Abtei Cysoing
Die Abtei Saint-Calixte de Cysoing befand sich in Cysoing in der Nähe von Lille. Heute steht an der Stelle des Klosters das Schloss Cysoing.
Geschichte
Markgraf Eberhard von Friaul hatte um 636 Gisela, die Tochter des Kaisers Ludwig der Fromme geheiratet. Im Jahr 854 bekam er von Papst Leo IV. die Reliquien seines Vorgängers Calixtus († 222) geschenkt. Er überführte die Reliquien nach Flandern und stattete damit das vom Ehepaar im gleichen Jahr oder kurz zuvor gegründete Kloster aus. Zudem übergaben sie dem Kloster ihre Fiskalgüter in Cysoing und Vitry-en-Artois. Nach dem Tod Eberhards (866) erweiterte Gisela den Besitz um weitere Güter, zum Beispiel in Somain. Eberhard und Gisela († nach 874) wurden in der Krypta der Abteikirche bestattet. Beider Sohn Rudolf († 892) wurde – ebenfalls nach 874 – Abt von Cysoing; er war es auch, der die Abtei, obgleich sie auf dem Gebiet des Bistums Tournai lag, unmittelbar dem Erzbischof von Reims unterstellte. 891 wurde der rechtliche Status Cysoings als Eigenkloster des Erzbischofs durch die Translation von Calixtus-Reliquien bestätigt.
Etwa 90 Jahre später, um 1082, traten die Herren von Cysoing und Petegem als Vögte von Cysoing auf. 1129 wurde Anselm, ein Kanoniker in der Reimser Saint-Remi zum Abt von Cysoing bestimmt, nachdem das Klosterleben in Cysoing so sehr verweltlicht war, das Reformen dringend erforderlich schienen. Die Kanoniker der Abtei unterwarfen sich der Augustinerregel und schlossen sich wohl 1132 dem Arrouaise-Orden an, im Jahrhundert darauf dann der Congrégation de Saint Victor, d.h. der Ordensgemeinschaft der Augustiner-Chorherren vom Heiligen Victor. Nach der Klosterreform bekam die Abtei von Dietrich von Elsass und seinem Sohn Philipp, Grafen von Flandern, das Gut Hertsberge geschenkt, das nun neben Somain mit der dortigen Prieuré de Beaurepaire zur wirtschaftlichen Basis des Klosters wurde.
1193 heiratete König Philipp II. die Königstochter Ingeborg von Dänemark. Die Ehe wurde 1196 wieder geschieden und Ingeborg zuerst in der Abtei Cysoing, später dann in der Burg Étampes eingesperrt. Bei der Schlacht von Mons-en-Pévèle am 18. August 1304 hatten die flämischen Truppen ihr Feldlager in Cysoing. 1792 wurde die Abtei von Revolutionären geplündert, im Jahr darauf niedergebrannt.
Bauwerke
- Am Vorabend der Schlacht bei Fontenoy (11. Mai 1745) hielt sich König Ludwig XV. in der Abtei auf; in Erinnerung daran wurde 1750 die Pyramide von Fontenoy errichtet, die tatsächlich ein 17 Meter hoher Obelisk ist. Der Obelisk hat seit 1840 den Status eines Monument historique.
- Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde auf dem Gelände der Abtei und zum Teil aus den Steinen der Ruine das Château de Cysoing errichtet, eine Nachahmung des Petit Trianon in Versailles. Das Château hat seit 2008 ebenfalls den Status eine Monument historique, sein Garten wird im Inventaire général du patrimoine culturel geführt.
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Château de Cysoing
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Die Pyramide de Fontenoy
Quellen
- Ignace de Coussemaker (Hg.), Cartulaire de l’abbaye de Cysoing et de ses dépendances (1886)
- Translatio S. Calixti Cisonium, MGH Scriptores XV, S. 418-422
- Flodoard von Reims, Historia Remensis ecclesiae, MGH Scriptores XIII, 558, 569, 573
Literatur
- Dictionnaire d’histoire et de géographie ecclésiastiques Band XIII, Spalte 1188f
- J. Bataille, Cysoing – Les seigneurs, l’abbaye, la ville, la paroisse (1934)
- Geert Berings, Cysoing, in: Lexikon des Mittelalters, Band III, Spalte 405/406