Kony 2012
Kony 2012 (offizielle Schreibweise KONY 2012) ist der Name einer Kampagne der in San Diego (Kalifornien/USA) ansässigen Non-Profit-Organisation Invisible Children Inc. sowie der Name eines 30-minütigen Films zur Kampagne. Ziel der Kampagne ist die Bekanntmachung und Festnahme des ugandischen Rebellenführers und Kriegsverbrechers Joseph Kony. Dafür wurde am 5. März 2012 ein Video des Regisseurs Jason Russell auf den Videoportalen YouTube und Vimeo veröffentlicht. Das Video breitete sich sehr schnell aus und wurde alleine auf YouTube innerhalb der ersten beiden Tage mehr als 20 Millionen mal abgerufen.[1]
Film
Ausgangspunkt der Kampagne ist der Film Kony 2012. Regisseur Jason Russell ist einer der Gründer der Organisation. In dem Film spielen er und sein Sohn eine Rolle. Er möchte, dass dieser in einer besseren Welt aufwächst. Weiter erzählt der Film Russells Begegnung mit Jacob, einem Jungen aus Uganda. Filmaufnahmen aus dem Jahr 2003 zeigen Jacob, wie er davon berichtet, auf der Flucht vor der Lord’s Resistance Army zu sein. Auch berichtet er davon, selbst gesehen zu haben, wie sein Bruder von den Rebellen mit einer Machete ermordet wurde.
Im Weiteren wird kurz auf die Methoden und Verbrechen von Konys Organisation Lord’s Resistance Army in Uganda, der Demokratischen Republik Kongo und dem Südsudan eingegangen, wo diese aktiv ist.[2]
Im Folgenden wird gezeigt, wie Russell daraufhin eine Organisation gründete und wie diese wuchs. Auch wurde über Erfolge der Organisation berichtet. Das Video schreibt der Organisation selbst zu, erreicht zu haben, dass 2009 vom US-Kongress der Lord’s Resistance Disarmament and Northern Uganda Recovery Act of 2009 verabschiedet wurde.
Im Weiteren fordert das Video zur Teilnahme an der Kampagne auf. Es ruft zu Spenden auf und beschreibt die Ziele der Kampagne und wie man daran mitwirken könne.
Kampagne
Ziel der Kampagne ist die Festnahme Konys bis zum Jahresende 2012. Dies soll durch das Bekanntmachen Konys erreicht werden. Dafür entwarf die Organisation Plakate, Sticker und Armbänder. Als ein Teil der Kampagne ist geplant, dass Unterstützer in der Nacht vom 20. zum 21. April 2012 in ihren Heimatstädten Plakate anbringen, die zum Teil von Invisible Children Inc. gestellt werden, um die Aufmerksamkeit und das Interesse der Bevölkerung zu wecken.[3] Hierfür formierten sich bereits einige weitere Gruppen im Internet.
Resonanz
Der Film verbreitete sich schnell über das Internet, vor allem über soziale Netzwerke, wie Facebook und Twitter.[4][5][6] Bis zum 8. März 2012 verzeichnete die Videoplattform Vimeo 12,2 Millionen Zugriffe,[7] YouTube mehr als 51 Millionen.[8] Die offizielle Internetseite des Projektes brach kurze Zeit nach der massiven Ausbreitung des Videos zusammen.[9] Luis Moreno Ocampo, Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, begrüßte die Kampagne.[10] Des Weiteren unterstützen eine Reihe prominenter Personen die Kampagne, darunter Rihanna, Justin Bieber, P. Diddy und Oprah Winfrey. Rihanna kündigte an in ihrem nächsten Musikvideo auf die Problematik in Uganda aufmerksam machen zu wollen. [11]
Kritik
Schnell nach der Veröffentlichung des Videos kam Kritik an der Kampagne von verschiedenen Seiten auf, darunter vor allem von Bloggern. Kritisiert wird die Kampagne hauptsächlich für ihre Methoden, nicht ihr Ziel an sich. So wird Kony 2012 vorgeworfen, die politische Problematik zu sehr zu vereinfachen.[12] Beispielsweise wird bemängelt, dass der Film nicht ebenfalls die Kriegsgräuel der anderen beteiligten Konfliktparteien wie der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee beleuchtet und den Einfluss der schwierigen politischen Lage im Allgemeinen auf die Anheizung des Konflikts unberücksichtigt lässt. Der Film unterteile so vereinfacht in Gut und Böse, ohne ein differenziertes Bild zu liefern. So heißt es auch, Invisible Children und andere Organisationen manipulierten Tatsachen, indem sie das Ausmaß der Verbrechen überdramatisieren.[13] Außerdem wird kritisiert, dass die Kampagne auf keine der anderen bereits im Krisengebiet hilfeleistenden Organisationen eingehe und die obligatorische Beteiligung der ugandischen Regierung an der Problemlösung außer Acht lasse.[14] Zudem wird dem Film eine klischeehafte Darstellungsweise Afrikas vorgeworfen. Auf diese Weise werde das Bild eines hilfsbedürftigen, rückständigen Kontinents verbreitet, der auf Hilfe der überlegenen Industrienationen angewiesen sei.[15][16] So schrieb der ugandische Journalist Angelo Izama „Das Muster Gut gegen Böse, wobei Gut offensichtlich weiß/westlich und Böse schwarz oder afrikanisch ist, erinnert an die schlimmsten Zeiten der Kolonialära.“[1]
Weiter wird kritisiert, dass militärische Interventionen befürwortet werden. So unterstützt Invisible Children Inc. die Armee Ugandas und die Sudanesische Volksbefreiungsarmee, die beide ebenfalls mit Vorwürfen von Plünderungen und Misshandlungen konfrontiert sind.[1]Invisible Children rechtfertigt die Unterstützung der Ugandischen Armee damit, dass dies die am besten ausgestattete und organisierte Armee der Region sei.[17]
Amnesty International fordert, dass es im Fall einer Verhaftung von Joseph Kony geltende Menschenrechtsstandards beachtet werden müssten.[18]
Seitdem Kony 2006 Uganda verließ, gingen dessen Verbrechen deutlich zurück.[19] So spiegelten die im Film verwendeten Aufnahmen aus dem Jahr 2003 nicht die derzeitige Lage wider.[20]
Teilweise wird die Notwendigkeit einer Festnahme bezweifelt. Auch wird bezweifelt, dass die Festnahme Konys die Problematik nachhaltig löse.[1] Die LRA sei in dem zentralafrikanischen Krisengebiet eine relativ kleine Organisation. In einem Bericht von Foreign Affairs wird ein deutlich größeres und langjährigeres Engagement gefordert, um nachhaltig für Frieden zu sorgen.[13]
Human Rights Watch betont jedoch die Fortsetzung der Verbrechen Joseph Konys und der LRA außerhalb Ugandas. Von 2008 bis 2010 seien im Norden Kongos fast 2.000 Menschen getötet und 2.300 Menschen, darunter viele Kinder, entführt worden. Auch befürwortet die Menschenrechtsorganisation weitere Militärinterventionen.[21]
Der verantwortlichen Organisation Invisible Children Inc. wird schon länger vorgeworfen, viele der Spendeneinnahmen für Gehälter und Produktion neuer Filme auszugeben. 2011 wurden lediglich 31 Prozent der Spendeneinnahmen für Hilfsprojekte in Uganda verwendet.[22] In einer offiziellen Stellungnahme wird die Verteilung der Spendengelder mit weiteren Zielen der Organisation verteidigt. Neben der humanitären Hilfe von Opfern vor Ort ist es Ziel der Organisation, durch Dokumentationen über die Taten Konys und der Lord’s Resistance Army aufzuklären.[17]
Die Institution Charity Navigator, welche Non-Profit-Organisationen bewerten, kritisierte eine mangelnde Transparenz der Organisation. So erhielt Invisible Children Inc. lediglich eine Bewertung von 51,52 von 70 möglichen Punkten.[23] Invisible Children Inc. kündigte an, auf die Kritikpunkte einzugehen.[17]
Den Vorwurf, Spendengelder gingen an die Regierung oder Armee Ugandas weist die Organisation stark zurück.[17] Keinerlei solcher Ausgaben können im Finanzbericht der Organisation gefunden werden.[24]
Kontrovers wird auch über ein Bild diskutiert, in dem die Verantwortlichen der Organisation, darunter Regisseur Jason Russell, mit Waffen posieren.[25] Russell schrieb, das Bild sei ein Scherz für Bekannte gewesen und betonte gleichzeitig, Waffen zu hassen.[17]
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Jagd auf Rebellenchef Kony auf SpiegelOnline vom 8. März 2012
- ↑ KONY 2012, an Invisible Children film, to show on campus March 12. Penn State Altoona, 5. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Lees, Philippa: Australian support amasses for Kony 2012. In: ninemsn. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Neylon, Stephanie: Kony fever hits York! In: The Yorker. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Molloy, Mark: Kony 2012: Campaign Shedding light on Uganda Conflict a Huge Online Success. In: Metro. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Nelson, Sara C.: Kony 2012: Invisible Children Documentary Sheds Light On Uganda Conflict. In: The Huffington Post. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Kony 2012. Vimeo
- ↑ Kony 2012. YouTube, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Lees, Philippa: Australian support amasses for Kony 2012. In: ninemsn. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Invisible Children's Kony campaign gets support of ICC prosecutor auf BBC News vom 08. März 2012.
- ↑ Entertainment-Elite unterstützt "Kony 2012"-Kampagne auf Stern.de vom 09. März 2012
- ↑ Okwonga, Musa: Stop Kony, yes. But don’t stop asking questions. In: The Independent. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ a b Obama Takes on the LRA auf foreignaffairs.com vom 15. November 2011
- ↑ Okwonga, Musa: Stop Kony, yes. But don’t stop asking questions. In: The Independent. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Invisible Children and Joseph Kony. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ Anstis, Siena: On Invisible Children’s Kony 2012 Campaign. 7. März 2012, abgerufen am 7. März 2012.
- ↑ a b c d e Stellungnahme zur Kritik von Invisible Children Inc
- ↑ amnesty.de - JOSEPH KONY: VERHAFTUNG UNTER ACHTUNG DER MENSCHENRECHTE
- ↑ Military Operations Have Weakened the LRA, Says UN auf congonewsagency.com vom 24. Februar 2011
- ↑ Joseph Kony 2012: growing outrage in Uganda over film auf telegraph.co.uk vom 08. März 2012
- ↑ Letter to President Obama on the US Comprehensive Strategy on the Lord’s Resistance Army von Human Rights Watch vom 11. November 2011
- ↑ Kommentar auf reddit.com
- ↑ Bewertung von Charity Navigator
- ↑ Financial Statement der Organisation vom Juni 2011
- ↑ KONY 2012: Mit Social Media gegen den Völkermörder? auf ZeitOnline vom 8. März 2012
Weblinks
- Offizielle Website
- Film auf YouTube
- Kritischer Blogbeitrag des Soziologen Grant Oyston