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Sankt-Stanislaus-Orden

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St. Stanislaus Ritterorden (polnisch: Order św. Stanisława, russisch: Орденъ св. Станислава, englisch: Order of Saint Stanislas) war ein ursprünglich polnischer Verdienstorden, später kaiserlich-russischer Orden, der von 1765 bis 1917 existierte und in Polen wieder reaktiviert wurde.

Ordenskreuz des St. Stanislaus Orden

Geschichte

Der Stanislausorden wurde von König Stanislaus II.August als einklassiger Orden am 7. Mai 1765 und damit am Namenstag des Hl. Stanislaus, Bischof und Märtyrer 1035-1079, für die höheren Adelsstände. Nur 100 Personen durften nach seiner Intention in diesem Orden Mitglied sein. Was waren die Zielsetzungen des Ritterordens? Die Instandhaltung und Erweiterung der Bibliothek von Krakau und die Hilfestellung durch regelmäßige Zahlungen an das örtliche Krankenhaus „Jesus das Kind“, was wir später auch in den Statuten des Ordens wieder finden.

Allein die Tatsache, daß der neugegründete polnische Ritterorden den Namen eines grausam gefolterten polnischen Heiligen bekommen hatte und in Anbetracht der Tatsache, daß der Orden für die Familien der höheren und höchsten Adelsstände gedacht war, läßt sich der Schluß verhältnismäßig leicht ziehen, daß König Poniatowski mit der Ordensgründung eine Gesellschaftsform ins Leben hat rufen wollen, in der die Möglichkeit geboten werden sollte, die vereinte aufbauende Kraft eines einträchtigen Tuns und Handelns in der Praxis endlich kennen und schätzen zu lernen.

Aus den Statuten:

  • Die Ritter sollen die Treue dem König und der Heimat bis zum Tode beibehalten.
  • Den Armen und den Leuten, denen Unrecht geschieht, sollen sie helfen.
  • 25 rote Zloty sollen bei der Überreichung des Ordens einbezahlt werden, danach vier Zloty pro Jahr für das Krankenhaus „Jesus das Kind“ spenden und zwei Zloty für die Kanzlei des Ordens. Zu Allerheiligen sollten die Ritter innerhalb von acht Tagen einen Zloty beim Sekretär für die Messe spenden.
  • Beim Todesfall eines Ritters sollen alle anderen darauf achten, daß 30 Messen für den verstorbenen Ritter gelesen werden und zusätzlich jeder selber für seine Seele beten.
  • Die Ritter dürfen keine andere Auszeichnung ohne die Erlaubnis des Königs annehmen. Wer dieses Gesetz mißachtet, wird aus dem Ordensregister gestrichen.

Der Orden wurde nach der 3.Teilung Polens nicht mehr verliehen. Die Wiederaufnahme des St. Stanislaus Ordens wurde am 22. Juli 1807 in der Verfassung des Großherzogtums Warschau festgelegt. König Friedrich August von Sachsen, Herzog von Warschau, der zweite Großmeister des Ordens, hatte im Gesetz vom 16. Februar 1809 das Ordensband geändert, um den Orden aus dem XVIII. Jahrhundert zu unterscheiden: es wurde ein zusätzlicher weißer Streifen an beiden Rändern angeordnet. Gleichzeitig wurde es verboten, die früheren Orden ohne die Erlaubnis des Königs mit dem neuen Ordensband zu tragen.

Zusammen mit der Erneuerung des Ordens 1807 wurden auch die Gebühren wieder erneuert: vier rote Zloty für das Krankenhaus "Jesus das Kind", 25 rote Zloty bei der Verleihung des Ordens.

Die erste Ordenverleihung war am 5. März 1809, die letzte im Mai 1813. Insgesamt wurde der Orden in dieser Zeit nur 18-mal verliehen.

Kaiser Alexander I., als König von Polen, erneuerte ihn 1815 und teilte ihn in vier Klassen. Kaiser Nikolaus I. verleibte ihn 1831 den russischen Orden ein und beschränkte ihn 1839 auf drei Klassen (die zweite mit zwei Unterabteilungen mit und ohne Krone). Die zweite Klasse (Halsdekoration mit Bruststern) durfte nur an Ausländer verliehen werden. Ab 1855 gab es auch eine Militärabteilung mit Schwertern (sämtliche russische Orden mit Ausnahme des Georgsordens (Russischer Orden des Heiligen Georg) erhielten Schwerter als zusätzliche Dekoration). Dabei gab es zwei Varianten: Schwerter am Ring und Schwerter zwischen den Armen des Kreuzes. Schwerter am Ring bedeuteten, daß man die Militärdekoration zu einem niedrigeren Grade erworben und zum höheren Grade überführen durfte. Ab etwa 1860 wurden die Kreuze und Sterne der 1.und der 2.Klasse auch mit Brillanten vergeben. Ab 1857 versah man die 3.und 4.Klasse des St.Annen- St.Stanislaus- und des Orden des Heiligen Wladimir s und mit Schwertern mit einer Schleife (russisch: lenta s bantom) am Ordensband. Der Stanislausorden kam im Rang nach dem Sankt-Annen-Orden (Russischer Orden der Heiligen Anna).

Insignien

Aus den Statuten:

Der Orden ist aus Gold, in der Größe 60x60 Millimeter und in der Form des Malteser-Kreuzes angefertigt. Jede Ecke des Kreuzes ist mit goldenen Kugeln beendet. Die Kreuzarme sind mit roter Emaille oder mit weißem Glas auf rotem Grund bedeckt. In der Mitte ist ein runder, leicht gewölbter, weiß emaillierter Schild mit grün emailliertem Kranz rund um den Schild. Auf dem Schild befindet sich die Gestalt von St. Stanislaus – Krakauer Bischof in der bunten pontifikalen Kleidung, eingerahmt von den Buchstaben S.S. (Sanctus Stanislaus). Zwischen den Kreuzarmen befinden sich die weiß emaillierten gekrönten Adler. Zwischen den horizontalen Kreuzecken ist je ein goldener Zweig mit kleinen Rosen.

Die Kreuzarme auf der Rückseite sind auch aus Gold, aber nicht emailliert, dafür mit einem geriffelten Rand. Auf dem mittleren weißen Schild befindet sich königliche Monogramm SAR (rot emailliert). Rund um den Schild ist ein grün emaillierter Lorbeerkranz. Zwischen den Ecken auf dem oberen Kreuzarm wird ein goldener Henkel befestigt, einschließlich einer goldenen Aufhängung für das Ordensband.

Das Kreuz wird an einer roten Schleife aus Moiré-Seide mit weißen Streifen an beiden Rändern entlang, über der rechten Schulter bis zu der linken Hüfte getragen. Die Schleife ist ca. 100 Millimeter breit. Ist der Ritter bereits im Besitz des Ordens vom Weißen Adler, hat er den St. Stanislaus Orden am Hals zu tragen, nur niedriger als den des Weißen Adler Ordens. Ebenso haben die Geistlichen die Schleife am Hals zu tragen.

Der silberne Ordenstern (Durchmesser 100 Millimeter) wird an der linken Brustseite angenäht. Den Stern bilden acht Strahlen-Gruppen. In der Mitte befindet sich das königliche Monogramm SAR (dieses wurde oft aus kleinen Granaten hergestellt). Rund um das Monogramm in Silber die Inschrift: PRAEMIANDO INCITAT, diese Inschrift wird umrundet mit einem grünen Lorbeerkranz und die Umrandung aus Silber oder aus Gold gestickt.

Im Großherzogtum Warschau hatte sich das Aussehen der Insignien leicht verändert - die Form des Adlers zwischen den Kreuzen und der Ordensstern im Strahlenkranz. Er wurde etwas kleiner (Durchmesser 70-80 Millimeter) und der Schild wurde aus weißem Porzellan mit rotgemalten Monogramm SAR hergestellt.

Die wesentlichen Veränderungen an den St. Stanislaus Insignien wurden 1815 nach der Bekanntgabe der Verfassung des Polnischen Königreichs eingeführt. Die Verfassung hat die früheren „polnischen bürgerlichen und militärischen Orden“ beibehalten (u.a. auch den St. Stanislaus Orden). Am 1. Dezember 1815 veröffentlichte Alexander I., König und Kaiser, der 3. Großmeister des Ordens, eine Verordnung, die den Orden in 4 Klassen einteilte. Das Ziel war „den Orden an eine größere Menge an Beamte und Bürger zu verteilen, die fleißig und treu dem Königreich dienten.“

Die 1. Klasse blieb unverändert. Der Orden wurde weiterhin an einer Schleife wie früher getragen (d.h. über der rechten Schulter bis zur linken Hüfte); die 2. Klasse wurde als Halsorden mit einer schmalen Schleife sowie ein Ordensstern an der Brust getragen; die 3. Klasse, das Ordenskreuz war kleiner, wurde auch am Hals und ohne dem Ordensstern getragen; die 4. Klasse - eine Medaille - wurde an der Brust getragen. Gleichzeitig stand in der Verordnung: „Niemand darf die höhere Klasse erhalten, solang er die niedrigere Auszeichnung nicht besitzt.“

Die Einteilung in vier Klassen wurde beibehalten. Es wurden die Verdienste für die Nominierungen präzisiert; jeder durfte kandidieren, ohne Rücksicht auf die Abstammung. Jemand, der ohne die Adelabstammung war, wurde automatisch mit der Auszeichnung des Ordens der 1. Klasse in den Adelsstand erhoben. Alle ausgezeichneten Ritter bekamen den Titel „Ritter des St. Stanislaus Ordens“ („Kawaler Orderu sw. Stanislawa“) und sie konnten den Orden in ihr Familienwappen und in ihr Siegel aufnehmen. Zu den Gründen für die Nominierung gehörten u.a.: „Hervorragendes“ für das Kaiserreich wie wissenschaftliche, soziale, wirtschaftliche, kulturelle und karitative Tätigkeiten, sowie alle möglichen Arten von Erfindungen und Verbesserungen, die dem Staat und der Gesellschaft dienten.

In der Zeit Kongreß-Polens hat sich das Aussehen des Ordens kaum verändert, aber nach 1820 wurden einige Elemente ganz anders gefertigt. Am Anfang waren die Adler zwischen den Kreuzarmen weiß emailliert. Später wurden die Adler ohne Emaille und nur in Silber dazwischen gesetzt. Statt goldenen Zweigen mit Röschen erschienen goldene, durchbrochene Krausen, die rote Emaille auf den Kreuzarmen wurde intensiver.

Nach dem Untergang Polens wurde der Sankt Stanislaus Orden vom Zaren Nikolaus I. am 17. November 1831 in das russische Ordensystem eingefügt. Der Orden wurde 1839 wieder auf drei Klassen beschränkt und die zweite Klasse wurde in zwei Untergruppen mit und ohne Krone eingeteilt. Ab etwa 1870 bestand auch eine Militärklasse „mit Schwertern“.

1832 wurde der polnische Adler mit Erlaß des Zaren Nikolaus I. durch den byzantinischen Doppelkopfadler ersetzt. Das Abbild des Bischofs wurde durch zwei verschlungene „S“ ausgetauscht.

Ab 1846 wurde der automatische Erbadelstand mit der Verleihung des St. Stanislaus Ordens vom Zaren eingeschränkt: Es wurde die Nobilität nur noch mit der Verleihung des St. Stanislaus Ordens der 1. Klasse verbunden. Das Recht der Erhebung in den Adelstand für die 2. bis 4. Klasse wurde an den St. Vladimir Orden übertragen. Ebenso wurden unterschiedliche Orden für Christen und Nicht-Christen verliehen.


Letzte Jahre bis in die Gegenwart

Ab 1915 wurde der Stanislausorden nicht mehr aus Gold, sondern aus vergoldetem Kupfer hergestellt (sog. Kriegsmodell).

Die Kerenski -Regierung verlieh ihn März - Oktober 1917 in veränderter Form, mit ungekrönten Doppeladlern in den Winkeln. Die drei Klassen und die Abteilung mit Schwertern wurden beibehalten, die mit Kronen abgeschafft.

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v.l.n.r.: Historiker und Osteuropaexperte Sir Prof. Dr. h.c. mult. Norman Davies, PhD, FBA, CMG, KCB mit dem Sankt Stanislaus Ritterorden der 1. Klasse; der Großprior v. Deutschland, Dr.h.c. Henry Neumüller, GCStS, KTJ

In der nach 1918 wieder entstandenen Republik Polen erwog man seine Neugründung und gab die Pläne später auf. Von den alten polnischen, später russischen Orden wurden nur der Orden vom Weißen Adler und der Orden Virtuti Militari erneuert. Der Stanislausorden wurde zunächst durch den 1921 gestifteten Orden Polonia Restituta ersetzt, der an einem roten Band mit einfacher weißer Einfassung getragen wird, also dem Band des Stanislausordens aus der Zeit der 1. Polnischen Republik.

v.l.n.r.: Der Großmeister, Prof. Dr. hab. Marek Kwiatkowski, GCStS; der polnische Kulturminister, Seine Exzellenz Waldemar Dąbrowski mit dem Sankt Stanislaus Orden der 1. Klasse

Der Orden heute

Erst nach den freien Wahlen in Polen und dessen Unabhängigkeit 1990 wurde der St. Stanislaus Orden mit Unterstützung des Primas von Polen wieder für seine ursprünglichen Zwecke ins Leben gerufen. Seit einigen Jahren gibt es auch in verschiedenen Ländern Priorate unter der Polnischen Ordensregierung. Heute haben sich die Ziele des Ordens naturgemäß gewandelt, wenn auch die Verpflichtungen der Mitglieder ähnlich geblieben sind wie jene der Gründer.

Die Ziele des Ordens in Deutschland sind:

  • Die Verständigung zwischen Deutschland und Polen;
  • Die Betreuung der körperlich und wirtschaftlich Schwachen;
  • Die Hilfeleistung in Katastrophen- und Notfällen;
  • Karitatives und soziales Engagement;


Der jetzige Großmeister des Ordens, Prof. Dr. hab. Marek Kwiatkowski (Direktor des Lazienki Palastes), leitet nun als Nachfolger König Stanislaus Augustus II. Poniatowski die Aufgaben des Ordens und wird dies im Sinne des Ordensgründers fortführen. Die Ordensregierung ist im Sommerschlosses Lazienki, des letzten polnischen Königs Stanislaus Augustus II. Poniatowski, in Warschau beheimatet. Neben Lech Walesa und Leonid Kutschma wurden vor kurzem auch Sir Prof. Norman Davies und der ehemalige Kulturminister von Polen, Waldemar Dąbrowski, mit dem Sankt Stanislaus Orden der 1. Klasse ausgezeichnet.

Literatur

  • Chev. Dr. h.c. Henry Neumüller, Ritterorden Sankt Stanislaus, München 2002;