Michelangelo

Michelangelo Buonarroti (* 6. März 1475 in Caprese (im Casentino - oberes Arnotal nördlich von Arezzo), Toskana; † 18. Februar 1564 in Rom), war ein italienischer Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter. Michelangelo (vollständiger Name: Michelagniolo di Ludovico di Buonarroto Simoni) ist einer der berühmtesten Künstler aller Zeiten und der bedeutendste Repräsentant der italienischen Hochrenaissance.
Leben
Herkunft und Kindheit
Michelangelo war ein Sohn von Ludovico Buonarroti und Francesca dei Neri. Die Buonarroti Simoni waren ein altes und reines Florentiner Geschlecht aus der Guelfen-Fraktion. In den Tagen von Michelangelos Ruhm wurde eine Verbindung der Familie mit den Grafen von Canossa vermutet und von beiden Seiten anerkannt, tatsächlich ist sie nicht zu belegen. Ludovico war kaum in der Lage, vom Einkommen seines Landguts zu leben, aber sein Stolz war es, nie davon abgelassen zu haben, durch Handels- und technische Bemühungen seine Einkünfte zu mehren. Die Gunst der Medici sorgte für eine vorübergehende Beschäftigung in niederen Staatsämtern, darunter das des podestà für sechs Monate, beginnend im Herbst 1474, des Castello di Chiusi e di Caprese im Casentino.
In Caprese wurde sein Sohn Michelagniolo oder Michelangelo geboren. Unmittelbar darauf kehrte die Familie nach Florenz zurück, und das Kind wurde der Frau eines Marmorarbeiters aus Settignano zur Pflege gegeben. Der Gesundheitszustand seiner Mutter scheint sich von dieser Zeit an verschlechtert zu haben. Jedenfalls starb sie ein paar Jahre später, nachdem sie weitere drei Söhne zur Welt gebracht hatte.
Jugend
Während er noch ein Junge war, entschied sich Michelangelo gegen den Widerstand seines Vaters, Künstler zu werden. Wie er selbst sagte, hatte er die Leidenschaft mit der Milch seiner Pflegemutter eingesogen. Nach einem heftigen Streit siegte sein störrischer Wille über den vornehmen Stolz seines Vaters, und so wurde er mit dreizehn bezahlter Assistent in der Werkstatt von Domenico Ghirlandaio. In seinen Diensten legte Michelangelo die Fundamente seines Freskotalents, mit dem er zwanzig Jahre später in Rom reüssierte. Wie alle Florentiner Künstler seiner Zeit lernte er auch in der Brancacci-Kapelle, wo Masaccios sechzig Jahre zuvor gemalte Fresken immer noch Maßstäbe setzten. Und hier erhielt er als Antwort auf einen Spott, den er seinem Mitschüler Pietro Torrigiano entgegengeschleudert hatte, den Schlag, der seine Nase bis zu seinem Tode entstellte.
Obwohl sich Michelangelos frühe Studien mehr an der Malerei orientierten, war er von Natur und Vorliebe aus mehr der Bildhauerei zugeneigt. In dieser Kunst bekam er sogleich Ermutigung und Ausbildung unter der Gunst eines illustren Patrons, Lorenzo de' Medici, in dessen Haushalt er als 13-Jähriger aufgenommen wurde. Auf Empfehlung Domenico Ghirlandaios, wie es heißt, wurde er noch vor Ende seiner Ausbildungszeit als Maler an die Bildhauereischule versetzt, die von Lorenzo in den Medici-Gärten eingerichtet worden war.
Hier konnte er lernen, sich an seinem berühmtesten Vorgänger Donatello zu messen (dessen Schüler und Assistent Bertoldo di Giovanni (um 1420-1491) Direktor der Schule war), und die Werke dieses Meisters und seiner toskanischen Zeitgenossen mit den antiken Sammlungen zur Unterrichtung der Schüler zu vergleichen. Hier konnte er sich Diskurse über Platonismus anhören und in die Lehren einer enthusiastischen Philosophie eintauchen, die versuchte, die Lehren der Akademie mit dem christlichen Glauben zu versöhnen. Michelangelo blieb bis zu seinen letzten Tagen ein christlicher Platonist; von Jugend auf war er sehr den Ideen Dantes zugetan. Seine geistigen und handwerklichen Fähigkeiten zogen schon bald Aufmerksamkeit auf sich und brachten ihm das Wohlwollen seines Patrons ein, trotz seines rauen Äußeren und seines wenig umgänglichen, wilden Temperaments.
Bologna
Michelangelo hatte der Schule und dem Haushalt der Medici kaum drei Jahre angehört, als sein berühmter Mäzen Lorenzo starb. Lorenzos Sohn Piero de' Medici erbte die Stellung, aber nicht die Qualitäten seines Vaters. Florenz rieb sich bald an seiner Herrschaft, und gegen Herbst 1494 wurde offensichtlich, dass ihm und seinen Anhängern eine Katastrophe drohte. Michelangelo war von Natur aus plötzlichen und dunklen Vorahnungen ausgesetzt: eine davon ergriff ihn nun, und ohne den bald folgenden Aufstand des Volks abzuwarten, setzte er sich mit zwei Begleitern nach Bologna ab.
Inzwischen zwanzig Jahre alt, wurde er dort freundlich von einem Mitglied der Aldovrandi-Familie aufgenommen, in dessen Auftrag er zwei Heiligenfiguren und eine Figur eines Engels für die Grabstätte des heiligen Dominikus in der Kirche St. Petronius erstellte. Nach rund einem Jahr, als die Arbeit in Bologna scheiterte und sein Name in seiner Abwesenheit auf eine Liste von Künstlern gesetzt worden war, die einen neuen Versammlungsaal für den großen Rat in Florenz ausstatten sollten, kehrte Michelangelo nach Hause zurück.
Rückkehr in das Florenz unter Savonarola
Die seltsame von Savonarola gegründete Theokratie war nun an der Macht, und der ganze Charakter des bürgerlichen Lebens in Florenz hatte sich einstweilen geändert. Der Einfluss des glühenden Dominikaners auf den Geist und den Charakter des jungen Michelangelo wurde ebenso tiefgreifend wie der der Platonisten und Dantes.
Er blieb nicht ohne Beschäftigung. Er fand einen Freund in einem weiteren Lorenzo, dem Sohn von Pierfrancesco de Medici, für den er zu der Zeit eine Statue des jungen Heiligen Johannes ausführte. Nachdem er einen schlafenden Cupido als Imitation eines antiken Vorbilds gefertigt hatte, wurde ihm von demselben Patron vorgeschlagen, dass er so gefärbt und behandelt werden solle, dass er antik aussehe und als solcher verkauft werde. Ohne den Lohn für seine Arbeit zu erhöhen, machte Michelangelo zum Spaß bei diesem Betrug mit, und das Stück wurde dann tatsächlich für einen hohen Betrag als echtes Werk der Antike an einen römischen Sammler verkauft, den Kardinal von San Giorgio Raffaelle Riario. Als der Kardinal den Betrug aufdeckte, musste der Händler die Kaufsumme zurückerstatten; dem jungen Bildhauer Michelangelo wurde aber dargelegt, dass der Kunstliebhaber, der gerade unfreiwillig einen so hohen Tribut an seine Fähigkeiten gezahlt hatte, sich sicherlich seiner annehmen würde, wenn er nach Rom kommen würde.
Erster Aufenthalt in Rom (1496 - 1501)
Michelangelo nahm an und kam das erste Mal Ende Juni 1496 in Rom an. Die Hoffnungen, die er womöglich auf den Kardinal von San Giorgio gesetzt hatte, wurden rasch zerstreut. Auch der verbannte Piero de Medici, der jetzt in Rom lebte, tat nichts, um ihm zu helfen. Andererseits gewann Michelangelo die Gunst eines römischen Adligen, Jacopo Galli, und durch ihn die des französischen Kardinals Jean de Villiers de la Grolaie, Abt von St. Denis. Von ersterem bekam er den Auftrag für einen Cupido und einen Bacchus, von letzterem für eine Pietà.
Gleichermaßen Originalität der Konzeption und Großartigkeit der technischen Ausführung zeichnen die beiden kontrastierenden Gegenstände aus: die Mutter mit dem toten Sohn auf ihrem Schoß, die mit einer gefassten aber ausdrucksvollen Geste ihrer linken Hand die Tragödie andeutet; und den schwankenden, sinnlichen jungen Weingott (ein Zustand, in dem die antike Kunst nie den Gott selbst hätte zeigen können, sondern nur seine Satelliten).
Zweite Rückkehr nach Florenz
Michelangelos Aufenthalt in Rom in dieser Periode dauerte fünf Jahre von Sommer 1496 bis Sommer 1501. Der Zeitraum war von extremen politischen Unruhen in Florenz geprägt. Die Aufregung über die französische Invasion, das mystische und asketische Regime von Savonarola, die Reaktion, die zu seinem Sturz führte, und schließlich die äußeren Kriege und inneren Dissidenzen, die einer neuerlichen Einigung vorausgingen, hatten allesamt eine für die Kunst ungünstige Atmosphäre geschaffen. Trotzdem hatte Ludovico Buonarroti, der in den Wirren von 1494 ein kleines permanentes Amt verloren hatte und der seinen Sohn Michelangelo inzwischen als Hauptstütze seines Hauses betrachtete, ihn wiederholt gedrängt, nach Hause zu kommen. Ein Geist der Familienpflicht und des Familienstolzes war das herrschende Prinzip im ganzen Verhalten Michelangelos. Während der besten Jahre seines Lebens ordnete er sich streng und ohne Murren harten Entbehrungen und fast übermenschlicher Arbeit um seines Vaters und seiner Brüder Willen unter, die stets selbstsüchtig und bereit waren, von ihm unterstützt und ausgehalten zu werden.
Nachdem Michelangelo 1501 nach einer Krankheit heimgekommen war, wurde er von Kardinal Francesco Piccolomini gebeten, eine Grabstätte mit 15 Skulpturen auszuschmücken, die bereits in der Kathedrale von Siena zu Ehren des berühmtesten Mitglieds der Familie, Papst Pius II., begonnen worden war. Nur vier dieser Figuren wurden jemals ausgeführt, und diese anscheinend nicht, oder nur teilweise durch die Hand des Meisters selbst.
David-Skulptur

Ein Werk größeren Interesses in Florenz hatte ihn von dem Engagement durch seine Sieneser Patrone abgelenkt: die Ausführung der berühmten kolossalen Statue des David. Sie wurde aus einem riesigen Marmorblock gehauen, den ein anderer Bildhauer, Agostino d'Antonio, vierzig Jahre zuvor erfolglos zu bearbeiten begonnen hatte, und der seitdem nutzlos herumgelegen hatte. Michelangelo hatte hier ein schwieriges Problem vor sich. Ohne große Rücksichtnahme auf die traditionelle Behandlung des Themas oder den historischen Charakter seines Helden meißelte er aus dem Material einen jugendlichen, düsteren Koloss, wachsam gespannt und ausgeglichen in Vorbereitung für seine große Tat.
Das Ergebnis erstaunte jeden Betrachter durch die Freiheit und die Wissenschaft der Ausführung und die triumphierende Kraft des Ausdrucks. Die besten Künstler von Florenz wurden zur Beratung zusammengerufen, um den Ort zu bestimmen, an dem die Figur aufgestellt werden solle, und nach einiger Diskussion wurde die Terrasse des Palasts der Signoria in Präferenz zur Loggia dei Lanzi ausgewählt. Dementsprechend nahm Michelangelos David hier seinen Platz ein, den er behielt, bis er 1882 zu seinem Schutz in einen Saal der Akademie der Künste versetzt wurde, wo er unvermeidlich eingeengt erscheint.
Andere Bildhauereiarbeiten gehören zur selben Periode: darunter ein zweiter David in Bronze und in kleinerem Maßstab, in Auftrag gegeben vom Marschall Pierre Rohan, und von dem jungen Meister Benedetto da Rovezzano zur Vollendung übergeben, der ihn 1508 nach Frankreich versandte; ein großartiger, grob behauener Sankt Matthäus für die Kathedrale von Florenz, den er begann, aber nie vollendete; eine Madonna mit Kinde im Auftrag eines Händlers aus Brügge; und zwei unvollendete bas-reliefs über das gleiche Thema.
Gemälde der Cascina-Schlacht
Auch als Maler war Michelangelo zur selben Zeit keineswegs müßig. Wenn wir umstrittene Werke beiseite lassen, malte er in diesen Tagen für seinen und Raffaels gemeinsamen Patron Angelo Doni die Heilige Familie (Tondo Doni, Tempera auf Holz), die sich heute in den Uffizien befindet. Im Herbst 1504, dem Jahr der Vollendung des David, erhielt er vom Florentiner Staat einen Auftrag für ein Monumentalgemälde in heroischem Maßstab. Leonardo da Vinci war für einige Monate mit seinem großartigen Karton der Schlacht von Anghiari engagiert worden, der auf die Wände des großen Saals des Stadtrats gemalt werden sollte. Der Gonfaloniere Piero Soderini stellte nun für Michelangelo die Bestellung eines begleitenden Werks sicher.
Michelangelo wählte ein Ereignis in der Schlacht von Cascina während des Kriegs mit Pisa 1364, als die Florentiner Soldaten vom Feind während des Badens überrascht wurden. Er machte sich mit dem gewohnten Schwung an die Aufgabe und hatte einen großen Teil des Kartons bis zur Vollendung gebracht, als er Anfang des Frühjahrs 1505 die Arbeit abbrach, um eine Berufung nach Rom durch Papst Julius II. wahrzunehmen.
Sein unvollendeter Karton mit seiner Souveränität über die Vielfalt und die Kontraste der energischen und höchst bedeutsamen Handlung zeigt, wie sehr Michelangelo vom Vorbild seines älteren Rivalen Leonardo profitiert hatte. Das Werk von Michelangelos Jugend ist zum größten Teil vergleichsweise ruhig im Charakter. Seine frühe Bildhauerei, die einen Grad der Wissenschaft und Perfektion aufweist, der seit der Antike beispiellos war, hat auch etwas von der antiken Abgeklärtheit. Sie trägt deutlich den Stempel intellektueller Forschung, aber in keiner Weise von Aufruhr oder Anstrengung. Auf dem Karton der Badenden fanden erstmals die Qualitäten Ausdruck, die später sprichwörtlich mit Michelangelo assoziiert wurden, seine furia und terribilità, die seine unvergleichliche technische Meisterschaft und sein Wissen begleiten. Mit Michelangelos Abreise nach Rom Anfang 1505 kann die erste Phase seiner Karriere als beendet gelten.
Zweiter Aufenthalt in Rom (1505 - 1506)
Michelangelo war noch nicht lange in Rom, als Papst Julius eine angemessene Beschäftigung für ihn ersonnen hatte. Der eigenwillige und unternehmensfreudige Geist hatte die Idee eines Grabmonuments, das seinen Ruhm feiern sollte, wenn er tot wäre, und das entsprechend seinen Plänen ausgeführt werden sollte, solange er noch lebe. Er vertraute diese kongeniale Aufgabe Michelangelo an.
Nachdem der Entwurf angenommen war, verbrachte der Künstler den Winter 1505 bis 1506 in den Steinbrüchen von Carrara und überwachte den Aushub und die Lieferung des notwendigen Marmors. Im Frühjahr kehrte er nach Rom zurück, und als der Marmor ankam, machte er sich mit all seiner Energie an die Vorbereitung der Arbeit. Für eine Weile verfolgte der Papst den Fortschritt gespannt und war voller Güte für den jungen Bildhauer.
Aber dann wechselte seine Stimmung. In Michelangelos Abwesenheit hatte Julius Bramante d'Urbino – kein Freund Michelangelos – ausgewählt, um einen neuen architektonischen Plan durchzuführen, der der üblichen Weite seiner Konzeptionen angemessen war, nämlich den Neubau der Peterskirche. Dem Einfluss und der Böswilligkeit Bramantes schrieb Michelangelo die ihm nun zukommende unwillkommene Einladung zu, das große bildhauerische Werk zu unterbrechen, um die Sixtinische Kapelle mit Fresken zu dekorieren.
Dritte Rückkehr nach Florenz
Bald wurden die Gedanken Julius' von Kriegsplänen und Eroberungen abgelenkt. Eines Tages hörte Michelangelo ihn bei Tisch zu seinem Juwelier sagen, dass er kein Geld mehr für Steine auszugeben gedenke, ob klein oder groß. Zum Unbehagen des Künstlers trug noch bei, dass er, als er persönlich erschien, um Zahlungen einzufordern, Tag für Tag vertröstet und schließlich mit wenig Höflichkeit entlassen wurde. Darauf ergriff ihn seine dunkle Stimmung. Überzeugt, dass nicht nur seine Beschäftigung, sondern auch sein Leben in Gefahr sei, verließ er plötzlich Rom, und bevor die Boten des Papsts ihn einholen konnten, war er auf sicherem Florentiner Territorium. Michelangelos Flucht ereignete sich im April 1506.
Nachdem er nun wieder unter seinem eigenen Volk war, lieh er jeglichen Anträgen aus Rom um eine Rückkehr kein Ohr mehr und blieb den Sommer über in Florenz; inwieweit beschäftigt, wissen wir nicht bestimmt, aber anscheinend unter anderem mit der Fortsetzung des großen Schlachtengemäldes.
Julius-Skulptur in Bologna
Während des selben Sommers plante und führte Julius den siegreichen Feldzug durch, der in seinem widerstandslosen Einzug an der Spitze seiner Armee in Bologna endete. Michelangelo wurde schließlich überzeugt, sich unter sicherem Geleit und Versprechen erneuter Gunst dorthin zu begeben. Julius empfing den Künstler freundlich, denn in der Tat bestand zwischen den beiden vulkanischen Naturen eine natürliche Affinität. Er verlangte von ihm sein eigenes Bildnis in Bronze, das als Symbol seiner erobernden Autorität über dem Haupteingang der Kirche St. Petronius aufgesetzt werden sollte.
In den nächsten fünfzehn Monaten widmete Michelangelo seine ganze Kraft dieser neuen Aufgabe. Wie sich herausstellte, ließ ihm der gezahlte Preis kaum etwas zum Leben. Außerdem war er in der technischen Kunst der Metallbearbeitung unerfahren, und ein Assistent, den er aus Florenz hatte herbeirufen lassen, stellte sich als aufsässig heraus und musste entlassen werden. Nichtsdestotrotz setzte sich sein Genie gegen alle Widrigkeiten und Schwierigkeiten durch, und am 21. Februar 1508 wurde der majestätische Bronzekoloss des sitzenden Papstes mit Robe und Zepter, mit einer Hand die Schlüssel greifend und der anderen in einer Geste der Segnung und des Kommandos ausgestreckt, zu seinem Platz über dem Kirchenportal gehoben.
Drei Jahre später wurde es in einer Revolution zerstört. Das Volk Bolognas erhob sich gegen die Autorität Julius'; seine Delegaten und Anhänger wurden verjagt, und sein Bildnis von seinem Platz geschleudert. Das Werk Michelangelos wurde höhnisch durch die Straßen geschleift, zerschlagen und die Bruchstücke in den Ofen geworfen.
Dritter Aufenthalt in Rom
Inzwischen war der Künstler selbst nach der Beendung seiner Arbeit seinem versöhnten Meister nach Rom zurückgefolgt. Die Aufgabe, die ihn hier erwartete, war allerdings am Ende nicht die Wiederaufnahme des päpstlichen Monuments, sondern die Ausführung der Reihe von Malereien in der Sixtinischen Kapelle, die vor seiner Abreise in Frage gestellt worden war. Wie er immer behauptete, war Malerei nicht sein Geschäft; er war sich der Hoffnungen seiner Feinde bewusst, dass eine große Unternehmung in Freskomalerei seine Fähigkeiten übersteigen würde; und er ging mit Bedenken und Widerwillen das Projekt an. Tatsächlich ist dieses ihm aufgedrängte Werk bis heute sein wichtigster Ruhmestitel geworden.
Seine Geschichte ist die eines unbeugsamen Willens und fast übermenschlicher Energie, wenn auch eines Willens, der sich kaum jemals durchsetzen konnte, und einer Energie, die immer im Kampf mit den Umständen stand. Das einzige Werk seines ganzen Lebens, das er entsprechend seiner ursprünglichen Vorstellung vollenden konnte, war die Dekoration der Sixtinischen Decke. Der Papst hatte zunächst einen Plan gewünscht, der lediglich die zwölf Apostel umfasste. Michelangelo begann entsprechend, konnte sich aber mit nichts so Dürftigem zufriedengeben und schlug stattdessen einen Entwurf mit vielen hundert Figuren vor, die die Geschichte der Genesis von der Schöpfung bis zur Sintflut verkörpern sollten, mit zusätzlichen Bildnissen von Propheten und Sibyllen und zusätzlich der Vorväter Christi.
Das ganze sollte durch ein ausgefeiltes Rahmenwerk aus gemalter Architektur eingefasst und unterteilt werden, mit einer Vielzahl namenloser menschlicher Gestalten, die zwischen den Merkmalen des statischen Rahmenwerks und denen der großen dramatischen und prophetischen Szenen selbst vermitteln sollten. Der Papst erbot den Künstler, nach seinen Vorstellungen zu verfahren. Gegen Mai 1508 waren die Vorbereitungen in der Kapelle beendet und die Arbeit begann. Später im selben Jahr berief Michelangelo ein paar Assistenzmaler aus Florenz. In den Traditionen der früheren Florentiner Schule ausgebildet, waren sie anscheinend nicht in der Lage, Michelangelos Entwürfe in Fresko entweder mit genügender Freiheit oder hinreichender Gleichförmigkeit im Stil auszudeuten, um ihn zufriedenzustellen. In jedem Fall entließ er sie bald und führte den Rest der kolossalen Aufgabe alleine durch, abgesehen von der nötigen rein mechanischen und untergeordneten Hilfe.
Die körperlichen Bedingungen der anhaltenden Arbeit mit dem Gesicht nach oben an dieser weit ausgedehnten Deckenfläche waren extrem ungünstig und aufreibend. Nach viereinhalb Jahren mühseliger Arbeit war die Aufgabe vollendet. Michelangelo war während seines Fortschreitens gleichermaßen durch Zahlungsverzögerungen und durch feindliche Intrigen geplagt worden, indem seine Gegner Zweifel an seinen Fähigkeiten aufwarfen und die Überlegenheit Raffaels rühmten. Dieser sanfte Geist wäre von Natur aus kein Feind gewesen, aber unglücklicherweise verhinderte Michelangelos launisches, auf sich selbst konzentriertes Temperament eine Freundschaft zwischen den beiden Künstlern, die die Unfriedenstifter hätte stoppen können.
Einmal zwang ihn ein dringender Bedarf an Geldern für die Förderung des Projekts, seine Arbeit für einen Moment zu unterbrechen und seinen rücksichtslosen Patron bis nach Bologna zu verfolgen. Dies war zwischen September 1510, als die große Reihe der Themen entlang dem Zentrum des Gewölbes fertiggestellt war, und Januar 1511, als der Meister sich wieder an die Arbeit machte und anfing, die komplizierten seitlichen Räume seines dekorativen Plans auszufüllen.

Die Hauptfläche der Sixtinischen Decke, in Form eines Tonnengewölbes, ist gemäß Michelangelos Plan in vier größere abwechselnd mit fünf kleineren Feldern unterteilt. Die folgenden Themen sind in dieser Reihenfolge in ihnen dargestellt:
- das Teilen des Lichts von der Dunkelheit;
- Schöpfung von Sonne, Mond und Sternen;
- Schöpfung der Wasser;
- Schöpfung des Menschen;
- Schöpfung der Frau;
- Versuchung und Vertreibung;
- das Opfer Noahs;
- Sintflut;
- die Trunkenheit Noahs.
Die Figuren in den letzten drei dieser Szenen sind in kleinerem Maßstab als die der ersten sechs. In den Feldern 1, 3, 5, 7 und 9 ist das Bildfeld durch das architektonische Rahmenwerk mit seinen sitzenden Paaren von Unterstützen – gewöhnlich als Sklaven oder Atlasse bekannt – eingeengt.
Diese kleineren Kompositionen flankierend befinden sich entlang der seitlichen Flächen zwischen der Gewölbekrone und den Mauern an den Seiten sitzende Figuren abwechselnd der Propheten und Sibyllen. Zwei weitere Propheten werden an den Enden der Reihe eingeführt, so dass es insgesamt sieben Propheten und fünf Sibyllen gibt. In den Dreiecken rechts und links der Propheten an den beiden Enden sind der Tod Goliaths, der Tod des Holofernes, die dreiste Schlange und die Bestrafung Hamans. In den zwölf Lunetten über den Fenstern sind Gruppen der Vorfahren Christi, deren Namen mit Inschriften bezeichnet sind, und in den zwölf Dreiecken über ihnen (zwischen den Propheten und Sibyllen) andere verwandte Gruppen, hockend oder sitzend. Letztere sind in vergleichsweise einfachen menschlichen Handlungen gezeigt, erhöht aber nicht verfälscht durch das Genie des Künstlers.
Das Werk stellt alle Fähigkeiten Michelangelos in ihrem Höhepunkt dar. Die Souveränität und Fähigkeit des Künstlers scheint sich im Laufe der Arbeit weiterentwickelt zu haben. Er scheint mit dem chronologisch letzten Thema begonnen zu haben (so wie der in die Kapelle eintretende Betrachter), der Trunkenheit Noahs, und rückwärts gearbeitet zu haben, wobei er den Maßstab seiner Figuren zu ihrer besseren Wirkung ab dem vierten Thema (Versuchung und Vertreibung) vergrößert zu haben scheint.
Julius-Grabmonument
Kaum war die Sixtinische Kapelle vollendet, nahm Michelangelo die Arbeit an dem Marmor für Julius' Monument wieder auf. Aber nach nur vier Monaten starb Julius. Seine Erben gingen sofort (im Sommer 1513) einen neuen Vertrag mit Michelangelo für eine Ausführung des Monuments in kleinerem Maßstab ein. Wir wissen nicht, welches die genaue Natur und das Ausmaß der ursprünglichen Pläne war; nur, dass das Monument von der Wand losgelöst sein sollte und dass es viereckig und frei – etwas, was bis dahin in der Grabarchitektur der Renaissance unbekannt war – in einer der Kapellen von St. Peter stehen sollte.

Aber der neue Plan war umfangreich und prachtvoll genug. Er sah eine große dreiseitige Struktur mit zwei Stockwerken vor, hervorstehend von der Kirchenwand, und an seinen drei freien Seiten mit Statuen dekoriert. Im oberen Stock sollte sich die kolossale liegende Figur des Papstes befinden, mit einer Vision der Jungfrau mit dem Kind über ihm, klagenden Engeln an den Seiten, und prophetischen und allegorischen Persönlichkeiten in den Ecken – insgesamt sechzehn Figuren. Der untere Stock sollte mit vierundzwanzig Figuren in Nischen und auf vorstehenden Sockeln bereichert werden: in den Nischen Sieger; vor den Endpilastern zwischen ihnen Sklaven oder Gefangene, die anscheinend entweder eroberte Provinzen oder Künste und Wissenschaften in Sklaverei nach dem Tod ihres Patrons symbolisieren.
Ein sehr beschädigter und nicht unumstrittener Entwurf des Meisters in Berlin, mit einer Kopie von Sacchetti, sollen den Entwurf in diesem Stadium der Verkleinerung darstellen. Das gesamte Werk sollte innerhalb von neun Jahren fertiggestellt werden. Während der nächsten drei Jahre scheint Michelangelo wenigstens drei der versprochenen Figuren zur Vollendung gebracht zu haben, für die Blöcke aus Carrara schon im Juli 1508 in Rom angekommen waren; diese gehören zu den berühmtesten aller überlieferten Werke des Bildhauers, nämlich der Moses, jetzt in der Kirche San Pietro in Vincoli in Rom, und die beiden Sklaven im Louvre.
Der Moses, ursprünglich für eine der Seiten im oberen Stock vorgesehen, ist nun auf Augenhöhe platziert; im Zentrum der Hauptansicht des Monuments, wie es schließlich, in einem bedauernswerterweise reduzierten und geänderten Maßstab, von Michelangelo und seinen Assistenten in hohem Alter beendet wurde. Der Prophet, der vom Berg Sinai hätte herabkommen und die Israeliten das golbene Kalb anbeten sehen sollen, sitzt stark bärtig und eingehüllt, lediglich mit enthülltem rechtem Arm, seinen Kopf erhoben und nach links gewandt, seine linke Hand auf dem Schoß und die rechte die Gesetzestafeln greifend – eine Inkarnation majestätischer Entrüstung und Bedrohung.
Das Werk ist, abgesehen von ein oder zwei Stellen, äußerst vollendet, und die Statue sieht aus wie einer der Propheten der Sixtinischen Decke in Marmor gehauen. Die Sklaven im Louvre sind junge männliche Figuren von gleichermaßen perfekter Ausführung, bis auf das Band auf der Brust des einen und am rechten Bein des anderen nackt. Der eine, mit der linken Hand an den Kopf erhoben und der rechten an die Brust gepresst, die Augen fast geschlossen, scheint den Qualen des Tods zu erliegen. Der andere, mit den Armen hinter dem Rücken, schaut nach oben und noch hoffnungslos kämpfend. Alle drei Figuren wurden zwischen 1513 und 1516 beendet.
Medici-Kirche San Lorenzo
Julius II. war auf dem Papstthron Kardinal Giovanni de Medici unter dem Titel Leo X. nachgefolgt. Etwa zur selben Zeit hatten die Medici, auch durch Gewalt und Betrug, ihren Einfluss in Florenz wiederhergestellt, indem sie die freien Institutionen stürzten, die seit den Tagen Savonarolas vorgeherrscht hatten. Auf der einen Seite war diese Familie traditionell Freund und Patron Michelangelos; auf der anderen Seite war er ein patriotischer Freund der Republik Florenz. Von nun an standen also seine persönliche Treue und seine politischen Sympathien in Konflikt.
Es ist oft geäußert worden, dass über einen Großteil seiner Kunst der Kummer und die Verwirrung über diesen Konflikt ihren Schatten geworfen haben. Zunächst einmal war die Konsequenz des Aufstiegs der Medici an die Macht eine erneute Unterbrechung seiner Arbeit am Grabmal Julius'. Leo X. und seine Verwandten hegten einen großen neuen Plan für die Anreicherung und Verzierung der Fassade ihrer eigenen Familienkirche San Lorenzo in Florenz. Michelangelo, von der Idee mitgerissen und seine andere noch große und mühselige Aufgabe vergessend, bot seine Dienste für die neue Fassade an.
Sie wurden gerne akzeptiert, obwohl man für einen Moment erwogen hatte, die Arbeit Leonardo da Vinci anzuvertrauen. Julius' Erben ihrerseits zeigten sich entgegenkommend, und das Gesuch Leos erlaubte ihnen, den drei Jahre alten Vertrag zugunsten eines anderen zu annullieren, nachdem das Ausmaß und die bildhauerischen Dekorationen des Julius-Monuments wiederum um fast die Hälfte reduziert worden waren. Michelangelo erstellte für die Fassade von San Lorenzo zügig einen Plan aus kombinierter Bildhauerei und Architektur, so großartig und ehrgeizig in seiner Art, wie der für das ursprüngliche Julius-Monument gewesen war. Der Vertrag wurde im Januar 1518 unterzeichnet, und der Künstler begab sich nach Carrara, um den Bruch des Mamors zu überwachen.
Michelangelo war nun in seinem vierundvierzigsten Jahr. Obwohl ihm noch die Hälfte seines Lebens bevorstand, waren seine besten Tage vorüber. All die Widrigkeiten, denen er bis dahin begegnet war, waren wie nichts im Vergleich zu denen, die ihm bevorstanden. Für die Materiallieferung für die Fassade von San Lorenzo hatte er eine Firma von Steinmetzen beauftragt, und er selbst ging anscheinend mit ihnen eine Art Partnerschaft ein, in Carrara, wo er die Steinbrüche gut kannte, und wo die Industrie erblich und wohlverstanden war.
Als alles dort unter seiner Aufsicht gut fortschritt, veranlassten Gründe der Staatsräson die Medici und den Florentiner Magistrat, ihn zu ersuchen, sich stattdessen bestimmten neuen Steinbrüchen in Pietrasanta zuzuwenden, das sich nahe Serravalle im Florentiner Territorium befand. Zur Entrüstung seiner alten Kunden in Carrara und seiner eigenen musste Michelangelo dementsprechend seinen Arbeitsort hierhin verlegen. Sofort fühlte er sich behindert und erzürnt durch die mechanischen Schwierigkeiten beim Aushub und Transport des Marmors, und durch die Untreue und Inkompetenz derer, mit denen er zu tun hatte, dass er gerne den ganzen Auftrag hinwarf. Die Verträge für die Fassade wurden im März 1518 annulliert, und aus dem ganzen prachtvollen Plan wurde nichts.
Andere Arbeiten 1518 bis 1522
Michelangelo kehrte dann nach Florenz zurück, wo von vielen Stellen Arbeitsvorschläge auf ihn zukamen. Der König von Frankreich wünschte etwas von seiner Hand, um es neben zwei Bildern Raffaels zu platzieren, die sich in seinem Besitz befanden. Die Behörden von Bologna wollten von ihm die Fassade ihrer Kirche St. Petronius gestaltet haben; die von Genua eine Bronzestatue ihres großen Kommandeurs Andrea Doria. Kardinal Grimani bat inständig um jegliche Gemälde oder Statuen, die er übrig habe; andere Kunstliebhaber bedrängten ihn um so Kleinigkeiten wie Stiftzeichnungen oder Entwürfe.
Schließlich flehte ihn sein Freund und Anhänger Sebastian del Piombo in Rom – immer begierig, die Fehde zwischen Michelangelo- und Raffael-Anhängern zu nähren – nach Raffaels Tod an, nach Rom zurückzukehren, um den Schülern des toten Meisters die Malarbeit zu entreißen, die noch in den Kammern des Vatikan erledigt werden musste. Michelangelo kam keiner dieser Bitten nach. Alles, was wir sicher über seine Tätigkeit zwischen 1518 und 1522 wissen, ist über die Grobbearbeitung weiterer vier Sklaven für das Grabmal Julius', und die Ausführung eines Auftrags für eine Statue des auferstandenen Christus für drei römische Bürger, den er schon 1514 erhalten hatte.
Die grobbearbeiteten Sklaven stehen heute eingemauert in einem Grotto in den Boboli-Gärten in Florenz; der Christus, praktisch vom Meister beendet, mit den letzten Ausbesserungen durch seine Schüler, steht in der Kirche Santa Maria sopra Minerva in Rom, für die er bestimmt war; er zeigt wenig Hingebung und Erfindungsgeist, wenn er auch in den von Michelangelo selbst fertiggestellten Teilen äußerste Vollendung in Form und Handwerk aufweist.
Medici-Grabmäler

Die nächsten zwölf Jahre von Michelangelos Leben (1522 - 1534) verbrachte er in Florenz, und wieder hauptsächlich in den Diensten seiner gegensätzlichen und launischen Patrone – der Medici. Der Plan einer großen Gruppe von Monumenten für verstorbene Mitglieder dieser Familie, die in einer neuen Sakristei oder Grabkapelle in San Lorenzo aufgestellt werden sollte, wurde Michelangelo erstmals 1520 von Kardinal Giulio de Medici angetragen. Allerdings ging kein praktischer Impuls für das Werk aus, bis Giulio nach dem Tod Leos X. und dem kurzen Pontifikat des puritanischen und ikonoklastischen Hadrian VI. 1523 selbst unter dem Titel Klemens VII. Papst wurde.
Selbst dann war die Initiave nur schwankend. Zuerst schlug Clemens vor, Michelangelo einen weiteren Künstler, Sansovino, für diese Aufgabe beizuordnen. Nachdem dieser Vorschlag auf Michelangelos entschiedene Forderung fallengelassen wurde, lenkte Clemens den Künstler als nächstes mit einer Bestellung für einen neuen architektonischen Entwurf ab, nämlich für die vorgeschlagene Medici- oder Laurentinische Bibliothek. Die Arbeit an der Laurenzianer Bibliothek war von Clemens VII. als vorrangige Aufgabe versehen worden, und sollte mit 50.000 Ducaten ausgestattet, so schnell wie nur möglich erbaut werden. Die Arbeit nahm Michelangelos Zeit zwischen April 1524 und Oktober 1526 voll in Anspruch. Erst danach widmete er sich wieder der Arbeit an der Kapelle. Schließlich, nach vielen Änderungen in Umfang und Programm der Pläne für die Grabkapelle oder Sagresta nuova Gestalt annehmend, enthielten sie nicht wie zunächst vorgesehen Denkmäler für die Gründerväter des Hauses, Cosimo (pater patriae), Lorenzo il Magnifico oder selbst Leo X., sondern nur für zwei jüngere Mitglieder des Hauses, die kürzlich gestorben waren, Giuliano, duc de Nemours, und Lorenzo, Herzog von Urbino.
Michelangelo brütete lange über verschiedenen Entwürfen für diese Arbeit und war noch mit der Ausführung beschäftigt – da seine Zeit teilweise auch für die Baupläne für die Medici-Bibliothek in Anspruch genommen wurde –, als politische Revolutionen dazwischenkamen und sein Gewerbe unterbrachen. 1527 ereignete sich der Sacco di Roma durch die Österreicher und der anscheinend unwiederbringliche Untergang Papst Clemens'. Die Florentiner nahmen die Gelegenheit wahr, um die Medici aus der Stadt zu vertreiben und wiederum eine republikanische Regierung zu errichten.
Verteidigung von Florenz
Natürlich standen damit keine Geldmittel mehr für die Arbeiten in San Lorenzo zur Verfügung, und Michelangelo beschäftigte sich auf Einladung der neuen Signoria eine Weile mit einer Gruppe aus Herkules und Cacus und einer weiteren aus Samson und den Philistern – letztere aus einem Marmorklotz zu hauen, der schon für einen anderen Zweck von Baccio Bandinelli bearbeitet worden war.
Bald darauf wurde er aber gerufen, um die Stadt selbst vor Gefahr zu schützen. Clemens und sein Feind Karl V. hatten sich versöhnt und waren nun beide erpicht, Florenz wieder unter die Herrschaft der Medici zu bringen. Hinsichtlich der bevorstehenden Belagerung wurde Michelangelo zum leitenden Techniker für die Befestigungen berufen. Er verbrachte den Frühsommer 1529 mit der Verstärkung der Verteidigungsanlagen von San Miniato; von Juli bis September war er auf einer diplomatischen Mission in Ferrara und Venedig.
Nachdem er Mitte September zurückkehrte, stellte sich die florentinische Sache wegen internen Verrats und der überwältigenden Stärke der Feinde als aussichtslos heraus. Einer seiner dunklen Anfälle überkam ihn, und er reiste plötzlich nach Venedig ab. Dort blieb er für eine Weile und verhandelte wegen eines zukünftigen Wohnsitzes in Frankreich. Dann kehrte er noch während der Belagerung nochmals nach Florenz zurück; aber an dem letzten Todeskampf um die Freiheit der Stadt hatte er keinen Anteil.
Als sich die Stadt 1530 ihren Eroberern unterwarf, wurde den meisten, die an ihrer Verteidigung mitgewirkt hatten, keine Gnade zuteil. Michelangelo glaubte sich mit den anderen in Gefahr, aber auf Intervention Baccio Valoris wurde er sogleich in die Gunst und Anstellung Papst Klemens' wiederaufgenommen. In den nächsten vier Jahren setzte er zeitweise seine Arbeit an der Vervollständigung der Medici-Monumente – ab 1532 mit der Unterstützung Giovanni Montorsolis und anderen Schülern – und dem Bau der Laurentinischen Bibliothek fort.
Beendung der Medici-Grabmäler
1531 erkrankte Michelangelo schwer; 1532 hatte er einen längeren Aufenthalt in Rom und ging einen weiteren Vertrag für die Vollendung des Julius-Monuments ein, das jetzt auf eine noch kleinere Größe reduziert wurde und statt in St. Peter in der Kirche San Pietro in Vincoli plaziert werden sollte. Im Herbst 1534 verließ er endgültig Florenz. Was noch in der Medici-Kapelle fertigzustellen war, wurde von Schülern beendet, und die Kapelle wurde zum Schluss erst 1545 zur Betrachtung geöffnet.
Die Statuen für das Medici-Monument nehmen neben dem Moses und den Sklaven ihren Rang als die besten Werke aus Michelangelos mittlerer Periode der Bildhauerei ein. Sie bestehen aus einer Madonna mit Kind und zwei berühmten monumentalen Gruppen, beide bestehend aus einer sitzenden Porträt-Statue in einer Nische mit zwei emblematischen Figuren, die an jeder Seite eines Sarkophags unterhalb lehnen. Die unvollendete Madonna mit Kind kombiniert auf erstaunliche Weise die verschiedenartigen Qualitäten eines realistischen Motivs und natürlicher Lebhaftigkeit mit gelehrter Komplexität des Designs und imposanter Majestät der Wirkung. Sie wurde schließlich – keinesfalls in Übereinstimmung mit der anfänglichen Absicht des Künstlers – gegen eine leere Wand der Kapelle aufgestellt und mit großem Abstand von Statuen der Heiligen Cosmo und Damian flankiert, Werken von Schülern.
Die Porträts sind nicht realistisch sondern typisch behandelt. In der von Lorenzo scheint die Stimmung schlauen Grübelns und konzentrierter innerer Überlegung typifiziert; in der von Giuliano die Art der Wachsamkeit und selbstsicheren praktischen Umschau, die unmittelbar einer Handlung vorausgeht. Diesem Kontrast zwischen meditativem und aktivem Charakter entspricht der Kontrast zwischen den emblematischen Gruppen, die die Porträts begleiten. An den Füßen des Herzogs Giuliano lehnen die Gestalten von Nacht und Tag, erstere eine weibliche, letzterer eine männliche Personifizierung; die Nacht ist versunken in einer Haltung tiefen aber unruhigen Schlummerns, der Tag (dessen Kopf und Gesicht nur aus dem Marmor herausgestemmt sind) erhebt sich in zornigem und beunruhigtem Erwachen.
Ebenso grandios, aber weniger stark, sind die Haltungen der beiden korrespondierenden Figuren, die zwischen Schlafen und Wachen am Sarkophag des nachdenklichen Lorenzo lehnen. Von diesen ist die männliche Figur als Abend bekannt, die weibliche als Morgen (Crepuscolo und Aurora). In Michelangelos ursprünglicher Vorstellung, die teilweise auf antiken Vorbildern in Giebel- und Sarkophaggruppen basierte, waren Figuren von Erde und Himmel mit denen von Nacht und Tag auf dem Monument Giulianos, und andere – zweifellos entsprechender Natur – mit denen von Morgen und Abend auf dem Monument Lorenzos zu assoziieren. Diese Figuren fielen später aus dem Plan heraus, und die für sie vorgesehenen Winkel blieben leer.
Michelangelos offensichtliche und fundamentale Idee war, nach einigen Worten seiner eigenen Aufzeichnungen, die Elemente und Mächte von Erde und Himmel zu zeigen, wie sie den Tod der Fürsten beklagen. Flussgötter sollten auf der breiten Basis am Fuß der Monumente liegen. Auch diese fehlen. Sie wurden nie vollendet, aber ein Bronzeabdruck eines von ihnen sowie der Torso eines großen Modells sind identifiziert worden und im Nationalmuseum bzw. in der Akademie in Florenz zu sehen.
Jüngstes Gericht
Michelangelo hatte beabsichtigt, entsprechend dem neuen Vertrag von 1532 all seine Kräfte der Fertigstellung des Julianischen Monuments zu widmen, sobald er von seiner Aufgabe an den Medici-Grabmälern freikommen würde. Aber seine Absicht wurde wiederum enttäuscht. Papst Klemens bestand darauf, dass er seine Dekorationen der Sixtinischen Kapelle vervollständigen müsse, indem er die große Frontwand über dem Altar neu bemale, die bis dahin mit Fresken von Perugino ausgeschmückt war.
Das gewählte Thema war das Jüngste Gericht, und Michelangelo begann Entwürfe vorzubereiten. Im Herbst 1534, in seinem sechzigsten Jahr, ließ er sich endgültig und für den Rest seines Lebens in Rom nieder. Unmittelbar darauf starb Klemens und wurde von einem Farnese unter dem Titel Paul III. gefolgt.
Mehr noch als sein Vorgänger beanspruchte Paul die Hauptdienste Michelangelos für sich und zwang ihn, alle anderen Engagements aufzuschieben. In den ersten sieben Jahren nach der Rückkehr des Künstlers nach Rom war seine Zeit im wesentlichen mit der Malerei des kolossalen Jüngsten Gerichts ausgefüllt. Nachdem dieses 1541 vollendet war, wurde er anschließend genötigt, zwei weitere große Fresken zu übernehmen – eines über die Konversion des Paulus und eines über das Martyrium des Petrus – in einer neuen Kapelle, die der Papst im Vatikan hatte bauen lassen, und die nach ihm Capella Paolina genannt wurde.
Das Fresko des Jüngsten Gerichts in der Sixtinischen Kapelle ist eines der berühmtesten Einzelbilder der Welt. Darin zeigt Michelangelo mehr als jemals die Allmacht seiner künstlerischen Wissenschaft und die Kühnheit seiner Konzeptionen. Aber das Werk ist in den Qualitäten der Farbe und im dekorativen Effekt kaum vergleichbar mit den früheren und weit prächtiger inspirierten Fresken der Decke. Die Fresken der Paulinischen Kapelle ihrerseits sind so beschädigt, dass sie kaum nützlichen Studien oder Kritik zugänglich sind.
Werke
- 1489-1492, Madonna an der Treppe, Marmorrelief. Florenz, Casa Buonarroti
- 1492-1493, Kentaurenschlacht, Marmorrelief. Florenz, Casa Buonarroti
- 1496-1497, Trunkener Bacchus (Skulptur) in Rom
- 1498-1499, Pietà (Skulptur) in der Peterskirche in Rom
- 1501-1504, David (Skulptur) in Florenz (Abb. rechts)
- 1505-1515 und später, Skulpturen für das Grabmal Papst Julius II., u. a. Sterbender Sklave (Abb. rechts, heute im Louvre, Paris), Moses.
- 1508-1512, Fresken der Sixtinischen Kapelle in Rom
- 1520-1534, Grabmäler der Herzöge Giovanni und Lorenzo de Medici in der Neuen Sakristei der Medici-Kapelle in Florenz
- 1524-1526, Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz
- 1534-1541, Jüngstes Gericht in der Sixtinischen Kapelle
Neben seinem bildnerischen Werk entstand eine Reihe von Sonetten, etliche widmete er seiner langjährigen intimen Freundin Vittoria Colonna.
Neuere Literatur
- Bibliographien: Ernst Steinmann und Rudolph Wittkower: Michelangelo-Bibliographie 1500 - 1926. Leipzig, 1927
- Luitpold Dussler: Michelangelo-Bibliographie 1927 - 1970. Wiesbaden, 1974
- Valerio Guazzoni, Allessandro Nova, Pier Luigi de Vecchi: Michelangelo - Der Bildhauer, Der Architekt, Der Maler. Stuttgart/Zürich, 1984 (3 Bände, mit einem bedeutenden Beitrag von Enzo Noè Girardi: Michelangelos Dichtungen)
- Michael Rohlmann, Andreas Thielemann (Hrsg.): Michelangelo - Neue Beiträge. München/Berlin, 2000
- Daniel Kupper: Michelangelo. Reinbek, 2004 (Dort weiterführende Literatur nach 1970)
Weblinks
Vorlage:Commons1 Vorlage:Wikiquote1
- Vorlage:PND
- Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon: Michelangelo Buonarroti
- Artcyclopedia: Michelangelo Buonarroti (Werke)
- http://www.sonett-central.de/michelangelo.htm
- http://www.casabuonarroti.it
- Michelangelo
- Art Gallery - Michelangelo
Personendaten | |
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NAME | Michelangelo |
ALTERNATIVNAMEN | Buonarroti, Michelangelo [verkürzt]; Michelagniolo di Ludovico di Buonarroto Simoni [vollständig] |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Maler, Bildhauer und Architekt |
GEBURTSDATUM | 6. März 1475 |
GEBURTSORT | Caprese, Toskana |
STERBEDATUM | 18. Februar 1564 |
STERBEORT | Rom |