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Hasana J. Hakenmüller

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Hasana J. Hakenmüller

Rechtsform GmbH & Co. KG
Gründung 1887[1]
Auflösung 2000[2]
Sitz Tailfingen, Deutschland
Mitarbeiterzahl bis zu 400[3]
Umsatz 10 Millionen Euro
Branche Textilwirtschaft
Stand: 1996

Hasana J. Hakenmüller war eine deutsche Textilfabrik, die 1887 in Tailfingen gegründet wurde.

Während ihres 113 Jahre langen Bestehens zeichnete sie sich durch einige technische Innovationen im Bereich der Textilindustrie aus, belieferte alle namhaften Großhändler und Handelsketten Deutschlands und brachte im Jahr 1936 die erste bekannte Sana-Marke Deutschlands in den Handel.[4] Hasana J. Hakenmüller hat in seiner Firmengeschichte alle Bekleidungsarten für Jung und Alt hergestellt; außer Herrenanzüge unter anderem auch Strümpfe, Damenmäntel, Badebekleidung, Unterwäsche für das Militär und zuletzt Baby- und Kindermoden. Im Volksmund wurde die Textilfabrik schlicht J. H. oder I. H. genannt.

Geschichte

Firmengebäude im Jahr 1901 mit Talgangbahn im Hintergrund.

1887 gründete der gelernte Bankkaufmann Johannes Hakenmüller in einem alten Bauern- und Wohnhaus in Tailfingen die Textilfabrik J. Hakenmüller. Während der Zweiten industriellen Revolution investierte er in neuartige Textilmaschinen, wie dem Rundstuhl. Weil sich auf dem landwirtschaftlichen Areal auch eine Quelle befand, baute Hakenmüller bis 1900 eine textile Ausrüstung hinzu, mithilfe derer nun auch die einfachen und meist naturfarbenen Gebrauchstextilien, allen voran Unterwäsche, gebleicht und veredelt werden konnten. Im Jahr 1900 entwarf Architekt Carl Ammann aus Balingen an das Bauern- und Wohnhaus im giebelständigen Heimatstil einen Ostflügel entlang der Langen Straße. 1910 bekam derselbe Baumeister auch den Auftrag, ein Erweiterungsgebäude mit Dampfkessel zur Ausrüstung von Textilien sowie als eigenständige Fabrikationsstätte an der Ecke Wilhelmstraße/Bodelschwingstraße im drei Kilometer entfernten Onstmettingen zu errichten, welche nach dem Ersten Weltkrieg an den Textilfabrikanten Johannes Drescher mit seiner Firma Idreo verkauft wurde.

Gebäude in Onstmettingen zur mehrstufigen Fabrikation von Textilien, erbaut im neobarocken Stil. Später durch nachfolgenden Eigentümer modernisiert.

Schon 1901, fünf Jahre nach den ersten Olympischen Sommerspielen der Neuzeit, fertigte Johannes Hakenmüller „Sporthemden“ an, wie ein Briefkopf von J. Hakenmüller belegt. Damals erschien es noch als deutschfeindlich, wenn man nicht von „Turnen“, sondern von „Sport“ sprach. Im selben Jahr startete auch die von ihm mit einigen Bürgermeistern und Fabrikanten zusammen initiierte Talgangbahn; eine fortan unverzichtbare Erleichterung, mit großen Waggons Rohstoffe (etwa Macro-Baumwolle aus Ägypten) aus aller und die daraus hergestellte textile Ware in alle Welt zu transportieren. Der Briefkopf von J. Hakenmüller aus dieser Zeit ist als erster mit der damals eingesetzten Dampfzuglokomotive (Modell Borsig 5009) verziert.

Als der Firmengründer im Jahr 1916 starb, befand sich sein zweitältester Sohn Paul als deutscher Stadtkommandant von Reims noch in Frankreich im Ersten Weltkrieg. Nach der deutschen Abrüstung besann sich Paul zurück in Tailfingen auf die Herstellung von Gesundheitswäsche. Paul Hakenmüller entwarf Mode nach der „Filena“-Technik, einer luftdurchlässigen Strickart, welche den Körper vor unnötiger Schweißabsonderung bewahren sollte. Für die Anhänger des populär werdenden Tennissports entwickelte er die sogenannte Hemdhose, welche mithilfe einer speziellen Knopfanordnung verhinderte, dass das Hemd während des Wettkampfes aus der Hose rutschte. Im Jahr 1920 trennten sich die vier Söhne des Firmengründers. Paul (geb. 1890) und sein älterer Bruder Julius Hakenmüller (geb. 1888) verblieben am Stammsitz, die beiden jüngsten, Alfred und Karl, gründeten ebenfalls an der Hechinger Straße in einem aufgelassenen Fabrikationsgebäude die Hakenmüller-Compagnie, welche bis 1937 Textilien produzierte. Die Belegschaft wurde verteilt. Jene, welche rechts der Schmiecha wohnten, blieben bei J. H. beschäftigt, die links ihr Zuhause hatten, konnten jetzt in der neuen Firma arbeiten.

Blick in einen der Nähsäale in den 1950er Jahren. Die moderne Tragflächenkonstruktion aus Eisenbeton sorgte ganz nach dem Motto des Direktors des Weimarer Bauhausgesellschaft, Walter Gropius, für „mehr Licht, mehr Luft und mehr Raum“ und damit für gesündere Arbeitsbedingungen.
Das im Jahr 1930 erbaute Erweiterungs- und Produktionsgebäude (links) und anstelle des Bauernhauses als Gründungszelle das im Jahr 1937 erstellte Verwaltungsgebäude in Albstadt-Tailfingen.

Markant wurde die Textilfabrik vor allem durch ihre im Bauhaus-Stil gehaltenen Gebäude, welche nach Plänen des Tailfinger Architekten Johann Miller[5] entworfen und in den Jahren von 1930 bis 1937 errichtet wurden, zuletzt unter der Regie des tschechischen Architekten und Miller-Assistenten Dr.Martin Cäsar. „Damit erhielt dieser Ort endgültig ein städtisches Gepräge, und die 1980 durch einen nachfolgenden Eigentümer abgerissenen Gebäude mussten keinen Vergleich mit ähnlichen Bauten im Stil des Neuen Bauens und der Bauhaus-Architektur scheuen“, wie Ingrid Helber in ihrer Dissertation Studien zur Industriearchitektur in Albstadt von 1999 schreibt.[6] Der Uhrenturm, welcher nach vier Seiten weithin über das Schmiechatal hinweg sichtbar die Uhrzeit anzeigte, wurde ein Symbol für die Trikotstadt Tailfingen. Die württembergische Regierung in Stuttgart verlieh Tailfingen nach vergeblichen Anläufen im Jahr 1930 die Stadtrechte. Das gerade fertiggestellte Hakenmüller-Fabrikationsgebäude an der Hauptstraße gab dem Ort neben älteren, großen Produktionsstätten endlich auch „ein städtisches Aussehen“, so die Beurteilung der Bewertungskommission. Das neue Fabrikationsgebäude, dem zuletzt auch das Stamm- und Wohnhaus des Firmengründers weichen musste, erfüllte ganz die Ansprüche der modernen Bauhaus-Bewegung „Mehr Licht, mehr Luft, mehr Raum“.

Historische Ansicht der Ausrüstung im Zentrum der Fabrikanlage.

1936 brachte Paul Hakenmüller mit Hasana (Hakenmüller Sana; lateinisch für gesund) die erste bekannte Marke für Gesundheitswäsche in den Handel. Für die Marke wurde 1960 Markenschutz angemeldet und 1968 eingetragen.[7] Weitere Markennamen waren später Hajota (Hakenmüller Johannes Tailfingen), Hastrino (Hakenmüller Stricknoppen) und Hacharmant (Hakenmüller Damenwäsche).

Im Zweiten Weltkrieg wurde auf Anordnung des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion, Albert Speer, zum 15. Februar 1944 die Produktion von Flakscheinwerfermotoren für die Daimler-Benz AG in einen Teil des rund 20 ar großen Areals verlegt.[8] Nach dem Zweiten Weltkrieg machte die Firma vor allem mit der Herstellung von Herren-Unterwäsche sowie Freizeit- und Bademoden für Frauen Gewinne.

Wegweisend wurde der patentierte K + K, ein feiner Noppenstoff aus Baumwolle, welcher vor allem die Serie Lido auszeichnete. K + K steht für Knöllchen und Knöllchen, da der von der Rottenburger Textilfabrik Fouquet & Frautz zu J. Hakenmüller gewechselte leitende Strickmeister Carl Vollmer eine mechanische Strickweise entwickelte, bei welcher regelmäßig der Faden gezupft wurde. Dadurch bewährte sich dieser Stoff besonders elastisch wie spannungsfähig und für Freizeitkleidung als vor allem atmungsaktiv.[9][10][11]

Datei:J.Hakenmüller II.JPG
Der feingliedrig mit unterschiedlich winzigen Knöllchen für hohe Elastizität durchwobene patentierte Stoff ´K+K` brachte Hasana J.Hakenmüller einen Aufschwung nicht nur bei der Herstellung von Nutzbekleidung, sondern allgemein im Bereich der Damen- und Freizeitmode

Wegen der Herstellung Zehntausender von Trainingsanzügen mit Streifenmuster v.a. für die deutsche Bundeswehr bis 1970 kam es zu einem Konflikt mit ´adidas`. Hasana einigte sich darauf, Bänder mit deutlich erkennbar nur zwei Streifen entlang der Trainings-Jacken und -Hosen aufzunähen.

Nach und nach gewann zudem die seit Einführung der Marke Hasana gleichzeitig aufgebaute Sparte Kindermoden durch die Herstellung von Wäsche in den Größen von 56 bis 164 an Bedeutung. Die später zweimal pro Jahr auf den Markt gebrachten Kollektionen umfassten bis zuletzt an die 150 Musterkleider.

Hasana J. Hakenmüller unterhielt bis 1970 noch sieben Filialbetriebe, deren Standorte über ein Gebiet von Horb am Neckar bis Krauchenwies reichten. Die größten davon befanden sich in Weilheim bei Hechingen, in Bisingen und in Erkheim im Allgäu. Nach Erbstreitigkeiten mit den Nachfahren seines Patenonkels sah sich der Enkel des Firmengründers, Rolfdieter Hakenmüller, im Jahr 1970 gezwungen, die J.-H.-Gebäude zu verkaufen. Daraufhin wählte er als Ort für seine Firmenzentrale Weilheim, wo die bereits seit vierzig Jahren bestehende Filiale die größte und leistungsfähigste Zahl von Näherinnen bot. Auf freiem Feld in der überwiegend landwirtschaftlich geprägten Gemeinde ließ Rolfdieter Hakenmüller nun als alleiniger Chef durch den Reutlinger Architekten Schaper eine komplett ebenerdige Fabrikations- und Verwaltungshalle mit Großraumbüro errichten. Nun zirkulierten die nur mehr für Baby- und Kindermoden hergestellten Textilien auf einer Ebene von der Weberei und Strickerei bis zum Versand auf einer Ebene.[6][12] Wie auch schon in Tailfingen mit acht, kamen in Hechingen drei Werkswohnungen zu günstigen Mietkonditionen für Mitarbeiter hinzu.

In den folgenden 30 Jahren machte sich Hasana J. Hakenmüller bei fast allen großen Versandhäusern in Deutschland durch Kollektionen vor allem mit einem der besten Nicki-Scherplüschstoffe Deutschlands einen Namen. Für die größten Kunden von Hasana, wie Quelle und C&A, wurden anstatt des Labels Hasana (Logo mit langgestrecktem gelbem „H“ auf hellblauem Untergrund) deren Markennamen in den Hemdkragen eingenäht, wie Young Canda und Rodeo. Darüber wurden Versandketten in Österreich, den Niederlanden und Schweden Hennes & Mauritz beliefert, in der Schweiz die Neue Warenhaus AG, Jelmoli, Coop und Migros. Etwa zehn Vertreter, darunter auch jüdischer Religion, verteilt über ganz Deutschland, die Schweiz und die Benelux-Länder präsentierten auch auf Messen das ganze Jahr über neue Produkte aus dem Hause von Hasana.[4]

Hasana bekam 1971 durch den Deutschen Fußballbund (DFB) die alleinigen Lizenzrechte für Kinderunterwäsche von allen damals noch 16 deutschen Fußball-Bundesligavereinen zugesprochen. Dies gipfelte in einer Exklusiv-Lizenz für die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland, als Rolfdieter Hakenmüller dem DFB vorschlug, das vom Textilzeichner Fritz Genkinger entworfene offizielle Logo auch für Textilien zu nutzen und er dafür die Verwertungsrechte erhielt. Zuletzt gelang es Hasana J. Hakenmüller, im Jahr 1996 exklusiv für Kinderwäsche die Lizenz zum Druck des offiziellen Maskottchens Goaliath der Fußball-Europameisterschaft in England zu erwerben und entwarf von 1995 bis 2000 unter dem Namen The Olympic Way eine Kollektion von Freizeit-Oberbekleidung für Eisläufer sowie die Teilnehmer und Besucher als offizieller Förderer der 91. Eiskunstlauf-Europameisterschaft in Dortmund 1997.

Im Jahr 1996 erfolgte zudem die Übernahme der Firma Foxl-Young-Fashion. Aufgrund des zunehmenden Kostendrucks durch Niedriglohnware vor allem aus Südostasien bereitete sich Rolfdieter Hakenmüller schon ab 1990 auf eine eventuelle Schließung seines Unternehmens vor, in dessen Leitung von 1988 bis 1995 sein ältester Sohn Johannes (* 1955), von 1994 bis 2000 die weiteren Söhne Michael (* 1957) und Christoph (* 1963) tätig waren. Die Auflösung des Betriebs unter Beibehaltung der Markenrechte erfolgte ohne soziale Härtefälle im Dezember 2000. 2000 wurde auch der in Auftrag gegebene Firmen-Song auf die Melodie von Harold Faltermeyers Lied ´The Challenge` (1995) fertiggestellt.

Literatur

  • M. Hakenmüller: Markenklamotten vom Textilingenieur. 150 Jahre Bekleidungsindustrie auf der Schwäbischen Alb. In: Schönes Schwaben. Nr. 9. Tübingen 1998, S. 24–26.
  • Frank Müller: Hasana umschiffte alle Klippen. Die Geschichte einer der ältesten Textilfabriken im Zollernalbkreis. In: Reutlinger Generalanzeiger. 8. April 1994, S. 29.

Einzelnachweise

  1. Hasana: Offizieller Ausrüster der Eisläufer. In: Textilwirtschaft. 24. Januar 1995, abgerufen am 13. Dezember 2011.
  2. Leben im Wandel Weilheims. In: Südwest Presse. 24. Juni 2011, abgerufen am 13. Dezember 2011.
  3. "Bauhaus“ in Albstadt: die - traurige - Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit des „Talgang-Trikot". In: Zollern-Alb Kurier. 24. August 2002, abgerufen Format invalid.
  4. a b M. Hakenmüller: Markenklamotten vom Textilingenieur. 150 Jahre Bekleidungsindustrie auf der Schwäbischen Alb. In: Schönes Schwaben. Nr. 9. Tübingen 1998, S. 24–26.
  5. Michael Hakenmüller: In Albstadt fast vergessen. Das Leben und Wirken des Architekten Johann Miller; Teile I-IV; In: Zollernalbkurier, Balingen, 8.,9., 17., 23. September 2004.
  6. a b Ingrid Helber: Studien zur Industriearchitektur in Albstadt. Eine architekturhistorische Untersuchung zur Entwicklung vom Beginn der Industrialisierung bis zum Zweiten Weltkrieg mit einem Ausblick bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts und einer Darstellung von Besonderheiten im Industriebau. Dissertation. Tübingen 1999.
  7. Hasana: Für die ganze Familie Unter- und Oberbekleidung für Damen, Herren und Kinder. In: tmbd, die Markensuchmaschine. Abgerufen am 13. Dezember 2011.
  8. Schnellbrief Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion, Berlin, 3. Februar 1944; Hauptstaatsarchiv Stuttgart: Sign. E 151/03 Bü 910
  9. Karl Bergmann: Die Trikotagenindustrie in Tailfingen/Württemberg. Eine wirtschaftswissenschaftliche Studienarbeit aus dem Jahre 1947 an der Universität Tübingen. Tailfingen 1947.
  10. Textbuch zur Ausstellung BAuhAus in AlbstAdt. Bedrohte Kulturdenkmäler oder: Wie das Neue Bauen auf die Alb kam.
  11. Ausstellung in der Stadtbibliothek Albstadt-Ebingen, 12. Mai – 20. Juni 2003; Michael Hakenmüller.
  12. Michael Hakenmüller: Als das “Bauhaus” auf die Alb kam – Tailfinger Textilfabrikanten als Vorreiter moderner Industrie-Architektur. In: Schwäbische Heimat. Nr. 2. Stuttgart 2001, S. 12–15.

Michael Hakenmüller: In Albstadt fast vergessen. Das Leben des Architekten Johann Miller. Teil I: Ursprung Schlößlesmühle: Von der Bära an die Schmiecha. In: Zollernalbkurier, Balingen, 8. September 2004. Teil II: Frühe Tailfinger Jahre: Glück im Beruf, Pech in der Liebe. In: Zollernalbkurier, Balingen, 9. September 2004. Teil III: Ein bis heute mysteriöses Ende: Das Erbe des Johann Miller. In: Zollernalbkurier, Balingen, 17. September 2004. Teil IV: Was bleibt: Ein vielseitiger Charakter prägt das Stadtbild. In: Zollernalbkurier, Balingen, 23. September 2004.