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Cholesterin

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Strukturformel von Cholesterin
Strukturformel von Cholesterin

Das Cholesterin ist ein Naturstoff, ein Steroid das den Lipiden zugerechnet wird. Der Name leitet sich vom griechischen "chole" (Galle) und "stereos" (fest) ab, da es in Gallensteinen bereits im 18. Jahrhundert gefunden wurde. Die Summenformel lautet C27H46O. Laut IUPAC-Nomenklatur ist es Cholest-5-en-3beta-ol oder 5-Cholesten-3b-ol (engl. Cholesterol). Cholesterin kristallisiert in weißen Blättchen mit einem Schmelzpunkt von 146 °C und ist in Wasser nahezu unlöslich.


Funktion

Cholesterin ist ein nur im Tierreich vorkommendes essentielles Lipid. Es ist Hauptbestandteil der Plasmamembran, wo es deren Stabilität erhöht und, zusammen mit Proteinen in der Zellmembran, an der Ein- und Ausschleusung von Signalstoffen beteiligt ist. Zellwachstum und Zellteilung sind ohne genügend Cholesterin nicht möglich.

Cholesterin ist außerdem Vorstufe der Gallensäuren und Steroidhormone wie z.B. Aldosteron, Cortison, Testosteron und Östradiol sowie Vitamin D. Cholesterin ist essentiell für die Embryonalentwicklung. Die Missbildungen bei Säuglingen, deren Mütter das Medikament Contergan einnahmen, sind auf eine Störung der Cholesterinsynthese zurückzuführen.

Das Cholesterinmolekül ist evolutionsgeschichtlich sehr alt. Pflanzen und Pilze enthalten kein Cholesterin, wohl aber andere, strukturell ähnliche Sterole. Nur in Bakterien sind kein Cholesterin oder ähnliche Moleküle nachweisbar.

Synthese und Abbau

Cholesterin ist für Menschen und Tiere lebenswichtig. Beim Menschen wird Cholesterin zum Großteil (90%) im Körper selbst hergestellt (synthetisiert), beim Erwachsenen in einer Menge von 1 bis 2 g/Tag, und nur zu einem kleineren Teil mit der Nahrung aufgenommen. Die Cholesterinresorption kann höchstens 0,5 g/Tag betragen und liegt im Durchschnitt bei 0,1 bis 0,3 g/Tag. Das entspricht 30 bis 60% des in der Nahrung enthaltenen Cholesterins.

Die Leber und der Darm (genauer in der Darmmucosa) sind beim Menschen die Hauptorte für die Cholesterinbiosynthese. Die Herstellung des scheibenförmigen Moleküls erfolgt über aktivierte Essigsäurereste (Acetylcoenzym A) und über viele komplizierte Zwischenstufen. Der Cholesteringehalt des menschlichen Körpers beträgt etwa 150 g. Im Blut liegt es zu ca. 70% mit Fettsäuren verestert vor. Außer in Leber und Darm kann die Cholesterinbiosynthese mit wenigen Ausnahmen in fast allen Zellen im Körper ablaufen. Im Gehirn muss Cholesterin vollständig synthetisiert werden, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann.

Organe mit hohem Cholesterinumsatz sind das Gehirn, die Nebennieren, die Eierstöcke und die Hoden. Gehirntrockenmasse besteht zu ca. 10 bis 20% aus Cholesterin.

Das Gleichgewicht zwischen benötigtem, eigen produziertes und über die Nahrung aufgenommenes Cholesterin regelt im Körper eines der wichtigesten Enzyme der Cholesterinbiosynthese, die HMG-CoA-Reduktase. So hemmen (inhibieren) hohe Konzentrationen von Cholesterin die Funktion der HMG-CoA-Reduktase. Die Bildung der HMG-CoA-Reduktase wird u.a. durch Insulin aktiviert. Eine hohe Konzentration von Zucker erhöht auch den Insulinspiegel und damit die Möglichkeit, Cholesterin zu synthetisieren, wenn der Cholesterinspiegel zu niedrig ist. Ist der Cholesterinspiegel zu hoch, wird die weitere Cholesterinsynthese gehemmt und die HMG-CoA-Reduktase nach einigen Stunden wieder abgebaut. Das Schlüsselenzym der Cholesteribiosynthese kann spezifisch und effektiv durch verschiedene andere Substanzen gehemmt werden (z.B. Statine, die als HMG-CoA-Reduktase-Hemmer eine bestimmte Klasse von Medikamenten darstellen). Über den LDL-Rezeptor wird die Aktivität der HMG-CoA-Reduktase reduziert und die Aufnahme in die Zelle aktiviert.

Die Höhe des Cholesterinspiegels hängt vor allem von der körpereigenen Produktion ab unds nicht so sehr von der Zufuhr über die Nahrung. Daneben gibt es eine Vielzahl genetisch bedingter Hypercholesterinämien. Auch als Folge anderer Erkrankungen kann der Cholesterinspiegel erhöht sein (z.B. Hypothyreose, Niereninsuffizienz, Metabolisches Syndrom).

Cholesterin wird vor allem in der Leber abgebaut und als Gallensäuren über den Darm ausgeschieden. Die Gallensäure ist gleichzeitig für die Cholesterinresorption erforderlich. Cholesterin wird durch Gallensäure emulgiert und im Ileum resorbiert. Rund 90% der Gallensäure wird dabei wieder aufgenommen.

Cholesterintransport (Lipoproteine)

Da Cholesterin in Wasser unlöslich ist, erfolgt der Transport im Blutplasma zusammen mit anderen fettliebenden (lipophilen) Substanzen wie Phospholipiden, Triglyceriden oder Fettsäuren, mit Hilfe von Transportvehikeln, den Lipoproteinen.

Das über die Nahrung zugeführte Cholesterin sowie Triglyceride werden im Darm von den Chylomikronen aufgenommen und von dort in die Gewebe transportiert. VLDL, IDL und LDL transportieren selbst hergestelltes Cholesterin von der Leber zu den Geweben. HDL nehmen Cholesterin aus den Geweben auf und bringen es zur Leber zurück. Das Cholesterin in den Lipoproteinen ist überwiegend mit Fettsäuren verestert.

Für den Abbau des LDL-Cholesterin im Blut gibt es im menschlichen Körper zwei voneinander unabhängige Wege. Den LDL-Rezeptorweg und den sogenannten "Scavenger-Pathway". Der größte Teil, ca. 65% des LDL-Cholesterins im Plasma, wird über LDL-Rezeptoren verstoffwechselt. LDL-Rezeptoren findet man in allen Zelltypen der Arterien und in Hepatozyten (Leberzellen). Neben dem LDL-Rezeptorweg werden cirka 15% des LDL-Cholesterins im Plasma über den sogenannten "Scavenger Pathway" in den Gefäßen abgebaut. Als Scavenger-Zellen werden die Makrophagen bezeichnet. Sie besitzen sogenannte Scavenger-Rezeptoren, über die chemisch modifizierte (oxidierte) LDL ungehemmt und konzentrationsunabhängig aufgenommen und gespeichert werden können.

Zusammenfassend lassen sich drei verschiedene Wege beschreiben, die das Cholesterin (unabhängig ob über die Nahrung oder aber selbst synthetisiert) im Organismus nimmt:

1) Ausscheidung in die Galle und damit in einen enterohepatischen Kreislauf Leber > Galle > Darm > Lymphe > Blut > Leber.

2) Umwandlung zu Gallensäuren, die an den Darm abgegeben werden.

3) Abgabe ins Blut in Form von Lipoproteinen (VLDL > LDL > HDL) zur Synthese von Steroiden und Bildung von Membranen in anderen Organen.

Blutspiegel

Gesamtcholesterinspiegel

Durchschnittlicher Gesamtcholesterinspiegel von erwachsenen Deutschen mittleren Alters

Der durchschnittliche Gesamtcholesterinspiegel der gesunden Normalbevölkerung ist von Land zu Land verschieden und ist darüberhinaus alters- und geschlechtsabhängig. Generell nimmt der Cholesterinspiegel mit dem Alter deutlich zu. In der Regel ist er bei jungen Frauen etwas niedriger als bei jungen Männern. Mit zunehmendem Alter gleicht sich dieser Unterschied jedoch aus, und ältere Frauen haben schließlich im Mittel einen höheren Cholesterinspiegel als ältere Männer. Einen Sonderfall stellt die Schwangerschaft dar, in der der Gesamtcholesterinspiegel i.d.R. deutlich erhöht ist.

Der durchschnittliche Gesamtcholesterinspiegel der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren in Deutschland liegt bei etwa 236 mg/dl (entspricht 6,1 mmol/l), die Standardabweichung bei ±46,5 mg/dl. Das bedeutet näherungsweise, dass etwa zwei Drittel der deutschen Bevölkerung in dieser Altersgruppe einen Gesamtcholesterinwert im Bereich zwischen 190 mg/dl und 280 mg/dl aufweisen, und jeweils ein Sechstel der Deutschen in dieser Altersgruppe Werte oberhalb bzw. unterhalb dieses Bereichs.

LDL-Cholesterinspiegel

Der LDL-Cholesterinspiegel unterliegt einer ähnlichen alters- und geschlechtsabhängigen Verteilung. Auch hier ist der altersabhängige Anstieg bei den Frauen deutlich stärker ausgeprägt als bei den Männern. Der Mittelwert der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren liegt dabei bei den deutschen Frauen bei 164 mg/dl (Standardabweichung ±44mg/dl), bei den Männern bei 168 mg/dl (±43 mg/dl).

HDL-Cholesterinspiegel

Der durchschnittliche HDL-Spiegel unterscheidet sich stärker zwischen den beiden Geschlechtern, wobei Frauen im Mittel einen höheren HDL-Spiegel aufweisen als Männer. Die Altersabhängigkeit zeigt sich hier bei beiden Geschlechtern in einem Absinken ab einem Alter von etwa 55 Jahren. Der durchschnittliche HDL-Spiegel bei den deutschen Frauen in der Altersgruppe zwischen 35 und 65 Jahren liegt bei 45 mg/dl (±12 mg/dl), bei den Männern bei 37 mg/dl (±11 mg/dl).

Quotienten

Auf Grundlage der vorgenannten Parameter werden gelegentlich Quotienten aus diesen Werten bestimmt. Der Mittelwert des Quotienten aus LDL- und HDL-Spiegel liegt für die deutschen Frauen zwischen 35 und 65 Jahren bei 3,9 (±1,6), bei den Männern bei 4,9 (±1,9). Die entsprechenden Durchschnittswerte für den Quotienten aus dem Gesamtcholesterin- und dem HDL-Spiegel liegen für die Frauen bei 5,7 (±2,1), für die Männer bei 7,0 (±2,3).

Messung und Labor-Referenzwerte

Die Bestimmung der Konzentration von Cholesterin im Blut in medizinischen Routinelabors gehört heute zu den Bestimmungsmethoden, die in Deutschland Ringversuchspflichtig sind. Ein Ringversuch ist die externe Qualitätskontrolle von Laborparametern, die von der Bundesärztekammer kontrolliert und zertifiziert wird. An die sogenannten "Richtlinien der Bundesärztekammer" (RiLiBÄK) muss sich jedes Labor in Deutschland halten. Der Referenzbereich (oftmals irreführend "Normalwerte" bezeichnet) ist vom Messgerät und der Methode abhängig. In Deutschland werden in den meisten Labors Geräte von Roche Diagnostics (früher Boehringer Mannheim) verwendet. Auf dem Modell "Hitachi" wird als Referenzwert für das Gesamtcholesterin 110-230 mg/dl angegeben. Beim neueren Gerät "Modular" wird als Referenzbereich <240 mg/dl angegeben. Die Referenzbereiche wurden in den letzten Jahren mehrfach nach oben korrigiert. Damit die Ergebnisse nicht verfälscht werden, sollte die letzte Mahlzeit 12 bis 16 Stunden zurückliegen.

Lange Zeit wurde im Labor nur das Gesamtcholesterin bestimmt, da die direkte Messung der verschiedenen Lipoproteine nicht möglich bzw. bedeutend aufwändiger war. Das hat sich mittlerweile geändert, das LDL-Cholesterin jedoch wird heute noch in Routinelabors nicht direkt bestimmt, sondern aus den direkt gemessenen Werten Gesamtcholesterin, Triglyceride und HDL berechnet. Der Referenzbereich für den LDL-Spiegel wird für Frauen und Männer zwischen 70 und 180 mg/dl angegeben.

Einheiten und Umrechnung

In Deutschland wird für die Angabe der Konzentration von Cholesterin im Blut meist die Einheit mg/dl (Milligramm pro Deziliter) verwendet. Im angelsächsischen Sprachraum wird dagegen überwiegend die Einheit mmol/l (Millimol pro Liter, vgl. Milli und Mol) genutzt. Für Cholesterin (nicht jedoch für Triglyceride oder andere Stoffe) ist eine Umrechnung nach folgenden Formeln möglich:

[mmol/l] * 38,67 = [mg/dl]

[mg/dl] * 0,02586 = [mmol/l]

Erkrankungen

Zu den bekannten Erkrankungen im Zusammenhang mit Cholesterin gehören die familiäre Hypercholesterinämie und Gallensteine (Gallenkonkrement)

Familiäre Hypercholesterinämie

Es gibt erbliche Störungen des Cholesterinstoffwechsels (familiäre Hypercholesterinämie), die unabhängig von der Nahrungsaufnahme zu stark erhöhten Cholesterinwerten im Blut führen. Bei einer der bekannten Form der Hypercholesterinämie sind die LDL-Rezeptoren nur unvollständig ausgebildet oder fehlen ganz.

Träger dieser Erbfaktoren sind durch Herzinfarkte und andere Gefäßkrankheiten schon in jüngeren Jahren betroffen u.a. durch die Ablagerung von Cholesterin in Organen und in den Blutgefäßen.

Gemäß einer Untersuchung im British Medical Journal 1991 gilt dies nicht mehr für ältere Personen. Hier geht die Mortalität deutlich zurück und liegt nur bei 44% gegenüber dem Standard. Diese erblichen Formen des hohen Cholesterinspiegels sind zumindest in der reinerbigen Form eher selten.

Gallensteine

Cholesterin wird mit der Gallensäure im Darm vom Körper aufgenommen. Dabei wird Cholesterin emulgiert und im Dünndarm resorbiert. Die Löslichkeit von Cholesterin in der Gesamtgalle liegt bei 0,26%. Bei einer Veränderung der Zusammensetzung der Galle kommt es zur Bildung von Cholesterinkeimen. 80% der Gallensteine sind cholesterinreich und 50% reine Cholesterinsteine. Die Bildung von Gallensteinen erfolgt nur in der Gallenblase.

Weitere Krankheitsformen

Weniger bekannte Erkrankungen sind z.B. die Cholesterinspeicherkrankheit (Xanthomatose oder Hand-Schüller-Christian-Syndrom) bei der Cholesterin krankhaft u.a. in der Haut gespeichert wird

Mit einer Häufigkeit von ca. 1:20.000 kommt in Europa das Smith-Lemli-Opitz Syndrom (SLO) vor. Grund für die Erkrankung mit SLO-Syndrom ist ein Defekt des letzten Enzyms des Cholesterin-Biosynthesewegs, der 7-Dehydrocholesterin-Reduktase. Das Klinisches Bild ist gekennzeichnet von geistige Retardierung, Wachstumsproblemen, Entwicklungsstörungen und Gesichtsveränderungen [1].

Weiterhin ist eine Hypocholesterinämie bekannt, bei der der Cholesterinspiegel < 130 mg/dl im Blut vorliegt. Dies tritt vor allem bei Leberschädigung oder Behandlung mit Cortison auf. Dabei kann u.a. das Vitamin E nicht mehr an seine entsprechenden Zielorte transportiert werden.

Cholesterin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Herz-Kreislauferkrankungen, dabei insbesondere die koronare Herzerkrankung (KHK), lösten mit steigendem Lebensstandard im 20. Jahrhundert in den westlichen Industrienationen die Infektionskrankheiten als häufigste Todesursache ab. Wesentlich dazu beigetragen hat die steigende Lebenserwartung bei einem gleichzeitigen Rückgang von Infektionskrankheiten, besonders aufgrund verbesserter hygienischer Verhältnisse und der zunehmenden Verbreitung von Antibiotika. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts fand die Hypothese des amerikanischen Ernährungsforschers Ancel Keys große Beachtung, diese Entwicklung sei zusätzlich dadurch begünstigt, dass der steigende Wohlstand mit einer falschen, zu fetthaltigen Ernährung einhergehe. Insbesondere führe eine cholesterinreiche Ernährung (in erster Linie Fleisch, Eier, Milch, Butter und andere Milchprodukte) zu einem erhöhten Cholesterinspiegel, und der erhöhte Cholesterinspiegel führe wiederum zu Arteriosklerose. Da die Mehrzahl der Herzinfarkte durch Arteriosklerose ausgelöst wird, sei die Aufnahme von cholesterinhaltiger Nahrung somit eine wesentliche Ursache für Herzinfarkte.

Bedeutung der Hypothese

Die Hypothese, cholesterinreiche Ernährung und ein hoher Blut-Cholesterinspiegel spiele eine ursächliche Rolle bei der Entstehung von Herzinfarkten, hat in den vergangenen Jahrzehnten im wissenschaftlichen Umfeld wie in der öffentlichen Wahrnehmung große Verbreitung gefunden und bildet heute in der medizinischen Praxis ein wesentliches Element der vorbeugenden Behandlung von Herzinfarkten. Sie führte insbesondere in den USA, aber auch in Europa zur Verbreitung künstlich cholesterinreduzierter oder cholesterinfreier Lebensmittel (z.B. Margarine), und darüberhinaus zu einer routinemäßigen Verschreibung von Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels.

Cholesterinsenker stellen heute das weltweit umsatzstärkste Segment des Pharmamarktes dar. Im Jahre 2004 wurden mit Cholesterinsenkern weltweit Umsätze von 27 Milliarden Dollar erzielt, bei einer Wachstumsrate von 10,9 Prozent. Umsatzstärkstes Medikament war "Lipitor" des US-Herstellers Pfizer, welches einen Umsatz von weltweit 10,8 Milliarden Dollar erzielte ([2]).

Empirische Hinweise

Die Hypothese stützt sich vor allem auf folgende Beobachtungen:

  • Bei Hasen und anderen überwiegend vegetarisch lebenden Tieren führt im Tierversuch die Verabreichung einer stark cholesterinhaltigen Nahrung (Milch, Eigelb) zur Entwicklung einer Arteriosklerose. Diese Beobachtung wurde erstmals 1908 von dem russischen Wissenschaftler Alexander Ignatovski veröffentlicht. Umstritten ist allerdings die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf den Menschen, da dessen natürlicher Regelmechanismus für die Höhe des Cholesterinspiegels die Aufnahme von Cholesterin über die Nahrung nahezu vollständig kompensiert. Später wurden ähnliche Untersuchungen an Schweinen vorgenommen, welche eine 70% Homologie zum Menschen aufweisen.
  • Cholesterin ist ein wesentlicher Bestandteil der arteriosklerotischen Plaques. Dies wurde 1910 vom deutschen Chemiker und späteren Nobelpreisträger Adolf Windaus nachgewiesen.
  • Ancel Keys veröffentlichte in den 1950er Jahren aufsehenerregende vergleichende Studien von sechs bzw. sieben Ländern, in denen er für diese Länder länderübergreifend eine Korrelation zwischen der KHK-Rate und dem Anteil tierischer Fette in der Ernährung zeigte. Insbesondere in Japan zeigte sich eine niedrige KHK-Rate bei gleichzeitig geringem Anteil tierischer Fette in der Nahrung, in den USA zeigte sich das Gegenteil. Später wurde ihm allerdings zum Vorwurf gemacht, dass er gezielt nur diejenigen der zu diesem Zeitpunkt veröffentlichten Länder-Datensätze präsentiert hätte, die die von ihm postulierte Korrelation zu unterstützen scheinen. Kritiker stellen auch die Vergleichbarkeit der von verschiedenen Ländern veröffentlichten Todesursachen in Frage, da bei der Feststellung der Todesursache auch kulturelle Faktoren eine Rolle spielten.
  • Bei jüngeren Männern bis zum Alter von etwa 45 Jahren geht ein erhöhter Gesamt- bzw. LDL-Cholesterinspiegel mit einem erhöhten Auftreten von KHK-Erkrankungen einher und stellt dabei neben den weiteren bekannten Risikofaktoren einen eigenständigen Risikofaktor dar. Das bedeutet, dass sich diese Korrelation nicht allein durch die Korrelation des Cholesterinspiegels mit anderen bekannten KHK-Risikofaktoren erklären lässt. Weitere bekannte Risikofaktoren sind Lebensalter, Geschlecht, positive Familienanamnese (d.h. Auftreten von Herzinfarkt in der näheren Verwandtschaft), Rauchen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Übergewicht und Bewegungsmangel. Für jüngere wie ältere Frauen und für ältere Männer stellt ein hoher Cholesterinspiegel allerdings entgegen der weit verbreiteten Meinung keinen Risikofaktor für KHK-Erkrankungen dar.
  • Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie, einem aufgrund eines erblichen Gendefekts erheblich erhöhten Cholesterinspiegel, haben in jungen Jahren ein gegenüber der Normalbevölkerung um ein Vielfaches gesteigertes KHK-Risiko. Dieses normalisiert sich allerdings in einem Alter ab etwa 55 Jahren.
  • In zahlreichen Studien wurde demonstriert, dass die Einnahme von Medikamenten zur Cholesterinsenkung insbesondere bei männlichen KHK-Hochrisikopatienten zu einem Rückgang des Herzinfarktrisikos führen kann, der allerdings in aller Regel durch eine Zunahme anderer Todesursachen kompensiert wurde. In den vergangenen Jahren konnte mit der Medikamentengruppe der Statine in einzelnen Studien erstmals auch ein geringer lebensverlängernder Nutzen der Einnahme eines Cholesterinsenkungs-Präparats demonstriert werden. Dieser zeigte sich allerdings nur in einem Teil der durchgeführten Studien und nur bei männlichen KHK-Hochrisikopatienten mittleren Alters.

Die Rolle von HDL und LDL

Die ursprüngliche Hypothese, ein erhöhter Cholesterinspiegel sei kausal verantwortlich für die koronare Herzerkrankung, wird in jüngerer Zeit meist in etwas modifizierter Form vertreten. Unterschieden wird nun zwischen HDL- und LDL-Cholesterin, wobei ein hoher HDL-Cholesterinspiegel als günstig, ein hoher LDL-Spiegel dagegen als weniger günstig angesehen wird. Entsprechend dieser Vorstellung wird HDL populärwissenschaftlich als "gutes" Cholesterin bezeichnet, LDL als "schlechtes" oder "böses" Cholesterin. Diese Vorstellung stützt sich im Wesentlichen auf folgende Beobachtungen:

  • HDL dient dem Transport von Cholesterin vom Gewebe zur Leber, LDL dient dem Transport in umgekehrter Richtung. Auf Grundlage dieser Erkenntnis wird vermutet, dass ein hoher HDL-Spiegel und ein niedriger LDL-Spiegel dazu führen, dass im Verhältnis mehr Cholesterin von den Gefäßen zur Leber transportiert wird und sich deshalb weniger arteriosklerotische Plaques bilden können.
  • Das Verhältnis von HDL und LDL korreliert noch stärker als der Gesamtcholesterinspiegel mit den bekannten Risikofaktoren für Arteriosklerose, wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel. Betrachtet man also lediglich die HDL- und LDL-Spiegel, ohne eine Normierung bezüglich der bekannten Risikofaktoren vorzunehmen, so zeigt sich der vermutete Zusammenhang sehr deutlich. Allerdings ergibt sich nach dem Herausrechnen dieser Korrelationen keine höhere prognostische Kraft für das KHK-Risiko als beim Gesamtcholesterinspiegel.
  • In wissenschaftlichen Untersuchungen der letzten 20-30 Jahre hat man festgestellt, dass die arteriosklerotischen Plaques überwiegend aus chemisch modifizierten (oxidiertem) LDL-Cholesterin entstehen (siehe auch Lipoprotein-induced atherosclerosis Hypothese unter Arteriosklerose).

Zielwerte und Richtlinien

Die Hypothese, Cholesterin sei kausal verantwortlich für Herzinfarke, führte bereits in den 1960er Jahren zu einer breit angelegten öffentlichen Informationskampagne in den USA, um die Bevölkerung vor den möglichen Gefahren eines hohen Cholesterinspiegels zu warnen. Im Jahre 1985 wurde zur Ausweitung dieser Kampagne durch die American Heart Association (AHA, Amerikanischer Kardiologenverband) das National Cholesterol Education Program (NCEP, Nationales Cholesterin-Erziehungsprogramm) ins Leben gerufen. Das NCEP gibt seit seiner Gründung regelmäßig Empfehlungen heraus, an denen sich die Behandlung von Patienten mit hohem Cholesterinspiegel orientieren soll. In Deutschland ist die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) die entsprechende Fachgesellschaft, die eigene Zielwerte herausgibt, die aber in der Regel den amerikanischen Werten sehr ähnlich sind. Eine vergleichbare Rolle wie das NCEP übernimmt in Deutschland die Lipid-Liga (DGFF), die im Verbund mit der Pharmaindustrie und den Apotheken unter anderem den Tag des Cholesterins zur Aufklärung der deutschen Bevölkerung veranstaltet.

Die grundlegenden Richtlinien der NCEP III, denen sich die europäischen und deutschen Gesellschaften angeschlossen haben, unterscheiden drei gestaffelte Risikogruppen. Zur Gruppe 1 zählen alle Patienten, die bereits eine KHK entwickelt haben oder ein vergleichbares Risiko aufweisen (dazu zählt z.B. auch eine Diabeteserkrankung). Diese Patienten haben ein 10-Jahres-Risiko für ein kardiales Ereignis von >20%. Zur Gruppe 2 zählen die Patienten, die mindestens 2 Risikofaktoren aufweisen, zur Gruppe 3 die Patienten, die weniger als 2 Risikofaktoren aufweisen.

Patienten der Gruppe 1 sollten bei LDL-Werten über 100 mg/dl Lebensstiländerungen vornehmen (Ernährung etc.), bei Werten über 130 mg/dl eine medikamentöse Therapie beginnen. Ziel sollte für sie sein, LDL-Werte unter 100 mg/dl zu erreichen.

Patienten der Gruppe 2 sollten bei LDL-Werten über 130 mg/dl Lebensstiländerungen vornehmen, bei Werten über 130 mg/dl oder 160 mg/dl (abhängig von der spezifischen Risikoberechnung) eine medikamentöse Therapie beginnen. Ziel sollte sein, LDL-Werte unter 130 mg/dl zu erreichen.

Patienten der Gruppe 3 sollten bei LDL-Werten über 160 mg/dl eine Lebensstiländerung vornehmen und eine medikamentöse Therapie erwägen, ab 190 mg/dl wird eine medikamentöse Therapie dringend empfohlen.

Als Risikofaktoren gelten:

  • Rauchen
  • erhöhter Blutdruck (über 140/90 mmHg oder eine aktuelle hypertensive Behandlung)
  • niedriges HDL-Cholesterin (< 40 mg/dl)
  • KHK-Erkrankungen in der Familie (bei männlichen Verwandten ersten Grades unter 55 Jahren oder weiblichen Verwandten ersten Grades unter 65 Jahren)
  • Alter (Männer über 45, Frauen über 55 Jahre)

Als Lebensstiländerungen werden empfohlen:

  • Reduktion der verzehrten gesättigten Fettsäuren (<7% der Gesamtkalorien) und Cholesterins
  • Nichtmedikamentöse Therapieoptionen zur LDL-Senkung (z.B. pflanzliche Sterole (2 g/Tag) etc.)
  • Gewichtsreduktion
  • Erhöhte körperliche Betätigung

Die Anwendung dieser Zielwerte wird von den deutschen Fachgesellschaften der Kardiologen und Internisten unterstützt und befürwortet.

Kritik an den Zielwerten und Richtlinien

Die Forderung, ein (LDL-)Cholesterinspiegel oberhalb der publizierten Zielwerte müsse gegebenenfalls durch Ernährungsumstellung und/oder eine medikamentöse Therapie abgesenkt werden, war und ist umstritten. Die wichtigsten Kritikpunkte sind die folgenden:

  • Auf Basis der umfangreichen Studienlage zu dieser Fragestellung werden Zweifel daran geäußert, dass beim Menschen überhaupt ein relevanter Zusammenhang zwischen Ernährung und Cholesterinspiegel besteht (vgl. Einfluß der Ernährung auf den Cholesterinspiegel).
  • Ein hoher (LDL-)Cholesterinspiegel stellt nur bei Männern bis 45 Jahren einen Risikofakor für KHK-Erkrankungen dar. Aus dieser Korrelation lasse sich noch nicht einmal bei dieser Bevölkerungsgruppe auf eine Kausalität schließen. Denkbar sei auch eine bislang unbekannte gemeinsame Ursache für den Anstieg des Cholesterinspiegels und des KHK-Risikos.
  • Die Ergebnisse von Studien zur medikamentösen Senkung des Cholesterinspiegels rechtfertigen nach Ansicht von Kritikern nicht den breiten Einsatz dieser Medikamente. In einer Vielzahl von Studien sei zwar ein Nachweis erbracht worden, dass sich mit diesen Medikamenten effektiv eine Absenkung des Cholesterinspiegels erzielen lasse. Die Erfolge im Hinblick auf einen echten Patientennutzen, insbesondere eine lebensverlängernde Wirkung, seien jedoch gering. Die Fokussierung auf die Höhe des Cholesterinspiegels und auf das KHK-Risiko führe dazu, dass solche Studien von den Autoren selbst dann noch als Erfolg dargestellt würden, wenn es wie in einzelnen Studien geschehen in der Behandlungsgruppe zu einem erheblichen und statistisch signifikanten Anstieg von Krebserkrankungen und Todesfällen gekommen sei.
  • Die überwiegende Zahl der Forscher im Bereich Cholesterin und KHK-Erkrankungen, darunter auch die Autoren der NCEP-Richtlinien und die Vorstände der deutschen Lipid-Liga, seien in einem hohen Maße finanziell von Fördermitteln der Pharma-Industrie abhängig oder profitierten sogar persönlich von Beratungs- und Vortragshonoraren dieser Firmen, für die wiederum die Medikamente zur Cholesterinsenkung der größte Umsatzträger sind. Folgen dieser Abhängigkeit seien:
    • Die Tatsache, dass ein hoher Cholesterinspiegel, anders als vielfach suggeriert, statistisch nicht mit einer Verkürzung der Lebenserwartung verknüpft ist, würde in der kardiologischen Fachwelt weitgehend ignoriert.
    • Gleiches gelte für Hinweise auf die Bedeutung des Cholesterinspiegels für die Gedächtnisleistung und Aufmerksamkeit sowie für Hinweise darauf, dass niedrige Cholesterinspiegel einen Riskiofaktor für verschiedene Krebserkrankungen darstellen.
    • Wissenschaftliche Studien, die einen Zusammenhang zwischen KHK-Erkrankungen und Cholesterin zu belegen scheinen, werden sechs mal häufiger zitiert als Studien, deren Ergebnisse zu dieser Hypothese eher im Widerspruch stehen, obwohl sich die Gesamtzahl der veröffentlichten Studien insgesamt in der Waage hält.
    • Ergebnisse von Studien, die für die Hersteller der Cholesterinsenkungs-Präparate ungünstig verlaufen seien, würden zum Teil nicht vollständig veröffentlicht.
    • Die wissenschaftliche Qualität der fast ausschließlich von Herstellern finanzierten Medikamentenstudien zum Thema Cholesterinsenkung wird in Frage gestellt. So bezeichnete etwa im Jahr 2005 das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen die wissenschafliche Qualität der vorliegenden Statin-Studien generell als "mangelhaft". Besonders die als einer der wichtigsten Belege für den Nutzen einer Statin-Behandlung angeführte 4S-Studie steht methodisch erheblich in der Kritik.
  • Der Nutzen von Statinen bei der Reduktion des Herzinfarktrisikos insbesondere von männlichen KHK-Hochrisikopatienten sei auch durch andere Wirkmechanismen erklärbar als durch die Absenkung des Cholesterinspiegels. Dafür spreche auch, dass der Ausgangs-Cholesterinspiegel für den Erfolg einer Statin-Behandlung keine Rolle spielt.

Cholesterin und Ernährung

Empfehlung bei erhöhtem Cholesterinspiegel

Nach einer Diagnose mit erhöhtem Cholesterinspiegel wird in der Regel als erste Maßnahme eine fettmodifizierte Ernährung empfohlen. Gemäß den Empfehlungen der Lipid-Liga sollten hierbei folgende Punkte bei der Nahrungsaufnahme bedacht werden:

1. Weniger fettes Fleisch, Wurstwaren oder Käse

2. Fettarme Zubereitungsmethoden

3. Weniger tierische Lebensmittel

4. Mehrmals am Tag frisches Obst und Gemüse

5. Verwendung von Pflanzenöl und Margarine

Einfluß der Ernährung auf den Cholesterinspiegel

Kritiker halten dagegen, dass der Einfluss einer kurzfristigen Nahrungsumstellung auf den Cholesterinspiegel nur gering ist, da die Nahrungsaufnahme nur ein geringer Anteil bei der Bildung von Cholesterin ist.

Allerdings lässt sich durch eine langfristige drastische Verringerung der Fettzufuhr, z. B. durch einen verlängerten Fastentest, auch der Cholesterinspiegel senken. Die niedrigen Cholesterinspiegel bei Vegetariern und Veganern beruhen wahrscheinlich einerseits auf ihrer geringen Cholesterinaufnahme mit der Nahrung, gleichzeitig auch auf ihrer sonstigen gesundheitsförderlichen Lebensweise. Veganer, die bei ihrer Ernährung völlig auf tierische Produkte inklusive Eier und Milch verzichten, nehmen kein Cholesterin mit der Nahrung auf.

Im Gegensatz hierzu hat eine prospektive Studie, die Verbundstudie Ernährungserhebung und Risikofaktoren Analytik (VERA, von 1985 bis 1988 mit 25.000 Teilnehmern) ergeben, dass auch bei verschiedenen Mengen von gesättigten, aber auch ungesättigten Fettsäuren sowohl die HDL- als auch die LDL-Werte sich, wenn überhaupt, nur minimal änderten.

Dies belegte auch eine Studie an der Universität Missouri-Columbia, bei der selbst ein wöchentlicher Verzehr von 24 Eiern den Cholesterinspiegel nicht steigern konnte. Auch zeigte eine Untersuchung eines Massai-Stammes und von Samburu-Männern, deren Ernährung nahezu ausschließlich aus Milch und Fleisch besteht, dass der Cholesterinspiegel deutlich niedriger lag als z.B. bei Amerikanern.

Hierbei scheint auch die unterschiedliche Ernährung in Europa keinen entscheidenden Einfluss auf den Cholesterinspiegel zu haben. Im Jahr 1990 wurden bei Männern zwischen 50 bis 80 in Europa und auch Australien Gesamtcholesterinwerte von je nach Land durchschnittlich 224 bis 244 mg/dl gemessen. Die USA und Japan liegen mit 216 bzw. 201 mg/dl etwas unterhalb der europäischen Durchschnittswerte. [[3]].

Unabhängig von der Beeinflussung der Ernährung auf den Cholesterinspiegel zeigen verschiedene Studien, dass eine ausgewogene Ernährung positiven Einfluss auf einen erneuten Herzinfarkt haben kann. Zudem sollten die 2 bis 3-fache Erhöhung des Herzinfarktrisikos bei Diabetes bedacht werden.

Cholesterin und Muttermilch

Muttermilch enthält einen sehr hohen Anteil an Cholesterin (ca. 25 mg / 100 g, Kuhmilch enthält nur ca. 12 mg / 100 g). Es wird vermutet, dass der höhere Cholesterinanteil der Muttermilch dafür verantwortlich sein könnte, dass gestillte Kinder später im Mittel einen höheren IQ entwickeln, auch weil bekannt ist, dass Cholesterin beim Aufbau des Gehirns und Nervensystems eine wesentliche Rolle spielt. Babynahrungshersteller verzichten allerdings auf die Anreicherung von Muttermilch-Ersatz mit Cholesterin, weil sie wegen negativer Assoziationen der Verbraucher mit diesem Stoff mit Absatzproblemen rechnen müssten.

Arzneimittel

Die ersten Mittel zur Senkung des Cholesterinspiegels waren Gallensäureaustauscherharze (Cholestipol). Später kamen dann Fibrate sowie Nikotinsäurepräparate und deren Derivate auf den Markt. Heute werden in diesem Indikationsbereich fast nur noch Statine und Cholesterinwiederaufnahmehemmer eingesetzt, in Einzelfällen noch Fibrate.

Fibrate

Derzeit sind die Wirkstoffe Clofibrat, Bezafibrat, Fenofibrat und Gemfibrozil im Einsatz. Fibrate zeichnen sich durch eine gute Triglyzeridsenkung aus und werden heute deshalb vor allem noch bei Diabetikern eingesetzt.

Statine

Als die zur Zeit wirksamsten Medikamente zur Senkung des Cholsterinspiegels gilt die Gruppe der Statine.

Derzeit sind in Deutschland die Wirkstoffe Lovastatin, Simvastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin am Markt. Der Wirkstoff Cerivastatin (Zenas, Lipobay) wurde im Jahr 2001 vom Hersteller Bayer vom Markt genommen, nachdem - vor allem durch eine nicht zulässige Verordnung des Präparats in Kombination mit anderen Cholesterinsenkern - Todesfälle und schwere Gewebeschäden im Zusammenhang mit der Einnahme des Medikaments aufgetreten waren. Der Wirkstoff Rosuvastatin befindet sich derzeit im Zulassungsverfahren und ist in einigen europäischen Ländern bereits im Handel (Crestor). Statine bewirken eine starke LDL-Senkung, aber eine eher schwache Triglyzerid-Senkung und HDL-Steigerung.

Ezetimibe

Bei dem relativ neuartigen Wirkstoff Ezetimibe handelt es sich um einen Cholesterinwiederaufnahmehemmer. Diese Medikamente sind derzeit von den deutschen Arzneimittelbehörden nur zugelassen, wenn die Behandlung mit einem Statin kein ausreichendes Ergebnis ergibt, um mit diesen kombiniert angewandt zu werden.

Studien

In zahlreichen Studien wurde die Auswirkung des Cholesterinspiegels auf die Inzidenz von Herz-Kreislauferkrankungen untersucht, aber auch andere Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Cholesterinspiegel. Die Vielzahl der Studien macht das Heranziehen einzelner Studien zur Begründung eines Effekts grundsätzlich problematisch, da die Durchführung mehrerer Studien zur Beantwortung der gleichen Fragestellung die vermeintliche statistische Signifikanz einer einzelnen Studie außer Kraft setzen kann. So genügen im Mittel zwanzig für sich betrachtet methodisch korrekt angelegte Studien, um einen nicht vorhandenen Effekt einmal statistisch signifikant "nachzuweisen". Metastudien gewinnen daher im Zusammenhang mit der Cholesterin-Thematik ein besonderes Gewicht. Auch diese sind jedoch durch den sogenannten "Publikationsbias" beeinflusst (vgl. auch Statistische Signifikanz).

Framingham-Studie

Eine der wegweisenden Studien auf dem Gebiet der Untersuchung von KHK-Risikofaktoren war die Framingham-Studie, die heute als die wichtigste epidemiologische Studie der USA gilt. Sie untersuchte 6000 Personen zweier Generationen in Framingham/Massachusetts. Über die Framingham wurden bis zum heutigen Tag über 1000 wissenschaftliche Publikationen erstellt. Im Rahmen dieser Studie wurden unter anderem nachgewiesen, dass Rauchen und Übergewicht wichtige KHK-Risikofaktoren sind. Es ergab sich darüberhinaus, daß bei Männern im Alter von 30-59 Jahren das Auftreten von KHK entsprechend dem Cholesteringehalt im Blut erhöht ist. Bei Männern in den Dreißigern wiesen die Personen mit dem höchsten Gesamtcholesteringehalt im Blut ein viermal höheres Risiko auf als diejenigen mit dem geringsten Cholesterin. Für Frauen und für Personen über 50 Jahre zeigte sich kein solcher Zusammenhang.

Eine Prüfung der Framingham-Studie im Jahre 1987 zeigte, dass eine Absenkung des Cholesterinspiegels um 1 mg/dl tatsächlich zu einer Steigerung der Gesamttodesrate von 11 % und zu einer Steigerung der Todesrate durch Herzkrankheiten um 14 % führt. Die Darstellung in der ursprünglichen Veröffentlichung wurde teilweise kritisiert, da in ihr der gegenteilige Eindruck erweckt worden sein soll. Die Framingham-Studie ist in der Zwischenzeit als eines der Musterbeispiele zum Interpretationsspielraum von Studien in die Lehrbücher eingegangen.

Metastudien

Das American National Heart, Lung and Blood-Institute führte Metastudien zum gesundheitlichen Nutzen der Cholesterinsenkung durch. 19 Studien wurden analysiert. Untersucht wurden 650.000 Menschen und 70.000 Todesfälle: Geringe Cholesterinspiegel gehen nicht mit einer allgemeinen Erhöhung der Lebenserwartung einher, sondern beziehen sich nur auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sie erhöhen das Risiko von Schlaganfällen und das Krebsrisiko.

Eine Zusammenfassung von 45 Studien in "The Lancet" mit 450.000 Teilnehmern und >13.000 Herzinfarkten stellte keinen Zusammenhang zwischen Cholesterin und Herzinfarkten für Personen über 45 Jahre fest.

CARE

Die CARE-Studie ( Cholesterol And Recurrent Event Study) mit Patienten mit 3 bis 20 Monaten zurückliegenden Herzinfarkt zeigte als Folge einer LDL-Cholesterinsenkung zwischen 115 und 174 mg/dl eine statistisch nicht signifikante Reduktion von Reinfarktraten und der Frequenz des Koronartods (von 5.7% in der Kontrollgruppe auf 4.6% in der Behandlungsgruppe nach 5 Jahren). Der Rückgang der KHK-Toten wurde allerdings durch eine Zunahme anderer Todesursachen in der Behandlungsgruppe ausgeglichen. Bei den nicht-tödlichen Herzinfarkten und bei der Zahl der Schlaganfälle zeigten sich Vorteile in der Behandlungsgruppe.

4S

Die Scandinavian Simvastatin Survival Study (en:Scandinavian Simvastatin Survival Study) wird kurz als 4S-Studie bezeichnet. Innerhalb der ersten 5 Behandlungsjahre wurden unter den beteiligten 4444 Patienten mit mindestens 6 Monate zurückliegenden Herzinfarkt oder stabilen Angina Pectoris in der Vorgeschichte die LDL-Cholesterinspiegel um durchschnittlich 35% gesenkt und die HDL-Cholesterinspiegel um durchschnittlich 8% gesteigert. Im gleichen Zeitraum wurde die KHK-Mortalität von 8,5% auf 5,0% gesenkt, die Rate definitiver Herzinfarkte reduzierte sich von 12,1% auf 7,4%.

An dieser Studie gibt es erhebliche methodische Kritik, z.B. vom anzeigenfreien Arznei-Telegramm zur Bewertung von Medikamenten. Die Altersverteilung von Simvastatin- und Placebogruppe war aus den veröffentlichten Daten nicht entnehmbar, gleichzeitig traten typische altersabhängige Krankheiten in der Placebogruppe deutlich häufiger auf. Eine Standardisierung für andere gleichzeitig eingenommene Medikamente, wie z.B. Aspirin, wurde nicht vorgenommen. Darüberhinaus war das KHK-Risikoprofil der Kontrollgruppe deutlich ungünstiger. Und schließlich erschien es verdächtig, dass in einer angeblichen Doppelblindstudie bei den Patienten der Simvastatin-Gruppe die Dosis nach einem halben Jahr verdoppelt wurde, bei denen der Cholesterinspiegel nicht gesunken war. Die Autoren mussten später einräumen, dass das Patientenkollektiv nicht vollständig randomisiert war.

Dennoch bestätigt das Arzneitelegramm im Jahr 2004, daß die 4S-Studie erstmals den Nachweis erbrachte, daß männliche Patienten mit Herzinfarkt oder stabiler Angina pectoris in der Vorgeschichte von einer medikamentösen Cholesterinsenkung im Sinne einer Lebensverlängerung profitieren könnten. Dieses Ergebnis sei inzwischen durch zwei weitere Studien (HPS und LIPID) bestätigt worden. Das Fachblatt rät jedoch vom Einsatz von Statinen bei Frauen und bei über 70-Jährigen ohne arteriosklerotische Erkrankung ab.

PROCAM

Die PROCAM-Studie ( Prospective Cardiovascular Münster Study) begann 1979 in Münster und untersuchte fast 20.000 Angehörige von Firmen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes. Sie ergab Hinweise, dass nicht nur die Höhe des Gesamtcholesterins sondern auch das Verhältnis der verschiedenen Cholesterinfraktionen (LDL, HDL, Triglyzeride) für die KHK-Risikobetrachtung ausschlaggebend sein könnte.

LIPID

Die LIPID-Studie ( Long-Term Intervention with Pravastatin in Ischaemic Disease-Study ) zeigte an fast 10.000 Probanden mit mindestens 3 bis 36 Monate zurückliegenden Herzinfarkt oder Krankenhasuentlassung nach instabilen Angina Pectoris mit Gesamtcholesterinwerten ab 155 mg/dl und durchschnittlichen LDL-Cholesterinwerten von 150 mg/dl das LDL um durchschnittlich 25% stärker als unter Placebo gesenkt und das HDL um 5% angehoben wurde. Dabei wurde die Gesamtsterblichkeit von 14% auf 11% gesenkt, die KHK-Sterblichkeit von 8,3% auf 6,2%. Die Wirkung hing dabei nicht vom anfänglichen Gesamt- oder LDL-Cholesterinspiegel ab. Auch andere Todesursachen, wie Krebs und Selbstmord, nahmen in der Behandlungsgruppe ab. Damit wird von Kritikern die Vergleichbarkeit der beiden Gruppen in Frage gestellt. Anders als üblich sind entsprechende Durchschnittswerte der Studie nicht zu entnehmen.

HPS

In der englisch-skandinavischen Heart Protection Study ließ sich an 20.000 Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder anderen atherosklerotischen Erkrankungen oder Hypertonie etc. eine zwar geringe, aber signifikante Senkung der Gesamtsterblichkeit von 14,7% in der Placebogruppe auf ca. 12,9% in der behandelten Gruppe (mit Simvastatin) nachweisen [4] (NNT=56); dh. anders formuliert: Rund 50 Personen müssen 5 Jahre behandelt werden, um einen Todesfall zu verhindern. Die zur Errechnung dieser Schlussfolgerung der Studie verwendeten statistischen Methoden sind allerdings nicht unumstritten ([5]). Geht man dennoch von diesen Zahlen aus, so liegen die Kosten, einen Patienten mit Statinen vor einem Herzinfarkt zu schützen, bei über 100.000 Euro. Auf sechs vor einem Herzinfarkt bewahrte Patienten kommt ein Patient, der als Nebenwirkung der Statine mit einem schweren Muskelschaden rechnen muss ([6]). Ob der in der Studie erkennbare positive Effekt allein auf die cholesterinsenkende Wirkung oder auch auf andere Wirkmechanismen der Statine zurückzuführen ist, ist umstritten und Gegenstand aktueller Forschungsarbeit (vgl. z.B. [7]).

Studien zu Cholesterin, Psyche und Gedächtnis

In mehreren Cholesterin-Senkungs-Studien fand sich eine z.T. statistisch signifikant erhöhte Zahl von Gewaltopfern und Selbstmördern in der Behandlungsgruppe. Darauf begründet sich die Hypothese, dass eine Absenkung des Cholesterinspiegels zu einer erhöhten Neigung zur Gewalttätigkeit führen könnte. In Tierversuchen an Menschenaffen konnten Hinweise gefunden werden, die diese Hypothese untermauern. Eine 1998 veröffentlichte Meta-Analyse aller seit 1965 veröffentlichten Studien zu dieser Fragestellung kommt zu dem Schluss, dass es tatsächlich einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Cholsterinsenkung und dem Risiko steigender Gewaltbereitschaft gibt, und rät Ärzten, dies bei der Empfehlung einer Cholesterinsenkung zu berücksichtigen.

In verschiedenen Studien wurde der Einfluss einer Cholesterinsenkung auf die Gedächtnisleistung untersucht. In einer im Jahr 2000 veröffentlichten Studie an 192 gesunden Erwachsenen zeigte sich, dass sowohl die Gedächtnisleistung als auch die Aufmerksamkeit der Probanden in der mit Lovastatin behandelten Gruppe signifikant schlechter ausfiel als in der Kontrollgruppe. Der Leistungsunterschied war signifikant verknüpft mit den absoluten LDL-Cholesterinwerten nach der Behandlung, d.h. niedrigere Cholesterinwerte gingen mit einer schlechteren Gedächtnisleitung einher. Auch in einer an 326 Frauen mittleren Alters durchgeführten und 2003 veröffentlichten Studie zeigte sich eine lineare Korrelation der Gedächtnisleistung mit dem LDL-Cholesterinspiegel.

In einem im Jahr 2003 veröffentlichten Übersichtsartikel werden 60 Fälle von totalem Gedächtnisverlust im Zusammenhang mit einer Statin-Behandlung beschrieben. Nach Absetzen der Statin-Behandlung verschwanden in etwas weniger als der Hälfte der dokumentierten Fälle die Gedächtnisstörungen ganz oder teilweise.

Siehe auch

Quellen

  • Holtmeier, Hans-Jürgen: Cholesterin, Zur Physiologie, Pathophysiologie und Klinik. Springer, Berlin 1996, ISBN 3-540-60671-8 (Umfassendes Buch, eine Neuauflage wäre wünschenswert)
  • Kestin, M. u. a.: Effect of dietary cholesterol in normolipidemic subjects in not modified by nature and amount of dietary fat. In: American Journal of clinical Nutriation 50/1989, S.528
  • Kohlmeier, M. et al.: Verbreitung von klinisch-chemischen Risikoindikatoren in der BRD, Wiss. Fachverlag Dr. Fleck, Niederkleen 1993.
  • Schwandt, P., Richter, W., Parhofer, K.: Handbuch der Fettstoffwechselstörungen Schattauer, Stuttgart 2.Auflage 2001, ISBN 3-7945-1977-9
  • Stehbends, W. E.: Diet and atherogenesis. Nutritions Reviews 47/1989, S.1 (zur Unabhängigkeit des Cholesterins von der Nahrung)
  • Buddecke, E.: Grundriss der Biochemie., 5. Auflage, de Gruyter, 1977, ISBN 3-110-04796-9
  • Löffler, Georg/Petrides, Petro E.: Biochemie und Pathobiochemie. 7. Auflage, Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-42295-1
  • Eckert-Lill, Chriatiane: Kampf dem Cholesterin. 2., überarb. Aufl. 2003. 96 S., ISBN 3-7741-0990-7 (Ratgeber mit programmatischem Titel, die Autorin fungiert gleichzeitig als Geschäftsführerin Pharmazie der Bundesvereinigung der Apothekerverbände (ABDA))

Literatur, die die derzeit gängige Lehrmeinung und die Empfehlungen des NCEP in Frage stellt

  • Ravnskov, Uffe/Pollmer, Udo: Mythos Cholesterin., Hirzel, Stuttgart 2004, ISBN 3-777-61181-6 (gutes Buch, mit hohem Quellenmaterial, in dem der Mythos Cholesterin untersucht wird; geeignet für jeden, der nicht die ca. 10.000 Veröffentlichungen durchsuchen möchte)
  • Blech, Jörg:Die Krankheitserfinder. Wie wir zu Patienten gemacht werden., S. Fischer, Frankfurt 2003, S.78 ff, ISBN 3-100-04410-X (zur wirtschaftlichen Ausnutzung der Cholesterin-Phobie)
  • Hartenbach, Walter: Die Cholesterin-Lüge. Das Märchen vom bösen Cholesterin, Herbig, 2002, ISBN 3776622776
  • Palumbo, P.J.: National cholestreol eduction program: does the emperor have any clothes? . Mayo Clinic Proceedings 86, 88-90
  • Oliver, M.F.: Consensus or nonconsensus conferences on coronary heart disease. The Lancet 1, 1087-1089, 1985
  • Merz. B.: Low-fat diet may be imprudent for some, say opponents of population-based cholesterol. Journal of the American Medical Association 256, 2779-2780, 1986
  • Pickney, E.R., Smith, R.L.: Statistical analysis of lipid research clinical programs. The Lancet 1, 503, 1987
  • Patel, C. The lipid research clinical trial. The Lancet 1, 663-634, 1984
  • Editorial, The Lancet 1, 333-334, 1988
  • Ravnskov, U.: Cholesterin lowering trials in coronary heart disease: frequency of citation and outcome. British Medical Journal 305/1993, S.15 (zum Einfluss des Cholesterins auf die Gesamtsterblichkeit)
  • Golomb, B. A.: Cholesterol and violence: is there a connection? Annals of Internal Medicine 128, 478-487, 1998
  • Muldoon, M. F. et al.: Effects of Lovastatin on cognitive function and psychological well-being. American Journal of Medicine 108, 538-547, 2000
  • Henderson, V.W. et al.: Serum Lipids and memory in a population-based cohort of middle age women. Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry 74, 1530-1534, 2003
  • Wagstaff, L.R. et. al.: Statin-associated memory loss: Analysis of 60 case reports and review of the literature. Pharmacotherapy 23, 871-880, 2003