Dungeon Master
Dungeon Master (englisch Kerkermeister) war das erste Echtzeit-Computer-Rollenspiel und erschien 1987. Die Spielhandlung fand in einem in Zentralperspektive dargestellten unterirdischen Labyrinth statt.
Dungeon Master war in jeder Hinsicht stark an die typischen Papier-und-Bleistift-Rollenspiele angelehnt und setzte alle traditionellen Elemente dieser Spiele in einer gegenüber dem Stand der Technik hochwertigen Grafik und dem für Computer-Rollenspiele völlig neuartigen Echtzeit-Spielmodus um. Damit schuf es eine neue, sehr erfolgreiche Spielekategorie, die die Stärken des komplexen, aber schwerfälligen rundenbasierten Computer-Rollenspieles mit denen des einfachen, aber schnellen Action-Adventures kombinierte.
Grafik-Technologie
Die Rechenkapazität der beim Erscheinen von Dungeon Master verwendeten Motorola 68000-Prozessoren erforderte die grafische Darstellung der 3D-Umgebung mit statischen Grafiken für alle möglichen Spielelemente.
Obwohl Texture Mapping noch nicht möglich war, hat Dungeon Master spätere Spiele wie das 1992 erschienene Ultima Underworld - das erste Echtzeit-Rollenspiel mit texturierter 3D-Grafik - inhaltlich stark beeinflußt.
Plattformen
Dungeon Master erschien 1987 von FTL Games für den Atari ST und wurde dann auf viele weitere Systeme portiert: Amiga, PC, Super Nintendo Entertainment System, Apple II GS, X68000, PC-98 und FM-Towns. Dieses Spiel hat andere 3D-Rollenspiele, z. B. Eye of the Beholder, inspiriert.
Das besondere an Dungeon Master war, dass es als erstes Rollenspiel keine zufällig generierten Monster benutzte, sondern schon festgelegte, die sich aber mehr oder weniger frei bewegen konnten, während man durch die Gänge lief. Dementsprechend griffen die Monster in Echtzeit an, und nicht etwa wie etwa bei Wizardry rundenbasiert.
Geschichte
Ein großer Magier sucht nach einer ultimativen Zauberwaffe, dem Firestaff. Während der Experimente geschieht ein Unglück und der Magier spaltet sich in sein gutes und sein böses Ich (Lord Chaos) auf. Gleichzeitig passiert in der Umgebung eine Katastrophe. Hunderte von Abenteurern pilgern in den Dungeon, um das Übel zu beseitigen, aber alle scheitern. Die vierundzwanzig besten Abenteurer hat Lord Chaos in Form von Bilderrahmen, nach Art einer Bildergalerie, zur Abschreckung im ersten Level aufgehängt. Der Spieler soll nun, in der Rolle des Assistenten des Magiers, bis zu vier Abenteurer auswählen, den Firestaff finden und die Realität wiederherstellen.
Der Beginn
Die ausgewählten Abenteurer beginnen in dem Zustand und mit den Fähigkeiten, den sie besassen, als sie verstorben sind. Der Spieler kann nun entscheriden, ob er die Abenteuer wiedererweckt, oder ob sie wiedergeboren werden sollen. Letzteres hat zur folge das alle erworbenen Erfahrungen verloren gehen (und damit das Spiel erst einmal schwieriger wird )aber dafür der Spieler grössere Kontrolle über den Werdegang des Charakters hat.
Die Level
Das ganze Spiel besteht aus 10 Leveln (inklusive der Galerie). Lord Chaos befindet sich mit Dämonen in einem Teil des neunten Levels, den man allerdings nur über den zehnten Level erreichen kann. Der Schwierigkeitsgrad steigt von Level zu Level. Der erste Level ist noch frei von Monstern. Im dritten und im siebten Level hat der Spieler nach dem Freikämpfen von Monstern sich einen Rückzugspunkt schaffen, wo die Abenteurer, aufgrund unendlichen Wasser und Lebensmittelvorräten, unendlich lang trainieren und sich ausruhen können.
Magiesystem
Wie bei Fantsay-Rollenspielen üblich ist bei Dungeon Master das Wirken von Magie ist einer fester Bestandteil des Spiels. Während Dungeon Master sich im allgemeinen sehr eng an den traditionallen Papier-und-Bleistift-Rollenspielen orientiert, ist das Magiesystem ausgesprochen innovativ und nutzt bewußt die Möglichkeiten, die die Realisierung des Spiels auf einem Computer bietet.
Während in traditionallen Rollenspiele Zaubersprüche fest definiert sind und die Beherrschug jedes Zauberspruchs von der Spielfigur einzeln erworben werden muß, nutzt Dungeon Master ein flexibles System, bei dem Zaubersprüche nach im Spiel implementierten Gesetzmäßigkeiten zusammengesetzt werden können.
Dunkelheit, Feinde und Rätsel machen die Beherrschung der Zaubersprüche zu einer Notwendigkeit. Die Sprüche werden durch Kombination von zwei bis vier "Runen" repräsentiert, die nicht in beliebiger Reihefolge und beliebiger Kombination angewendet werden können. Die Runen sind von anfang an vorhanden, der Manaverbrauch und die Komplexität der Zauber schränkt ihre Verwendung aber zunächst ein. Die Zauber sind in Magier-(Kampf, Licht) und Priestersprüche (Heilung, Schutz) unterteilt. Ein Spruch baut sich wie folgt auf <Stärke><Element><Form><Ausrichtung> in dieser Reihenfolge.
Das bedeutet, das die einfachsten Sprüche nur aus <Stärke><Element> bestehen. Bessere Sprüche enthalten.
Stärke | Lo | Um | On | Ee | Pal | Mon |
Element | Ya (Erde) | Vi (Wasser) | Oh (Luft) | Ful (Feuer) | Des (Anti) | Zo (Pro) |
Form | Ven (Gift) | Ew | Kath (Expansion) | Ir | Bro | Gor |
Ausrichtung | Ku (Weg des Kriegers) | Ros (Weg des Diebes) | Dane (Weg des Zauberers) | Neta (Weg des Priesters) | Ra (Licht) | Sar (Dunkelheit) |
Um das System zu verstehen, hier ein paar Beispiele:
- Um Licht zu erzeugen braucht man das Element Feuer, also ist der Spruch um Licht zu erzeugen <Stärke> Ful. Ein aktiviertes Lo Ful hellt den Dungeon für eine relativ kurze Zeit auf, ein Mon Ful hält wesentlich länger an.
- Man will eine Wolke aus giftigem Gas erzeugen; dazu braucht man die Oh-Rune (Luft), die Ven-Rune (Gift) und die Rune, welche die Stärke repräsentiert. Der Spruch lautet also <Stärke> Oh Ven.
Durchaus nicht alle Sprüche sind so logisch aufgebaut, und die meisten möglichen Kombinationen ergeben keinen Spruch. mögliche Sprüche wären theoretisch möglich. Aber schon bei den sechs möglichen Zweierkombination ergeben "nur" vier einen gültigen Spruch. Bei zwei dieser Sprüche muß man zusätzlich eine leere Phiole in der Hand halten. Insgesamt gibt es nur 25 Sprüche. Die Reihenfolge wird vom Programm vorgegeben.
Sruch | Wirkung |
Ya | Trank (benötigt Phiole) |
Vi | Heiltrank (benötigt Phiole) |
Ful | Licht |
Zo | Türenöffner |
Vi Bro | Gegengifttrank (benötigt Phiole) |
Oh Ven | Giftgaswolke |
Ful Ir | Feuerball |
Des Ven | Giftgeschoß |
Zo Ven | Giftgranate (benötigt Phiole) |
Oh Kath Ra | Feuergeschoss |
Oh Ir Ra | besserer Lichtspruch |
Zo Bro Ra | Mana-Trank (benötigt Phiole) |
Das Magiesystem ist wie eine Black-Box. Man kann, genug Mana vorrausgesetzt jede Kombination aktivieren. Der, anfänglich zufällige, Erfolg hängt dabei sicher von der Stufe ab, die man als Magier bzw. Priester erreicht hat. Auch bekommt jemand, der das Spiel noch nie gespielt hat, und auch noch keine Auflistung der gültigen Sprüche gelesen hat, so nach und nach, auf Schriftrollen gültige Sprüche zu lesen. Ein automatsches System, bei dem man einen fertigen Spruch auf Knopfdruck aktivieren kann, oder ein Erinnerungssystem, in dem die einmal gelesenen Sprüche notiert werden, gibt es nicht. Der Spieler muß sich selbst Notizen machen.
Charaktersystem
Es gibt vier Ausrichtungen, in denen sich ein Abenteurer weiterbilden kann: Der Weg des Krieger, des Ninja/Dieb, des Zauberers und, zuguterletzt, des Priester.
- Beim Kampf mit Nahkampfwaffen steigert der entsprechende Abenteurer seinen Status als Krieger, und bekommt Stärke- und Ausdauer Punkte dazu.
- Durch Training mit Faustschläge, Tritte, Wurfwaffen und Diebsfertigkeiten wie Schlösserknacken und klettern mit Seilen, erlangt der Abenteurer bessere Ninja-Ränge und, daraus folgend, mehr Geschicklichkeit und etwas mehr Stärke.
- Mit Licht- und Kampf-Sprüchen steigt der Abenteurer in seinem Rang als Zauberer, und verbessert seinen Vorrat an Mana und etwas Weisheit.
- Mit dem Anwenden von Heil- und Schutzsprüchen steigt der Abenteurer in seinem Rang als Priester und vor allem seine Weisheit.
Das Training in den Rückzugszonen
Während man sich in einer der beiden Rückzugszonen befindet, kann man durch das Aussprechen von Licht-, Kampf. und Heilsprüchen, sowie durch Faustschläge und Tritte in das Leere die Zauberer-, Priester- und Ninja-Level seiner Abenteurer steigern, und so ihre Fähigkeiten verbessern. Mit einem Joystick mit Dauerfeuer konnte man die Faustschläge ins Leere Automatisieren, und so Während der Trainigsphase etwas anderes machen (z.B. einen Kaffe kochen).
Fallen
Damit es der Spieler nicht nur mit Monstern zu tun bekommt, sind auch Fallen in Form von Fallgruben und Löchern, die Feuerbälle, Giftgeschosse oder Giftwolken ausstoßen, die alle vorrübergehend die Gesundheit der Abenteurer reduzieren. Ausserdem ist jeder Level in Bereiche eingeteilt, die durch verschlossene Türen voneinander getrennt sind, und zu denen der Spieler die passenden Schlüssel erst finden oder erkämpfen muß.
Strategien
- Vier Kämpfer (von denen nur einer ein Wenig zaubern kann)
Man wählt vier Kämpfer, z.B. Stamm, Halk, Hisssa und Darou, die man wiedererweckt. Dadurch verlieren alle Abenteurer ihre Ränge. Wichtig ist, das wenigstens ein Abenteurer in der Gruppe ist, der ab und zu einen Lichtspruch (Ful Ir) aktivieren kann, weil er nur durch die Ausübung von Sprüchen aufsteigen, und so mehr Mana erzeugen kann. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist er in der Lage, Mana-Tränke zu erzeugen, so das die Abenteurerer, die von Haus aus keine Mana besitzen, über den Manatrank Mana für einen Lichtspruch bekommen. Wenn sie oft genug über die Manatränke einen Lichtspruch erzeugt haben, bekommen sie einen eigenen Manavorrat, so das sie zukünftig ohne Manatränke ihre Zauberfähigkeiten trainieren können.
Features
Zumindest für den Atari ST gab es einmal einen Dungeon Master-Editor, der aber unberechenbare Effekte im Spiel hervorrufen konnte. Wenn man in der 'Hall of Fame' eine bestimmte Mauer entfernt hat, wurde während des Spiels eine stehende Feuerball-Welle ausgelöst, die zu durchschreiten absolut tödlich war.
Später gab es für den Atari ST und den Amiga Chaos Strikes Back, eine wegen der häufigen Ebenenwechsel und der unvermeidbaren Teleporte, eine spielerisch sehr herausfordernde Erweiterung. Erst in den 2000er Jahren gab es mit Dungeon Master 2 einen Nachfolger, in den man die Charaktere aus Dungeon Master aber nicht übernehmen konnte.
Dank harter Forschungsarbeit an der Atari ST-Version, ist es Paul R. Stephens zu verdanken, dass auch PC-Spieler inzwischen Dungeon Master & Chaos Strikes Back auch auf moderner Hardware mit Windows, Linux oder Mac-Betriebssystem spielen können.