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Große Hungersnot in Irland

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Die als Große Hungersnot (engl. Great Famine, Irish potato famine oder irisch An Gorta Mór) in die Geschichte Irlands eingegangene Hungersnot zwischen 1846 und 1851 war die Folge mehrerer Kartoffel-Missernten zwischen 1846 und 1849. Auslöser der Kartoffelfäule war der Pilz Phytophtora infestans, der in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren die gesamte Kartoffelernte vernichtete. Da die Kartoffel vor allem für die arme Bevölkerung Irlands im Lauf des 19. Jahrhunderts zum wichtigsten Grundnahrungsmittel geworden war, führte der Ernteausfall von 1846 bis 1851 zum Tod von schätzungsweise 500.000 bis einer Million Iren und der Auswanderung einer weiteren Million, in erster Linie nach Kanada, Australien und in die USA.

Aufgrund des damals vorherrschenden politischen Klimas in Großbritannien (laissez-faire economics) wurde von der Regierung zu wenig zur Bekämpfung des Hungers getan. Während dieser Zeit wurde vom englischen Adel in Irland eine Getreidewirtschaft betrieben, deren Ernten jedoch für den Export bestimmt waren und der irischen Bevölkerung nicht zur Verfügung standen. Die unmittelbaren Folgen für Irland waren verheerend, die Bevölkerungszahl in Irland hat nie mehr den Stand vor der Famine erreicht.

Bis heute ist diese Hungersnot Bestandteil von Gedichten und Liedern aller Art, siehe zum Beispiel The Fields of Athenry.


Ursachen und Folgen der Hungerkatastrophe in Irland im 19. Jahrhundert

Bevölkerungsexplosion

Am Beginn des 19. Jahrhunderts kam es in Irland zu einer Bevölkerungsexplosion. Zum einen, weil beim Anbau der Kartoffel schon ein kleines Stück Land ausreichte um eine Großfamilie zu ernähren, zum anderen, weil die Natur die Rohstoffe für Hausbau, sowie das Heizmaterial zur Verfügung stellte. Es wurden also häufig junge Ehen mit vielen Nachkommen geschlossen. Aus diesem Grund stieg die Bevölkerung von vier bis fünf Millionen (1801) auf sieben Millionen (1821) und auf über neun Millionen (1841).


  • 1660: ca. 500.000 Einwohner
  • 1760: ca. 1.500.000 Einwohner
  • 1840: ca. 9.000.000 Einwohner (entspricht Zuwachs von 600%)

(Kothe 1996, Seite 117)


  • 14.04.2005: 3.969.600 Einwohner

(http://www.welt-in-zahlen.de/laenderinformation.phtml?country=85)


Eine der Folgen, die die Bevölkerungsexplosion mit sich brachte, war die Praxis der Realteilung. Der Umstand, daß das Pachtland jeweils unter den Söhnen aufgeteilt wurde, führte dazu, daß sehr kleine Parzellen entstanden, die kaum ausreichten, den Pächter und seine Familie zu ernähren.

Aufgrund der Realteilung waren nur mehr etwa 7 % des Pachtlandes größer als 30 Morgen, 45 % kleiner als 5 Morgen. In Connacht betrug dieser Anteil sogar 64 %. Außerdem lebten 70 % der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Diese Zahlen waren das Ergebnis einer Untersuchung, die 1845 von einer Regierungskommission unter der Führung des Grafen von Devon durchgeführt wurde. Ein anderes Ergebnis dieser Kommission war, dass zum Überleben mindestens 8 Morgen Land nötig wären. Aber schon vor der sogenannten "Devon–Kommission" hatten Wirtschaftstheoretiker sich mit Irland befaßt. So wurde schon 1832 erkannt, dass die soziale Not großteils auf den Mangel an Arbeitsplätzen zurückzuführen war. Dies lag daran, daß außer im Norden keine Industrie vorhanden war.

Mit dem Einsatz von großen Mengen an Kapital wäre die Errichtung von Arbeitsplätzen und somit das Landproblem zu bewältigen gewesen. Aufgrund der Gesetze des Marktes wären bedingt durch die geringere Nachfrage nach Land die Pachtzinsen gesunken. Außerdem wäre es möglich geworden Pachthöfe zusammenzulegen. Ein Untersuchungsausschuß 1836 empfahl aus diesen Gründen öffentliche Bauarbeiten. Einige Jahre darauf schlug eine königliche Kommission die Errichtung eines staatlichen Eisenbahnnetzes in Irland vor. Es wurde jedoch keiner der beiden Vorschläge berücksichtigt, da sie gegen Englands liberale Wirtschaftspolitik verstoßen hätten. Man beschränkte sich darauf, 1838 die englischen Armengesetze auch in Irland zu erlassen. Allerdings wurden sie von der Bevölkerung nicht angenommen, da das System nicht auf kurzfristige Unterstützung, wie sie nach einer schlechten Ernte nötig gewesen wäre, ausgerichtet war. Um Hilfe zu erhalten, mußte man Haus und Acker aufgeben und in ein Armenhaus ziehen.

Ein großes Problem beim Versuch, das Irlandproblem zu lösen, bestand darin, daß die Landherren großen politischen Einfluß hatten. Sie stellten sich daher gegen Entscheidungen, die Vorteile für die Pächter gebracht hätten, weil dadurch für sie selbst Nachteile entstanden wären. Es war also nahezu unmöglich, gegen hohe Pachtzinsen und Kirchensteuern, die beides schwere Belastungen für die irischen Pächter darstellten, vorzugehen, da man hierbei sofort mit dem Widerstand von Kirche und Landherren zu rechnen hatte.

Kartoffelfäule

Im Jahr 1842 vernichtete eine Kartoffelfäule fast die gesamte Ernte Nordamerikas. Aber auch Irland hatte schon vor 1845 mit Ernteausfällen zu kämpfen. "There had been fourteen partial or complete potato famines in Ireland between 1816 and 1842, and some catastrophic crises in the eighteenth century, notably 1740-42." Mit "Kartoffelfäule" werden die Schäden bezeichnet, die bei Pflanzen beim Befall mit dem Sporenpilz phytophthora infestans hervorgerufen werden. Dieser Pilz bewirkt, daß die Kartoffeln ein bis zwei Tage nach der Ernte verfaulen. Seine Sporen werden vom Wind verbreitet und benötigen zu ihrer Entwicklung Feuchtigkeit. Er fand also gerade in Irland besonders gute Bedingungen.

Im Sommer 1845 wurden Ernteausfälle in den Niederlanden, Belgien und Frankreich prognostiziert. Im August waren auch in England Pflanzenschäden zu erkennen. Die Kartoffelfäule war also in verschiedenen europäischen Ländern ein Problem. Es stellt sich die Frage, warum die Schäden in Irland so groß waren. Ein Grund ist, vielleicht, daß Irland im Gegensatz zu weiteren westeuropäischen Ländern fast ausschließlich vom Ackerbau abhängig geblieben war, der in vielen Regionen auf einem unproduktiven Niveau war. Zum Beispiel wurde die Kartoffel meist in Monokultur angepflanzt. Das wenige Getreide, das zur Verfügung stand, wurde gewinnbringend in England oder auf dem Kontinent verkauft, wo es, wie oben erwähnt, ebenfalls zu Ernteeinbußen gekommen war. Im September konnte anhand von Blattverfärbungen schon erkannt werden, daß auch Irlands Kartoffelernte vom Pilzbefall betroffen sein würde. Als im Oktober die Ernte begann, hoffte man noch, daß nur ein kleiner Teil betroffen sein würde. Die Hoffnungen wurden enttäuscht. Der Großteil der Ernte war zerstört.

Im November 45 setzte Englands Premierminister Sir Robert Peel (1788-1850, liberal-konservativer Politiker, Premierminister August 1841 - Juni 46) ein Zeichen für Irland: "He himself recognized that the first priority had to be the provision of food, and he personally authorized (without cabinet approval) the purchase of £ 100,000 of maize from the United States for distribution in Ireland by a Relief Commission he set up to coordinate relief work." Da das englisch–irische Armengesetz eine direkte finanzielle Zuwendung verhinderte, wurden Arbeitsbeschaffungsprogramme ins Leben gerufen. Die Einfuhr von Getreide war mit hohen Schutzzöllen belegt. Diese Zölle, die Corn Laws, waren zum Schutz vor Konkurrenz erlassen worden. Da diese Zölle die Preise für das importierte Getreide hinauftrieben, mußten finanzielle Stützen gewährt werden, um die Brotpreise niedrig zu halten. Dennoch hatte ein großer Teil der Bevölkerung nicht die finanziellen Mittel, um diese niedrigen Preise zu bezahlen.

Als für das Jahr 1846 eine noch schlechtere Ernte vorauszusehen war, setzte Peel die Abschaffung der Corn Laws durch. Er verlor jedoch die Unterstützung seiner Partei und im Juni 1846 wurden die regierenden Tories von den Whigs abgelöst. Der neue Premierminister war John Russel, ein entschiedener Anhänger der laissez-faire-Haltung.

In diesem Herbst war nicht nur die Kartoffelernte, sondern aufgrund des schlechten Wetters auch die Weizen- und Haferernte betroffen. Dennoch gab es von Seiten der Regierung keine finanzielle Unterstützung, da die Regierungsalmosen "die Zuwendungsempfänger demoralisieren und deren Wille, sich aus eigener Kraft wieder aus der katastrophalen Lage zu befreien, lähmen" würden. Einzig bei der Organisation der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, deren Kosten von reichen irischen Kaufleuten und Grundherren getragen werden mußten, griff die Regierung ein. Nachdem aber im Gegensatz zu 1845 die gesamte Ernte entweder der Kartoffelfäule oder dem schlechten Wetter zum Opfer gefallen war, waren die Grundherren weder finanziell dazu in der Lage, noch dazu bereit, zusätzlich zu ihren Einkommenseinbußen noch Geld für Arbeitsbeschaffungsprogramme aufzuwenden. Also mußten sie vom Staat getragen werden. Da der Winter 1846/47 besonders hart und lang andauernd war, waren diese Kosten weitaus höher als im Jahr zuvor. Im Oktober 1846 wurden 114 600 Arbeitsplätze vermittelt. Im Januar 1847 waren es 570 000 und im März waren es 734 000. Über £ 7 000 000 wurden während der Hungersnot an Unterstützungen und Krediten vom Staat gewährt. Die Bauten, die im Rahmen dieser Projekte errichtet wurden, sind teilweise noch heute erhalten. So können im Westen Irlands am Straßenrand Mauern betrachtet werden, die scheinbar keine Funktion haben. Sie werden "Brotmauern" genannt und sind Reste der öffentlichen Bauprojekte aus der Zeit der Hungersnöte.

Im Februar 1847 verschlimmerte sich die Lage, als das Überleben der ohnehin schon von Hunger und Seuchen geschwächten Bevölkerung noch von starken Schneefällen erschwert wurde. Es kam zu Unruhen und Attacken auf die Landsitze von Grundherren und auf Regierungsgebäude. Diese Umstände zwangen Russel, entgegen seiner Absichten Lebensmittel nach Irland einzuführen. Schließlich war der Großteil der Bevölkerung physisch nicht mehr in der Lage zu arbeiten und sich so die staatliche Unterstützung zu verdienen. "Early in 1847, government-sponsored soup kitchens were established, and by August that year 3,000,000 people a day were being fed by them." Zu diesem Zeitpunkt waren aber bereits Zehntausende dem Hunger, der Kälte oder dem im Winter 1846 ausgebrochenem Hungerfieber Typhus zum Opfer gefallen. Diese Unterstützung durch den Staat währte nicht lange, da im Jahr 1847 die Ernte zwar klein, aber doch erfolgreich ausfiel. Der Grund für die schlechte Ernte lag darin, daß die Bauern in ihrer Verzweiflung auch die Saatkartoffeln für das nächste Jahr aufgegessen hatten. Schon in den nächsten beiden Jahren fielen die Ernten erneut aus. "Trotzdem stellte die englische Regierung ihre Hilfsmaßnahmen ein. Die dunkelsten Jahre der an Katastrophen so reichen irischen Geschichte waren angebrochen. Die Zahlen geben nur ein unzulängliches Bild der Folgen der Hungersnot."

Wie unter Punkt bereits erwähnt, lebten 1841 über 8,1 Millionen Menschen in Irland. Schätzungen zufolge hätten sich diese Zahlen bei einer normalen Entwicklung auf 9 Millionen belaufen müssen. Statt dessen waren es um 2,5 Millionen weniger – 6 552 000. Mindestens eine Million davon war verhungert oder an einer Seuche verstorben. 1,5 Millionen Menschen versuchten ihr Glück in Kanada, Australien, den USA und den Industriezentren Englands.


Die direkt erkennbaren Folgen

Zwischen 1841 und 1844 emigrierten durchschnittlich 50 000 Iren pro Jahr. Die Mißernte von 1845 änderte an dieser Situation nur wenig, da die meisten Iren annahmen, daß die Ernte im nächsten Jahr besser sein würde. Erst als die Ernte 1846 wieder ausfiel, verließen viele Pächter und Kleinbauern das Land. "Schätzungen zufolge verließen in der Hauptemigrationsperiode in der Zeit nach der Hungersnot zwischen 1845 und 1855 fast zwei Millionen Iren das Land. Ungefähr drei Viertel der Emigranten wanderten nach Amerika aus, die restlichen 25 Prozent gingen nach Großbritannien und Australien."

An Bord der Emigrationsschiffe waren Krankheiten und Seuchen der Alltag. Das brachte ihnen den zweifelhaften Namen coffin ships. Aufgrund der Seuchen wurden die Einwanderer in den USA nicht sehr erfreut begrüßt. Die Amerikaner schlossen ihre Häfen, und die Schiffe mit den Emigranten wurden nach Kanada umgelenkt. Auf Grosse Isle in Kanada weißt eine Gedenktafel darauf hin, daß viele auch nach der Landung starben:

"Thousands of the children of the Gael were lost on this island while fleeing from foreign tyrannical laws and an artificial famine in the years 1847-8. God bless them. God save Ireland!"

Diejenigen, die die Überfahrt überlebten, bildeten aber, ganz gleich, wohin es sie zog, die unterste Schicht. Von der protestantischen Oberschicht wurden sie wegen ihrer Konfession gemieden, von der Arbeiterschicht wurden sie gehasst, weil sie Arbeit zu Billigstlöhnen verrichteten und so zu einer großen Konkurrenz wurden. Die Iren übernahmen schwerste und schmutzige Arbeiten, um überleben zu können. Irische Frauen arbeiteten als Dienstboten oder in Textilfabriken. Die Männer arbeiteten beim Bau von Eisenbahnlinien oder Kanälen mit oder im Bergbau. "A great many Irishmen were killed in the mines and in digging the tunnels and in building the railroads. There was a saying that on the railroads ‘an Irishmen is buried under every tie’." Obwohl, oder gerade weil sie zur untersten Schicht der Bevölkerung gehörten, war der Zusammenhalt unter den irischen Emigranten sehr groß. Man besann sich auf die alten Traditionen und unterstützte die in Irland gebliebenen Verwandten. Viele Iren nahmen auf der Seite der Union am amerikanischen Bürgerkrieg 1861-65 teil. Sie sahen darin eine Vorbereitung auf den Kampf gegen England.

Eine weitere Folge der Hungersnot war der beinahe völlige Untergang der gälischen Sprache. Gälisch ist eine keltische Sprache, die zum Indogermanischen gehört und wahrscheinlich seit ca. 300 vor Christus gesprochen wurde. Durch die anglo-normannischen Eroberer wurde es ab dem 12. Jahrhundert um französische und später englische Elemente bereichert. Im 18. Jahrhundert war Englisch zur Sprache der oberen Klassen, der Verwaltung und der Regierung geworden. Im 19. Jahrhundert war diese Entwicklung noch weiter vorangeschritten. Wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg sowie politische Aktivitäten waren an die englische Sprache gebunden. Es war also schon vor der Hungersnot ein ständiger Rückgang der irisch sprechenden Bevölkerung zu erkennen.

1841 sprachen noch 4 Millionen Iren gälisch. Diese vier Millionen gehörten aber der unteren Gesellschaftsschicht an, und diese Schicht war es, die der großen Hungersnot hauptsächlich zum Opfer fiel. 1851 sprachen nur mehr etwas weniger als 25 % der Bevölkerung irisch. Die Hungersnot bewirkte einen großen Sprung im Rückgang der irisch sprechenden Bevölkerung. "Was die Briten in Jahrhunderten nicht geschafft hatten, war durch die Hungersnot in wenigen Jahren erreicht." Außerdem stellte es für irisch-sprachigen Emigranten ein großes Problem dar, wenn sie sich in ihren neuen Heimatländern nicht verständigen konnten. Das führte dazu, daß viele Eltern ihre Kinder Englisch lernen ließen, um ihnen diese Probleme zu ersparen. "Ende des 19. Jhs. war Irisch zum Synonym für Armut, Analphabetentum und katholische Rückständigkeit geworden." Heute ist Irisch neben Englisch Irlands offizielle Staatssprache. Der Anteil der Bevölkerung, der sie aber tatsächlich spricht, ist gering. An der Westküste und in abgelegenen ländlichen Gemeinden hat es sich bis heute erhalten. Diese Regionen werden als Gaeltacht bezeichnet.

Die Hungersnot hatte aber nicht nur Einfluß auf die irische Sprache. Angesichts der großen Not, der vielen Toten und Emigranten waren viele alte Bräuche, Lieder und Tänze in Vergessen geraten.

Freiheitsbestrebungen in Irland

Politische Folgen

Als es 1846 zu einer zweiten Missernte mit „apokalyptischen Zügen“ (Sommerville 1983, Seite 161) kam, entschied sich die Regierung Russell, doch wieder die Hilfeleistungen aufzunehmen, um einen Bürgerkrieg zwischen irischen Katholiken und der protestantischen Bevölkerung zu verhindern, jedoch kam es trotzdem zu einer Verschärfung des ethnischen Kontrastes, der bis heute anhält und die Vertreibung der protestantischen Grundbesitzer in die Region Ulster, im Nordosten Irlands zur Folge hatte.

Da Irland aber immer noch abhängig von England war und die Iren ihre Unabhängigkeit wollten, kam es zur Bildung von irischen Widerstandsgruppen, wie der „Irish Republican Brotherhood“ (auch bekannt unter Fenian Movement/Brotherhood) oder der „Irish National League“ (Charles Stewart Parnell). Diese wollten zudem mehr politischen Einfluss bzw. die eigene Entscheidungsgewalt und die Aufhebung der herrschenden Besitzverhältnisse.

Irland bekam durch diesen politischen Druck auf England einen Sitz im Unterhaus der britischen Regierung in Westminster, wo Parnell immer wieder die Hungerkatastrophe als Bespiel für die Ausbeutung Irlands, durch Großbritannien ansprach und das Sterben von Hunderttausenden als zwingende Konsequenz auf diese zurückführte. So schlachteten irische Politiker die Katastrophe weitestgehend propagandistisch aus. Parnell vertrat die Meinung, dass der Krise nicht genügend begegnet worden sei und nutzte dies um schließlich die politischen Interessen der Iren durchzusetzen (Sommerville 1983). So steht der Name Parnell für den Motor der irischen Politik der folgenden 10 Jahre. (http://www.cs.mun.ca/~david12/papers/parnell.html)

Die Besitzverhältnisse wurden durch das Gesetz der Landreformen (= „Land Act’s“) die vom englischen Premierminister William Ewart Gladstone 1869/70 erlassen wurden geändert (Sommerville 1983), so entstanden aus den Kleinparzellenwirtschaften Familienbetriebe.

Die wachsenden Spannungen zwischen den Landpächtern und Grundherren führte trotzdem 30 Jahre später zu einer offenen blutigen Auseinandersetzung, in der Irland die Bestrebungen verdeutlicht die Union mit England zu verlassen. So folgten verstärkte Unabhängigkeitsbemühungen, welche schließlich am 06. 12. 1921 durch politische und militärische Auseinandersetzungen von Erfolg gekrönt waren und zur Bildung der Republik Irlands, mit der Prämisse, die Region Ulster englischer Führung zu unterstellen, führten.


Die Große Hungersnot wird oft als Wasserscheide in der irischen Geschichte gesehen, ihre Auswirkungen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. So wird auch ein Zusammenhang mit den Freiheitsbestrebungen gesehen.

Die Situation war auch vor 1845 aufgrund der Jahrhunderte britischer Fremdherrschaft schon angespannt. Die Reaktion Englands auf den Nahrungsmangel wurde aber von einem großen Teil der Bevölkerung als harte und unmenschliche Haltung empfunden. Die Emigranten nahmen ihre Erinnerungen an die Not und den Hass auf Großbritannien, das sie ihrer Meinung nach zur Emigration gezwungen hatte, mit in ihre neue Heimat. Eine große Zahl der irischen Auswanderer bildete aus diesem Grund den moralischen und finanziellen Rückhalt für den Geheimbund der Fenier, für die Irish National League und Irish National Land League. "[...] wahrscheinlich sind es diese Verbindungen, in denen das Haupterbe des Großen Hungers zu sehen ist."

Andere Historiker gehen soweit, in der Hungersnot den Beginn für die gewalttätigen Bemühungen um eine Lösung von der Union zu sehen: "Wäre bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine friedliche Lösung auf dem Verhandlungstisch vielleicht noch denkbar gewesen, so war nach der Hungersnot der weitere Weg Irlands in die Gewalt bereits vorgezeichnet."

Eine andere Veränderung, die sich nach der Hungersnot in Irland vollzog, war demographischer Art. Das Heiratsalter stieg an und dadurch nahm die Kinderzahl ab. Da man außerdem von der Praxis der Realteilung abging und nur noch an den ältesten Sohn weitervererbt wurde, entstanden größere Höfe. Das Einkommen der Pächter stieg und damit auch ihr Selbstvertrauen. "Dieser Wandel wiederum stärkte das Selbstbewußtsein der vormals Unterprivilegierten, die zunehmend auf die Erweiterung ihrer Rechte pochten."

Dieses Verlangen nach einem Ausbau ihrer Rechte nahm jedoch keine revolutionären Formen an, schließlich waren die Pächter in einer guten wirtschaftlichen Situation, die sich durch einen Aufstand wahrscheinlich verschlechtert hätte.

Die Ereignisse von über sechzig Jahren können selbstverständlich nicht auf einen einzigen Vorfall zurückgeführt werden. Dennoch muß eine Katastrophe, die eine Million Menschen tötete, große Relevanz in der Geschichte eines Landes haben.

Literatur:

  • Wilhelm Abel: Massenarmut und Hungerkrisen im vorindustriellen Europa, Versuch einer Synopsis, 1. Auflage, Hamburg, Berlin, 1974
  • James Camlin Beckett: Geschichte Irlands. 2. erweiterte Auflage, Stuttgart, 1977
  • Karl S. Bottingheimer: Geschichte Irlands. 1. Auflage, Stuttgart und andere, 1985
  • Rudolf Bringmann: Geschichte Irlands, Schicksalsweg eines Volkes. 1. Auflage, Bonn, 1953
  • Brian de Breffney/George Mott: Irland: das Land und seine Geschichte. 1. Auflage, Köln, 1981
  • Stephen Devereux: Theories of Famine. 1. Auflage, New York, London, u. a., 1993
  • Department of Foreign Affairs, Dublin (Hrsg.): Irland, Eine Landeskunde. 1. Auflage, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz, 1983
  • R. Dudley Edwards/T. Desmond Williams: The Great Famine, Studies in Irish History. 2. Auflage, New York, 1997
  • Jürgen Elvert: „Los von London“ – Die irische Frage. in: Brockhaus, Die Bibliothek, Die Weltgeschichte, Band 5, 1. Auflag, Leipzig, Mannheim, 1999
  • Jürgen Elvert (Hrsg.): Nordirland in Geschichte und Gegenwart. 1. Auflage, Stuttgart, 1994
  • Jürgen Elvert: Geschichte Irlands. 1. Auflage, München, 1993
  • Günther Glebe: Wandlungen in der Kulturlandschaft und Agrargesellschaft im Kleinfarmgebiet der Beara- und Iveragh-Halbinsel/Südwestirland. in: A. Gerstenhauer, K. Rother, H. G. Steinberg, Düsseldorfer Geographische Schriften, Heft 6, 1. Auflage, Düsseldorf, 1977
  • Cormac Ó Gráda: The Great Irish Famine. 1. Auflage, Cambridge, 1989
  • Hans Ulrich Happe: Irland und die Emigration. Die Bedeutung des Auswanderungsphänomens für die irische Insel. in: Winfried Böttcher (Hrsg.), Aachener Studien „Sozialwissenschaften“, Band 4, 1. Auflage, Aachen, 1987
  • R. Hassencamp: Geschichte Irlands, Von der Reformation bis zu seiner Union mit England, 1. Auflage, Leipzig, 1886
  • Charles Berry Hyams: Irland im 19. Jahrhundert. Die Bauern, Hungersnot, Emigration.. 1. Auflage, Marburg, 1977
  • Donal A. Kerr: A Nation of Beggars?, Priests, People, and Politics in Famine Ireland. 1846-1852, 1. Auflage, Oxford, 1994
  • Carl Theodor Kleinschrod: Der Pauperism in England in legislativen, administrativen und staatlichen Beziehungen. Mit einer Übersicht der Hauptergebnisse der jüngsten Bevölkerungsaufnahme in Großbritannien und Irland, 1. Auflage, Regensburg, 1845
  • Ingeborg Leister: Das Werden der Agrarlandschaft in der Grafschaft Tipperary (Irland). in: C. Schott, K. Scharlau, I. Leister, M. Born: Marburger Geographische Schriften, Heft 18, 1. Auflage, Marburg, 1963
  • Francis Stewart/Leland Lyons: Ireland since the Famine. 1. Auflage, London, 1971
  • Kerby A. Miller: Emigrants and Exiles. Ireland and the Irish Exodus to North America. 1. Auflage, New York u. a., 1985
  • Lucile F. Newman: Hunger in History, Food Shortage, Poverty, and Deprivation. 1. Auflage, Cambridge (Massachuselts), Oxford, 1990
  • Jörg Rademacher (Hrsg.), Alexander Sommerville: Irlands großer Hunger, Briefe und Reportagen aus Irland während der Hungersnot 1847. 1. Auflage, Münster, 1996
  • Martin Schaffner: Das Verhältnis von Irland zu England zwischen 1800 und 1850: Modellfall einer Abhängigkeit? Überlegungen zur "Großen Hungersnot" (1845-1849). in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Band 33, 1. Auflage, 1983
  • W. E. Vaughan, A. J. Fitzpatrick: Irish Historical Statistics, Population, 1821-1971. 1. Auflage, Dublin, 1978
  • Keving Whelan: The Atlas of the Irish Rural Landscape. 1. Auflage, Cork, 1997
  • Vom Ackerbau und von dem Zustande der den Ackerbau treibenden Klassen in Irland und Großbritannien. Auszüge aus den amtlichen Untersuchungen, welche das Parlament vom Jahre 1833 bis zum heutigen Tag öffentlich bekannt gemacht hat. Der Ackerbau in Irland. Erster Band, 1. Auflage, Wien, 1840
  • R. D. Edwards, T. D. Williams: The Great Famine. Studies in Irish History 1845-52. 2. Auflage, Lilliput, 1997
  • Elvert, Jürge: Geschichte Irlands. 4. Aufl., München 2003.
  • Fritsche, Wolfgang: Mikrobiologie. 2. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag 1999, S. 149.
  • Kothe, Erika, Kothe Hans: Pilzgeschichten. Springer Verlag 1996, S.115-119.
  • Lee, Joseph: Modernization of Irish Societiy (1848 – 1918), Dublin, 1973. p. 10
  • Somerset Fry, Peter; Somerset Fry, Fiona: A History of Ireland. London 1988, S. 232-238.
  • Sommerville, Alexander: Irlands grosser Hunger.
  • Webster, John: Pilze. Springer Verlag 1983, S. 161.

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