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Verfassungsreferendum in Syrien 2012

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Eine Referendum über die syrische Verfassung soll am 26.02.2012 durchgeführt werden. Im Zuge der Proteste im Land setzte der syrische Präsident Bashar al-Assad im Oktober 2011 ein Komitee ein, um eine neue Verfassung auszuarbeiten, nachdem die Einführung eines Mehrparteiensystems versprochen wurde. Das Komitee hatte hierfür 4 Monate Zeit. Am 15. Februar 2012 wurde der 26. Februar als Tag des Referendums festgelegt.

Hintergrund

Demonstration in Banyas, Syrien, am 29. April 2011

Im Zuge des sogenannten Arabischer Frühling kam es Anfang 2011 zu Demonstrationen in Syrien. Die Demonstranten forderten politische Teilhabe und den Sturz der Regierung. Die Regierung ging mit Gewalt gegen die Proteste vor. Seitdem bekämpfen sich beide Seiten mit Waffengewalt. Am 25. Juli billigte die syrische Regierung einen Gesetzesentwurf, der die Gründung von politischen Parteien erlaubt. Parteien müssten die Verfassung respektieren und dürften nicht einzelne Religionen oder Volksgruppen repräsentieren. Oppositionelle lehnten den Gesetzesentwurf ab, da politische Freiheit nicht gewährleistet sei und Demonstranten von Sicherheitskräften verfolgt würden. Der Gesetzesentwurf war noch nicht in Kraft getreten.[1]

Präsident Bashar al-Assad setzte am 15. Oktober ein Komitee ein, um eine neue Verfassung auszuarbeiten. Das Komitee hatte hierfür 4 Monate Zeit. Zuvor war die Einführung eines Mehrparteiensystems versprochen worden.[2]

Im Februar 2012 kündigte Assad das Referendum für den 26.02.2012 an. Die Opposition gab bekannt, dass das Referendum nicht im mindestens die ihren Forderungen entspreche, da die Macht des Präsidenten nicht angetastet werde. Sie riefen zum Boykott der Abstimmung auf.[3] Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney sagte, das Referendum "verhöhne die syrische Revolution" und sei "lächerlich". Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sprach von einem "weiterem Schachzug" des Regimes.[4]

Bisherige Verfassung

Baschār al-Assad

Syrien ist nach der Verfassung von 1973 offiziell eine sozialistische Volksrepublik mit Präsidialsystem. Es hat aber de facto ein Einparteiensystem, da die syrische Baath-Partei, da laut Verfassung Führungspositionen innerhalb des Staates und der Gesellschaft dieser Partei vorbehalten sind. Formal jedoch befindet sie sich in einer Koalition mit kleineren Blockparteien. Praktisch trägt die syrische Regierung Züge einer Diktatur.[5][6][7]

Die Rechtsgrundlage der Verfassung ist laut Artikel 3 die Schari'a als Hauptquelle der Gesetzgebung.[8] Das anwendbare Ehe- und Familienrecht bestimmt sich in Syrien nach der Religionszugehörigkeit. Auf Moslems ist die Scharia anwendbar. Für katholische Christen ist der codex iuris canonici maßgeblich.[9]

Staatsoberhaupt, Inhaber der Exekutivgewalt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Präsident, welcher der Verfassung nach vom Parlament nominiert wird und auf sieben Jahre direkt gewählt wird. Er bestimmt die Richtlinien der Politik, ernennt bzw. entlässt die Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten und hat Gesetzesinitiativ- sowie Vetorecht. Der Präsident muss außerdem muslimischen Glaubens sein.

Die Legislative liegt nominell bei der Volksversammlung, deren 250 Abgeordnete für vier Jahre gewählt werden. Die derzeitige Einheitspartei ist die Baath-Partei. Der Generalsekretär der Baath-Partei ist zugleich der Präsident. Daneben gibt es kleinere und unbedeutende, meist regierungstreue Parteien wie die Syrische Kommunistische Partei und die Syrische Soziale Nationalistische Partei, welche als Blockparteien mit der Baath-Partei zur Koalition Nationale Front zusammengeschlossen sind.[10] Parteien, welche eine ethnische Minderheit oder eine religiöse Gruppe repräsentieren sind verboten.

Inhalt der neuen Verfassung

In der neuen Verfassung sollen alle Bezüge auf den Sozialismus gestrichen werden. Auch der in Artikel 8 der bisherigen Verfassung festgeschriebene Führungsanspruch der Baath-Partei soll gestrichen werden. Der syrische Präsident muss weiterhin Muslim sein. Des weiteren muss er von Geburt Syrer sein, im Land geboren sein und darf nur mit einer Syrerin verheiratet sein. Das Mindesalter bei der Wahl beträgt 40 Jahre. Die Amtszeit des Präsidenten liegt in der neuen Verfassung bei sieben Jahren und er darf nur einmal wiedergewählt werden. Letzteres zählt aber erst nach der aktuellen Amtsperiode Assads. Parteien dürfen weiterhin nicht auf regionalen, religiösen oder ethnischen Grundsätzen existieren.[11]

Quellen

  1. Syria passes law to allow political parties. Al Jazeera, 25. Juli 2011, abgerufen am 27. Juli 2011 (englisch).
  2. Syrian forces 'kill mourners in Damascus'. Aljazeera, 15. Oktober 2011, abgerufen am 16. Oktober 2011 (englisch).
  3. Ulrich Leidholdt: Neue Angriffe auf Widerstand in Syrien - Ablehnung des Referendums. tagesschau, 16. Februar 2012, abgerufen am 25. Februar 2012 (Audiodatei).
  4. US-Regierung nennt Assads Referendum "lächerlich". sueddeutsche.de, 16. Februar 2012, abgerufen am 25. Februar 2012.
  5. Geld für den Diktator: Wie die Bundesregierung Syrien half. DasErste.de, 28. Juli 2011, abgerufen am 21. Dezember 2011.
  6. Ranja Riemer: Panzer, Prügel, Perser: Wie die syrische Diktatur den Bürgeraufstand niederschlägt. news.at, 14. Mai 2011, abgerufen am 21. Dezember 2011.
  7. dpa: Diktatur im Brennpunkt Nahost. Main-Netz, 2. August 2011, abgerufen am 21. Dezember 2011.
  8. Verfassung Syriens vom 13. März 2003 http://www.servat.unibe.ch/icl/sy00000_.html
  9. Vorb. zu Art.13ff. EG in Staudinger, Kommentar zum BGB
  10. Syrien (Staat) - Staat und Gesellschaft auf lexikon.meyers.de (Seite nicht mehr abrufbar)
  11. Christoph Sydow: Syrien in schlechter Verfassung. Zenith Online, 21. Februar 2012, abgerufen am 24. Februar 2012.