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Bewusstsein

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Bewusstseinvorstellung aus dem 17. Jahrhundert

Bewusstsein (lat. conscientia „Mitwissen“) bezeichnet das Verfügen über mentale Zustände, also etwa Gedanken, Emotionen, Wahrnehmungen oder Erinnerungen. Das Bewusstsein bezieht sich dabei zum einen auf die Außenwelt und zum anderen auf die Innenwelt des Subjektes (Selbstbewusstsein).

Bedeutung

Das Wort „Bewusstsein“ wurde von Christian Wolff als Lehnübersetzung des lateinischen conscientia geprägt. Das lateinische Wort hatte ursprünglich eher Gewissen bedeutet und war zuerst von René Descartes in einem allgemeineren Sinn gebraucht worden. Der Begriff „Bewusstsein“ hat im Sprachgebrauch eine sehr vielfältige Bedeutung, die sich teilweise mit den Bedeutungen von „Geist“ und „Seele“ überschneidet. Im Gegensatz zu diesen Begriffen ist „Bewusstsein“ jedoch weniger von theologischen und dualistisch-metaphysischen Gedanken bestimmt, weswegen er eher auch in den Naturwissenschaften verwendet wird.

Man kann bei der Rede von Bewusstsein verschiedene Aspekte und Komplexitätsstufen unterscheiden:

  1. Bei Bewusstsein sein: Hier ist der wachbewusste Zustand von Lebewesen gemeint, der sich unter anderem vom Schlafzustand oder von der Bewusstlosigkeit abgrenzt. In diesem Sinn lässt sich Bewusstsein empirisch und objektiv beschreiben und teilweise eingrenzen. Viele wissenschaftliche Forschungen setzten hier an; insbesondere mit der Fragestellung, inwieweit das Gehirn und das Bewusstsein zusammenhängen.
  2. Bewusstsein als phänomenales Bewusstsein: Ein Lebewesen, das phänomenales Bewusstsein besitzt nimmt nicht nur Reize auf, sondern erlebt sie auch. In diesem Sinne hat man phänomenales Bewusstsein, wenn man etwa Schmerzen hat, sich freut oder friert. Es kann als unstrittig gelten, dass auch Tiere ein solches Bewusstsein haben. Phänomenales Bewusstsein ist als so genanntes Qualiaproblem eine Herausforderung für die naturwissenschaftliche Erklärung.
  3. Bewusstsein als gedankliches Bewusstsein: Ein Lebewesen, das gedankliches Bewusstsein besitzt, hat Gedanken. Wer also etwa denkt, glaubt oder hofft, dass etwas der Fall ist, hat ein solches Bewusstsein. Es ist sehr umstritten, in welchem Maße man Tieren ein gedankliches Bewusstsein zuschreiben kann. Es ist als Intentionalitätsproblem eine Herausforderung für die naturwissenschaftliche Erklärung.
  4. Bewusstsein als Selbstbewusstsein: Selbstbewusstsein haben Lebewesen, die nicht nur phänomenales und gedankliches Bewusstsein haben, sondern sich auch darüber im Klaren sind, dass sie ein solches Bewusstsein haben. Selbstbewusstsein in einem anspruchsvollen Sinne setzt zudem ein Bewusstsein von sich selbst als einer Person voraus. Ein solches Bewusstsein trifft man bei Menschen und allenfalls einigen Säugetieren an.

Bewusstsein in der Philosophie

Überblick

Der Philosoph Thomas Metzinger erklärt: „Das Problem des Bewußtseins bildet heute - vielleicht zusammen mit der Frage nach der Entstehung unseres Universums - die äußerste Grenze des menschlichen Strebens nach Erkenntnis." (Siehe Metzingertext unter „Weblinks“). Bewusstsein scheint in den naturwissenschaftlichen Untersuchungen der Welt einfach nicht vorzukommen - und trotzdem ist es ganz offensichtlich da. Diese Problemdiagnose ist nicht neu, schon Gottfried Wilhelm Leibniz hat das Problem in aller Schärfe formuliert. In der Monadologie (§17) stellt er sich eine riesige, begehbare Nachbildung des Gehirns vor und erklärt:

„[...] so wird man bei ihrer Besichtigung nichts als gewisse Stücke, deren eines an das andere stößt, niemals aber etwas antreffen, woraus man eine Perception oder Empfindung erklären könnte.“
Datei:Mach, Innenperspektive.jpg
Die Innenperspektive in einer Illustration von Ernst Mach

Doch auch wenn das Rätsel des Bewusstseins schon lange bekannt war, so geriet es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter dem Einfluss des Behaviorismus weitgehend in Vergessenheit. Dies änderte sich nicht zuletzt durch Thomas Nagels 1974 veröffentlichten Aufsatz What is it like to be a bat? Nagel argumentierte, dass wir nie erfahren würden, wie es sich anfühlt, eine Fledermaus zu sein. Diese subjektiven Fakten seien aus der Außenperspektive der Naturwissenschaften nicht erforschbar. Heute teilen viele Philosophen die Rätselthese - etwa David Chalmers, Frank Jackson und Joseph Levine. Es gibt allerdings auch Philosophen, die hier kein Rätsel erkennen wollen - etwa Patricia Churchland, Paul Churchland und Daniel Dennett.

Um die Frage nach der Rätselhaftigkeit des Bewusstseins beantworten zu können, muss man genauer verstehen, wo das Problem liegt. Das Problem ergibt sich aus zwei Eigenschaften, die Bewusstseinszustände haben: Zum einen haben viele Bewusstseinszustände einen Erlebnisgehalt und es ist nicht klar, wie das Gehirn Erleben produzieren kann. Dies ist das Qualiaproblem. Zum anderen beziehen sich einige Bewusstseinszustände (konkret: Gedanken) auf Sachverhalte und sind wahr oder falsch. Es ist aber auch nicht klar, wie das Gehirn Gedanken mit solchen Eigenschaften erzeugen kann. Das ist das Intentionalitätsproblem.

Das Qualiaproblem und die Lösungsvorschläge

Qualia sind als Erlebnisgehalte von mentalen Zuständen bestimmt. Man spricht auch von Qualia als dem „phänomenalen Bewusstsein“. Das Qualiaproblem besteht darin, dass es keine einsichtige Verbindung zwischen neuronalen Zuständen und Qualia gibt: Warum erleben überhaupt etwas, wenn bestimmte neuronale Prozesse im Gehirn ablaufen? Ein Beispiel: Wenn man sich die Finger verbrennt, werden Reize zum Gehirn geleitet, dort verarbeitet und schließlich wird ein Verhalten produziert. Nichts macht es zwingend, dass dabei ein Schmerzerlebnis entsteht.

Die fehlende Verbindung zwischen den neuronalen Prozessen und den Qualia scheint fatal für die naturwissenschaftliche Erklärbarkeit von Bewusstsein zu sein: Wir haben nämlich nur dann ein Phänomen naturwissenschaftlich erklärt, wenn wir auch seine Eigenschaften erklärt haben. Ein Beispiel: Wasser hat die Eigenschaften bei Raumtemperatur flüssig zu sein, bei 100°C zu kochen usw. Wenn man einfach nicht erklären könnte, warum Wasser normalerweise flüssig ist, so gäbe es ein „Rätsel des Wassers“. Analog dazu: Wir haben einen Bewusstseinszustand genau dann erklärt, wenn folgendes gilt: Aus der wissenschaftlichen Beschreibung folgen all die Eigenschaften des Bewusstseinszustands - also auch die Qualia. Da die Qualia aber eben aus keiner naturwissenschaftlichen Beschreibung folgen, bleibt ein „Rätsel des Bewusstseins“.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten mit dem Qualiaproblem umzugehen:

  1. Man kann das Problem für unlösbar halten und das Bewusstsein somit für grundsätzlich rätselhaft.
  2. Man kann zugeben, dass das Qualiaproblem nicht gelöst ist, aber auch den wissenschaftlichen Fortschritt hoffen. Vielleicht bedarf es einer neuen wissenschaftlichen Revolution.
  3. Man kann sich auf einen Dualismus zurückziehen und behaupten: Die Naturwissenschaften können das Bewusstsein nicht erklären, weil das Bewusstsein nicht materiell sei.
  4. Man kann einen radikalen Schritt versuchen und behaupten: In Wirklichkeit gibt es gar keine Qualia.

Das Intentionalitätsproblem und die Lösungsvorschläge

John Searle hält Intentionalität für nicht erklärbar

Das Intentionalitätsproblem ist leicht zu verstehen, wenn man das Qualiaproblem verstanden hat. Die grundlegende argumentative Struktur ist die gleiche. Einige Bewusstseinszustände haben nicht nur einen qualitativen Erlebnisgehalt, sondern sind auch intentional strukturiert. Das heißt, dass sie sich auf etwas beziehen. Der Gedanke, dass Herodot Historiker war, bezieht sich etwa auf Herodot und er ist aufgrund seines Bezugs wahr oder falsch. Können diese Eigenschaften durch die Wissenschaften erklärt werden? Es bleiben Zweifel: Wie soll sich eine neuronale Aktivität in meinem Gehirn auf Herodot beziehen? Und wie kann die Wahrheitswertfähigkeit der Gedanken erklärt werden? Neuronale Prozesse sind doch nicht wahr oder falsch - sie passieren einfach!

In Bezug auf das Intentionalitätsproblem kann man die gleichen Lösungsvorschläge vertreten, wie beim Qualiaproblem. Doch es gibt noch weitere Möglichkeiten. Man kann nämlich auch versuchen, zu erklären, warum sich eine neuronale Aktivität auf etwas (etwa Herodot) bezieht. Die drei populärsten Vorschläge sind die folgenden:

  1. Jerry Fodor meint, dass sich ein neuronaler Prozess genau dann auf X bezieht, wenn er in einer bestimmten kausalen Relation zu X steht.
  2. Fred Dretske meint, dass sich ein neuronaler Prozess genau dann auf X bezieht, wenn er wenn er ein verlässlicher Indikator für X ist.
  3. Ruth Millikan meint, dass sich ein neuronaler Prozess genau dann auf X bezieht, wenn es die evolutionäre Funktion von dem Prozess ist, X anzuzeigen.

All diese Lösungsvorschläge sind mit schweren Einwänden konfrontiert und so halten viele Philosophen, etwa Hilary Putnam und John Searle, auch Intentionalität für nicht naturwissenschaftlich erklärbar.

Bewusstsein in den Naturwissenschaften

Überblick

Angesichts der Rätsel des Bewusstseins mag man sich fragen, ob die Naturwissenschaften überhaupt etwas zum Thema beizutragen haben. Allerdings erleben wir ja nicht nur unsere Bewusstseinszustände, sie haben auch messbare Ursachen und Wirkungen. Sie lösen Verhalten aus und verursachen andere mentale Zustände. Diese Wirkungen werden von der Psychologie beschrieben. Doch die mentalen Zustände sind auch aufs engste mit den neuronalen Zuständen verknüpft, diese Zusammenhänge werden von der Neurowissenschaft beschrieben. Schließlich können die Wirkungen unserer mentalen Zustände auch so weit formal beschrieben werden, dass sie auf einem Computer simulierbar sind - das ist das Arbeitsgebiet der künstlichen Intelligenz. Bei der Erforschung des Bewusstseins sind sehr viele Einzelwissenschaften beteiligt, da es eine große Anzahl von empirisch beschreibbaren Phänomenen gibt, die in Wechselwirkung mit Bewusstseinszuständen stehen.

Für die Naturwissenschaften bleibt also viel zu tun, auch wenn man der Meinung ist, dass einzelne Elemente des Bewusstseins (Qualia und Intentionalität) unerklärt bleiben. Allerdings gibt es in den einzelnen Naturwissenschaften auch oft den Anspruch, das Bewusstsein restlos mit empirischen Mitteln zu erklären.

Die neurowissenschaftliche Erforschung des Bewusstseins

Ein Gehirn per bildgebendem Verfahren visualisiert

Ein zentrales Element der neurowissenschaftlichen Erforschung von Bewusstsein ist die Suche nach neuronalen Korrelaten von Bewusstsein. Man versucht zu bestimmten Bewusstseinszuständen ein neuronales "Substrat" zu finden, also Prozesse zu identifizieren, die immer dann auftreten, wenn ein Mensch etwa Kopfschmerzen hat. Dieser Suche nach Korrelaten kommt die Tatsache entgegen, dass das Gehirn funktional gegliedert ist, dass also verschiedene Bereiche des Gehirns für verschiedene Aufgaben zuständig sind. So weiß man etwa, dass das Broca-Zentrum (bzw. die Brodmann-Areale 44 und 45) im Wesentlichen für die Sprachproduktion zuständig sind. Schädigungen dieser Region führen folglich auch zu einer Sprachproduktionsstörung, der Broca-Aphasie. Allerdings sind derartigen Zuordnungen von Bewusstseinzuständen und Hirnregionen enge Grenzen gesetzt. Das Gehirn verarbeitet seine Reize nämlich nie alleine in einer Region. Vielmehr sind die Aktivitäten immer auf verschiedene Bereiche des Gehirns verteilt. Die Zuordnungen zu einzelnen Hirnregionen haben daher meist eher einen heuristischen Wert.

Die Neurowissenschaft untersucht zudem die Frage, welche neuronalen Prozesse schließlich zur Bewusstwerdung eines Zustandes führen. Durch welchen Prozess werden die verteilt ablaufenden Prozesse im Gehirn schließlich zu einem einheitlichen Bewusstseinszustand gebündelt? In Bezug auf dieses Bindungsproblem ist zur Zeit ein Ansatz des Neurowissenschaftlers Wolf Singer populär. Er geht davon aus, dass die Bewusstseinszustände letztlich durch die Synchronisation von neuronaler Aktivität realisiert werden. Dadurch, dass Neuronen in gleichen Intervallen feuern, werde ein erhöhter Informationsaustausch und schließlich auch Bewusstsein möglich.

Die psychologische Erforschung des Bewusstseins

Die Psychologie beschreibt im Detail, welche Reize in welchen Kontexten welche Bewusstseinszustände auslösen. Sie beschreibt auch, in welchem Verhältnis die Bewusstseinszustände untereinander stehen und in welcher Weise diese Verhalten verursachen. So untersucht etwa die Wahrnehmungspsychologie, wie Sinnesreizungen Bewusstseins- bzw. Wahrnehmungszustände erzeugen. Typische Fragen sind hier: Was nimmt eine Person wahr, wenn sie gleichzeitig visuelle und auditive Reize präsentiert bekommt? Wie viele Reize werden an der Peripherie bewusst, wenn die Aufmerksamkeit an das Zentrum gebunden wird.

Dabei spielt in der Psychologie die Unterscheidung zwischen bewussten und unbewussten Zuständen eine besondere Rolle. Nicht alle Reize, die vom Gehirn verarbeitet werden, gelangen auch in das Bewusstsein. So kann man etwa durch Priming zeigen, dass Reize, die nicht ins Bewusstsein gelangt sind, dennoch das Verhalten des Probanden messbar beeinflussen. Die Psychologie versucht daher herauszufinden, unter welchen Bedingungen Reize verarbeitet werden und wann diese auch in das Bewusstsein gelangen. In der Psychoanalyse wird zudem versucht, die Auswirkungen von unbewussten Prozessen auf einer viel allgemeineren Ebene zu erforschen.

Die kognitionswissenschaftliche Erforschung des Bewusstseins

Da viele Einzelwissenschaften an der Erforschung des Bewusstseins beteiligt sind, ist eine umfassende Erkenntnis nur durch einen interdisziplinären Austausch möglich. Die Wissenschaftsentwicklung hat dem mit der Entstehung der Kognitionswissenschaft mittlerweile Rechnung getragen, da diese meist als ein interdisziplinäres Unternehmen zwischen Informatik, Linguistik, Neurowissenschaft, Philosophie und Psychologie verstanden wird.

Ein besonderer Schwerpunkt aktueller kognitionswissenschaftlicher Forschung besteht dabei in der Zusammenführung von empirischen Ergebnissen der Lebenswissenschaften und den Methoden und Erkenntnissen der modernen Informatik. Zwei Beispiele: 1) In kognitiven Architekturen werden psychologische Theorien und Ergebnisse - soweit sie formalisierbar sind - in komplexe Computermodelle integriert, die schließlich der Prognose und Erklärung menschlichen Verhaltens dienen sollen. 2) Mit künstlichen neuronalen Netzen können kognitive Fähigkeiten mit einer Methode simuliert werden, die der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns recht ähnlich ist.

Bewusstsein bei Tieren - ein interdisziplinäres Forschungsfeld

Ein Thema, das in den letzen Jahrzehnten rasant an Popularität gewonnen hat, ist die Frage nach dem Bewusstsein von Tieren. An dieser Frage arbeiten verschiedene Disziplinen: Ethologie, Neurowissenschaft, Kognitionswissenschaft, Linguistik, Philosophie und Psychologie.

Die Primatenforschung hat viel Erstaunliches über die geistigen Fähigkeiten von Affen herausgefunden

Die Frage nach dem Bewusstsein von Tieren lässt sich nicht nach einem Alles-oder-Nichts-Prinzip beantworten: Hunde können sicherlich Schmerzen haben, aber nicht über eine Steuerrückzahlung nachdenken. Dies liegt vermutlich auch an der Rolle, die Sprache für das Bewusstsein hat. Um über Steuerrückzahlungen nachzudenken, muss man viele verschiedene Begriffe verstehen: "Steuern", "Geld", "Gesetze", "Finanzamt" usw. Da ein Hund zumindest keine so komplexe Sprache beherrscht, kann er auch nicht über Steuerrückzahlungen nachdenken. Bei Schmerzen sieht es anders aus, denn man muss nicht über den Begriff "Schmerzen" verfügen, um Schmerzen zu haben. Es scheint daher ein Gradualismus die plausibelste Position zu sein, der für jede Spezies von neuem prüft, welche Bewusstseinszustände sie haben kann.

Lange Zeit wurde vermutet, dass Selbstbewusstsein allein bei Menschen vorkomme. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass sich etwa Delphine im Spiegel erkennen können. Ein Gradualismus in Bezug auf die Existenz von Bewusstsein steht jedoch vor dem Problem, zu klären, wo im Tierreich Bewusstsein anfängt: Hunde und Eichhörnchen haben wohl eine Form von Bewusstsein, Bakterien und Pantoffeltierchen nicht. Doch wie sieht es mit Spatzen, Mistkäfern oder Lurchen aus?


Bewusstsein in den Religionen

Im Christentum spielen die Begriffe „Geist“ und „Seele“ traditionell eine größere Rolle, als der Begriff „Bewusstsein“. Dies ergibt sich auch daraus, dass erstere Begriffe in ihrer Bedeutung näher an der Metaphysik klassischer christlicher Fundamentaltheologie und Philosophie sind: Sie legen nämlich die Existenz eines nichtmateriellen Trägers von Bewusstseinszuständen nahe. Dennoch spielt der Begriff des Bewusstseins auch in modernen christlichen Debatten eine Rolle. Dies geschieht etwa im Kontext von Gottesbeweisen. So wird argumentiert, dass die Interaktion zwischen immateriellen Bewusstseinszuständen und dem materiellen Körper nur durch Gott erklärbar sei, oder dass die interne Struktur und Ordnung des Bewusstseins im Sinne des teleologischen Gottesbeweises auf die Existenz Gottes schließen lasse.

Die Rolle der Konzepte „Bewusstsein“, „Geist“ und „Seele“ im Buddhismus und Hinduismus lässt sich schwer ermessen, da Übersetzungen der entsprechenden Begriffe etwa aus dem Sanskrit oder Pali oft kaum möglich sind. Allerdings bietet sich bei Übersetzungsversuchen oft die Rede von „Bewusstsein“ an, da dieser Begriff am Wenigsten mit spezifisch christlichen Konzeptionen assoziiert ist. Buddhismus und Hinduismus haben gemeinsam, dass in ihnen das aktive Erleben von Bewusstseinszuständen in der Meditation eine herausgehobene Stellung hat. Mit dieser Praxis geht oft die Überzeugung einher, dass sich die entscheidenden Elemente des Bewusstseins eines reflektiven und beschreibenden Zugriffs entziehen. Neue neurowissenschaftliche Forschungen mit bildgebenden Verfahren zeigen, dass durch Meditationen tatsächlich neuronale Verknüpfungsmuster ermöglicht werden, zu denen Menschen ansonsten keinen Zugang haben.

Literatur

  • Einführungstexte zum Rätsel des Bewusstseins:
  1. Peter Bieri: "Was macht das Bewusstsein zu einem Rätsel?", Spektrum der Wissenschaft, 10, 1992, S. 48-56.
  2. Colin McGinn: Wie kommt der Geist in die Materie? 2003, Pieper
  3. Thomas Nagel "Wie ist es eine Fledermaus zu sein?" in Bieri (1981): Analytische Philosophie des Geistes, Beltz 1981
  • Philosophische Literatur
  1. Ansgar Beckermann: Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes 2000
  2. David Chalmers The Conscious Mind, Oxford UP, 1996
  3. Daniel Dennett: Spielarten des Geistes, Goldmann, 1996 ISBN 3-570-12007-4
  4. Thomas Metzinger (Hg.): Bewusstsein Mentis, 1995
  5. K. R. Popper, J. Eccles: Das Ich und sein Gehirn, Piper 2000
  6. Michael Tye: Ten Problems of Conciousness, Cambridge, 1995
  • (Populär-)Wissenschaftliche Literatur
  1. Gerhard Roth: Das Gehirn und seine Wirklichkeit - Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen, Suhrkamp 1997, ISBN 3-518-28875-X
  2. Heinrich Meier & Detlev Ploog (Hg.): Der Mensch und sein Gehirn. Piper, 1997.
  3. Antonio Damasio: Der Spinoza-Effekt. List-Tb., 2005.
  4. Stephen Pinker: How the Mind Works: Norton, 1997.
  5. Dietrich Dörner: Bauplan für eine Seele, Rowohlt Taschenbuch, 2001, ISBN 3-499-61193-7
  • Bewusstsein bei Tieren
  1. Irene Pepperberg: The Alex Studies: Cognitive and Communicative Abilities of Grey Parrots , 1999.
  2. Dominik Perler und Markus Wild (Hg.): Der Geist der Tiere, Suhrkamp. 2005

Apparat

Siehe auch

  • Für verschiedene Links auf themennahe Gebiete, siehe Portal:Geist und Gehirn
  • Für die einzelnen Vorschläge, das Rätsel des Bewusstseins zu lösen, siehe: Philosophie des Geistes
  • Für die Behandlung des Themas in den Religionen, siehe: Geist
  • Für die interdisziplinäre Forschung zum Thema "Bewusstsein" siehe: Kognitionswissenschaft
  • Für die Geschichte des Nachdenkens über das Phänomen Bewusstsein, siehe ebenfalls: Geist