Wasserstrahlschneidemaschine
Eine Wasserstrahlschneidemaschine ist eine Werkzeugmaschine zum Trennen von Materialien mittels eines Hochdruckwasserstrahles.
Verfahren
Beim Wasserstrahlschneiden wird das zu bearbeitende Material durch einen Hochdruckwasserstrahl getrennt. Dieser Strahl hat einen Druck von bis zu 6000 bar. Es werden Austrittsgeschwindigkeiten bis zu 1000 m/s erreicht. Die Bearbeitung erfolgt fast ohne Erwärmung des Schneidgutes. Durch den hohen Druck ist das Schneidwasser keimfrei (Hochdrucksterilisation). Das Wasser muss nicht besonders aufbereitet werden. Lediglich zur Erhöhung der Pumpenstandzeit ist gegebenenfalls eine Aufbereitung erforderlich (Beispielsweise per Wasser-Enthärtung oder Umkehrosmose-System). Bedingt durch die hohe Austrittsgeschwindigkeit des Wassers entsteht beim Schneiden ein Schalldruck bis zu 130 dB. Durch Schneiden unter Wasser, etwa durch Erhöhung des Wasserspiegels im Strahlfänger,kann die Schallemission bedeutend reduziert.
Reinwasserschneiden
Beim Reinwasserschneiden wird lediglich die Strahlenergie des Wassers ausgenutzt. Die Schneidleistung in harten Materialien ist sehr begrenzt. Allerdings kann bei weichen Materialien der Schnittspalt lediglich 0,1 mm betragen. Zur Strahlbündelung können Polymere zugesetzt werden. Durch neuste Technologie im Hochdruckpumpensektor können heute sogar harte Materialien wie Aluminium bis ca. 4mm ohne Verwendung von Abrasivmitteln mit einem 6000bar Wasserstrahl getrennt werden.
Abrasivschneiden
Zur Erhöhung der Schneidleistung wird dem Strahl häufig ein Schneidmittel, ein sogenanntes Abrasiv, zugesetzt. Erst durch die Beimengung eines solchen Abrasivs (wie z.B. Granat oder Korund) ist es möglich, härtere Materialien zu schneiden, die mit reinem Wasserstrahl nicht trennbar sind. Um Abrasivschneiden zu können, muß die Wasserstrahlanlage über einen SChneidkopf verfügen, der im wesentlichen aus 3 Komponenten besteht. 1. Reinwasser-Fokussierdüse 2. Abrasiv-Mischkammer 3. Abrasivfokussierdüse. Zuerst wird durch die Reinwasserdüse das hochkomprimierte Wasser zu einem Strahl von ca. 0.25-0.4mm (düsenabhängig) geformt. Dieser Strahl schießt durch die Mischkammer mit bis zu 1000m/sek und erzeugt somit ein Vakum im Schneidkopf. Durch eine kleine Öffnung im Schneidkopf kann jetzt Abrasivmittel in die Mischkammer gesaugt und mit dem Wasserstrahl vermischt werden. Das Wasser-Abrasiv-Gemisch wird dann durch die nachgeschaltete Abrasivdüse fokussiert, und tritt mit einem Durchmesser von i.d.R. 0.8 oder 1mm aus. Das Abrasivmittel kann im Regelfall CNC-gesteuert dosiert und dem Schneidkopf zugeführt werden. (Entweder mit Luft als Träger oder in einer Emulsion) Die Vorschubgeschwindigkeiten beim Wasserstrahlschneiden sind u.a. abhängig von Parametern wie Materialart und -dicke, Pumpenleistung (Literleistung und Druck), Düsenkombination (Reinwasser- und Abrasivdüsendurchmesser). Der zur Zeit am Markt übliche Betriebsdruck liegt bei ca. 4200bar. Die nächste Stufe von 6000bar ermöglicht als Beispiel die Bearbeitung von Aluminium bis zu t=400mm.
Anwendungen
Mit dem Hochdruckwasserstrahlverfahren können fast alle Materialien bearbeitet werden, angefangen beim Schaumstoff bis hin zum Saphir. Schwerpunkte sind die Kunststoffbearbeitung, die Metallbearbeitung und die Steinbearbeitung. Durch die Möglichkeit des Schwenkens des Schneidkopfes (3D-Bearbeitung) lassen sich mittels einer Schneidvektorsteuerung beliebig komplizierte Formen auch im Raum schneiden.
Es lassen sich Genauigkeiten bis zu 0,005 mm/m Bearbeitungslänge erreichen. Jedoch muss dazu der Bearbeitungsraum klimatisiert werden.
Neben dem Trennen wird das Wasserstrahlschneiden auch zum Entgraten verwendet.
Maschinenkomponenten
Eine Wasserstrahlschneidmaschine besteht aus verschiedenen Komponenten, die unterschiedlich kombiniert werden können.
Maschinenrahmen
Der Maschinenrahmen, der meist aus Stahlrohr unterschielichen Formats zusammengebaut wird, trägt die einzelnen Achsen der Maschine. Er wird bei hochwertigen Maschinen spannungsarm geglüht, gefräst, geschliffen oder geschabt. Danach wird mittels eines Laserinterferometers die Gradheit des Rahmens (der Führungsbahnen) geprüft. Die Ausrichtung des Rahmens erfolgt über Fixatoren oder Dübelelemente. Standard-Bauform beim Wasserstrahlschneiden ist die sogenannte Portalbauweise (als Flachbett (Stzandardaufgaben)- oder Hochportalanlage (für Werkstücke mit extremen Abmessungen)), an dem 2 Achsen ohne Verbindung den Querbalken tragen. Mit diesen Typen lassen sich fast beliebig große Maschinen realisieren (Spannweiten Portal bis ca. 5000mm). Bei Portalmaschinen fahren die beiden Führungsachsen in einem sogenannten Gantry-Verbund, und sind somit über die CNC-Steuerung gekoppelt (2 Achsen verhalten sich wie eine einzige). Neben dem Portal existiert noch die Konstruktionsvariante als Kragarm, bei der der Querbalken nur einseitig geführt wird. Diese Bauform ist zwar in der Herstellung günstiger und hat einen Vorteil aufgrund der besonders guten Zugänglichkeit zum Schneidbereich (von drei Seiten). Sie ist aber technisch der Portalbauweise unterlegen und für Präszisionsschneiden eher ungeeignet.
Strahlvernichter
Die Restenergie des Wasserstrahls, die nach der geleisteten Schneidarbeit verblieben ist, kann auf verschiedene Weise abgebaut werden. Die am häufigsten anzutreffende Variante ist eine Wasserbecken, das als "Strahlfänger" fungiert. Das Wasserbecken sollte über eine ausreichende Wassersäule von über 600m verfügen, damit die Restenergie des Wasserstrahls umgewandelt werden kann (in Wärme). Das Wasserbecken sollte unbedingt seperat zur Führungsmaschine aufgebaut sein (keine mechanische Verbindung), da sich selbst grössere Wasserbecken nach einigen Stunden Schneidzeit im zweistelligen °C Bereich erwärmen können. Wenn nun Führungsmaschine und Wasserbecken eine Einheit sind, führt eine solche Erwärmung zu erheblichen Veränderungen in der Maschinengeometrie. Folge sind Geradheitsfehler, Materialausdehnung und somit Ungenauigkeiten bei der Teileherstellung. Toleranzen im mehreren Zehntelbereich sind nicht unüblich. Neben der Verwendung von den gerade angesprochenen feststehenden Wasserbecken gibt es auch noch eine weitere Variante, nämlich den sogenannten "Catcher". Ein Catcher bezeichnet beim Wasserstrahlschneiden ein fahrbares schmales Wasserfangbecken, das sich synchron zur Bewegung der Schneidachse bewegt. Diese Catcher sind oftmals mit Kermaikkugeln gefüllt, die die Restenergie umwandeln sollen. Größter Nachteil dieser Catcher sind extreme Schallemission sowie hoher Spritzwasseranteil.
Hochdruckpumpe
Die Hochdruckpumpe dient zur Erzeugung eines möglichst pulsationsfreien Hochdruckwasserstrahles. Einfachste Ausführungen werden mit Druckluft betrieben, die über einen Druckübersetzer den Hochdruck liefern. Aufgrund des schlechten Wirkungsgrades kommt dies aber nur für Anlagen im Low-End-Bereich zum tragen. In der Regel werden beim Wasserstrahlschneiden Hochdruckpumpen eingesetzt, die eine Hydraulikeinheit verwenden. Diese Eineheiten erzeugen ölhydraulisch einen Vordruck von bis ca. 200bar. Der Druck ist bei besseren Pumpen über ein Proportionalventil beliebig vom kleinsten bis zum größten Druck steuerbar. Das komprimierte Öl wird in den Hydraulikzylinder des Hochdruckübersetzers gepumpt. Hier wirkt das Öl auf eine Kolbenstange mit dem Übersetzungverhältnis (Fläche Hydraulik zur Fläche Wasser) ca. 20:1.Somit lassen sich Drücke bis in den Bereich von ca. 4000 bar erzeugen. Das Hochdruckwasser, das den Hochdruckzylinder verläßt, gelangt in einen sogenannten Pulsationsdämpfer. Hierbei handelt es sich einfach gesagt um eine "Pufferzylinder" (meist 1 oder 2 Liter Volumen), der die Druckschwankungen bei Umkehrung des Hydraulikkolbens dämpfen soll. Je größer die Pufferflasche, desto besser die Schneidleistung und -qualität. HD-Pumpen können über mehrere Hochdrucküberstzer und Pufferflaschen verfügen. Die installierte Leistung beträgt heute ca. 11-75 kW. Die Fördermenge kann bis zu ca. 8 Litern/Min betragen.
Entsorgung
Das mit Schneidmaterial und Abrasiv vermischte Schneidwasser muss aus dem Strahlvernichter entfernt werden. Dies geschieht entweder kontinuierlich durch eine Entsorgung oder in Abständen manuell. Die kontinuierliche Entsorgung besteht entweder aus einem Kratzförderer, der die Schneidmittelreste aus dem Strahlvernichter entfernt oder durch einen Wasserumlauf, der die Reste aus dem Strahlvernichter aussondert. Das Wasser aus dem Strahlvernichter wird dann gefiltert und dem Schneidbecken wieder zugeführt.
Steuerung
Wasserstrahlschneidanlagen werden durchgängig mit CNC-Steuerungen ausgerüstet. Neben einfachsten Ausführungen, die nur eine Plottersteuerung zulassen, verfügen höherwertige Maschinen über Steuerungen, die sowohl alle Achsen interpolieren können, als auch Geschwindigkeitsreduzierungen abhängig vom Schneidprozesses durchführen können. Hier existiert neben einer CAD Schnittstelle auch oft eine CAM-Anbindung.
Geschichte
Seit etwa 1900 wurde der Wasserstrahl zum Schürfen in Kies- und Tonablagerungen verwendet. Sowjetische und US-amerikanische Minen untersuchten in den 1930er Jahren die Möglichkeit des Einsatzes eines Hochdruckwasserstrahles für den Kohle- und Erzabbau. Als in den 60er Jahren Compositmaterialien in den Flugzeugbau eingeführt wurden regte die Firma Boeing den Einsatz von Wasserstrahl zur Bearbeitung solcher Materialien an. Die Fa. Ingersoll Rand, heute KMT, lieferte 1971 die erste einsatzfähige Wasserstrahlschneideanlage. Kurz darauf engagierte sich Flow International in diesem Markt.