitete. Mansfield wurde im Verlauf der Attacke getötet und sein Korps kam unter heftiges Kreuzfeuer aus den Konföderations-Stellungen um Dunker Church. Kurz danach wurde auch Hooker verwundet und musste vom Schlachtfeld getragen werden.
In einem Versuch die linke Flanke der Konföderierten aufzurollen und Mansfields Korps zu entlasten marschierte die Division von John Sedgwick aus Edwin Sumners II. Korps durch die West Woods. Sumner befahl einen massiven Angriff, ohne die Stellungen des Gegners zuvor genügend ausgekundschaftet zu haben. Die Division kam unter Feuer von drei Seiten, und in weniger als einer halben Stunde wurde der Vormarsch gestoppt, 2.200 Gefallene waren zu beklagen.
Damit endete die erste Phase der Schlacht mit mehr als 12.000 Verlusten, einschließlich zweier Korps-Kommandanten der Union.
Der Mittag: Bloody Lane

Im Zentrum der Schlacht rückte eine weitere Division aus Sumners Korps unter Generalmajor William H. French vor, um Sedgwicks Männer zu unterstützen. Unglücklicherweise folgten die Soldaten der falschen Straße und trafen auf die Division des konföderierten Generalmajors Daniel H. Hill. Die Konföderierten hatten sich entlang einer nach jahrelangem Wagenverkehr abgesunkenen Straße verschanzt (Sunken Road), die einen natürlichen Graben bildete. In einer Folge von vier Angriffen in drei Stunden rannten Frenchs Männer gemeinsam mit der Division von General Israel B. Richardson gegen Hills Verteidigungslinie, bevor es der Union endlich gelang, die Stellung einzunehmen. Zwischen halb zehn und ein Uhr mittags waren hier auf 700 Metern über fünfeinhalbtausend Mann gefallen. Das Gemetzel brachte dem Hohlweg später den Namen Bloody Lane ein.
General Richardson gelang es in der Folge, auch die konföderierten Positionen auf den Hügeln südlich der Bloody Lane einzunehmen und damit das Zentrum von Lees Linie an den Rand der Auflösung zu bringen. General William B. Franklin vom VI. Korps der Union machte sich bereit, diesen Vorteil mit seinen Männern auszunutzen, doch sein Vorgesetzter Sumner untersagte den Vormarsch. Franklin erhob Einspruch bei McClellan, doch dieser, geschockt von dem unglaublichen Blutzoll der vorangegangenen Gefechte, unterstützte Sumners Entscheidung. Eine weitere Möglichkeit, Lees Linien endlich zu durchbrechen, blieb ungenutzt.
Der Nachmittag: Burnside's Bridge

Südöstlich der Stadt an der linken Flanke der Union hielt sich derweil Generalmajor Ambrose E. Burnside damit auf, den Übergang über die einzige Brücke über den Antietam zu erzwingen. Sein Befehl lautete, für eine Ablenkung zu Hookers Hauptangriff im Norden zu sorgen und, wenn möglich, den eigenen Vormarsch auszunutzen. Aufgrund unzureichender Kundschafter-Informationen blieb Burnside jedoch verborgen, dass es in der Nähe mehrere seichte Stellen gab, die den Übergang für Infanterie ermöglicht hätten. Von dort hätte Burnside die komplette rechte Flanke der Konföderierten bedrohen können. So verschwendete er drei Angriffe auf die Brücke, die später nach ihm Burnside's Bridge benannt werden sollte. Scharfschützen aus Georgia aus der Division von David R. Jones verteidigten die Brücke, und es sollte drei Stunden und drei Angriffe benötigen, um endlich die Brücke einzunehmen und auf die andere Seite des Flusses zu gelangen.
Etwa zur gleichen Zeit machten weitere Einheiten aus Burnsides Korps die Furten über den Antietam ausfindig und überquerten den Fluss. Nun geriet die rechte Flanke der Konföderation in schwere Bedrängnis, denn nun drangen drei von Burnsides Divisionen auf Longstreets Truppen ein und drohten, ihnen sogar die Rückzugslinie zu der Furt über den Potomac zu verlegen. Ein entschlossener Angriff der Union an dieser Stelle hätte Lees Flanke aufrollen können. Doch Burnsides Korps befand sich in Auflösung und musste sich zunächst neu formieren.
Eine Reserveeinheit befand sich in der Nähe des Durchbruchs, das V. Korps unter Generalmajor Fitz John Porter. Generalmajor George Sykes, der die 2. Division dieses Korps kommandierte, drang darauf, seine Männer in die Schlacht zu führen und Burnsides Attacke zu verstärken. McClellan, der schon beinahe von dem Vorschlag überzeugt war, ließ nach Rücksprache mit General Porter dennoch von dem Angriff ab. Aus dieser Unterredung ist von Porter der Ausspruch überliefert: "General, bedenken Sie, ich kommandiere die letzte Reserve der letzten Armee der Republik!"
So blieb die Lage für Lee bedrohlich, doch gelang es General Longstreet, die Linien gegen Burnsides abgekämpfte Männer zu halten. Dies gab Generalmajor A. P. Hill genug Zeit, seine Leichte Division in einem 8-stündigen Eilmarsch von Harper's Ferry heranzuführen, und Longstreet zu verstärken. Die Linien der Konföderation waren gerettet.
Ende der Schlacht
Die Schlacht endete um halb sechs am Nachmittag. Die Verluste waren auf beiden Seiten hoch: am Abend der Schlacht hatten die Nordstaaten etwa 12.000 und die Südstaaten über 10.000 Verluste zu beklagen. Am Abend des 18. September, nach einem Abkommen das beiden Seiten die Bergung der Verwundeten gestattete, befahl Lee seiner Armee den Rückzug über den Potomac, zurück nach Virginia.
Antietam sollte eine der blutigsten Schlachten dieses Krieges bleiben. Im Fleischwolf der Bloody Lane hatte sich gezeigt, dass dieser Krieg ein neues Gesicht haben würde, blutiger und erbarmungsloser als jeder Krieg auf amerikanischem Boden bisher.
Epilog

Militärisch war erneut keine Entscheidung gefallen. General Lee entschied, dass der Zustand der Army Of Northern Virginia eine Fortsetzung des Feldzuges in Maryland nicht erlaubte und zog sich nach Virginia zurück. Es sollte ein Jahr dauern, bis Lee erneut in der Lage sein sollte, auf dem Gebiet der Nordstaaten zu operieren. Bei Antietam entging Lee der Vernichtung, eine große Chance der Nordstaaten, den Krieg zu verkürzen, blieb ungenutzt. Dennoch markierte die Schlacht von Antietam einen Wendepunkt für die Unionstruppen. Nach einer Reihe von Fehlschlägen und blutigen Niederlagen waren die Reihen der Union in Antietam nicht eingebrochen. Vielmehr war es dem Norden gelungen, einen strategischen Sieg zu erringen, die Invasion des Südens zurückzuschlagen und die Offensive zurückzugewinnen.
Dieser erste große Sieg der Union hatte auch politisch weit reichende Folgen. Als er von den Geschehnissen bei Antietam erfuhr, kündigte Präsident Abraham Lincoln eine Emanzipationserklärung für alle Sklaven an. Diese Erklärung bedeutete nichts anderes als die Abschaffung der Sklaverei und die Befreiung aller Sklaven. Die Absicht, die Sklavenbefreiung zu einem Ziel dieses Krieges zu machen hatte Lincoln bereits seit langem. Die Emanzipationserklärung hatte er jedoch bis zu einem Sieg der Unionstruppen zurückgehalten, um nicht als Verzweiflungstäter zu erscheinen. Nachdem es bisher einziges Kriegsziel des Nordens gewesen war, die Union aller Staaten wieder herzustellen, kämpften die Soldaten in Blau nun für die Befreiung der Sklaven Nordamerikas. Der Unionssieg in der Schlacht von Antietam mag auch die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens von einer Anerkennung der Konföderation abgehalten haben; beide Staaten sollen diese Absicht gehabt haben im Falle einer weiteren Niederlage der Union.
Die Emanzipationserklärung hatte auch noch einen anderen Sinn, denn in den Rüst- und Landwirtschaftsbetrieben des Süden arbeiteten hauptsächlich Sklaven. Mit der Erklärung beabsichtigte Lincoln nicht nur die Bildung von "Negerarmeen" in den Unionstruppen, sondern auch offene Aufstände der Sklaven im Süden und Massenfluchten nach Norden. Er sollte damit Recht behalten und schwächte er den Süden in doppelter Hinsicht. Einerseits durch die Mobilmachung von verstärkten Milizen von Weißen und Schwarzen im Norden, andererseits Massenfluchten der Sklaven im Süden.